Die Regentin (eBook)
689 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-3752-4 (ISBN)
Ihr Schicksal war es, Königin zu werden
Northumbria im Jahr 647: Als Wikinger in ihr Land einfallen und sie entführen, ändert sich das Schicksal der Fürstentochter Bathildis drastisch. Die junge Frau wird an den französischen Hof verkauft und muss dort als Sklavin hart arbeiten. Doch schließlich gelingt es ihr, die Aufmerksamkeit des Merowinger-Königs Chlodwig II. auf sich zu ziehen und ihn für sich zu gewinnen. Auch wenn sie nun von der Sklavin zur Königin aufgestiegen ist: Bathildis vergisst ihre Herkunft nicht und setzt sich leidenschaftlich für die Abschaffung der Sklaverei ein. Doch dann holt sie ihre Vergangenheit ein, denn ein mächtiger Feind sinnt auf Rache...
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<p>Julia Kröhn, wurde 1975 in Linz an der Donau geboren. Heute lebt die Fernsehjournalistin und Autorin in Frankfurt am Main. Sie veröffentlicht unter verschiedenen Pseudonymen sehr erfolgreich Kinder-, Fantasy- und Historische Romane. Unter dem Pseudonym Carla Federico erhielt die Bestsellerautorin im Jahr 2010 den internationalen Buchpreis CORINE für ihren Roman Im Land der Feuerblume. Besuchen Sie die Autorin unter www.juliakroehn.de im Internet.</p>
I. Kapitel
Die Geburt des Kindes war für die Wöchnerin schmerzhaft, für die Mägde ermüdend und für seine Großmutter Acha unendlich langweilig. Beinahe in gleichem Takt, in dem die Gebärende ächzte, verzog sich Achas Mund zu einem Gähnen. Sie war nicht müde, aber sie haderte mit dem Umstand, dass die Geburt Frauensache war und zudem eine äußerst langwierige Angelegenheit, die zu Warten und Stillstand nötigte.
Letzteres lag Acha nicht. Obwohl ihre Knochen manchmal knackten wie morsches Holz und ihr einstmals kräftiges, aber nun lichtes Haar eine Farbe angenommen hatte, als hätte sie es in Staub gebadet, hatte das Alter ihr doch nicht die Lust genommen, wendig durch die Welt zu jagen, sich vom beschwingten Tagesgeschäft auf Trab halten zu lassen und nur dann widerwillig innezuhalten, wenn die Müdigkeit ihre Lider niederpresste.
Heute freilich hätte sie einiges darum gegeben, einschlafen zu können und erst dann wieder aufzuwachen, wenn das Kind geboren wäre. Sie hasste es schon jetzt nicht minder als das Warten darauf. Gerne könnte es auf ewig im aufgedunsenen, blau geäderten Leib stecken bleiben.
Nachkommenschaft war zwar das Wertvollste auf Erden und dafür zu sorgen die Pflicht eines jeden ihrer Bewohner, aber gerade deshalb wollte Acha der Schwiegertochter nicht gönnen, solcherart ihren Wert für den Haushalt zu steigern. War es nicht schlimm genug, dass ihr maulfauler Sohn diesem Weibe mehr Respekt entgegenbrachte als seiner Mutter? Hatte Estrith nicht jene widerwärtigen Sitten eingebürgert, die die alten Götter vergraulen sollten?
Oh, gerne hätte sie gesehen, wie diese Götter die junge Aufmüpfige bestraften, indem sie ihr Kinder verweigerten! Doch nun lag Estrith allem heimtückischen Hoffen zum Trotz von Wehen geschüttelt da und mühte sich ab, das Köpfchen durch die rote schmierige Scham zu pressen.
»Es scheint mir gar sehr lange zu dauern«, murmelte eben eine der kuhäugigen Mägde, »’s geht nun schon seit Stunden nicht weiter.«
»Vielleicht liegt das Kleine falsch herum«, stimmte eine andere zu, nicht minder gleichgültig glotzend. Sie hielt den Gürtel in der Hand, den Estrith für gewöhnlich als Hausherrin trug, jedoch für die Geburt abgenommen hatte. An Spangen befestigt waren Nadeln und ein Messer, desgleichen eine Kordel mit allen wichtigen Schlüsseln.
