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Summer of Hearts and Souls (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2022
320 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-44057-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Summer of Hearts and Souls -  Colleen Hoover
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Herzen haben keine Knochen, sie können nicht brechen - oder etwa doch? Von der Trailersiedlung in die Welt der Rich Kids: Nach dem Tod ihrer Mutter bleibt der 18-jährigen Beyah nichts anderes übrig, als zu ihrem Vater zu ziehen. Dem Vater, den sie kaum kennt und der mit seiner neuen wohlhabenden Familie auf einer Halbinsel vor der texanischen Küste lebt. Wider Erwarten birgt die Welt der Schönen und Reichen mehr Überraschungen, als Beyah je gedacht hätte. Speziell Sunny Boy Samson scheint Abgründe in sich zu tragen, die ihr gar nicht so unbekannt vorkommen ...

Colleen Hoover ist nichts so wichtig wie ihre Leserinnen. Seit der Veröffentlichung von »Weil ich Layken liebe« hat sie eine riesige Fangemeinde. Inzwischen ist sie die erfolgreichste Autorin der Welt und stürmt mit all ihren Romanen die Bestsellerlisten. 2023 wurde sie auf die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt des »Time«-Magazins aufgenommen. Colleen Hoover lebt mit ihrem Mann und ihren Söhnen in Texas.

1


Sommer 2015


Bei uns im Wohnzimmer hängt ein Bild von Mutter Teresa an der Stelle, wo der Fernseher hängen würde, wenn wir uns einen Flachbildfernseher leisten könnten oder auch nur ein Haus mit richtigen Wänden, an die man so einen Fernseher hängen könnte.

Trailer-Home-Wände sind nicht wie normale Hauswände. Sie bröckeln wie Kreide, wenn man nur ein bisschen an ihnen kratzt.

Ich hab Janean mal gefragt, warum sie ein Bild von Mutter Teresa an unsere Wohnzimmerwand gehängt hat.

»Die Schlampe war eine Betrügerin.«

Ihre Worte. Nicht meine.

Ich glaube, wenn man ein schlechter Mensch ist, gehört es irgendwie zur Überlebenstaktik, in anderen Menschen auch immer nur das Schlechte zu sehen. In der Hoffnung, von der eigenen dunklen Seite ablenken zu können, konzentriert man sich auf die dunklen Seiten der anderen. Meine Mutter Janean hat das ihr Leben lang so gemacht und in allen Menschen immer nur Schlechtes gesucht. Selbst in ihrer eigenen Tochter. Selbst in Mutter Teresa.

Janean liegt immer noch so auf der Couch, wie sie dort lag, als ich vor acht Stunden gegangen bin, um meine Schicht bei McDonald’s anzutreten. Sie schaut auf das Bild von Mutter Teresa, ohne es anzuschauen. Als wären ihre Augen ausgeschaltet.

Als würden sie nichts mehr wahrnehmen.

Meine Mutter ist süchtig. Ich war ungefähr neun, als ich das richtig begriffen habe – wobei sich ihre Süchte damals noch auf Männer, Alkohol und Spielautomaten beschränkt haben.

Im Laufe der Jahre zeigte sich ihre Abhängigkeit immer deutlicher und wurde immer tödlicher. Vor etwa fünf Jahren, um meinen vierzehnten Geburtstag herum, habe ich dann zum ersten Mal gesehen, wie sie sich Crystal Meth in die Venen gejagt hat. Wenn man sich den Dreck regelmäßig spritzt, senkt das die Lebenserwartung drastisch. Ich hab am Computer in der Schulbibliothek mal Wie lange überlebt man mit Meth? gegoogelt.

Durchschnittlich sechs bis sieben Jahre, kam als Antwort.

In den letzten Jahren ist es schon ein paarmal vorgekommen, dass ich meine Mutter in einem Zustand gefunden habe, in dem sie nicht ansprechbar war. Aber heute fühlt es sich anders an. Endgültiger.

»Janean?« Meine Stimme klingt überraschend ruhig. Müsste sie sich nicht zittrig anhören oder erstickt? Irgendwie schäme ich mich dafür, dass ich keine Regung zeige.

Ich bleibe in der offenen Haustür stehen, lasse meine Tasche fallen und schaue in Janeans Gesicht. Es regnet mir auf den Rücken, trotzdem komme ich nicht auf die Idee, reinzugehen und die Tür zuzumachen. Ich stehe nur da, den Blick auf meine Mutter gerichtet, deren Blick wiederum auf Mutter Teresa gerichtet ist.

