Die 8 Gaben des Menschen (eBook)
288 Seiten
Arkana (Verlag)
978-3-641-37014-5 (ISBN)
Gurmukh Kaur Khalsa ist interantional bekannte Lehrerin des Kundalini-Yoga, wie es von Yogi Bhajan gelehrt wurde, und eine Pionierin auf dem Gebiet des vorgeburtlichen Yoga. Sie ist Mitbegründerin und Leiterin des Golden Bridge Yoga Center in Los Angeles sowie Autorin. Seit mehr als 40 Jahren unterrichtet sie Yoga, bildet Yoga-Lehrer*innen aus und ist durch ihre besondere Art, Yoga zu praktizieren und zu lehren, weltweit populär geworden.
1
Das erste Chakra
AKZEPTANZ
„Das erste Chakra steht für das Element Erde, für die Stärke,
den Mumm, diesen animalischen, wuchtigen Teil in dir.“
Yogi Bhajan
Das erste Chakra ist das Reich der Gewohnheiten, das Land der automatischen Verhaltensmuster und der tief liegenden instinktiven Reaktionen, die wir erlernt haben, um zu überleben. Es sitzt ganz am Ende der Wirbelsäule, und Eingeweide und Anus sind in dem Kraftzentrum mit eingeschlossen. So wie dem Herzchakra die Arme und Hände zugeordnet werden, durch die dieses Chakra ausstrahlt, so zählen die Beine und Füße zum ersten Chakra. Es ist das Zentrum des tiefen Unbewussten, das wir mit allen Menschen teilen, unabhängig von Alter, Status oder Intelligenz. „Eine Grundlage schaffen“ kann als das Motto des ersten Chakras bezeichnet werden.
„Erst hast du Gewohnheiten, dann haben die Gewohnheiten dich.“
Yogi Bhajan
Die Farbe Rot wird traditionell mit dem ersten Chakra assoziiert. Es ist der Zündfunke der ewigen Flamme, die in unseren ersten drei Chakras brennt, welche zusammen das sogenannte untere Dreieck ausmachen. Dieses Rot kann die leuchtende Glut inmitten eines züngelnden Feuers sein, das schlammige Rot des Lehms oder das tiefe Purpur eines vom Druck der Erde gepressten Rubins.
Wir verbinden uns mit dem Planeten durch das erste Chakra, und hier geben wir uns auch der Erde unter uns zurück. In unserem ersten Chakra akzeptieren wir, dass wir überhaupt hier auf Erden sind. Hier sagen wir zum ersten Mal „Ja“ zum Leben.
„Sind die Wurzeln nicht tief, kann der Baum in den Witterungen nicht bestehen.“
Yogi Bhajan
Eine Schülerin erzählte mir neulich von einem Gespräch, das sie mit ihrem Bruder gehabt hatte. Die beiden hatten schon immer ein angespanntes Verhältnis, was sie dem Umstand zuschreibt, dass sie mit einem alkoholabhängigen Vater aufgewachsen sind. Der Bruder wollte diese Tatsache jedoch nie wahrhaben und mokierte sich sogar über die Schwester und deren Versuche, diesen Aspekt ihres Lebens anzugehen und zu heilen.
Sie wollte ihren Vater akzeptieren. Ihr Bruder dagegen wollte nicht einmal zugeben, dass es jemals ein Problem gegeben hatte, und er ärgerte sich darüber, dass seine Schwester immer wieder dieses Thema ansprach. Sie hingegen hätte gern mit ihm über den Vater und seine Alkoholsucht geredet, doch irgendwann gab sie es auf. Es blieb das Gefühl, dass ihr Bruder niemals über etwas wirklich Wichtiges sprach, und so blieben sie in ihrer Beziehung zwar höflich, doch waren sie sich nie nah. Dennoch sehnte sie sich nach dieser engen Verbundenheit, vor allem nachdem ihre Eltern gestorben waren.
