Die Spur des grünen Leguans (eBook)
512 Seiten
MORE by Aufbau Digital (Verlag)
978-3-96797-533-8 (ISBN)
Costa Rica - Land des Kaffees, der Meere und des Glücks ...
Costa Rica 1863. Die junge Deutsche Dorothea hat in der Organisation eines Heims für notleidende Indio-Mädchen ihre Bestimmung gefunden. Und auch privat geht es bergauf, denn sie darf endlich auf die Erfüllung ihrer Liebe zu dem Journalisten Alexander hoffen. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr: Eines Tages wird ihre Tochter Olivia entführt. Voller Angst schwört Dorothea vor Gott, für immer auf ihr persönliches Glück mit Alexander zu verzichten, wenn nur ihre Tochter wohlbehalten nach Hause zurückkommt.
Schmerzlich muss Dorothea erkennen, dass man manchmal das eigene Glück opfern muss, um einen geliebten Menschen nicht zu verlieren ...
Fortsetzung der erfolgreichen Costa-Rica-Saga von Anna Paredes
Anna Paredes ist eine deutsche Autorin. Mit ihren historischen Romanen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, hat sie sich ein internationales Publikum erobert. Unter dem Pseudonym Alexandra Guggenheim befasst sie sich mit der Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Die im Aufbau Verlag unter dem Namen Agnès Gabriel erschienenen Romane haben die Modeschöpfer Christian Dior und Elsa Schiaparelli sowie die Malerin Berthe Morisot zum Thema. Die Autorin lebt in Hamburg.
Über die Hacienda hallten das Brüllen der Ochsen und die Rufe der Führer, die ihre Gespanne durch das beeindruckende Eingangstor lenkten. Dorothea konnte sie nicht alle zählen, doch sie hatte das Gefühl, es würden jedes Jahr mehr. Die Familie war vor dem Herrenhaus zusammengekommen, um dem Reisenden Lebewohl zu sagen. Olivia, die elfjährige Tochter, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um den Hals des Vaters.
»Wann kommst du wieder nach Hause, Papa? Bringst du mir auch ein Geschenk mit?«
Antonio Ramirez Duarte, Dorotheas Ehemann, wollte von der Hochebene von San José, wo sich die großen Kaffeeplantagen erstreckten, hinunter ans Meer reisen, wie immer zu dieser Jahreszeit. San José, die Hauptstadt Costa Ricas, lag auf einer Höhe von viertausend Fuß inmitten eines weiten Plateaus, das etwa fünf Leguas breit und zehn Leguas lang war und von hohen Bergen eingerahmt wurde. Das Valle Central war eine der ausgedehntesten Hochebenen Mittelamerikas. Diese Ebene wiederum wurde unterbrochen von Hügeln, Tälern und Schluchten, die durch verschiedene Flüsse gebildet wurden. Im Norden begrenzte der Río Torres die Hauptstadt, im Süden der Río Maria Aguilar. Beide Flüsschen versorgten die Bevölkerung in der trockenen Jahreszeit, von November bis März, ausreichend mit Trinkwasser. In der übrigen Zeit, von April bis Oktober, sorgten tropische Regenschauer für Wasser und Wachstum.
Antonio würde die Karawane der schwer beladenen Ochsenkarren auf ihrem Weg durch den Dschungel bis nach Puntarenas begleiten, dem größten und wichtigsten Hafen an der Pazifikküste. Von dort aus würden die Säcke mit dem schwarzen Gold, wie die Einheimischen die Kaffeebohnen nannten, nach Südamerika und Europa verschifft werden. Den Weg an die Karibikküste versperrte eine Zone undurchdringlichen Urwalds, sodass Schiffe von und nach Europa den weiten Weg um die Spitze Südamerikas nehmen mussten.
»In spätestens einem Monat bin ich zurück. Selbstverständlich bringe ich meiner Prinzessin etwas mit. Habe ich das je vergessen?« Er beugte sich hinunter und drückte seiner Tochter einen Kuss aufs Haar. »Sei schön brav! Und dass du mir nicht wieder vom Baum fällst oder mit deinem Pony aus einem Graben oder Bach gezogen werden musst.«
»Ich werde artig sein wie ein Lämmchen, Papa! Versprochen!«, beteuerte Olivia mit treuherzigem Augenaufschlag. Dorothea befürchtete allerdings, dass die Elfjährige das Versprechen nur allzu schnell wieder vergaß. Olivia war ein Wildfang. Immerzu musste sie beweisen, wie wagemutig und unerschrocken sie war. Dabei war sie schon so manches Mal böse auf die Nase gefallen.
