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Der Gott des Waldes (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
592 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-82978-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
(CHF 19,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
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Manche sagen, es sei tragisch, was den Van Laars widerfahren ist. Manche sagen, die Familie habe es verdient. Sie hätten sich nicht einmal bei den Suchern bedankt, die fünf Nächte lang im einskalten Wind ausharrten, um ihren vermissten Sohn zu finden. Manche sagen, es habe einen Grund gegeben, warum die Familie so lange brauchte, um Hilfe zu rufen. Dass sie wussten, was mit dem Jungen geschehen war. Jetzt, vierzehn Jahre später, ist die Tochter der Van Laars in derselben Wildnis wir ihr Bruder verschwunden. Manche sagen, es gebe keine Verbindung zwischen den beiden Fällten. Manche sagen, so etwas könne kein Zufall sein. Es ist August 1975, ein Sommer, der das Leben vieler Menschen in den Adirondack Mountains für immer verändern wird. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje im Sommercamp liegt, beginnt eine panische und groß angelegte Suche nach der 13-Jährigen. Das Verschwinden einer Jugendlichen im Naturreservat ist unter allen Umständen eine Katastrophe, aber Barbara ist keine gewöhnliche Camperin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Und sie ist die Schwester von Bear, dem Jungen, der seit 14 Jahren vermisst wird. Kann das Zufall sein? Was wissen die anderen Kinder im Camp über Barbaras Verschwinden, und was verheimlichen die Angestellten, die im Schatten der Van Laars ihr Dasein fristen? Was hat der aus dem Gefängnis entflohene «Schlitzer» mit all dem zu tun und welche Geheimnisse hütet die Familie selbst? Mit scharfem Blick führt Liz Moore in ihrem neuen packenden Roman an die Abgründe von sozialer Ungleichheit, Wohlstandsverwahrlosung und Machtmissbrauch, lässt aber auch den Kampf um weibliche Selbstbestimmung und den großen Wert von Freundschaft hochleben. Mit «Der Gott des Waldes» hat sie nicht nur einen brillanten Thriller, sondern auch einen fulminanten Gesellschaftsroman geschrieben.

Liz Moore geboren 1983, hat zunächst als Musikerin in New York gearbeitet und anschließend begonnen, Romane zu schreiben. Bei C.H.Beck erschien ihr Roman "Long Bright River". "Der Gott des Waldes" ist in den USA seit Erscheinen auf der New York Times-Bestsellerliste, erhielt zahlreiche hymnische Besprechungen und wurde von Barack Obama empfohlen. Liz Moore lebt mit ihrer Familie in Philadelphia. <br> <br>Cornelius Hartz lebt als freier Autor und Übersetzer in Hamburg. Er hat zahlreiche Romane und Sachbücher u.a. von Rye Curtis, Edward Carey, Daniel Mason, Erin Flanagan und Catherine Nixey übersetzt.

Louise


August 1975

Das Bett ist leer.

Die Betreuerin Louise – dreiundzwanzig, kurze Beine, raue Stimme, heiteres Gemüt – steht barfuß auf den warmen, rauen Bodenbrettern der Hütte, die den Namen «Haus Balsam» trägt, und stellt fest, dass die untere Etage des Stockbetts neben der Tür leer ist. Später wird sie die zehn Sekunden, die zwischen dieser Wahrnehmung und ihrer daraus resultierenden Schlussfolgerung liegen, als Beweis dafür werten, dass Zeit ein menschliches Konstrukt ist und je nach Gefühlslage – sprich: Chemikalien im Blut – entweder schneller oder langsamer vergeht.

Das Bett ist leer.

Die einzige Taschenlampe in der Hütte, deren Fehlen auch bei Tag anzeigt, dass eines von den Mädchen zum Toilettenhaus gegangen ist, liegt an ihrem angestammten Platz auf einem Bord neben der Tür.

Louise dreht sich langsam um die eigene Achse und ruft sich die Namen der Mädchen, die sie sieht, ins Gedächtnis.

Melissa. Melissa. Jennifer. Michelle. Amy. Caroline. Tracy. Kim.

Acht Ferienkinder. Neun Betten. Sie zählt, und dann zählt sie noch einmal.

