Der Silberbaum. Die siebente Tugend (eBook)
496 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46495-3 (ISBN)
Sabine Ebert war als Journalistin und Sachbuchautorin tätig und begann aus Passion für deutsche Geschichte, historische Romane zu schreiben, die allesamt zu Bestsellern wurden. Ihr Debütroman 'Das Geheimnis der Hebamme' wurde von der ARD als Event-Zweiteiler verfilmt und in einer umjubelten Theaterfassung auf der Felsenbühne Rathen uraufgeführt. Mit dem Romanzyklus 'Schwert und Krone' kehrte sie in die Zeit zurück, mit der sie Millionen von Lesern für unsere Geschichte begeistern konnte. Alle fünf Bände der großen Saga über die Zeit Barbarossas schafften es ebenfalls auf Anhieb in die Bestsellerlisten. Sabine Ebert lebt und arbeitet nach vielen Jahren in Freiberg und Leipzig nun in Dresden. Besuchen Sie auch die Homepage der Autorin: www.sabine-ebert.de
Sabine Ebert war als Journalistin und Sachbuchautorin tätig und begann aus Passion für deutsche Geschichte, historische Romane zu schreiben, die allesamt zu Bestsellern wurden. Ihr Debütroman "Das Geheimnis der Hebamme" wurde von der ARD als Event-Zweiteiler verfilmt und in einer umjubelten Theaterfassung auf der Felsenbühne Rathen uraufgeführt. Mit dem Romanzyklus "Schwert und Krone" kehrte sie in die Zeit zurück, mit der sie Millionen von Lesern für unsere Geschichte begeistern konnte. Alle fünf Bände der großen Saga über die Zeit Barbarossas schafften es ebenfalls auf Anhieb in die Bestsellerlisten. Sabine Ebert lebt und arbeitet nach vielen Jahren in Freiberg und Leipzig nun in Dresden. Besuchen Sie auch die Homepage der Autorin: www.sabine-ebert.de
Der Unglücksbote
Ohne etwas von der Tragödie in Meißen zu ahnen, saß Lukas in seinem steinernen Haus in Freiberg beim Bier mit seinem Schwiegersohn Boris von Zbor, einem Ritter slawischer Herkunft.
Es war bereits dunkel. Unmengen von Schnee erdrückten die Stadt, Windböen fauchten um die Mauern, und Graupelschauer prasselten gegen die Fensterladen.
»Sieh uns an, zwei alte Männer, die sich am Feuer die Knochen wärmen und von längst vergangenen Zeiten träumen«, sagte er wehmütig und auch selbstironisch. »Ich zähle nun bald siebzig Jahre, mein Haar ist fast weiß … Du warst einmal ein Hüne …«
»Bin ich immer noch!«, protestierte der Slawe und hob den Becher. »Ich könnte dich mühelos über den Haufen rennen.«
Lukas zog die Augenbrauen hoch und grinste spöttisch. Es stimmte, Boris von Zbor war fast einen Kopf größer als die meisten Ritter. Doch er, Lukas, beherrschte trotz seiner Jahre das Schwert wie kaum jemand sonst in der Mark, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz so schnell war wie als junger Mann. Der poltrige Einspruch seines Schwiegersohns konnte ihn nicht aus seiner wehmütigen Stimmung reißen.
»Kein Mensch sollte so alt werden, dass er die meisten seiner Waffengefährten und sogar seine Kinder zu Grabe tragen muss. Selbst mein jüngster Enkel träumt schon von seiner Schwertleite …«
Den Namen seiner geliebten Frau Marthe nannte er nicht. Wenn er an sie dachte, überkam ihn jedes Mal eine Woge von Zärtlichkeit – die jäh in Schmerz über ihren Tod umschlug und ein schwarzes Loch in sein Herz riss.
Jeder wusste, dass er immer noch um sie trauerte.
So wie Boris seine Liebe betrauerte, Marthes Tochter Clara.
»Er ist jetzt vierzehn, der Kleine, oder?«, fragte der Slawe und kratzte sich am Kinn.
»Stimmt, aber als ich ihn zum ersten und einzigen Mal gesehen habe, reichte er mir kaum bis an den Gürtel«, erinnerte sich Lukas mit einem Lächeln.
Marthes Erstgeborener, sein Stiefsohn Thomas, lebte seit langem im Heiligen Land, in Akkon. Dort stand er in Diensten des Regenten von Jerusalem. Ein Jahr vor Marthes Tod hatte Lukas mit ihr eine Pilgerreise dorthin unternommen, um ihren Sohn wiederzusehen, die Schwiegertochter und die Enkel kennenzulernen.