Dann machte ihr Bruder vor Kurzem selbst eine schwere Zeit mit seiner eigenen Familie durch. Als man ihm erklärte, dass Erlebnisse aus der Vergangenheit durchaus die Gegenwart beeinträchtigen könnten, horchte er zum ersten Mal auf. Wie so oft geschah erst durch den Umstand, dass er sich in einer schweren Lebenskrise befand, eine Öffnung auf einer tieferen Ebene.
Er beschäftigte sich daraufhin mit Literatur zum Thema „Erwachsene Kinder von Alkoholikern“ und konnte sich mit dem, was er dort las, identifizieren. All das, worüber seine Schwester die ganzen Jahre über gesprochen hatte, ergab plötzlich einen Sinn. Über Jahrzehnte hinweg hatten sie dieses Thema vermieden. Nun beschloss er, seine Schwester anzurufen und über die Trunksucht des Vaters zu sprechen.
Sie war überrascht und froh über diesen Anruf, aus seinem Mund zu hören, dass er allmählich begriff, dass ihr Vater tatsächlich Alkoholiker gewesen war, der sie zudem noch misshandelt hatte. Dieses Gespräch war für beide wichtig, beide drückten sie ihre Akzeptanz für den anderen und gegenüber dem Vater aus. Der Bruder begann zu begreifen, was sein Vater ihnen angetan hatte, und auch warum er es getan hatte, und das brachte gleichzeitig Verständnis und Akzeptanz mit sich. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat diese Schülerin das Gefühl, ihrem Bruder endlich wieder nahezustehen. Solch eine immense Power hat das Akzeptieren.
Akzeptanz öffnet uns auf körperlicher Ebene. Die Anspannung im unteren Rücken löst sich, Verkrampfungen in den unteren Eingeweiden lockern sich.
Meines Erachtens ist das der Grund, warum die Geschichte vom verlorenen Sohn zu den beliebtesten Erzählungen der Bibel gehört. Eine andere Version dieser Thematik vom verlorenen Sohn habe ich in einer wunderbar inspirierenden Sammlung mit wahren Geschichten entdeckt. In einer dieser Geschichten rebellierte ein Sohn aus einer jüdischen Familie gegen seinen Vater. Er wendete sich vom jüdischen Glauben ab, der dem Vater sehr viel bedeutete. Der Sohn grollte dem Vater, da jener ihn nicht selbst über seinen spirituellen Weg entscheiden lassen wollte. Der Vater wiederum war wütend und enttäuscht, dass der Sohn sein religiöses Erbe verleugnete. Er hatte den Holocaust überlebt und sich geschworen, dass die Religion, für die seine Verwandten hatten sterben müssen, in seiner Familie stets in Ehren gehalten würde. Als der Sohn dem jüdischen Glauben den Rücken kehrte, kehrte der Vater seinem Sohn den Rücken, enterbte ihn und verstieß ihn aus dem Elternhaus.
Nach vielen Jahren des Herumreisens begegnete der Sohn zufällig einem alten Freund. Der erzählte ihm, dass sein Vater vor Kurzem an einem Herzinfarkt gestorben war. Sofort wurde der junge Mann von Trauer und Schuldgefühlen übermannt, denn er war davon überzeugt, an dem gebrochenen Herzen seines Vaters schuld zu sein. Fortan quälte ihn dieser eine Gedanke: Könnte er doch nur die Zeit zurückdrehen, seinen Vater um Verständnis bitten und ihm sagen, dass er ihn liebte. Doch das war natürlich unmöglich. Allein und verloren wie er sich fühlte, beschloss er, nach Israel zu reisen. Er wollte zur Klagemauer, zu der Juden seit Jahrhunderten pilgern, um für ein Wunder zu beten. Der Sohn wollte dort hingehen und seinen Vater im Gebet um ein Einsehen bitten, auch wenn es dazu eigentlich schon zu spät war.