Schließlich, als sie es nicht mehr verhindern kann, lässt sie es zu, dass sich ein weiterer Name den Weg an die Oberfläche ihres Bewusstseins bahnt: Barbara.

Das leere Bett ist das von Barbara.

Sie schließt die Augen und stellt sich vor, dass sie für den Rest ihres Lebens immer wieder an diesen Ort und an diesen Moment zurückdenken wird: eine einsame Zeitreisende, ein Geist, der im Haus Balsam herumspukt und sich wünscht, dass ein Körper erscheint, wo keiner ist. Der sich wünscht, dass Barbara durch die Tür kommt. Sagt, sie sei nur zur Toilette gegangen und habe vergessen, dass man dazu immer die Taschenlampe mitnehmen soll. Dass sie sich auf so entwaffnende Art und Weise entschuldigt, wie sie es öfter tut.

Aber Louise weiß genau, dass Barbara nichts von alldem tun wird. Aus Gründen, die sie nicht genau benennen kann, spürt sie, dass Barbara fort ist. Verschwunden.

Ausgerechnet Barbara, denkt Louise. Von allen Ferienkindern, die verschwinden könnten.

Um 6:25 Uhr betritt Louise durch einen Vorhang den Raum, den sie sich mit Annabel teilt, einer Betreuerin, die sich noch in der Ausbildung befindet. Sie ist siebzehn, kommt aus Chevy Chase, Maryland, und tanzt Ballett. Annabel Southworth ist altersmäßig näher an den Ferienkindern als an Louise, aber sie kann sich behaupten, ihre Worte haben stets einen ironischen Unterton, und sie lässt ganz allgemein keinen Zweifel daran, dass es eine klare Grenze zwischen dreizehn und siebzehn Jahren gibt – eine Grenze, die auch durch die Sperrholzwand markiert wird, die den Hauptteil der Hütte von der Ecke trennt, in der die Betreuerinnen schlafen.

Louise rüttelt sie wach. Annabel blinzelt. Hält sich theatralisch eine Armbeuge vor die Augen. Schlummert wieder ein.

Louise fällt etwas auf: der Geruch von verstoffwechseltem Bier. Erst hatte sie angenommen, er käme von ihrem eigenen Körper – von ihrer Haut und aus ihrem Mund. Sie hat letzte Nacht definitiv so viel getrunken, dass sie heute Morgen die Folgen davon spüren kann. Aber als sie sich nun über Annabel beugt, fragt sie sich, ob der Geruch nicht eher von Annabels Seite des Raumes kommt.

Was ihr durchaus Sorgen bereitet.

«Annabel», flüstert Louise. Plötzlich erkennt sie in ihrem Tonfall den Klang der Stimme ihrer Mutter. Und wenn sie die junge Frau da vor sich betrachtet, fühlt sie sich in gewisser Hinsicht auch wie ihre Mutter. Ihre verantwortungslose Rabenmutter.

Annabel öffnet die Augen. Sie setzt sich auf und zuckt sofort zusammen. Als sie Louises Blick begegnet, macht sie große Augen und wird blass.

«Ich muss brechen», sagt sie – zu laut.

Louise macht Pst! und schnappt sich das einzige Gefäß in Reichweite, eine leere Kartoffelchipstüte, die auf dem Fußboden liegt.

Annabel nimmt ihr die Tüte ab. Sie übergibt sich. Dann hebt sie den Kopf, keucht und stöhnt leise.

«Annabel», sagt Louise. «Hast du etwa einen Kater?»

Annabel schüttelt den Kopf. Sie sieht aus, als hätte sie Angst.

«Ich glaube, ich», sagt sie – wieder macht Louise Pst!, und diesmal setzt sie sich zu der jungen Frau auf die Bettkante und zählt in Gedanken bis fünf, wie sie es schon als kleines Kind getan hat. So hat sie sich beigebracht, nicht vorschnell zu reagieren.

Annabels Kinn zittert. «Ich glaube, ich habe etwas Falsches gegessen», flüstert sie.

«Warst du gestern Abend noch weg?», fragt Louise. «Annabel?»

Annabel schaut sie an. Überlegt.

«Das ist wichtig», sagt Louise.