»Ich bin froh, dass wir diese Wallfahrt noch gemeinsam erleben durften«, sagte er sehnsüchtig. »Marthe war so glücklich, sie alle in die Arme schließen zu können: Thomas, seine Frau Eschiva, beider Kinder … Sie hat die Reise trotz aller Beschwernisse so genossen.«
Seine Enkelin Änne, eine zierliche junge Frau mit Witwenschleier, legte die Spindel beiseite, die sie bis eben mit geschickten Fingern hatte tanzen lassen, griff wortlos nach dem Krug und ging in die Vorratskammer, um ihn neu zu füllen – aber nur zur Hälfte.
»Es ist schon spät«, mahnte sie.
Lukas griff sacht nach ihrem Arm. »Du bist nicht meine Magd, Liebes«, sagte er sanft.
»Irgendwer muss sich ja um dieses Haus kümmern, da du dich strikt weigerst, noch einmal zu heiraten«, hielt sie ihm schroff entgegen.
Natürlich hatte Lukas Gesinde, das ihm den Haushalt besorgte. Der Stallbursche schlief bei den Pferden, und in seinen Diensten standen eine alte Witwe und ihre zehnjährige Enkelin, die er mit dieser Anstellung vor dem Verhungern bewahrte. Doch heute halfen die beiden in der Burg aus, wo die Hälfte der Dienerschaft fiebernd und hustend darniederlag. Jetzt räumten sie gewiss zusammen mit dem Burggesinde die Küche nach dem abendlichen Mahl auf. Deshalb war Lukas mit Boris und Änne allein – abgesehen von den Knappen, die oben hoffentlich schliefen.
»Du willst doch auch nicht wieder heiraten, seit dein Mann von uns gegangen ist«, hielt er seiner Enkelin vor.
»Ich werde dich gewiss nicht zwingen«, hieb auch Boris in diese Kerbe. »Aber die Leute reden. Mit fünfundzwanzig ist dein Leben nicht vorbei. Außerdem brauchst du Schutz, wenn wir zwei Grauschöpfe eines Tages nicht mehr da sind.«
»Lass die Leute reden!«, schnaubte Änne. »Das Letzte, was ich brauche, ist ein Kerl, der am Bierkrug hängt und mir im Rausch das Geschirr kurz und klein schlägt.«
Die erste Zeit ihrer Ehe mit Konrad von Lichtenborn war glücklich gewesen, sonst hätten weder Lukas noch Boris von Zbor ihr Einverständnis dazu gegeben. Doch nachdem ihrem Mann bei einem Reitunfall ein Bein zerschmettert worden war, hatte er sich in seinen letzten Lebensmonaten aus Verbitterung dem Trunk ergeben.
Und dass Änne kein Kind lebend zur Welt bringen konnte, sondern jede Schwangerschaft vor der Zeit mit einem traurigen Verlust endete, schien alle etwaigen Bewerber abzuschrecken. Normalerweise würden sich die Männer von Stand darum reißen, in Lukas’ Familie einzuheiraten. Er war nicht nur ein in der Ritterschaft und beim Markgrafen geachteter Mann, er gehörte auch zu den Begründern dieses Ortes, der im Dunklen Wald aus wilder Wurzel entstanden war. Als sechzehnjähriger, tatendurstiger Knappe hatte er zusammen mit seinem Vorbild und Freund Christian die ersten Siedler aus Franken hierhergeführt. Dass bald darauf in dem entlegenen Weiler überaus reiche Silbervorkommen entdeckt worden waren und aus Christiansdorf rasch eine Stadt mit einer wehrhaften Burg wuchs, konnte damals niemand ahnen. Dafür vermochte wohl fast jeder Freiberger ein Dutzend Situationen aufzuzählen, in denen Lukas mit seinen Getreuen die Stadt aus einer Gefahr gerettet hatte.
Änne kam aus der Vorratskammer zurück und stellte den aufgefüllten Krug ab.
»Um Vater muss ich mich auch noch kümmern seit Mutters Tod! Wer tut es sonst, da auch er sich strikt weigert, sich eine neue Frau zu suchen? Das muss wohl in der Familie liegen«, sagte sie mit vorwurfsvollem Blick zu Boris von Zbor.
Der war zwar genau genommen nur ihr Stiefvater, aber er hatte nie einen Unterschied gemacht zwischen den Kindern, die die junge Witwe Clara in die Ehe mitbrachte, und ihren später geborenen gemeinsamen Sprösslingen. Nie hatte er Clara auch nur mit einer Silbe vorgeworfen, dass zwei ihrer vor der Heirat mit ihm geborenen Söhne Bastarde waren – Frucht ihrer Liebe zu Markgraf Dietrich, den Boris als aufrechten Mann schätzte.
»Marthe und deine Mutter waren ganz besondere Frauen. Diese Lücke kann niemand ausfüllen«, sagte der hünenhafte Slawe wehmütig.
»Also sitzt ihr hier beim Bier und trauert ihnen bis ans Ende eures Lebens nach?«, hielt Änne ihm und Lukas vor.