Ihr linker Arm liegt auf ihrem Bauch, der rechte hängt über den Rand der Couch, die Fingerkuppen berühren den ausgetretenen Teppichboden. Ihr Gesicht ist ein bisschen aufgedunsen, was sie jünger wirken lässt. Nicht jünger, als sie ist – sie ist erst neununddreißig –, aber jünger, als die Sucht sie eigentlich aussehen lässt. Ihre Wangen sind weniger eingefallen, und die Falten, die sich seit einiger Zeit um ihre Lippen herum eingegraben haben, wirken wie mit Botox aufgespritzt.

»Janean?«

Stille.

Ihr Mund steht ein Stück offen und enthüllt ihre gelben Zahnstümpfe. Meine Mutter sieht aus, als hätte sie gerade noch irgendwas gesagt, als das Leben aus ihrem Körper entwichen ist.

Ich habe mir diesen Augenblick oft ausgemalt. Wenn der Hass auf jemanden groß genug ist, fragt man sich in schlaflosen Nächten ganz automatisch auch mal, wie es wohl wäre, wenn derjenige sterben würde.

Aber ich hatte mir ihren Tod anders vorgestellt. Dramatischer.

Ich beobachte sie ein paar Sekunden lang, ob sie nicht vielleicht doch nur in einer Art Dämmerzustand ist. Dann gehe ich zwei Schritte auf sie zu und erstarre, als mein Blick auf ihren Arm fällt. Unterhalb ihrer Ellenbeuge steckt noch die Nadel in ihrer Haut.

Bei diesem Anblick bricht die Realität plötzlich wie eine schmierige Welle über mich herein und mir wird schlecht. Ich drehe mich um, stürze nach draußen und beuge mich über das morsche Treppengeländer, wobei ich darauf achte, mich nicht mit meinem ganzen Gewicht darauf zu stützen, damit es nicht zusammenbricht.

Dass ich kotzen muss, erleichtert mich. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, weil der Tod meiner Mutter erst mal so gar keine Reaktion in mir hervorgerufen hat. Vielleicht bin ich nicht so aufgelöst, wie es eine Tochter sein sollte, aber immerhin empfinde ich etwas.

Ich wische mir mit dem Saum meines McDonald’s-Shirts über den Mund und setze mich auf die Stufen, obwohl aus dem Nachthimmel der Regen weiter erbarmungslos auf mich herabprasselt.

Meine Haare und meine Klamotten sind klatschnass. Genau wie mein Gesicht. Aber in der Nässe, die mir über die Wangen läuft, sind keine Tränen.

Nur Regentropfen.

Nasse Wimpern, vertrocknetes Herz.

Ich presse mir beide Hände aufs Gesicht und frage mich, ob meine Teilnahmslosigkeit etwas damit zu tun hat, wie ich aufgewachsen bin, oder ob ich schon so zur Welt gekommen bin.

Was ist schlimmer für ein Kind – so sehr geliebt und behütet zu werden, dass es zu spät ist, die nötigen Skills zum Überleben zu lernen, wenn es erkennt, wie brutal die Welt ist? Oder so aufzuwachsen wie ich – in Verhältnissen, die so kaputt sind, dass Überleben das Einzige ist, was man lernt?

Als ich noch zu klein war, um selbst Geld zu verdienen und mir Essen zu kaufen, lag ich nachts oft mit Magenkrämpfen wach. Janean hatte mir erzählt, das Knurren in meinem Bauch käme von einer gefräßigen Katze, die in mir lebte und wütend werden würde, wenn sie nicht genug zu fressen bekäme. Jedes Mal, wenn mein Magen geknurrt hat, habe ich mir vorgestellt, wie die Katze verzweifelt in mir nach Fressen sucht und nichts findet. Ich hatte panische Angst, sie würde mich von innen auffressen, wenn ich sie nicht füttere, und habe deswegen manchmal Dinge in mich reingestopft, die gar kein echtes Essen waren, um sie zu besänftigen.

Einmal hat Janean mich so lange allein gelassen, dass ich irgendwann alte Bananen- und Eierschalen aus dem Müll gegessen habe. Ich habe sogar mal versucht, etwas von der Schaumstofffüllung aus den Couchkissen zu essen, aber das Zeug war zu trocken, ich hab es nicht geschafft, es runterzuschlucken.

