Masken Tanz (eBook)
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-6485-2 (ISBN)
Eduard Blum ist in Köln geboren und lebt heute in Wiehl, im Oberbergischen. Als unabhängiger Autor veröffentlicht er seine Romane im Selbstverlag. Titel: Bergisch Kunst, Bergisch Beute, Bergisch Sünde, Maskentanz, Langeoog Haie, Langeoog Tod, Langeoog Blut. Langeoog Blut und Langeoog Tod sind unter dem Pseudonym Kim Lorenz erschienen.
3. KAPITEL
Mit glänzenden Augen blickte Cathérine auf die zahllosen Kerzen, deren Duft den riesigen Raum bis in den letzten Winkel ausfüllte. Die Lichter warfen tanzende Schatten auf die Wände und schwelender Weihrauch erzeugte eine faszinierende, geistliche Atmosphäre.
Ihr Vater zupfte am Ärmel ihres Pelzes und zeigte auf die gewaltigen Pfeiler und Rundbögen.
»Es ist unglaublich, dass ein so großes Bauwerk in nur wenigen Jahren erbaut wurde«, meinte er. »Besonders, wenn man bedenkt, dass der gesamte Marmor in Italien geschlagen wurde und wochenlang transportiert werden musste.«
Ein junger Mann, der neben ihnen stand, hatte das Gespräch mit angehört und zeigte auf das doppelflügelige Eingangsportal.
»Und erst das Tor. Im Kloster habe ich gelesen, dass es einmalig ist. Jeder der beiden Türflügel ist aus reiner Bronze und wurde hier in der Stadt gegossen. Sie sollen unvorstellbar schwer sein und können nur durch eine neu entwickelte Lagertechnik bewegt werden.« Aufmerksam geworden sah Cathérine neugierig den Fremden an. Sie bemerkte, wie er bewundert das Portal betrachtete und staunte, dass er über das Bauwerk soviel erklären konnte. Dabei machte er einen fast schon verträumten Eindruck. Verwirrt musste sich Cathérine eingestehen, dass dieser junge Fremde sie interessierte.
Martin ging plötzlich durch den Kopf, dass er mit seinem Gerede die beiden Fremden vielleicht stören könnte. Er blickte die Frau an und sah in große dunkelbraune Augen, die ihn interessiert musterten. So zwanglos, wie er sich über die Architektur des Gebäudes ausgelassen hatte, so irritiert wurde er nun von der Ausstrahlung dieser Fremden.
»Ich hatte mir eingebildet, ich könnte meiner Tochter Interessantes über dieses Bauwerk berichten«, meinte in diesem Moment der Mann an ihrer Seite, »muss aber zugeben, dass ihr das weitaus besser könnt.« Nach einer kurzen Verbeugung stellte er sich und seine Tochter als burgundische Handelsleute vor, die auf der Durchreise waren.
Martin erwiderte, dass er in der Kanzlei des Herzogs arbeiten würde und noch bis vor kurzem im Kloster gelebt hätte. Heiß fiel ihm ein, dass der Kanzler mit ihm noch einige eilige Dinge klären wollte. Er blickte die beiden Fremden entschuldigend an und erklärte, dass er nochmals in die Kanzlei müsste. Viel lieber wäre er in der Gesellschaft der hübschen Frau geblieben, doch den Kanzler durfte er nicht warten lassen.
Etwas enttäuscht blickte ihm Cathérine nach, der herzogliche Sekretär hatte Eindruck auf sie gemacht und gerne hätte sie ihn näher kennengelernt.
Gelangweilt musterte sie die vielen fremdartigen Besucher die herein strömten und den Kirchenraum füllten. Normalerweise wäre es für sie interessant gewesen, die unterschiedlichen, manchmal exotisch wirkenden Menschen zu beobachten, aber der junge Mann ging ihr nicht aus dem Kopf. In Gedanken sah sie zu der oberen Galerie des Kirchenschiffes hoch und zuckte zusammen. Unbeweglich stand dort der unheimliche Mann aus dem Gasthof und trotz seiner Maske spürte sie, dass er sie anstarrte. Schnell blickte sie in eine andere Richtung und stellte sich so hinter ihrem Vater, dass der Fremde sie nicht mehr sehen konnte. In dem Moment kündigten vom Hauptportal Bläser den Beginn der Messe an und erleichtert konzentrierte sie sich ganz auf den Einzug des Herzogs.
Fagoth Takloh spürte, wie er sein Verlangen nach der Burgunderin kaum noch zügeln konnte. Eifersüchtig hatte er beobachtet, wie sie sich für einen jungen Mann interessierte und hatte auch bemerkt, wie sie ihm nachsah, als er die Kirche verließ. Durch vorsichtiges Fragen bei den Dienstknechten hatte er erfahren, dass sie nicht verheiratet war und auch keine feste Bindung zu einem Mann hatte. Den ganzen Tag war er ihr heimlich gefolgt, immer in Versuchung, ihr näher zu kommen, doch sein Verstand sagte ihm, seinen Einfluss langsam wirken zu lassen. Dabei war Geduld die Eigenschaft, die er am wenigsten besaß. Fieberhaft überlegte er, wie er eine Situation schaffen konnte, die ihn in ihrer Nähe bringen würde. Er beobachtete den Einzug des Herzogs mit den Mitgliedern des Hofes, als er die Lösung plötzlich vor Augen sah. Sein Mund verzog sich zu einem zufriedenen Lächeln und verstohlen blickte er nochmals zu der Frau hin. Er nahm sich vor, ihr in der nächsten Zeit aus dem Wege zu gehen. Dann aber würden seine Träume, die ihn Nacht für Nacht aufwühlten, Wirklichkeit werden.
