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Klug essen - gesund bleiben (eBook)

gesund bleiben
eBook Download: EPUB
2009 | 1. Auflage
288 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40101-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Klug essen - gesund bleiben -  Susanne Holst
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Ernährung und Köpfchen macht gesund - das ist kein Geheimnis mehr. Trotzdem scheitern viele Menschen daran, dieses Wissen im Alltag umzusetzen. Zu groß ist die Informationsflut in den Medien und oftmals auch sehr widersprüchlich. Dr. Susanne Holst erläutert anschaulich die psychologischen und physiologischen Hintergründe unseres Essverhaltens: Sie erklärt, was uns zum Essen treibt und wie unser Körper auf die Speisen und ihre Zutaten reagiert. Außerdem gibt die beliebte Moderatorin zahlreiche praktische Tipps, wie wir gesunde Ernährung alltags- und familientauglich gestalten können. Eine Auswahl natürlicher Gesundmacher zeigt, dass das Gute ganz nah liegt.

Dr. med. Susanne Holst arbeitet seit vielen Jahren als Fernsehmoderatorin und Medizinjournalistin für verschiedene TV-Sender, Zeitschriften und Verlage. Sie präsentiert zurzeit die Tagesschau am Nachmittag sowie vertretungsweise die Tagesthemen. Das Thema 'gesunde Ernährung' liegt der Mutter von Zwillingen besonders am Herzen.

Dr. med. Susanne Holst arbeitet seit vielen Jahren als Fernsehmoderatorin und Medizinjournalistin für verschiedene TV-Sender, Zeitschriften und Verlage. Sie präsentiert zurzeit die Tagesschau am Nachmittag sowie vertretungsweise die Tagesthemen. Das Thema "gesunde Ernährung" liegt der Mutter von Zwillingen besonders am Herzen.

Ernährung, auch eine Frage der Gefühle


Unabhängig von «Hunger» und «Sättigung», die sich auf den Nährstoffgehalt beziehen, sind mit der Nahrungsaufnahme noch andere Empfindungen verbunden, die das Essen zum gefühlsbeladenen Erlebnis werden lassen können. Und die dafür verantwortlich sind, dass unsere Mahlzeiten so verlaufen, wie sie es immer wieder tun. Aus genau diesem Grund ist es oft problematisch, gewohnt Praktiziertes zu verändern. Denn: Unsere Essgefühle lassen sich nicht einfach wegdiskutieren, sie zu modifizieren benötigt Zeit und viel Motivation. Darüber sollten Sie sich von vornherein im Klaren sein.

Schauen wir uns die gefühlige Seite des Essens näher an. Dafür ist zunächst eine Richtigstellung notwendig: Der Begriff «Appetit» wird oft mit «Hunger» gleichgesetzt, dabei stehen beide für ganz unterschiedliche Motive beim Essen. Während physiologische (Nährstoff-)Defizite das unbehagliche bis schmerzhafte Hungergefühl auslösen, bezeichnet Appetit eher die Lust, sich Nahrung einzuverleiben.

Oft sind es dabei ganz bestimmte Nahrungsmittel, auf die wir vermehrt abfahren. Diese psychologische Dimension des Essens ist für viele inzwischen die größere Triebfeder, um den Kühlschrank aufzusuchen. Denn Lust und Genuss werden heute eher mit dem Bedürfnis zu essen verbunden als mit Hunger. Dabei kann die momentane Gefühlslage einen enormen Einfluss auf unseren Appetit haben. Bewohner der Wolke sieben kommen angeblich nur mit Luft und Liebe durch den Tag. Auch persönlicher Stress ersetzt bei manchem eine vielleicht längst fällige Diät. Beiden Spezies vergeht in emotional herausfordernden Situationen der Appetit. Frustesser dagegen schlagen zu und müssen sich die in dieser Phase angehäuften Pfunde mühsam wieder abstrampeln. Gerecht ist das wirklich nicht.

