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Die Malerin des Lichts (eBook)

Manet sucht in ihr seine Muse, doch Berthe Morisot findet ihren eigenen Weg in der Kunst
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3507-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Malerin des Lichts -  Agnès Gabriel
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»Malen ist für mich so wichtig wie atmen.« Berthe Morisot.

Paris, 1868: Nachdem die junge Malerin Berthe erlebt hat, wie ihre Schwester die Kunst nach der Hochzeit aufgeben musste, will sie niemals heiraten. Sie begegnet dem Wegbereiter der Moderne Édouard Manet, der in der betörend schönen Frau seine Muse findet. Ihre künstlerischen Ambitionen indes belächelt er - obwohl Berthes Bilder teils höhere Preise erzielen als seine. Dann trifft sie seinen Bruder Eugène, der sich in sie verliebt und um ihre Hand anhält. Doch kann Berthe sich auf diese Liebe einlassen, ohne ihren Weg als Malerin zu riskieren? 

Ein farbenprächtiger, üppiger Roman über eine freie, überaus moderne Frau, die so viel mehr war als Manets Muse.



Agnès Gabriel ist das Pseudonym einer deutschen Autorin. Die gelernte Kunsthistorikerin und Romanistin hat mehrere Jahre wissenschaftlich gearbeitet, bevor sie journalistisch tätig wurde und belletristisch zu schreiben begann. Mit ihren historischen Romanen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, hat sie sich ein internationales Publikum erobert. Die Autorin lebt in Hamburg. Im Aufbau Taschenbuch sind ebenfalls ihre Romane »Merci, Monsieur Dior« und »Die Coutière. Elsa Schiaparelli und die Kunst der Mode« lieferbar.

Kapitel 1


»Darf ich Sie mit zwei bezaubernden jungen Damen bekannt machen, mein lieber Freund? Mademoiselle Berthe und Mademoiselle Edma sind die Töchter von Monsieur Morisot, dem Leiter des Rechnungshofes. Sicher haben Sie schon von ihm gehört.«

Abrupt legt Berthe Pinsel und Palette auf das Tischchen neben der Staffelei und wischt sich die farbverschmierten Hände an dem braunen Kittel ab. Sie ist verärgert. Erstens, weil sie es hasst, bei der Arbeit gestört zu werden, denn die erfordert ihre volle Konzentration. Und zweitens, weil der Mann, dessen näselnde Stimme sie sogleich erkannt hat, sie und ihre ältere Schwester als Töchter eines stadtbekannten Finanzbeamten tituliert hat.

Eine steile Falte ragt zwischen ihren Augenbrauen auf. Wen hat zu interessieren, wessen Töchter sie sind? Sie sind Berthe und Edma Morisot und in den Louvre gekommen, um als zukünftige Malerinnen Ausschnitte aus einem Gemälde des flämischen Malers Peter Paul Rubens zu kopieren. Genauso wie die anderen Schüler, allesamt junge Burschen, die am Vorbild der großen Meister von Renaissance und Barock Proportionen, Perspektive und Farbauftrag studieren. Mit dem Unterschied, dass diese Männer ihre Ausbildung an einer der zahlreichen Malakademien oder gar der renommierten Académie des Beaux-Arts absolvieren. Frauen hingegen ist der Zugang zu dieser Einrichtung verwehrt. Nur in der Rolle als Aktmodell ist es ihnen gestattet, die heiligen Hallen der Académie zu betreten. Daher erhalten Berthe und ihre ältere Schwester Edma Unterricht bei einem Privatlehrer. Solche Maler machen sich das Reglement der Akademien zunutze und bilden junge Mädchen und Frauen in ihren eigenen Ateliers aus.

