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Vagina Business (eBook)

Wie Unternehmen mit bahnbrechenden Innovationen den Markt für Frauengesundheit revolutionieren. Revolutionäre Tech-Produkte und Marken
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
REDLINE Verlag
978-3-96267-614-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Vagina Business -  Marina Gerner
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Warum Frauengesundheit nicht mehr ignoriert werden darf Von der Verhütung, Geburten über die Periode bis hin zur Menopause - Beschwerden, die den weiblichen Körper betreffen, werden immer noch zu wenig beachtet, oft bagatellisiert oder missverstanden. So verwundert es nicht, dass lediglich vier Prozent der gesamten Forschung im Gesundheitswesen auf das Wohl von Frauen ausgerichtet sind - mit negativen Folgen für die weibliche Gesundheit und letztlich zum Schaden für die gesamte Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, mit den vorherrschenden Tabus zu brechen und Innovationen im Bereich Frauengesundheit zu fördern. Wie Vorreiter*innen in der FemTech-Branche mit ihren Unternehmen bereits Veränderung bewirken, zeigt Marina Gerner. Die Journalistin deckt auf, mit welchen Problemen diese Gründer*innen in den Vorstandsetagen auf der ganzen Welt zu kämpfen haben, und macht klar, was sich ändern muss. Hierzu spricht sie in Dutzenden Interviews mit den FemTech Innovator*innen, Forscher*innen und Investor*innen unserer Zeit. Sie bietet einen Blick auf bahnbrechende Ideen und Produkte wie beispielsweise Periodenunterwäsche, innovative Geburtshilfegeräte, hormonfreie Verhütungsmittel oder praktische Apps um die Fruchtbarkeit zu tracken und Dienstleistungs-Apps in Sachen Menopause. Ein Buch, das mehr als deutlich macht, warum weibliche Gesundheit kein Tabuthema mehr sein darf!

Marina Gerner ist preisgekrönte Journalistin. Ihre Arbeiten wurden u. a. in »The Guardian«, »Financial Times«, »Wired«, »The Wall Street Journal«, »Frankfurter Rundschau« oder »BILD« veröffentlicht. Zuvor war sie Redakteurin bei der »Times«-Sonderberichterstattung »Raconteur«, war Marktredakteurin bei »MoneyWeek« und hatte eine eigene Kolumne beim »Money Observer«. Zudem ist sie außerordentliche Professorin an der NYU London und Lehrbeauftragte für Journalismus an der Birkbeck University.

Marina Gerner ist preisgekrönte Journalistin. Ihre Arbeiten wurden u. a. in »The Guardian«, »Financial Times«, »Wired«, »The Wall Street Journal«, »Frankfurter Rundschau« oder »BILD« veröffentlicht. Zuvor war sie Redakteurin bei der »Times«-Sonderberichterstattung »Raconteur«, war Marktredakteurin bei »MoneyWeek« und hatte eine eigene Kolumne beim »Money Observer«. Zudem ist sie außerordentliche Professorin an der NYU London und Lehrbeauftragte für Journalismus an der Birkbeck University.

Kapitel 1


Start

Wer sind wir, dass wir uns in Mutter Natur einmischen?

Es kann jetzt jeden Tag so weit sein. Normalerweise rast meine Freundin Daniella wie ein Hochgeschwindigkeitszug durch die Straßen Londons, aber in den letzten drei Monaten musste sie es langsamer angehen. Im letzten Trimester ihrer Schwangerschaft hat sie ordentlich zugelegt. Als wir uns an einem sonnigen Frühlingstag zu Tee und Bananenbrot treffen, lässt sie sich mühsam auf dem Stuhl nieder.

Sie erzählt mir, dass sie zwar einen groben Plan für den Ablauf der Geburt hat, aber aufgeschlossen bleibt, da man unmöglich voraussagen kann, was während der Wehen passiert. Zwei Dinge sind ihr wichtig: dass das Baby lebend und sicher auf die Welt kommt und dass sie möglichst wenig Schmerzen leidet.

In dem Geburtsvorbereitungskurs, den sie zusammen mit ihrem Mann besucht hat, konnte sie bei den anderen Teilnehmer*innen eine Vorliebe für alles Natürliche feststellen. »Das ist eine Überkorrektur«, sagt Daniella. Die Geburt erlebte lange Zeit eine Medikalisierung – auf Kosten der Wünsche der Frauen, deshalb stehen heute etliche Schwangere jeder Form von Intervention misstrauisch gegenüber. »Obwohl bei der gesamten Schwangerschaftsvorsorge mit all den Tests und Untersuchungen viel Technik zum Einsatz kommt«, fügt sie hinzu.

