Investitionsrechnung für Immobilien (eBook)
388 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-17591-0 (ISBN)
Prof. Dr. Stefan Kofner ist Professor für Wohnungs- und Immobilienwirtschaft an der Hochschule Zittau/Görlitz. In der Wohnungswirtschaft ist er ein gefragter Referent und Berater, zudem war er als Aufsichtsrat in der kommunalen Wohnungswirtschaft tätig. Im Bundestag, im Sächsischen Landtag und im Dresdner Stadtrat fungierte er wiederholt als Experte in Anhörungen. Prof. Kofner hat zwei wichtige öffentliche Forschungsprojekte über kapitalmarktorientierte Wohnungsunternehmen geleitet. 2008 wurde er als zweites deutsches Mitglied in das britische Chartered Institute of Housing aufgenommen.
Stefan Kofner Prof. Dr. Stefan Kofner ist Professor für Wohnungs- und Immobilienwirtschaft an der Hochschule Zittau/Görlitz. In der Wohnungswirtschaft ist er ein gefragter Referent und Berater, zudem war er als Aufsichtsrat in der kommunalen Wohnungswirtschaft tätig. Im Bundestag, im Sächsischen Landtag und im Dresdner Stadtrat fungierte er wiederholt als Experte in Anhörungen. Prof. Kofner hat zwei wichtige öffentliche Forschungsprojekte über kapitalmarktorientierte Wohnungsunternehmen geleitet. 2008 wurde er als zweites deutsches Mitglied in das britische Chartered Institute of Housing aufgenommen.
2 Immobilieninvestoren: Motive und Beschränkungen
Geld fällt nicht vom Himmel. Man muss es sich hier auf Erden verdienen.
Margaret Thatcher
In diesem Kapitel sollen Sie erkennen,
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welche Arten von Investoren am Immobilienmarkt aktiv sind,
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dass jede Investition einen entsprechenden Konsumverzicht voraussetzt,
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dass Investoren unterschiedliche Präferenzen und Beschränkungen haben.
Die Frage nach der Definition eines »Investors« ist leicht zu beantworten. Investoren sind alle, die im Sinne der oben gegebenen Definition in Immobilien investieren. Darunter fallen institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen, Stiftungen, Staatsfonds, Immobilien- und Private Equity-Fonds ebenso wie private Anleger. Nach unserer Definition sind also nicht nur diejenigen, die das direkte Eigentum an der Immobilie halten, als Investoren anzusehen, sondern alle, die auf den Cashflows von Immobilien basierende Kapitalanlagen getätigt haben.
Abb. 2.1: ImmobilieninvestorengruppenDie Investoren treten als Marktteilnehmer auf der Nachfrageseite des Immobilienmarktes auf. Aus der Sicht der Angebots-/Verkäuferseite handelt es sich bei der Immobilientransaktion um eine »Desinvestition«, also um die Transformation von Sach- oder Finanzanlagen in liquide Mittel (siehe auch Abschnitt 5.2.1).
Jegliche Investition setzt aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine entsprechende Spartätigkeit im Vorfeld voraus. Kapital kann nur durch Konsumverzicht gebildet werden. Nach der volkswirtschaftlichen Verwendungsgleichung Y = C + S bzw. Y = C + I kann jedes einem Wirtschaftssubjekt zugeflossene Einkommen (Y, zum Beispiel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 100 Euro) nur für Konsumzwecke (C, zum Beispiel 90 Euro für Reisen, Lebensmittel etc.) oder für Sparzwecke (S, zum Beispiel 10 Euro für den Kauf eines Pfandbriefs) verausgabt werden.