Ich glaube nicht, dass Janean mich jemals länger als ein oder zwei Tage allein gelassen hat, aber wenn man ein Kind ist, kommt einem das wie eine Ewigkeit vor.

Ich erinnere mich an Nächte, in denen sie sturzbesoffen ins Haus gestolpert ist und auf die Couch fiel, wo sie stundenlang komatös ihren Rausch ausschlief. Ich hab mich dann zu ihren Füßen zusammengerollt, um auf sie aufzupassen.

Wenn ich am nächsten Tag aufgewacht bin, stand sie manchmal am Herd und hat uns Essen gemacht. Nicht immer richtiges Frühstück, oft waren es nur Erbsen aus der Dose oder Instant-Hühnersuppe mit Nudeln.

Als ich sechs war, fing ich an, Janean ganz genau zuzuschauen und mir alle Handgriffe zu merken, um mir selbst etwas kochen zu können, wenn sie das nächste Mal verschwand.

Wie viele Sechsjährige sich wohl beibringen müssen, einen Gasherd zu bedienen, weil sie Angst haben, von einer ausgehungerten Katze in ihrem Bauch aufgefressen zu werden, falls sie es nicht schaffen, sie rechtzeitig zu füttern?

Wahrscheinlich ist es einfach eine Frage von Glück oder Pech. Die meisten Eltern hinterlassen nach ihrem Tod eine schmerzhafte Lücke. Die übrigen werden durch den Tod zu besseren Eltern, als sie es im Leben je waren.

Sterben war das Netteste, was meine Mutter je für mich getan hat.

Buzz hat gesagt, ich soll mich hinten in seinen Streifenwagen setzen, um nicht im Regen zu stehen, während sie ihre Leiche aus dem Haus holen. Ich habe wie betäubt zugeschaut, als sie die mit einem weißen Leintuch abgedeckte Bahre rausgetragen und in den Wagen der Gerichtsmedizin geschoben haben. Ein Notarzt ist gar nicht erst gerufen worden. Der hätte ja auch nichts mehr tun können. Wenn in unserer Stadt jemand unter fünfzig stirbt, ist das in den meisten Fällen auf irgendeine Art von Sucht zurückzuführen. Welche Droge den Leuten den Rest gibt, ist egal. Am Ende sind sie alle tödlich.

Ich drücke meine Wange an die Scheibe und spähe zum Himmel. Sterne sind heute nicht zu sehen. Nicht mal der Mond. Bloß Blitze, die immer wieder durchs Dunkel zucken und schwarz zusammengeballte Wolken aufleuchten lassen.

Das passt.

Buzz öffnet die Wagentür und beugt sich zu mir herunter. Der Regen hat sich mittlerweile zu einem Nieseln abgeschwächt und sein Gesicht sieht aus wie mit Schweißperlen überzogen.

»Soll ich dich irgendwohin fahren?«, fragt er.

Ich schüttle den Kopf.

»Willst du jemanden anrufen? Du kannst gern mein Handy benutzen.«

Ich schüttle wieder den Kopf. »Schon okay. Darf ich jetzt wieder rein?«

Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich wieder in das Haus zurückwill, in dem meine Mutter eben ihren letzten Atemzug getan hat, aber eine Alternative fällt mir im Moment nicht ein.

Buzz richtet sich wieder auf, macht einen Schritt zur Seite und klappt seinen Regenschirm für mich auf, obwohl der Regen nachgelassen hat und ich sowieso schon vollkommen nass bin. Er läuft hinter mir her und hält den Schirm über mich, während ich zum Haus gehe.

Ich kenne Buzz nicht besonders gut. Dafür kenne ich seinen Sohn – Dakota – besser, als mir lieb ist.

Ob Buzz weiß, was er da großgezogen hat? Buzz wirkt wie ein...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2022
Übersetzer Katarina Ganslandt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Bestseller-Autorin • Beziehung • Buch für den Urlaub • Crossover-Roman • Ferienlektüre • Frauenromane • Gefühle • Gefühlschaos • Gegenwartsliteratur • Geheimnis • kulturpass • Laura Kneidl • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Lovestory • Meer • moderner Liebesroman • Neuerscheinung 2022 • Pageturner • Patchwork-Familie • Rachael Lippincott • Romance • Romantische Komödie • Sommer • Sommerlektüre • Sommer-Romance • Spannung • Studium • Texas • USA • Vater
ISBN-10 3-423-44057-0 / 3423440570
ISBN-13 978-3-423-44057-8 / 9783423440578
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