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Verlassene Seelen -  Patricia Weiss

Verlassene Seelen (eBook)

Der sechste Fall für Laura Peters
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
554 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9688-5 (ISBN)
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'Die Fesseln schnitten tief in die Handgelenke und die Finger wa­ren in das Eisengitter gekrallt. Das Opfer hatte sich für das romantische Treffen lange, pinke, mit kleinen Glit­zer­steinchen ver­zierte Plastiknägel angeklebt. Einige waren bei der Tortur ab­ge­rissen und lagen wie Blütenblätter auf dem blut­ge­tränkten Laken um ihren Kopf verteilt. Sie hat­te sich freiwillig fesseln lassen. In Erwartung einer Nacht vol­ler Leidenschaft und Ekstase. In der Hoffnung auf Liebe. Doch dann war es anders gelaufen.' Detektivin Laura Peters sucht nach Luca, der während ei­ner Party in einem ver­fal­le­nen Hotel mitten im Wald ver­schwun­den ist. Die Spuren führen zu einer glamourösen Kin­der­psych­iaterin, die für ihre ri­go­ro­sen Therapien gefeiert wird, und zu einem Heim für ver­hal­tens­gestörte Ju­gend­liche. Schnell merkt Laura, dass die res­pek­table Fassade trügt, denn nachts streift dort ein Ver­ge­waltiger auf der Jagd nach jungen Mädchen unbehelligt durch die Gänge. Als ein weiterer Freund von Luca verschwindet, muss Laura fest­stellen, dass nicht jedes Opfer unschuldig ist und dass Sehn­sucht tödlich sein kann.

Die Schriftstellerin Patricia Weiss lebt in Bonn. Wenn sie nicht gerade schreibt oder bei einem Kaffee über den nächsten Plot nachdenkt, ist sie mit ihrem Hund am Rhein unterwegs, geht im Wald joggen (...denn sind es nicht gerade die Jogger, die gerne mal über eine Leiche stolpern?) oder sieht sich bizarre Schauplätze für das nächste Buch an.

Die Schriftstellerin Patricia Weiss lebt in Bonn. Wenn sie nicht gerade schreibt oder bei einem Kaffee über den nächsten Plot nachdenkt, ist sie mit ihrem Hund am Rhein unterwegs, geht im Wald joggen (...denn sind es nicht gerade die Jogger, die gerne mal über eine Leiche stolpern?) oder sieht sich bizarre Schauplätze für das nächste Buch an. Bisher von ihr erschienen sind Das Lager, Böse Obhut, Zweiundsiebzig, Moloch Unsterblich, Monströse Moral und Cäcilie - Eine Halloween-Novelle.

Zwei Jahre zuvor


 

 

 

Wenn das Baby aufhört zu weinen, wird jemand sterben.

Warum kam ihr das ausgerechnet jetzt in den Sinn? Warum fühlte es sich an wie eine Warnung? Diese Nacht würde ein Traum werden. Wie im Märchen.

Nicht so wie die Nacht, die sie fast nicht überlebt hätte, als ihre Mutter sie ihren Freunden überlassen und die sie mit Alkohol abgefüllt hatten, bis sie sich nicht mehr hatte wehren können.

Als sie totendeprimiert wieder zu sich gekommen war, hatte sie zum ersten Mal das kleine Mädchen gesehen. Tief in ihrem Inneren. Im hintersten Winkel ihrer Seele. Es hockte in der Ecke eines dunklen, feuchten Kellerraums, hatte die Knie angezogen, die Hände vors Gesicht geschlagen und schluchzte. Untröstlich. Es war ein Schock gewesen. Weil es ein Teil von ihr war. Ein Teil, den sie verdrängt hatte. Und über den sie auf keinen Fall nachdenken wollte. Nur eins hatte sie mit absoluter Sicherheit gewusst: Sie musste das Mädchen unbedingt weiter weinen lassen. Denn wenn es aufhörte, würde jemand sterben.

Jemand anderes oder, noch wahrscheinlicher, sie selbst.

Sie hatte den Satz zu der Hexe vom Jugendamt gesagt, die von den Nachbarn gerufen worden war. (Sie hatten sie am nächsten Morgen benachrichtigt. Nicht in der Nacht, in der alles passiert war.) Und die hatte glatt die Polizei alarmiert, um das Baby zu suchen.

Warum hörte ihr nie einer zu?

Danach war sie eingeliefert worden.

Neben Kindeswohlgefährdung stand der Verdacht auf dissoziative Identitätsstörung in den Formularen (totaler Quatsch, was sollte das überhaupt sein?), später dann kindlicher Narzissmus (auch totaler Quatsch, dafür fand sie sich selbst viel zu hässlich). Das war jetzt schon eine Weile her und seitdem ging es ihr eigentlich ganz ok.

