Hochbegabte Kinder inklusiv fördern (eBook)
130 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61516-2 (ISBN)
Petra Breuer-Küppers ist Lehrerin für Sonderpädagogik an der LVR-Hanns-Dieter-Hüsch-Schule in Vierse und Vorstandsmitglied bei Science on Stage Deutschland.Prof. Dr. Anna-Maria Hintz hat die Professur für Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigungen des Lernens unter besonderer Berücksichtigung inklusiver Bildungsprozesse an der Universität Oldenburg inne.Mario Spies ist Schulleiter der Grundschule Lankern und Referent für "Spielregeln der Natur".
Petra Breuer-Küppers ist Lehrerin für Sonderpädagogik an der LVR-Hanns-Dieter-Hüsch-Schule in Vierse und Vorstandsmitglied bei Science on Stage Deutschland.Prof. Dr. Anna-Maria Hintz hat die Professur für Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigungen des Lernens unter besonderer Berücksichtigung inklusiver Bildungsprozesse an der Universität Oldenburg inne.Mario Spies ist Schulleiter der Grundschule Lankern und Referent für "Spielregeln der Natur".
2Förderung in den Fächern mit exemplarischen Unterrichtsvorschlägen |
2.1Deutsch |
2.1.1Allgemeines |
frühes Lesen | Viele Kinder mit Hochbegabung lesen gerne und viel. Häufig beginnen sie bereits früh damit (siehe Fallbeispiel Mathilda, Kap. 1.2.1.1) und es fällt auf, dass sie sich für Geschichten und Texte interessieren, die nicht unbedingt altersüblich sind, aber ihrem hohen kognitiven Niveau entsprechen. Auch die Beschäftigung mit komplexen Texten stellt für sie oft kein Problem dar. Häufig haben Kinder mit Hochbegabung eine Vorliebe für Sachbücher zu ihrem eigenen Lieblingsthema. Im Kap. 2.1.2 finden sich Anregungen, wie Kinder mit Hochbegabung in diesem Bereich unterstützt werden können. |
ungewöhnliche Thesen und neue Impulse | Neben dem Lesen ist auch der mündliche Sprachgebrauch von Kindern mit Hochbegabung oft weit entwickelt (Stapf 2003). Sie sprechen häufig gern über Dinge, die sie besonders interessieren und immer wieder fällt auf, dass sie klar argumentieren, z. T. ungewöhnliche Meinungen äußern oder Thesen aufstellen, die auf den ersten Blick möglicherweise merkwürdig erscheinen, die sie aber sinnvoll vertreten können. Wenn die Lehrperson es zulässt, können diese Ideen dem Unterricht in der Klasse spannende neue Impulse geben. Nicht selten fordern die Aussagen der Kinder die Lehrperson auch zum Neudenken auf und beleuchten bisher unbeachtete Facetten eines Unterrichtsgegenstands. |
Sprachsensibilität | Für ihre Argumentation benutzen SchülerInnen mit Hochbegabung oft eine komplexe Sprache mit Nebensätzen und Fremdwörtern. Sie verfügen häufig über einen großen (z. T. auch fachspezifischen) Wortschatz. Zudem haben sie eine Sensibilität für gesprochene und geschriebene Sprache, wobei es vorkommen kann, dass sie auch zu Aspekten Fragen stellen, die die Lehrperson an ihre Grenzen bringen. |
BEISPIEL Rafael (Kap. 1.2.1.3) fragte seine Lehrerin plötzlich: „Warum wird das „ch“ in „ich“ anders ausgesprochen als in „ach“?“ Die Lehrerin hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht und wusste es nicht. Sie gab die Frage als Rechercheaufgabe an ihn zurück. Wenig später hatte Rafael eine schlüssige Erklärung: „Wenn das „ch“ nach dunklen Vokalen kommt, spricht man es aus wie bei „ach“. Wenn ein heller Vokal oder „ü“ und „ä“ davor stehen, wird es wie bei „ich“ ausgesprochen.“ Diese Regel wurde gemeinsam im Morgenkreis besprochen. Alle Kinder suchten dann nach möglichst vielen Wörtern mit „ch“, um zu überprüfen, ob die aufgestellte Regel stimmt. Da sie kein Gegenbeispiel fanden, wurde die Regel auf ein Plakat geschrieben und in der Klasse aufgehängt. |
Bei Bedarf können alle Kinder der Klasse auf so entwickelte Regeln zugreifen, was auch ihre sprachlichen Fähigkeiten fördert. Gleichzeitig erfährt die Leistung des Kindes mit Hochbegabung eine Würdigung. |
Auch wenn sich viele Kinder mit Hochbegabung sprachlich sehr gut ausdrücken können, viel und gerne lesen und ihre Erkenntnisse, Ideen und Geschichten aufschreiben, gibt es unter ihnen auch Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, die eine besondere Förderung brauchen (Literaturtipps). | ! |
Breimann, B. (2015): Informationsschrift zu LRS und den gesetzlichen Rahmenbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer in NRW. In: www.bvl-legasthenie.de/images/static/pdfs/NRW/InformationsschriftLRS_NRW.pdf, 27.02.2021 |
Herné, K. L., Löffler, C. (2014): LRS: Schwierigkeiten erkennen – Fähigkeiten fördern. Ein Praxishandbuch für Lehrende der Klassen 1 – 6. Kallmeyer, Seelze |
Klicpera, C., Schabmann, A., Gasteiger-Klicpera, B., Schmidt, B. (2020): Legasthenie – LRS. Modelle, Diagnose, Therapie und Förderung. utb, Stuttgart |
2.1.2Lesen |