Zum Glück blieb den Männern eine Antwort erspart, denn Geräusche kündeten von der Ankunft eines Reiters. Sofort stellten sie die Becher ab und strafften sich, den Blick auf die Waffen gerichtet, die griffbereit neben der Tür standen.
Ein Reiter zu dieser Stunde bedeutete Gefahr – oder schlimme Nachrichten. Die Stadttore waren längst verschlossen, und bei solchem Wetter verließ kein vernünftiger Mensch ohne triftigen Grund sein Haus.
Jemand pochte energisch an die Tür.
»Lukas von Freiberg! Lasst mich ein, die Markgräfin schickt mich!«
Lukas und Boris tauschten einen verwunderten Blick.
Markgräfin Jutta hatte sie beide …. nun ja, nicht direkt vom Hof verbannt, das würde Dietrich nicht dulden. Doch um des ehelichen Friedens willen hatte der Markgraf dem Wunsch seiner Gemahlin entsprochen, die Anwesenheit dieser beiden Ritter in Meißen auf das Nötigste zu beschränken. Jutta wollte nicht ständig durch sie an Clara erinnert werden. Und schließlich brauchte Dietrich auch in seiner Silberstadt Freiberg zuverlässige und kampftüchtige Gefolgsleute. Die Gruben, die Schmelzhütten und die Burg samt Münzstätte und Silberkammer mussten geschützt werden.
Nicht länger als einen Wimpernschlag benötigte Lukas für all diese Überlegungen, während er zur Tür ging, sein Schwert in Reichweite. Auf schlechte Nachrichten gefasst, öffnete er. Ein Schwall eisiger Luft fuhr ins Haus, und winzige Hagelkörner prasselten ihm ins Gesicht. Als er den Boten erkannte, atmete er erleichtert – wenn auch nicht zur Gänze erleichtert – auf und ließ ihn ein.
»Hubert, was führt Euch so spät in der Nacht und im tiefsten Schnee nach Freiberg? Wie habt Ihr es überhaupt geschafft, Euch von Meißen hierher durchzuschlagen?«
Der Bote, ein junger rothaariger Ritter, trat ein, zog die mit Hagelkörnern übersäte Gugel vom Kopf und stampfte mehrfach mit den Füßen auf, um den Schnee von den Schuhen zu lösen.
Mit kälteklammen Fingern zerrte er sich die Handschuhe von den Fingern, stopfte sie in seinen Gürtel und sah die beiden Männer bedrückt an.
»Die Markgräfin erwartet Euch morgen dringend in Meißen, Lukas.«
Der Empfänger dieser Botschaft war erstaunt und alarmiert zugleich. Jutta wollte ihn sehen? Entweder hatte sie einen unliebsamen Auftrag für ihn, aber einen Racheakt, gleich welcher Art, würde ihr Dietrich nicht durchgehen lassen. Oder es war etwas wirklich Dramatisches geschehen. Doch wieso rief Jutta ihn und nicht der Markgraf?
»Aus welchem Grund wünscht Ihre Durchlaucht ausgerechnet mich am Hof?«
»Das ist allein für Eure Ohren bestimmt«, erklärte der junge Bote verlegen.
Änne ging zum Herd, füllte dem unerwarteten Besucher eine Schale mit Suppe und stellte sie ihm hin. »Das wird Euch bei der Kälte guttun.«
Dann stieg sie die steile Treppe hinauf, um dem Gast eine Schlafstatt herzurichten.
Auch Boris wollte sich erheben, doch Lukas hinderte ihn am Gehen.
»Wenn ich morgen früh nach Meißen reiten soll, muss sich mein Schwiegersohn um die Sicherheit von Burg, Münzstätte und...
Erscheint lt. Verlag | 2.11.2023 |
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Reihe/Serie | Der Silberbaum | Der Silberbaum |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Schlagworte | 13. Jahrhundert • Bestseller • Bestseller-Autorin • Christian • Die Hebamme • Die Hebammen-Saga • Dresden • Elisabeth von Thüringen • Freiberg • Friedrich II. • Fürst • Fürstenfamilie • Fürstentum • Fürstin • Hebamme • Hebamme Ebert • Heinrich der Erlauchte • Heiratspolitik • historienromane • Historische Bücher • historische romane mittelalter • Historischer Roman • Historischer Roman Bestseller • Historischer Roman Reihe • historischer Roman Serie • Interregnum • Intrige • Jutta von Thüringen • Kreuzzug • Kunst • Leidenschaft • Leipzig • Liebe • Lukas • Markgraf • Mark Meißen • Marthe • Meißen • Minne • Minnedichterin • Minnesang • MInnesängerin • Mittelalter • Mittelalter Roman • Mittelalter Romane • Mongolensturm • Sabine Ebert • Sachsen • Sachsenspiegel • Sophie von Brabant • Spiegelbestseller • Thüringen • weibliche Heldin |
ISBN-10 | 3-426-46495-0 / 3426464950 |
ISBN-13 | 978-3-426-46495-3 / 9783426464953 |
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