Und wirklich großartig seit einer Woche.

Seit sie ihn kennengelernt hatte.

Ihr Herz klopfte so laut, dass es in ihren Ohren dröhnte. Gleich würden sie sich treffen.

Ganz allein.

Alle ihre Wünsche würden in Erfüllung gehen. Deshalb machte es auch keinen Sinn, dass ihr der Satz mit dem weinenden Baby ausgerechnet jetzt eingefallen war. Die Kleine weinte ihre Tränen, die nicht nach außen dringen durften. Aber dafür gab es im Moment keinen Grund.

Sie starrte in die Dunkelheit und konzentrierte sich auf die Geräusche der Nacht. Durch den Spalt zwischen den Vorhängen fiel fahles Mondlicht auf die Lehne eines Stuhls und die darauf abgelegten Kleidungsstücke und aus dem Bett in der gegenüberliegenden Ecke waren die regelmäßigen Atemzüge ihrer Zimmergenossin zu hören. Auf der Straße fuhr von Zeit zu Zeit ein Auto entlang.

Ansonsten war es still.

Die Nachtpflegerin hatte vor einer Stunde die letzte Runde gedreht, das leise Quietschen ihrer Schuhe hatte einen Augenblick vor der Tür verharrt, dann hatte es sich wieder entfernt und war schließlich verstummt.

Sie drückte unter der Bettdecke den Knopf des Handys, wie schon tausende Male zuvor, um die Uhrzeit aufzurufen. Die Zeit verging gleichzeitig quälend langsam und rasend schnell. Sie konnte es kaum erwarten, trotzdem wuchs mit jeder Minute der Druck in ihrer Magengegend. Diese unbestimmte Angst, die sie an nichts festmachen konnte und die sie schließlich als Aufregung abtat.

Endlich war es soweit.

Vorsichtig schob sie die Decke zur Seite, richtete sich auf und schwang ihre Beine über die Bettkante. Dann tastete sie sich vor zu dem Stuhl und zog das Top und die Jeans an. Ihre Zimmergenossin schnarchte weiter leise vor sich hin, wenn die schlief, konnte auch ein Erdbeben sie nicht wecken. Trotzdem wagte sie es kaum zu atmen. Sie huschte zur Tür, öffnete sie und betrat den von Notlichtern beleuchteten Gang.

Das Badezimmer war nur wenige Schritte entfernt. Sie schlich sich in den gekachelten Raum mit den vielen Waschbecken, schaltete das Licht an, sah in den Spiegel und zog eine Grimasse. Die langen, mausbraunen Haare hingen so glatt und schnurgerade herunter, dass ihre Ohren herausstanden wie bei einem Elf. Sie fuhr mit den Fingern hindurch, um sie aufzulockern, doch sie schmiegten sich nur umso enger an ihren Kopf. Dabei hätte sie sich gerade jetzt verführerisch sanfte Wellen gewünscht.

Ein bisschen Make-up könnte es noch herausreißen. Sie wollten nicht, dass sie sich schminkte, aber die anderen taten es doch auch. Und wenn sie ihre Augen betonte, kam deren geheimnisvoll glitzerndes Grün viel besser zur Geltung.

Deine Blicke machen mich verrückt.

Wenn sie an ihn dachte, wurde es ihr wieder schlecht vor Aufregung. Er sah so verdammt gut aus. Sie hätte nie gedacht, dass er sie überhaupt bemerken würde. Er konnte jede haben. Frauen in coolen Outfits, die superdünn waren und ihre perfekt gerundeten Pos in engen Leggins präsentierten. Und die vor allem Erfahrung hatten.

Herumgeknutscht hatte sie schon oft. Auf Partys mit Jungs, die besoffen waren. Und die sie am nächsten Morgen nicht erkannt hatten. Oder es zumindest nicht hatten zugeben wollten. Mehr hatte sie nie zugelassen (außer vielleicht bei den Freunden ihrer Mutter, aber daran konnte sie sich zum Glück nicht erinnern). Man hatte sie dafür ausgelacht. Sogar beschimpft. Sie solle sich nicht so anstellen, Männer bräuchten das, hatte ihre Freundin gesagt.

Aber sie war noch nicht so weit.

Er respektierte das.

Hab keine Angst, ich werde spüren, wenn du bereit bist.

Sie drehte sich vor dem Spiegel und zog den Ausschnitt des oversized Shirts über die Schulter, damit der rote BH-Träger zum Vorschein kam. Und das dünne Kettchen mit dem Herzanhänger. Ein Geschenk von ihm.

Er liebte sie wirklich.

Deine Haut ist wunderschön.

Die Erinnerung an seine Stimme ließ sie erschauern.

Sie sah auf die Uhr. Fünf vor zwei.

Mitten in der Nacht.