Missmutig starrte Acha auf dieses Insignium der Macht, das zugleich Zankapfel zwischen den Frauen war, denn diesen Gürtel, so befand Acha, sollte sie als Älteste tragen, wohingegen Estrith befand, dass er allein ihr zustünde – war sie es doch gewesen, die den christlichen Glauben in dieses Haus gebracht und solcherart für jene Zeitenwende gesorgt hatte, der sich alleine Acha hartnäckig verweigerte.
Estrith stöhnte und griff nach der Hand einer der Mägde. Jene entriss sie ihr, auf dass sie nicht schmerzhaft zudrücken konnte.
»Ha!«, lachte Acha, genauso wenig gewillt, der Schwiegertochter nahe zu treten, um ihr den Schweiß abzuwischen. »Bist also nichts weiter als ein Schwächling, so wie dein Christengott! Als ich geboren habe, entfuhr kein Laut meinen Lippen. Was soll dein Mann denken, der da draußen wartet? Nicht allein, so wie mir zugetragen wurde. Eben habe ich erfahren, dass Ricbert eingetroffen ist.«
Freilich, dachte Acha, wenngleich sie sich hütete, das laut auszusprechen, freilich waren beide Männer gewiss längst mit Met gefüllt, sodass sie nicht mehr hörten, was sich hier im Langhaus zutrug.
Die Gebärende ächzte wieder, vielleicht aber war es auch Hohngelächter, das da über die aufgesprungenen Lippen kam.
»Nun«, murrte sie mit gepresster Stimme, »dies kann dich kaum freuen, du alte, bösartige Vettel! Hasst du doch Ricbert nicht weniger als mich und ...«
Sie schrie auf, als eine neue Wehe sie erfasste. Die beiden Mägde glotzten träge auf den Blutschwall, der sich zwischen den Beinen ergoss, »’s kann sein, dass das Köpfchen jetzt doch kommt«, murmelte eine gleichgültig, anstatt daran zu denken, Estriths Scham mit Schmalz einzureiben, auf dass sie geschmeidiger würde.
Oh, soll das Balg doch in diesem roten Leib ersticken!, schimpfte Acha innerlich. Soll Estrith mitsamt dem Kind verrecken!
Ja, wegen Ricberts Einfluss auf ihren Sohn Thorgil haderte sie so sehr wie wegen jenem Estriths. Auch er – ein Christ. Nach Northumbrien (von Acha stets Saxonia genannt) war er gekommen, als König Edwin die Schwester Eadbalds von Kent heiratete. Das war sieben Jahre her, und in dieser Zeit hatte ein gewisser Paulinus, der das Brautpaar begleitet hatte, den man »Bischof« hieß und der sich – wie Acha trocken befand – gerne reden hörte, vor allem in Gegenwart möglichst vieler Menschen, die Lande vergiftet. Den König hatte er zuerst getauft, dann dessen Getreue, schließlich alle Fürsten, zu denen auch Achas Sohn Thorgil zählte. Damit begann der Niedergang des alten Glaubens. Nicht nur, dass die Häupter der Bekehrten mit gar sonderlichem Wasser beträufelt wurden, welches die Männer der Kirche »geweiht« nannten – obendrein wurden auch alle Heiligtümer der alten Götter entwürdigt, nämlich durch den Bau von Kirchen.
Ein blutiger Klumpen trat zwischen Estriths Schenkeln hervor, indessen Fliegen im roten Dunst summten. Es roch nicht nach neuem Leben, sondern süßlich wie Verwesung.
»’s ist tatsächlich das Köpfchen«, meinte eine der Mägde, zwar endlich mit wachsendem Interesse, aber weiterhin tatenlos.
»Dann zieht es doch heraus!«, brüllte Estrith sich windend.