Ihre Geburt stellt sie sich wie folgt vor: »Es wird eine ziemlich medizinische Angelegenheit.« Dazu gehören ein TENS-Gerät41, Medikation und eine Epiduralanästhesie – mit anderen Worten: elektrische Ströme, Medikamente und Anästhetika.

Kurz darauf spreche ich mit meiner Freundin Emma, die ebenfalls bald ihr Kind zur Welt bringen wird. Sie erzählt mir, dass sie kaum die Augen offen halten kann, wie ein Scheunendrescher isst und fünf Nickerchen am Tag hält. »Ich bin sehr aufgeregt wegen des Babys«, sagt sie. Um sich auf die Geburt vorzubereiten, hat sie sich Hypnobirthing-Videos angesehen. Die Botschaft lautet: »Die Geburt muss nicht schmerzhaft sein. Es ist ein natürlicher Prozess, und wenn Sie den Prozess verstehen und sich entspannen, wird Ihr Körper tun, was er tun soll.« Eine ihrer Affirmationen lautet: »Eine Minute lang kann ich alles tun«, denn so lange hält eine Wehe in der Regel an.

Während sie in den Wehen liegt, möchte sie die Schmerzen mit Lachgas regulieren, am besten in einem Geburtsbecken im Krankenhaus. Die Geburt soll »möglichst natürlich ablaufen, mit minimalen medizinischen Eingriffen und mithilfe von Hypnobirthing-Techniken«. Sie möchte die Geburt bewusst miterleben.

Aus meiner Sicht sind beide Standpunkte völlig in Ordnung. Genau das behalte ich im Hinterkopf, während ich die FemTech-Welt weiter erkunde. Es ist stets die Entscheidung der Frau.

Etwas Neues unter der Sonne

Ich wurde auf ein medizinisches Gerät aufmerksam, das von dem Start-up-Unternehmen Materna Medical mit Sitz in Kalifornien entwickelt wurde. Bevor ein neues medizinisches Gerät oder Medikament auf dem US-Markt verkauft werden darf, muss es zunächst mehrere Runden der Zulassung durch die Food and Drug Administration, einer Behörde des Ministeriums für Gesundheitspflege und Soziale Dienste der Vereinigten Staaten, durchlaufen – und das zu Recht. In diesem Fall wird das Gerät als de novo eingestuft – das bedeutet auf Lateinisch »von neuem«. Es ist das Erste seiner Art.

Wenn es zugelassen wird, könnte dieses Gerät sowohl die unmittelbare Erfahrung als auch die langfristigen Auswirkungen der Geburt drastisch verändern. Bis ein medizinisches Gerät auf dem Markt erhältlich ist, kann es bis zu zehn Jahre dauern. Bei FemTech-Produkten dauert es möglicherweise noch länger, weil der Weg der Geldbeschaffung sehr steinig ist.

»Die Geldbeschaffung im Bereich der Frauengesundheit ist schwierig«, berichtet Tracy MacNeal, CEO von Materna, zu Beginn unseres Gesprächs.42 Und warum ist das so? »Das Hauptproblem liegt meiner Meinung nach darin, dass Investoren nach Mustern suchen«, sagt sie. Wenn sich potenzielle Investoren ein Unternehmen ansehen, suchen sie nach Beispielen früherer Unternehmen, die in dieser Branche bereits Geld verdient haben.

Aber in diesem Fall ist es schwierig, ein Muster zu erkennen, und zwar aus einem erstaunlichen Grund. »Die letzte grundlegende Innovation in der Standardversorgung bei Geburten war die Epiduralanästhesie in den 1950er-Jahren«, berichtet MacNeal.

Der erste Videorekorder wurde in den 1950er-Jahren erfunden. Der erste kommerzielle Computer kam damals auf den Markt – er war so groß wie ein Zimmer und wog 29.000 Pfund. Die erste Diskette wurde nur zwei Jahrzehnte später erfunden. Erfindungen aus den 1950er-Jahren entsprechen in unseren Augen nicht dem neuesten Stand der Technik – aber wenn es um die Entbindung geht offenbar schon. Das Spekulum mit seinem Entenschnabel hat sich seit den 1870er-Jahren nicht viel verändert.43 Ginge es hierbei um die Automobilbranche, würden wir immer noch in einer Pferdekutsche fahren und Hauben auf dem Kopf tragen.