Mit zusammengekniffenen Lippen wendet Berthe sich um und wirft ihrem Lehrer Monsieur Camille Corot einen verächtlichen Blick zu. Doch der bemerkt nichts vom Unmut seiner Schülerin, viel zu sehr ist er damit beschäftigt, seinen zerknitterten, aus der Mode gekommenen Mantel mit fahrigen Händen glatt zu streichen. Vermutlich, um nicht allzu nachlässig neben seinem jüngeren Begleiter zu wirken. Dessen Kleidung ist von ausgesuchter Eleganz. Das feine Wolltuch beweist den erlesenen Geschmack seines Trägers ebenso wie das handwerkliche Geschick des Schneiders. Berthes geschultes Auge registriert wohlwollend die fein aufeinander abgestimmten Grün- und Brauntöne von Anzug, Weste, Mantel, Hut und Schal.

»Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mesdemoiselles Morisot, mein Name ist Édouard Manet.«

Berthe spürt einen kräftigen Händedruck und merkt auf. Das also ist der Mann, den der vor wenigen Monaten verstorbene Dichter Charles Baudelaire als »Maler des modernen Lebens« bezeichnet hat. Der von Kollegen seiner Zunft hoch geschätzt und von Auftraggebern hofiert wird. Der von den meisten Kritikern jedoch wegen der harten Konturlinien von Personen und Gegenständen und seiner ungemischten Farbpalette verlacht oder verhöhnt wird. Der »Bürgerschreck«, dessen Gemälde mehrfach zum Tumult geführt haben, weil sie, nach Meinung des Publikums, das sittliche Empfinden stören. Manets Charaktere sind Menschen der Gegenwart, ohne Bezug zur Mythologie oder Überhöhung durch religiöse Symbolik, wie es die Maltradition verlangt. Seine Frauenfiguren sind Frauen aus dem Volk. Manchmal leicht bekleidet – oder auch gänzlich unbekleidet.

Aus dem Augenwinkel heraus beobachtet Berthe, wie Edma Monsieur Manet ihr warmherzigstes Lächeln schenkt. Ihr entgeht auch nicht das verräterische Glitzern in den Augen der Schwester. Es erscheint immer dann, wenn sie sich von einem Mann angezogen fühlt, was mitunter schnell geschieht. Doch während Edma sich in romantischen Zukunftsträumen ergeht, sind alle diese Männer entweder verheiratet oder haben keinerlei Ambitionen, ein Leben als Ehemann zu führen. Insgeheim bedauert Berthe die Schwester um ihre Trugbilder. Sie selbst hat sich noch nie verliebt und hat auch nicht vor, dies jemals zu tun.

»Wie lange nehmen Sie schon bei meinem Freund Unterricht?« Seine Stimme hat ein tiefes, raues Timbre, jede Silbe ist überdeutlich artikuliert.

Über Edmas Wangen huscht ein rosiger Hauch. »Seit drei Jahren, Monsieur Manet.«

Monsieur Corot streckt die Brust vor und streicht mit dem Daumen selbstgefällig über seinen braunroten Schnurrbart. »Die beiden sind meine fleißigsten Schülerinnen, sie haben bereits mehrfach im Salon ausgestellt. Mit anderen Worten, die Desmoiselles wussten die strenge Jury zu überzeugen.«

»Zuvor hat uns Monsieur Guichard unterrichtet. Er war es, der uns das erste Mal in den Louvre geführt hat«, ergänzt Berthe, immer noch verärgert über die Taktlosigkeit ihres Lehrers. Außerdem möchte sie vermeiden, dass Monsieur Manet den Eindruck gewinnt, ihre erfolgreiche Teilnahme beim jährlichen Salon, dem großen Pariser Kunstereignis des Jahres, sei allein auf die Lektionen bei ihrem Lehrer Corot zurückzuführen.

Unauffällig späht sie zum Ende des langen Korridors, an dessen Wänden sich ein goldgerahmtes Gemälde an das nächste reiht. Dort sitzt ihre Mutter auf einem Klappstuhl und ist über einer Stickarbeit eingenickt. Glücklicherweise, denn sonst käme Marie Morisot womöglich auf die Idee, sich in die Unterhaltung einzumischen. Nicht aus Interesse, sondern um sicherzustellen, dass die Grenzen des Schicklichen gewahrt bleiben. Schließlich diskutieren ihre unverheirateten Töchter mit zwei Männern. Ob diese Junggesellen oder verheiratet sind, spielt keine Rolle. Sie sind Männer, also ist erhöhte Wachsamkeit erforderlich.