Ein Führer hielt mit seinem Gespann vor dem Herrenhaus. Die Ochsen hatten glänzendes, frisch gebürstetes Fell. Um die mächtigen Hörner waren Blumen gebunden. Farbenfrohe Ornamente zierten die hölzernen Räder des Karrens. Pedro Ramirez Garrido, Dorotheas Schwiegervater, Herr der Hacienda Margarita, legte Wert darauf, dass sein Sohn stets mit dem prächtigsten Gespann reiste.
Ein sechsjähriger Blondschopf sprang vom Karren, geradewegs vor Antonios Füße.
»Warum darf ich nicht mitkommen, Vater? Ich habe keine Angst vor Schlangen oder giftigen Fröschen. Und wenn uns ein Puma angreift – peng! Peng!« Er richtete sich breitbeinig auf und zielte mit einem unsichtbaren Gewehr genau zwischen die Hörner der Ochsen.
Antonio verzog kaum merklich den Mund und strich seinem Sohn über das zerzauste Haar. »Warte nur ab, mein Sohn! In einigen Jahren übernimmst du das Kommando. Aber sei nicht enttäuscht, wenn dir unterwegs kein Puma oder Jaguar über den Weg läuft. Diese Tiere haben viel mehr Angst vor Menschen als wir vor ihnen. Mir ist in all den Jahren noch keine einzige Wildkatze begegnet.«
Federico ballte die Hand zur Faust und stieß mit den Knöcheln gegen die Faust des Vaters. »Auf Wiedersehen, Vater. Großvater wartet auf mich. Ich darf mit ihm schießen üben.« Flugs wandte er sich um und stob in Richtung Stallungen davon.
Dorothea sah ihrem Sohn mit leichtem Stirnrunzeln hinterher. Dann trat sie zu Antonio und streckte die Arme aus. »Gute Reise, mein Lieber! Ich richte dem Hochzeitspaar deine Grüße aus.«
»Welches Hochzeitspaar?«, fragte Antonio zerstreut, während der Führer einen großen braunen Lederkoffer auf den Karren wuchtete.
»Weißt du nicht mehr? Die jüngste Tochter von Reimanns will in zwei Wochen heiraten. Schade, dass wir nicht gemeinsam mit ihnen feiern können.«
»Ja, jetzt erinnere ich mich … Nun, ich hoffe, du amüsierst dich auch ohne mich. Und nach meiner Rückkehr entführe ich dich wieder einmal ins Theater. Ich genieße die Blicke der Männer, die mir die bezaubernde Frau an meiner Seite nicht gönnen.«
Dorothea lächelte gezwungen. Statt der neiderfüllten Männerblicke hätte sie sich mehr Zärtlichkeit von Seiten ihres Gatten gewünscht. Antonio beugte sich vor, streichelte ihre Wange und küsste ihr dann galant die Hand. Außenstehende hätten diese Geste als ehelichen Liebesbeweis betrachtet, zurückhaltend deshalb, weil er unter freiem Himmel und in Sichtweite der Dienstboten stattfand. Doch diese Berührung konnte ihr Herz nicht erwärmen.
Sie nahm ihre Tochter an die Hand und blickte Antonio hinterher, winkte noch einmal, als der schwere Karren durch das Eingangstor rumpelte, um kurz darauf hinter der nächsten Wegbiegung zu verschwinden. Sie seufzte unhörbar. In ihrem Innern fühlte sie eine tiefe, ungestillte Sehnsucht.