Lesen zu können ist eine Fähigkeit, die in fast allen schulischen Fächern von großer Bedeutung ist. Das Lesen spielt auch in der Freizeit eine wichtige Rolle – egal, ob es sich um das Lesen von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen oder am Tablet bzw. Handy handelt. Lesend haben Kinder die Möglichkeit, Wissen zu generieren und sich damit die Welt über ihren unmittelbaren Erfahrungsraum hinaus zu erschließen. Lesefreude und Interesse für „erwachsene Themen“ führen oftmals dazu, dass Kinder mit Hochbegabung über ein großes Allgemeinwissen verfügen, was ihnen wiederum erleichtert, neue Informationen in das bereits vorhandene Wissen zu integrieren. Dieses Phänomen wird auch „Matthäus-Effekt“ genannt: „Wer hat, dem wird gegeben werden“ (Kap. 1.4). |
Die folgenden Beispiele zeigen, wie sich die Förderung von Lesefreude und Lesevielfalt in den Unterrichtsalltag einer heterogenen Lerngruppe einbinden lassen. Davon können Kinder sowohl mit als auch ohne Hochbegabung profitieren. |
2.1.2.1Lesen aus Freude und mit Genuss |
Lesezeit | Gerade im Grundschulalter ist es wichtig, die Lust am Lesen zu fördern, damit sich Kinder zu kompetenten (erwachsenen) LeserInnen entwickeln können. Es bietet sich daher an, in der Klasse eine feste Lesezeit einzurichten, in der alle Kinder, unabhängig von ihrem Kompetenzniveau, in einem Buch oder einer Zeitschrift lesen. Bei der Auswahl passender Literatur sollte die Lehrperson ggf. unterstützen. |
Lesekonferenz | Auf regelmäßig stattfindenden „Lesekonferenzen“ können die Kinder das von ihnen aktuell gelesene Buch oder die Zeitschrift vorstellen, etwas zum Inhalt erzählen und sagen, was ihnen besonders gut oder gar nicht gefallen hat. So können sie sich gegenseitig bei der Auswahl der Lektüre beraten und entdecken vielleicht ein Buch oder eine Zeitschrift, auf das/die sie spontan nicht zugegriffen hätten. |
Bibliothek | Oft gibt es eine Klassen- oder Schulbibliothek, aus deren Bestand die Kinder für sie interessantes Lesematerial auswählen können. Existiert an der Schule keine Bibliothek, bietet sich die Zusammenarbeit mit einer nahegelegenen Bücherei an. Dort können oftmals sogenannte Themenkisten (Kap. 2.1.2.3) ausgeliehen werden oder man lässt sich von den MitarbeiterInnen ein auf das Alter und die Interessen der Kinder abgestimmtes Buchpaket zusammenstellen. Dabei können die Interessen der Kinder (auch derjenigen mit Hochbegabung) in besonderer Weise berücksichtigt werden. Die Ausleihfristen für eine solche Klassenausleihe sind in der Regel länger als für Privatpersonen. |
Viele Schulen arbeiten bereits mit dem Programm Antolin (Hoffmann o. J.). Hier beantworten die Kinder zu den jeweils gelesenen Büchern Fragen und bekommen für korrekt gegebene Antworten Punkte. Dies gibt der Lehrkraft die Möglichkeit, besondere Leseleistung mit einer Urkunde o. ä. zu würdigen. Für Kinder, die langsam lesen und/oder eine Leseschwäche haben, kann dies jedoch frustrierend sein. Auch wenn immer das gleiche Kind die meisten Punkte hat, verliert die Klasse schnell die Freude an der Arbeit mit dem Programm. Daher ist es sinnvoll, individuelle Maßstäbe anzulegen und dementsprechend Leistungsrückmeldungen zu geben, die berücksichtigen, welche individuellen Fortschritte die einzelnen SchülerInnen gemacht und wie sehr sie sich angestrengt haben. Auch dafür bietet das Programm Vorlagen. | Antolin |
2.1.2.2Lesen zum Wissenserwerb |
Neben dem Lesen aus Genuss spielt in der Schule das Lesen zum Wissenserwerb eine große Rolle. Um den Prozess des Wissenserwerbs zu systematisieren, schlägt z. B. Keller (2011) die Fünf-Schritt-Lese-Methode vor, die auch in vielen Deutschbüchern Verwendung findet. Bei dieser Methode werden fünf Schritte durchlaufen (Abb. 9). |
Das Überfliegen des Textes vermittelt einen ersten Eindruck von dem Thema, um das es geht. Die Fragen an den Text richten sich nach der Textart und sind beispielsweise bei einem Sachtext andere als bei einer Erzählung. Ihre Beantwortung liefert eine erste Zusammenfassung des Inhaltes. In den Schritten drei und vier geht es um das genaue Lesen und Verstehen, das in Schritt fünf noch einmal überprüft wird. Die Lehrperson kann ein Plakat mit den einzelnen Schritten für alle sichtbar in der Klasse aufhängen oder Karten anfertigen, die die Kinder nutzen können, wenn ein komplexer Text erschlossen... |
Erscheint lt. Verlag | 6.9.2021 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Sonder-, Heil- und Förderpädagogik |
Schlagworte | Beschäftigung • Didaktik • Fallbeispiele • Förderung • Frühförderung • Grundschule • Hochbegabt • Hochbegabung • Inklusion • Klasse • Lehrer • Lerntagebuch • Pädagogik • Schulleitung • Unterricht • Zusatzaufgaben |
ISBN-10 | 3-497-61516-1 / 3497615161 |
ISBN-13 | 978-3-497-61516-2 / 9783497615162 |
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