Die beiden Künstler treten einige Schritte zurück, bis sie das Gemälde des großen flämischen Meisters und die davorstehenden Staffeleien der Schwestern im Blick haben. Mehrmals kneift Monsieur Manet die Augen zusammen, dann nickt er beifällig in Richtung seines Malerfreundes.

»Eine erstaunlich reife Leistung für zwei so junge Damen … Rubens war ein Meister der minutiösen Pinselführung, er verknüpfte dramatisches Geschehen mit leuchtender Farbigkeit. Man erkennt das Bestreben Ihrer Schülerinnen, das Thema präzise nachzubilden. Recht anschaulich auch, wie sie sich in die Gefühlswelt der agierenden Personen hineinversetzen.«

»Die Historie ist und bleibt die Königsdisziplin der Malerei«, bekundet Monsieur Corot voller Eifer. Monsieur Manet verbeugt sich leicht in Richtung der beiden Schwestern.

»Jeder Kopist weiß, dass die Auseinandersetzung mit einem Gemälde wie Der Austausch der Prinzessinnen technisch herausfordernd ist. Ich muss feststellen, dass die Desmoiselles Morisot die Anmut der dargestellten Adelsdamen bei Weitem übertreffen. Würde Rubens heute leben, er würde Sie beide porträtieren wollen.«

Berthe überhört bewusst die Bemerkung über ihr Aussehen und spürt ihr Herz pochen. Monsieur Manet, der bekannteste und einflussreichste Maler von Paris, hat ihre Arbeit gelobt! Er, der in der Presse als kauziger Eigenbrötler verschrien ist, erweist sich in Wirklichkeit als charmanter und einnehmender Mann. Eine Malerpersönlichkeit wie ihn wollte sie schon immer einmal kennenlernen.

Nach einem vierstimmigen Wortwechsel über die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen durch den Einsatz von Rund-, Flach- und Schrägpinseln verabschieden sich die beiden Männer. Manets Blick ist ebenso nachdrücklich wie sein Händedruck.

»Au revoir, Mesdemoiselles. Ich hoffe, wir sehen uns recht bald wieder.«

Als die Männer außer Hörweite sind, zittert Edmas Hand, die zum Pinsel greift. »Sag mir, dass ich nicht träume. War das eben tatsächlich der berühmte Édouard Manet, der mit uns gesprochen hat?«

Während Berthe sich wieder ihrer Arbeit zuwendet, mischt Edma gedankenverloren einen Farbton nach dem nächsten auf der Palette. Und doch ist sie zu keinem Pinselstrich mehr fähig. Also begnügt sie sich damit, für heute ihrer Schwester beim Auffüllen einer Rosenblüte zuzusehen.

»Wer war denn der elegant gekleidete Herr, den ich vorhin an der Seite von Monsieur Corot aus dem Rubens-Saal eilen sah?«, möchte Marie Morisot von ihren Töchtern wissen. In diesem Augenblick schwenkt ihr Gefährt ruckartig erst nach links, dann nach rechts. Vermutlich hat der Kutscher gerade noch rechtzeitig ein Schlagloch umfahren können. Der Weg am Seine-Ufer zwischen dem Musée du Louvre und der Rue Franklin, dem Zuhause ...

Erscheint lt. Verlag 17.4.2024
Reihe/Serie Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe
Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe • Emanzipation • Frauen und Kunst • Frida • Historischer Liebesroman • Impressionismus • Künstlerin • Liebe • Manet • mutige Frauen • Paris
ISBN-10 3-8412-3507-7 / 3841235077
ISBN-13 978-3-8412-3507-7 / 9783841235077
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