»Also frage ich dich, Pepe Navas y Cazola, vor Gottes Angesicht: Willst du deine dir anvertraute Ehefrau lieben und ehren, ihr Hilfe und Beistand gewähren, sie nie verlassen, weder im Glück noch im Unglück, bis dass der Tod euch scheidet? Ist dies dein fester Wille, so bekräftige diesen vor dem allgegenwärtigen und allwissenden Gott und den hier anwesenden Zeugen durch ein vernehmliches Ja.«
»Ja.«
»Nunmehr frage ich auch dich, Roswitha Reimann, willst du diesen dir anvertrauten Ehemann lieben und ehren und ihm in allen Gott wohlgefälligen Dingen gehorchen, ihm allzeit Rat, Hilfe und Beistand gewähren, die eheliche Treue unverbrüchlich bewahren in guten und in schlechten Tagen und nicht von ihm fortgehen, bis dass der Tod euch scheidet? Ist dies dein fester und unumstößlicher Wille, so bekräftige diesen vor Gott und den hier anwesenden Zeugen durch ein vernehmliches Ja.«
»Ja.«
Von ihrem Ehrenplatz in der zweiten Kirchenbank aus verfolgte Dorothea die Trauungszeremonie. Eine plötzliche Rührung stieg in ihr auf. Mit zittrigen Fingern zupfte sie ein Spitzentaschentuch aus dem Kleiderärmel und trocknete sich die Augenwinkel. Auch die Frauen ringsum waren ergriffen, schämten sich ihrer Tränen nicht.
Sie musste an ihre eigene Hochzeit denken, mehr als ein Dutzend Jahre zuvor. Als Antonio Ramirez Duarte, der begehrteste Junggeselle weit und breit, Sohn und einziger Erbe des mächtigsten Kaffeebarons im Land, ausgerechnet sie, Dorothea Fassbender, die kleine deutsche Haus- und Zeichenlehrerin, zur Frau genommen hatte. Man hatte sie beide als das schönste Brautpaar des Jahres bezeichnet. Wie sehr hatte sie sich damals gewünscht, ihrem Mann eine gute Ehefrau zu sein und ihn glücklich zu machen. Hatte davon geträumt, auch mit Herz und Seele anzukommen in dem Land, in welches das Schicksal sie geführt hatte. Nachdem sie, krank an Leib und Seele, ihre Heimatstadt Köln Hals über Kopf verlassen musste und die lange, beschwerliche Reise über die Ozeane nach Costa Rica angetreten hatte.
Mehrere der Hochzeitsgäste in dem schmucklosen Gotteshaus waren ihre Begleiter auf dem Schiff gewesen. Dem Dreimastfrachter Kaiser Ferdinand mit zwanzig Passagieren an Bord, der an einem nieselgrauen Morgen im Mai 1848 im Hamburger Hafen die Anker gelichtet hatte, um mehr als fünf Monate später an der Pazifikküste Costa Ricas seine Fahrt zu beenden. Die Mitreisenden hatten ihre Heimat gleichfalls in Eile verlassen, wenn auch aus einem anderen Grund. Hungersnot und die Angst vor dem Verlust ihrer Existenz hatten diese Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Sie wollten in einem neuen Land ein besseres Leben beginnen, damit ihre Kinder einmal eine Zukunft hätten.
Und nunmehr war aus der sommersprossigen und stupsnasigen kleinen Roswitha von damals eine strahlende Braut geworden. Ihr frischgebackener Ehemann war ein Einheimischer, ein jungenhaft wirkender Tischler, dessen Ururgroßeltern aus Spanien stammten und weitläufig mit einem Nachfahren von Christoph Kolumbus verwandt waren, wie die Mutter des Bräutigams bei der Begrüßung der Gäste stolz erklärte. Dorothea blickte hinüber zum Altar, wo der Pfarrer die auf einem blauen Samtkissen liegenden Ringe segnete.
»Der allmächtige Gott ist Zeuge. Wechselt jetzt zum Zeichen dieses eures gegenseitigen Gelöbnisses die Trauringe. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen. Hiermit bestätige ich euren immerwährenden Bund als rechtskräftige christliche Eheleute. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes …«
In das nun folgende »Amen« fielen alle Kirchenbesucher mit ein. Zu den fröhlichen, wenn auch wenig harmonischen Klängen zweier Geigen und einer Flöte schritt das Brautpaar hinaus ins Freie und nahm vor dem Kirchenportal die Glückwünsche entgegen. Dorothea reihte sich ein in die Schlange der Gratulanten. Die junge Braut nestelte an ihrem Schleier und fiel Dorothea um den Hals.
»Ich freue mich so, dass Sie gekommen sind, Fräulein Fassbender! Vor lauter Aufregung konnte ich Sie vorhin in der...
Erscheint lt. Verlag | 1.6.2024 |
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Reihe/Serie | Sehnsucht, Glück und Land der Träume |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Costa Rica • Familiensaga • Köln • Neuanfang |
ISBN-10 | 3-96797-533-9 / 3967975339 |
ISBN-13 | 978-3-96797-533-8 / 9783967975338 |
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