»Ha!«, lachte Acha. »Ich helfe dir gewiss nicht! Soll dir halt dein Priester dein Kind holen!«
»Es ist auch von deinem Blute, Acha!«
»Eben darum«, sagte die Alte, nun nicht nur höhnisch, sondern ehrfurchtsvoll, »eben darum ist es meine Pflicht, die Götter nach seiner Zukunft zu befragen.«
Sprach’s, drehte sich um und marschierte – an der hölzernen Trennwand vorbei, die den Schlafbereich vom Hauptraum abtrennte – zur Feuerstelle.
»Nein!«, gellte Estrith ihr hinterher. »Nein, das wirst du nicht tun!«
Ihr Atem kam stoßartig. Acha hingegen grinste vor sich hin, nahm einen Haken von der Wand, durch deren Gerüst von Weidengeflecht frische Luft von draußen strömte – und kniete sich nieder, um damit in der rotäugigen Glut zu stochern. Das Feuer war am Verlöschen, längst viel zu schwach, um mit seinen flackernden Schatten die Wände zu bemalen.
»Ich tu, was ich für richtig halte«, erklärte sie entschlossen.
»Wage nicht, deine heidnischen Götter nach der Zukunft des Kindes zu befragen!«, schrie Estrith, wiewohl die Worte in einem Würgen und Ächzen untergingen. »Das ist Gotteslästerung! Sobald es geboren ist, wird’s getauft!«
»Nun«, lachte Acha, »dann musst du ja keine Furcht haben, dass der Götter Fluch es treffen könnte. Dann ist es vom Gekreuzigten ja bestens geschützt. Oder denkst du vielleicht dasselbe wie ich, dass nämlich dein Christengott im Zweifelsfalle doch zu nichts taugt?«
Estrith konnte nicht mehr reden. Auch ihr Schreien verstummte, als sie nun hechelnd ihr Kind aus dem Leib presste. Acha indessen schrieb magische Zeichen in die Asche, zu der die Feuerglut verfiel.
»Nicht gut«, murmelte sie, um Estrith zu ärgern. »Gar nicht gut ist, was ich sehe.«
Thorgil beglotzte seine neugeborene Tochter schweigend, was nicht verwunderlich war, schließlich sollte ein Mann andere Begabungen haben als die des Redens. Zumindest war er nicht betrunken, wie Acha angenommen hatte, sondern sah sich die kleinen, rot verschmierten Gliedmaßen erstaunlich wach an.
»Es ist nur ein Mädchen!«, lästerte Acha, erleichtert, dass sie der Schwiegertochter zumindest nicht die Geburt eines Sohnes gönnen musste.
Estrith war so bleich, als hätte ihr Leib während der Geburt alles Blut aus den Adern gespien. Vielleicht stirbt sie noch, dachte Acha schadenfroh.
»Sie hat einen Zauber gesprochen«, murmelte Estrith tonlos. »Deine Mutter hat einen bösen Zauber über das Kind gesprochen ...«
Thorgil blickte stirnrunzelnd auf. Im Hauptraum erschienen grobschlächtige Mägde und Knechte, um das Neugeborene zu beschauen. Sie kamen aus den Ställen für das Vieh, die rund um das Langhaus gebaut waren, den Speicherhäusern, in denen Getreide gelagert wurde, und aus den Werkstätten, wo Holz und kostbares Eisen verarbeitet wurde – zu Booten und Pflügen, Karren und Fischereigerät.
»Das habe ich nicht!«, verteidigte sich Acha. »Doch wer das zweite Gesicht hat, der vermag in der Feuerglut die Zukunft des Menschen zu sehen!«
Das Kindlein quietschte wie ein Kätzchen.
»Und«, fragte Thorgil, vom Streit der Frauen mürrisch gestimmt, »was hast du gesehen?«
Acha zögerte.
Die Wahrheit war, dass sie weder das zweite Gesicht hatte noch mit den Göttern sonderlich gut...
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2023 |
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Reihe/Serie | Die schönsten und spannendsten Historischen Romane von Julia Kröhn | Starke Frauen - große Zeiten |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Anglosachsen • Chlodwig • Historische Romane • Intrigen • Kloster • Merowinger • Ränke • Wikinger |
ISBN-10 | 3-7517-3752-9 / 3751737529 |
ISBN-13 | 978-3-7517-3752-4 / 9783751737524 |
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Größe: 1,8 MB
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