Normalerweise hat sie jede Menge Geduld mit ihren Auszubildenden und hat auch Übung darin, sie durch ihren ersten Kater zu begleiten. Sie findet es nicht schlimm, wenn sie sich an ihrem freien Abend ein wenig vergnügen. In diesem Jahr ist Louise die leitende Betreuerin, aber wenn sich jemand auf eine Weise danebenbenimmt, die sie für unbedenklich hält, drückt sie meist ein Auge zu. Sie macht sogar selbst mit, falls es ihr angebracht scheint. Aber im Großen und Ganzen führt sie ein strenges Regiment; in diesem Sommer hat sie dem ersten Betreuer, der nach einer durchzechten Nacht verschlafen hat, zur Strafe verboten, an den nächsten Partys teilzunehmen, und hat damit ein Exempel statuiert. Seitdem hat keiner mehr verschlafen.

Bis jetzt. Denn gestern Abend ist Louise ausgegangen, und Annabel hatte Dienst. Und das scheint Annabel nicht gut bekommen zu sein.

Louise schließt die Augen. Sie geht noch einmal die Ereignisse des letzten Abends durch.

Im Gemeinschaftsraum fand eine Tanzparty statt: das Abschlussfest, eine Pflichtveranstaltung für alle Ferienkinder, Betreuer und Auszubildenden. Sie erinnert sich, dass Annabel irgendwann nicht mehr da war – zumindest, dass sie sie nicht mehr gesehen hat –, aber Louise ist sich sicher, dass sie am Ende der Party wieder da war.

Denn um 23 Uhr, als Louise kurz durchzählte, war Annabel dabei, und neun Ferienkinder – jawohl, neun – waren bei ihr und winkten Louise freundlich zu, als sie einander gute Nacht sagten. Sie hat noch genau vor Augen, wie sie ihnen hinterherschaute, als sie in kleinen Grüppchen Richtung Haus Balsam gingen.

Es war das letzte Mal, dass sie die Mädchen sah. Louise war überzeugt, dass Annabel alles unter Kontrolle hatte, und zog alleine los.

Als Nächstes versucht sie, sich an die Betten der Ferienkinder zu erinnern, als sie selbst mitten in der Nacht, weit nach Bettruhe, in die Hütte schlich. Um wie viel Uhr war das – um 2? Um 3? Die Bilder kehren bruchstückhaft zu ihr zurück: der offene Mund von Melissa R., Amys Arm, der über die Bettkante auf den Boden hängt. Nur an Barbara kann sie sich nicht erinnern. Andererseits aber auch nicht daran, dass Barbaras Bett leer gewesen wäre.

Stattdessen taucht eine andere Erinnerung auf: John Paul auf der Lichtung, wie er mit den Armen rudert, zuerst in ihre Richtung und dann in die von Lee Towson. John Paul, der die Fäuste schwingt, als beträte er einen Boxring, so wie es Jungs aus reichem Hause immer tun. Lee dagegen stürmisch und rauflustig, noch in seiner Schürze vom Abendessen. Er hat kurzen Prozess mit John Paul gemacht, hat ihn am Boden liegen lassen und geistesabwesend hoch zu den Ästen geblinzelt.

Heute gibt es Ärger. Den gibt es immer, wenn John Paul glaubt, dass sie mit jemand anderem rummacht.

Nur um das klarzustellen: Das hat sie nicht. Dieses Mal nicht.

Annabel schnappt nach Luft. Sie legt sich eine Hand auf die Augen.

«Weißt du, wo Barbara ist?», fragt Louise. Sie kommt direkt zur Sache. Ihr bleibt nicht viel Zeit: Bald werden die Mädchen nebenan aufwachen.

Annabel sieht verwirrt aus.

«Van Laar»,...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2025
Übersetzer Cornelius Hartz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Reisen
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft
Schlagworte 70er Jahre • Adirondack Mountains • Amerika • Belletristik • Freundschaft • Geschwister • Gesellschaftsroman • Gott • Großgrundbesitzer • Jugendliche • Literatur • Liz Moore • Machtmissbrauch • Roman • Selbstbestimmung • Sommercamp • Soziale Ungleichheit • Thriller • USA • Waldes • Wildnis • Wohlstandsverwahrlosung
ISBN-10 3-406-82978-3 / 3406829783
ISBN-13 978-3-406-82978-9 / 9783406829789
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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