Soulfood – Mythos und Wahrheit

Als sei das noch nicht genug: Es sind nicht allein stimulierende Gefühle, die unserem Appetit auf die Sprünge helfen. Filme wie Bridget Jones oder Schokolade zum Frühstück verstehen alle Frauen gut, die schon einmal oder immer wieder die glücklich machende Wirkung von Phenylethylamin im dunklen Schmelz erlebt haben. Neben der – in Studien eindeutig belegten – glückstiftenden Eigenschaft von Schokolade sind auch die Auswirkungen anderer Nahrungsmittel auf die Psyche mehr oder weniger gut nachgewiesen. Fettarme und gleichzeitig kohlenhydratreiche Ernährung etwa fördert einer Studie zufolge geistige Fähigkeiten. Die halluzinogene Wirkung einiger Pilze macht besonders deutlich, wie stark die psychische Konstitution durch die Wahl des Essens beeinflusst werden kann. Umstritten ist dagegen, ob Lebensmittel wie Trüffel, Erdbeeren oder Kaviar, die gern als Wegbereiter der Lust angepriesen werden, tatsächlich körperliche Auswirkungen haben.

Mehr Zeit, mehr Geschmack

In den ersten Lebensjahren verbringen viele von uns nicht wenige Stunden vor sich hin leidend, indem sie gezwungenermaßen vor einem gefüllten Teller sitzen, der puren Widerstand auslöst: Deftiger Rosenkohl, Wirsing, Spinat oder Ähnliches sind Albträume für Feinschmeckerkinderseelen. Sämtliche Überredungskünste und Tricks erreichen oft nicht das elterliche Ziel, das doch so gesunde Essen irgendwie ins Kind zu kriegen. Die Abneigung gegen Bitteres, aber auch Salziges und Saures wird uns jedoch in die Wiege gelegt. Die ursprüngliche Aversion gegen solche Geschmacksrichtungen ist genetisch bedingt und ebenso angeboren wie unsere Vorliebe für Süßes (vgl. Seite 94).

So vielfältig und facettenreich wir den Geschmack unserer Nahrung auch wahrnehmen, interessanterweise kann unser Geschmackssinn lediglich zwischen fünf Qualitäten unterscheiden, aus denen sich das Gesamtgeschmackserlebnis «Essen» ergibt: süß, salzig, sauer, bitter und – die entsprechenden Sensoren dafür hat man erst vor ein paar Jahren entdeckt – die Geschmacksrichtung «umami». Und genau diese hat es in sich.

Das Wort «umami» kommt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie «fleischig, wohlschmeckend, große Köstlichkeit». Träger des typischen angenehmen Umamigeschmacks ist die Glutaminsäure, eine Aminosäure. Zum Verständnis: Für japanische Feinschmecker hat der Shiitakepilz den klassischen Umamigeschmack. Bei uns im Westen ist das Salz der Glutaminsäure (Glutamat) lediglich als Geschmacksverstärker bekannt, das die meisten Dosen-, Tüten- und Fast-Food-Gerichte schmackhafter machen soll. Möglicherweise ein Grund dafür, dass viele der sonst eher faden Speisen so viele Anhänger finden und diese geradezu abhängig machen.

Anders als gemeinhin angenommen ist Schärfe keine Geschmacks-, sondern eigentlich eine Schmerzempfindung der Zunge. Dieselben Rezeptoren, die auf Schärfe reagieren, sprechen auch auf Wärmereize über 43 Grad Celsius an, also auf Speisen, an denen man sich den Mund verbrennt. Auf den Schmerz, den Schärfe auslöst, reagiert das Gehirn, indem es Endorphine ausschüttet. Sie lindern das Leid und werden für euphorische Zustände verantwortlich gemacht. Deshalb gibt es auch den Begriff des Pepper-Highs. Sehr vielsagend, wie ich finde. Probieren Sie’s doch mal aus!

Fünf Geschmacksqualitäten gibt es also, für die jeweils entsprechend spezialisierte Schmeckzellen existieren. Mal mehr, mal weniger. Sogenannte Superschmecker haben im Schnitt etwa 425 Geschmacksknospen pro Quadratzentimeter Zunge. Otto Normalschmecker muss mit lediglich 180 Knospen auf derselben Fläche vorliebnehmen. Dabei spielt sich das volle Geschmackserlebnis nicht nur auf bestimmten Arealen unserer Zunge ab. Bis ein Bissen in der Speiseröhre verschwindet, hat der Körper viel Gelegenheit, den Geschmack zu identifizieren, ihn zu kosten und sich daran zu erfreuen. Denn die kleinen Genusssensoren finden sich nicht nur in den Schleimhäuten der Zunge, sondern auch in denen des Mund-, Rachen- und Schlundbereichs, sogar noch am Kehlkopf und in der Speiseröhre. Verständlich also, dass hastiges Hinunterschlingen den vollen Genuss selbst der feinsten Köstlichkeiten verderben kann, einfach weil Rezeptoren keine Zeit bekommen, den Geschmack zu erfassen.