Kritisch betrachtete Rochefort die eingravierte Inschrift in dem silbernen Ring. In lateinischer Schrift versprach sie dem Träger ein Leben voller siegreicher Taten, Schutz vor Dämonen und dunklen Mächten. Dabei strahlte der tiefgrüne Krötenstein auf der Ringplatte eine fast schon magische Wirkung aus. Rochefort war sich sicher, der Ring war zweifellos die künstlerische Arbeit eines italienischen Silberschmiedes und musste sehr wertvoll sein. Fragend wandte er sich an seinen Kanzler.
»Graf, glaubt ihr, was der Astrologe behauptet, dass dieser Ring magische Kräfte besitzt und der Stein aus dem Kopf einer Kröte ist?«
Erwartungsvoll blickte er auf seinen Schachgegner, der konzentriert auf das Brett starrte.
Ohne von dem Spiel aufzusehen, schüttelte Forcheau zweifelnd den Kopf.
»Ich glaube, das Schicksal des Menschen wird von Gott bestimmt. Vielleicht hat er aber für einige Auserwählte solch magische Steine geschaffen.«
Rochefort ließ nicht locker. »Woher weiß ich, dass dieser hier nicht irgendein Hokuspokus eines Betrügers ist, der sich mit diesem Geschenk bei mir einschleichen will?«
Forcheau blickte vom Schachbrett auf und lehnte sich entspannt zurück. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem feinen Lächeln.
»Wir werden es bald wissen. Da ihr den Fremden als Hofastrologen eingestellt habt, hielt ich es für angebracht, Genaueres über ihn zu erfahren. Über meine Verbindungen in Rom werden wir bald hören, was wir von ihm zu halten haben. Vor allen Dingen interessiert es mich, warum er immer diese abscheuliche Maske trägt.«
Rochefort sah seinen Kanzler an und ihm wurde klar, dass der Graf nicht gerade ein Freund des Astrologen war. Allerdings musste er zugeben, dass auch er Probleme hatte, einen Menschen in seiner Nähe zu haben, dessen Gesicht er nicht kannte. Doch das Tragen von Masken war in den Adelskreisen Roms üblich und konnte viele Gründe haben. Und an seinem Hofe einen italienischen Astrologen zu haben, hob sein Ansehen gegenüber den anderen Fürsten.
»Nun Graf, ich denke, wir sollten die Nachrichten aus Rom abwarten und bis dahin glauben, wofür er sich ausgibt.«
Entschlossen setzte er seinen Läufer in Angriffsposition zum Turm und blickte auf die komplizierte Schachstellung. Dabei hörte er im Hintergrund das Kratzen der Schreibfeder. Trotz der späten Stunde war sein neuer Sekretär noch am Arbeiten und wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er mit dem jungen Mann eine gute Wahl getroffen hatte. Außer seinem Kanzler hatte er am liebsten den aufgeschlossenen ehemaligen Klosterschüler in seiner Nähe. Martin war gebildet, unkompliziert und konnte sich noch über viele Dinge freuen.
In dem Moment, wo der Graf mit der Dame Schach bot, wurden sie durch einen lauten Tumult abgelenkt. Rochefort blickte fragend seinen Kanzler an, aber auch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Rochefort rief nach einem Diener und befahl ihm nachzusehen, was der Lärm zu bedeuten hatte.
Nicht weit vom Burggelände entfernt liefen immer mehr Leute zusammen. Neugierig drängten und stießen sie sich gegenseitig nach vorne, um nahe an die Tatstelle heran zu kommen. Wie ein Lauffeuer hatte es sich in der Stadt verbreitet, dass der Marktmeister in einer dunklen Ecke des Holzmarktes die grausam verstümmelte Leiche einer Frau gefunden hatte.
Felic Clode versuchte mit seinen Gehilfen das neugierige Volk zurückzuhalten und immer wieder rief er den Frauen zu, dass sie ihre Kinder nicht nach vorne lassen sollten. Nach einer Weile bemerkte er erleichtert, dass sich in der Menge eine Gasse bildete und der Marktherr Foulon in seiner städtischen Uniform, begleitet von seinen Dienern mit ihren langen rotweißen Stäben, mürrisch auf ihn zukam.
»Was ist hier los«, fuhr er Clode an, »warum dieser Auflauf und wieso?« Abrupt brach er ab. Ungläubig blickte er auf die zerfetzten Brüste und den aufgeschlitzten Bauch der Toten.
»Mein Gott noch, was ist hier passiert, wer hat das getan?«, fragte er mit belegter Stimme. Unfähig etwas zu unternehmen, starrte er auf die Frau. Fast schon lächerlich wirkte ihr grotesk verzerrtes Gesicht. Sie lag auf dem Rücken und ihre leblosen Augen blickten zu dem hoch in den Himmel ragenden Turm der Klosterkirche, als ob sie von dort oben noch Hilfe erwartet hätte.
Inzwischen drängten sich drei Mönche hastig durch die Menge und rissen den Marktherrn aus seiner Starrheit. »Wir haben Decken mitgebracht, man kann die Frau doch nicht so liegen lassen«, wandte sich einer an ihn, während die beiden anderen Mönche...
Erscheint lt. Verlag | 11.6.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
ISBN-10 | 3-7519-6485-1 / 3751964851 |
ISBN-13 | 978-3-7519-6485-2 / 9783751964852 |
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