Als der junge Mann vor der Mauer stand, konnte er die Gebete, die sein Vater ihn einst gelehrt hatte, noch auswendig aufsagen. Dann sprach er noch ein persönliches Gebet. Darin bat er seinen Vater, zu verstehen, dass er ihn sehr geliebt habe und wie leid es ihm tat, so viel Schmerz verursacht zu haben. Er blickte sich um und sah, dass die anderen Klagenden kleine Zettel schrieben und sie in die Spalten der Mauer klemmten. Er erfuhr, dass die Menschen so ihre Fürbitten formulierten und zwischen die Steine steckten, in der Hoffnung, dass sich ihre Gebete an diesem heiligen Ort auf wundersame Weise erfüllen.
Wie die anderen um ihn herum füllte auch der Sohn einen Zettel. Er bat nochmals um Verständnis und schrieb, dass er den Vater immer geliebt hatte, selbst als dieser ihn von zu Hause verstoßen hatte. Er faltete das Papier und versuchte eine freie Stelle in einer Mauerritze zu finden. Als er endlich eine Stelle fand und seine Notiz in eine kleine Spalte im Mauerwerk drückte, fiel plötzlich ein anderer Zettel heraus. Er fing ihn auf und als er das Papierchen öffnete, da passierte tatsächlich ein Wunder. Er erkannte die Handschrift seines Vaters, und es war eine Botschaft an seinen Sohn. Auf dem Zettel stand geschrieben, dass er ihn liebte, ihn immer geliebt habe, auch als der Sohn ihrem Glauben den Rücken gekehrt hatte. Die Anerkennung ihrer jeweiligen Lebenswege, nach der sich beide so gesehnt hatten, war ihnen letztlich doch noch zuteilgeworden.
Das Wunder dieser Geschichte ist nicht etwa, dass die beiden Männer ihre Zettel in genau dieselbe Ecke einer alten Mauer gesteckt hatten. Das Wunder ist, dass sie es geschafft haben, ihre eigene Mauer der Ablehnung zu überwinden, und sie dadurch, dass sie letztlich akzeptieren konnten, eine wundersame Heilung erfahren durften.
Um wirklich akzeptieren zu können, müssen wir mit unserer ureigenen menschlichen Natur Frieden schließen. Genau hier, in unserem ersten Kraftzentrum, müssen wir unsere eigene Existenz annehmen. Sind wir in diesem Körperbereich ausgeglichen, dann fühlen wir uns wohl in unserer Haut; wir erleben sie dann als ein sicheres und behagliches Zuhause, und wir haben kein Problem damit, einfach nur zu „sein“. Wer sich hingegen in seiner Haut nicht wohlfühlt, wer sich oft hilflos und ohne jeglichen Halt im Leben fühlt, der läuft auch eher Gefahr, verbittert und frustriert zu werden.
Wer sich in seiner Haut unwohl fühlt, halt- und hilflos, der läuft schnell Gefahr, sich zu sehr dem Schattengefühl dieses Chakras – der Verbitterung – auszuliefern.
Menschen, die voller Bitterkeit und Groll sind, geht es erbärmlich. Und doch halten nicht wenige an diesem Elend fest, denn immerhin kennen sie es. Es könnte ja sein, dass, wenn dieser Schmerz verschwinden würde, da plötzlich ganz viel Platz wäre für neuen, womöglich noch größeren Schmerz. Es ist ein altes Dilemma, für das es sogar ein Sprichwort gibt: „Tanz lieber mit dem Teufel, den du kennst.“
Als wir unser Yogazentrum, Golden Bridge, eröffneten, fanden wir dafür ein gut 500 Quadratmeter großes Gebäude, das wir innen entkernten und komplett umbauten – für uns ein wahr gewordener Traum. Ich arbeitete in einem Team und kümmerte mich...
Erscheint lt. Verlag | 1.7.2024 |
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Co-Autor | Cathryn Michon |
Übersetzer | Karen Hardenberg |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The 8 Human Talents – Restore the Balance and Serenity Within You with Kundalini Yoga |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Entspannung / Meditation / Yoga |
Schlagworte | 2024 • eBooks • Gesundheit • Meditation • meditation buch • Neuerscheinung • spirituelle Bücher • Yoga |
ISBN-10 | 3-641-37014-0 / 3641370140 |
ISBN-13 | 978-3-641-37014-5 / 9783641370145 |
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Größe: 3,3 MB
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