Die Nase isst mit

Die großflächig verstreuten Schmeckstationen senden die Geschmacksinformationen über Nervenbahnen in die gustatorischen Verarbeitungszentren des Gehirns. Allerdings reichen diese Botschaften bei weitem nicht aus, die unglaubliche Vielfalt an verschiedenen Geschmackseindrücken zu erklären, die Essen zum unvergleichlichen Erlebnis werden lassen können. Das haben Sie auch Ihrer Nase zu verdanken! Sie fängt den größten Teil der kulinarischen Abwechslung für uns ein. Erst in Verbindung mit dem, was unsere Riechzellen in der Nasenschleimhaut beim Verspeisen der vorgesetzten Mahlzeit wahrnehmen, kann ein unverwechselbarer, komplexer Geschmack entstehen, wie beispielsweise der von Nürnberger Lebkuchen. So außerordentlich fein ist unser Geruchssinn, dass wir sofort merken, wenn dem braunen Taler die typischen Gewürze fehlen. Und jetzt wird es noch einen Tick komplizierter: Wir reagieren in diesem Fall nicht nur deshalb enttäuscht, weil das Gebäck schlechter oder vielleicht einfach nur anders schmeckt als sonst. Viel schlimmer ist, dass uns der Lebkuchen nun nicht mehr an Weihnachten erinnert.

Der Grund: Geruchsmoleküle lösen nahezu unmittelbar und unbewusst emotionale Reaktionen aus – wenn wir mit ihnen bestimmte Gefühle oder Erlebnisse verbinden, die sich uns irgendwann im Leben eingeprägt haben. Von klein auf lernen wir, bestimmte Geschmackserlebnisse mit äußeren Umständen, aber auch mit inneren Gefühlszuständen zu verbinden. So kann der Geruch von Apfelkuchen an die geliebte Großmutter erinnern, der von frisch gemähtem Rasen an die behütete Kindheit, der von Bratwürstchen aber auch mit Übelkeit einhergehen, weil man sich irgendwann einmal ganz fürchterlich den Magen damit verdorben hat.

Welches Fazit lässt sich aus alldem ziehen? Essen ist ein multisensorisches Ereignis. Vor dem Hintergrund der individuell sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich das abspielt, lässt sich die große Bandbreite an verschiedenen Geschmäckern leicht nachempfinden. Allen gemeinsam ist jedoch: Um die Fülle des Möglichen zu erleben und Ihre persönlichen Geschmackspräferenzen zu entdecken, brauchen Sie zum Essen Zeit und Muße und die Fähigkeit, auf Ihren Körper zu hören. Wenn Sie dann noch Ihrer Nase etwas Gutes tun, sie schön hegen und pflegen, steht dem vollen Essgenuss nichts mehr im Weg. Dazu gehört zum Beispiel auch, nicht zu rauchen. Nikotinkonsumenten können im Laufe der Zeit einfach nicht mehr so gut riechen wie Nichtraucher.

Geschmack ist lernfähig

Mit dem Älterwerden verändern sich auch allmählich unsere Geschmackspräferenzen. Eltern kleiner Kinder wissen das zu schätzen. Hier spielt sich eine Art Lernprozess ab, angestoßen durch die Gesellschaft und Kultur, in der wir leben. So können von Kindern zunächst spontan abgelehnte Geschmacksqualitäten auf diese Weise zu angenehmen Erlebnissen umdefiniert werden: durch das Beobachten, wie es die anderen machen, durch ständig wiederholte und allmählich akzeptierte Geschmackserfahrungen, aber auch durch das immer größer werdende Bedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit. Ein vormals neutraler, vielleicht sogar verschmähter Geschmack kann durchaus zum Favoriten werden, wenn er immer wieder mit angenehmen Erfahrungen assoziiert wird. So gesehen essen wir nicht, was uns schmeckt, sondern wir lernen, zu mögen, was wir essen (vgl. Seite 30).

Genau hier liegt die Hoffnung für Sie und mich! Wir können also lernen, gesünder und klüger zu essen als bisher. Die Gleichung «Gesund gleich fad und langweilig» lässt...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2009
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Ernährung / Diät / Fasten
Schlagworte Ärztin • Ernährung • Essgewohnheiten • Gesundheit • Körper • Moderatorin • Nahrungsmittel • Ratgeber
ISBN-10 3-644-40101-2 / 3644401012
ISBN-13 978-3-644-40101-3 / 9783644401013
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