Du bist doch eine Wilde. Traust du dich, dich wegzuschleichen? Damit wir uns sehen können? Ich mag nicht mehr von dir getrennt sein.

Sie war gar nicht so wild. Die meiste Zeit machte sie nur, was von ihr verlangt wurde, und versuchte, den Tag zu überstehen. Das kostete sie, seit sie die Medikamente bekam, schon genug Kraft. Doch nichts auf der Welt hätte sie davon abhalten können, sich mit ihm zu treffen!

Für ihn würde sie alles tun.

Er spielte in einer ganz anderen Liga, gehörte zu den Reichen und Besseren. Zu denen, die auf der Sonnenseite des Lebens in großen Villen wohnten und dicke Autos fuhren. Am liebsten hätte sie sich ihrer Freundin anvertraut. Dass sie ein Date mit dem tollsten Typen hatte. Dass er in sie verliebt war. Dass er verrückt nach ihr war. Doch das hatte er ihr verboten.

Du darfst keinem von uns erzählen! Niemandem, hast du verstanden? Sie werden uns sonst trennen. Für immer.

Das Geheimnis für sich zu behalten, war das schwierigste. Obwohl sie sich fast nicht vorstellen konnte, dass man ihr überhaupt glauben würde, wenn sie verriet, wer er war. Trotzdem musste sie sich zusammenreißen. Und alle Chats mit ihm löschen. Einmal hatte sie es vergessen und er war furchtbar wütend geworden. Auf diese kalte Art wütend, die ihr noch mehr Angst machte, als wenn er geschrien und getobt hätte. Zum Glück hatte er sich wieder beruhigt. Und ihr eine zweite Chance gegeben. Die sie diesmal nicht verbocken durfte.

Nach einem letzten Blick in den Spiegel schaltete sie das Licht aus, öffnete die Tür und lauschte in die Tiefen des weitläufigen Gebäudes. Die anderen schliefen und aus den Geräuschen, die aus dem Personalzimmer drangen, schloss sie, dass die Nachtaufsicht sich einen Film ansah. Sie schlich an den Schlafräumen vorbei und bog in den Gang mit den Untersuchungszimmern ab.

Eigentlich kein angenehmer Treffpunkt.

Ich bringe Kerzen mit, du wirst gar nicht merken, wo wir sind. Wir werden die Welt vergessen.

Er hatte recht.

Es kam nicht darauf an, wo man sich traf, sondern mit wem.

Mit ihm war es überall schön. Romantisch. Auch in dem Sprechzimmer mit der schwarzen Liege und der gruseligen Lampe an dem geknickten Schwenkarm. Deren grelles Licht bei den Untersuchungen nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Seele bis in den letzten Winkel auslotete.

Heute Nacht würde es anders sein.

Sie blieb vor der Tür stehen und atmete tief durch. Ihr Herz hämmerte vor Aufregung und plötzlich fühlte sie kalte Enttäuschung in sich aufsteigen. Bestimmt war er nicht gekommen. Das war alles nur ein Scherz. Er hatte sie hierher gelockt, um sie an der Nase herumzuführen und sich über sie lustig zu machen.

Jemand wie er verliebte sich nicht in ein Mädchen wie sie. Nicht einmal in den Filmen, die sie so gerne sah. Da war die Hauptperson immer attraktiv und brauchte höchstens ein radikales Umstyling, um die große Liebe zu finden. Aber sie war nicht hübsch. Nicht einmal ansatzweise.

Zu klein, zu dick, zu dumm.

Das hatte ihr Vater immer gesagt, wenn sie etwas falsch gemacht hatte. Und das war oft gewesen.

Du bist etwas ganz Besonderes. Ich liebe dein Lachen.

Sie kämpfte die Zweifel nieder. Wenn er nicht da war, würde sie einfach zurück ins Bett gehen. Und leise in ihr Kissen weinen, damit keiner es merkte. Oder für immer weglaufen. Aber jetzt durfte sie nicht kneifen, sonst würde sie nie Gewissheit haben.

Sie klopfte.

Leise.

Und fast sofort wurde die Tür geöffnet.

Er stand vor ihr.

Sah ihr tief in die Augen und reichte ihr ein Glas.

Sie merkte, dass sie ihn anstrahlte. „Du bist gekommen.“

„Natürlich. Ich konnte es kaum erwarten. Komm rein.“

Er nahm ihre freie Hand, zog sie in den Raum und schloss die Tür hinter ihr.

Sie hörte, wie er den...

Erscheint lt. Verlag 5.8.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte DDR • Detektive • Kinderpsychiater • Mädchenmord • Stasi • Vergewaltigung
ISBN-10 3-7541-9688-X / 375419688X
ISBN-13 978-3-7541-9688-5 / 9783754196885
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