Willkommen in der Welt der Frauen

Bei ihrem wallenden roten Haar und den verschlungenen Silbercreolen überkommt mich der Gedanke, dass MacNeal im mittelalterlichen Europa als Hexe gegolten hätte, denn damals wurden Frauen verfolgt, wenn sie als Hebammen tätig waren und andere in die Geheimnisse von Sex, Verhütung und Abtreibung einweihten. Die Geburt verbessern zu wollen, war von je her ein gefährliches Unterfangen. Im 16. Jahrhundert wurde eine schottische Frau namens Eufame Macalyne auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil sie eine Hexenhebamme um Schmerzlinderung während der Wehen gebeten hatte. Aber ich schweife ab.

MacNeal hat sich der Kommerzialisierung medizinischer Geräte verschrieben. Ihre früheren Firmen konzentrierten sich auf Orthopädie und Endoskopie. »Dort ging es verständnisvoller zu«, sagt sie lachend. Dies ist ihr erstes Projekt, das sich auf die Gesundheit von Frauen konzentriert. »Und es ist interessant, denn früher wurde ich nie gefragt: ›Wer sind wir, dass wir uns in Mutter Natur einmischen?‹ Wenn Menschen eine künstliche Hüfte bekommen, fragt das niemand!«

MacNeal ist ausgebildete Ingenieurin und arbeitete in der Pharmaindustrie, bevor sie ihr eigenes Unternehmen gründete, »weil ich Kinder zu meinen eigenen Bedingungen bekommen wollte, statt in einem Großunternehmen zu arbeiten und so zu tun, als wäre ich keine Mutter«. Nachdem sie ihr Start-up verkauft hatte, arbeitete sie für mittelständische Unternehmen, bevor sie als CEO von Materna in die Welt der Start-ups zurückkehrte. »Start-ups sind anstrengend«, sagt sie lachend. »Es gibt eine enorme Fallhöhe und hohe Risiken.«

Anfangs war sie von der Form des Materna-Geräts überrascht: Es sieht aus wie ein Dildo. Während meiner Recherchen konnte ich beobachten, dass dies eine häufige Reaktion ist. Die Leute sehen sich ein FemTech Gerät an und rufen: »Das sieht aus wie ein Sexspielzeug!«, obwohl es nur die innere Form einer Vagina nachbildet. Laut MacNeal »sieht es aus wie ein Sexspielzeug, weil unsere Gesellschaft denkt, dass alles, was in die Vagina eingeführt wird, für Sex sein muss«.

Die Ernennung zum CEO von Materna war ein entscheidender Moment für MacNeal. »Ich hatte mir Sorgen darüber gemacht, was die Leute wohl über mich denken, wenn ich diesen Job annehme.« Würde sie sich trauen, der CEO von Vagina zu werden? »Ich hatte meine gesamte Karriere damit verbracht, so zu tun, als wäre ich keine Frau«, sagt sie. »Und dann, ganz plötzlich, ging das einfach nicht mehr. Im Gegenteil, ich musste das Frausein als Stärke begreifen und andere Frauen mitnehmen.«

Als sie die ersten Ergebnisse der klinischen Versuche sah, stand ihre Entscheidung fest. »Wir hielten es alle vor Spannung kaum aus«, sagt sie. »Was wäre, wenn wir einen der häufigsten Vorgänge im Gesundheitswesen verändern könnten? Einen der größten Übergänge im Leben der meisten Familien? Gar nicht dran zu denken, dass ich mir die Möglichkeit, einen solchen Beitrag zu leisten, verwehrt hätte, weil es mir peinlich war. Das wäre furchtbar gewesen.«

Geburten sind der weltweit häufigste Grund für Krankenhausaufenthalte. Viele Krankenhäuser haben ein eigenes Gebäude nur für Geburten. »Ich glaube, dass Frauen in dem Bereich darauf konditioniert sind, ein bisschen fatalistisch zu sein«, sagt sie. »Sie wissen schon: ›Willkommen in der Welt der Frauen! Das wird jetzt wehtun.‹«

Als junges Mädchen bin ich tatsächlich davon ausgegangen, dass zu dem Zeitpunkt, an dem ich bereit sein würde, ein Kind zu bekommen, die Technologie der ganzen Welt bereitstehen würde, um mich zu unterstützen. Stattdessen höre ich meinen Freundinnen...

Erscheint lt. Verlag 15.9.2024
Übersetzer Silvia Kinkel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft
Schlagworte Endometriose • Feminismus • Forschung • Frauen • Geschlechter • Gesundheit • Gleichberechtigung • Gründer • Innovationen • Periode • Pille • Startup • Tabus • Technologie • Ungleichheit • Unsichtbare Frauen • Unternehmerinnen • Vorurteile • Vulva • Weiblich
ISBN-10 3-96267-614-7 / 3962676147
ISBN-13 978-3-96267-614-8 / 9783962676148
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