Da die beiden Verwendungsalternativen sich gegenseitig ausschließen, kann Investieren als »Nicht-Konsum« angesehen werden. Damit überhaupt ein Kapitalangebot am gesamtwirtschaftlichen Kapitalmarkt zustande kommt, müssen wenigstens einige Wirtschaftssubjekte (private Haushalte, Unternehmen oder die öffentliche Hand) zuvor Konsumverzicht geleistet haben, also das ihnen in der betreffenden Periode zugeflossene Arbeits-, Vermögens-, Gewinn- oder sonstige Einkommen eben nicht gänzlich für Konsumzwecke verausgabt haben. Der Kapitalmarkt bringt das Angebot an Sparkapital und die Nachfrage der Investoren danach zum Ausgleich (S = I).
Allen Sparprozessen gemeinsam ist der Grundgedanke des Konsumverzichts heute im Austausch gegen einen Mehr-Konsum morgen (»Warteopfer«). Ohne eine Kompensation durch entsprechende Zinszahlungen wäre die Bereitschaft zum Konsumverzicht sicher geringer. Allerdings ist die reale Verzinsung (also unter Berücksichtigung der laufenden Geldentwertung durch Inflation) zumindest bei klassischen Sparprodukten wie dem Sparbuch in Deutschland schon seit vielen Jahren negativ. Die realen Renditen auf Spareinlagen sind mit dem Wiederaufflammen der Inflation seit 2021 sogar noch viel weiter in den negativen Bereich gerutscht: Bei einer Geldentwertung von 6,9 % im Jahr 2022 lag der durchschnittliche Zinssatz für Spareinlagen nur bei 0,1 %. Auf die Sparquote der privaten Haushalte aus dem verfügbaren Einkommen hat sich das aber nicht ausgewirkt. Diese liegt normalerweise in einem Bereich um die 10 %. In den Coronajahren 2020 und 2021 war sie sprunghaft auf über 15 % angestiegen. Aber schon 2022 lag sie mit 11,1 % wieder so hoch wie vor der Coronakrise. Vom Geldvermögen der privaten Haushalte in Höhe von rund 7,5 Billionen Euro am Jahresende 2023 sind über 3 Billionen Euro (rund 41 %) in Bargeld und Bankeinlagen investiert. Bei 6 % Inflation bedeutet das einen Kaufkraftverlust von 180 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Investorenschaft weist als Gruppe eine heterogene Zusammensetzung auf. Unterschiedliche Investoren investieren aus unterschiedlichen Gründen in unterschiedlichen Formen in unterschiedliche Assets: ein gutverdienender Privatanleger in eine Eigentumswohnung in Leipzig, ein offener Immobilienfonds in ein Bürogebäude in Amsterdam, eine Lebensversicherung in einen Immobilien-Spezialfonds mit Schwerpunkt auf Wohnimmobilien, ein kommunales Wohnungsunternehmen in die Modernisierung eines Altbaus, ein sogenannter »Geierfonds« in ein Bündel notleidender Hypothekarkredite etc. Aus der Sicht der Anbieter von Kapitalanlageprodukten kommt es darauf an, Anlageprodukte für die unterschiedlichen Präferenzen der unterschiedlichen Investorengruppen im Hinblick auf Risiko, Rendite, Fungibilität, Transaktionskosten, Cashflow-Verlauf, Steuereffekt, Verwaltungsaufwand und Inflationsresistenz ihrer Anlage »maßzuschneidern«.
Ein entsprechend differenziertes Angebot an Investitionsmöglichkeiten steht am Kapitalmarkt zur Verfügung. Die Angebotspalette wird in Zukunft sicher noch erweitert werden – etwa um indexbasierte Produkte oder um Fonds mit einem spezifischen Branchen- oder Länderfokus. Sogenannte REIT-Aktiengesellschaften sind in Deutschland bereits seit dem 1.1.2007 zugelassen. Die REIT-Aktiengesellschaften vereinen die Steuertransparenz der geschlossenen Immobilienfonds (Anleger als Steuersubjekt) mit der Fungibilität der Beteiligung an einer Immobilien-Aktiengesellschaft (durch börsenmäßigen Handel der Aktien). Aus wohnungspolitischen Gründen ist es ihnen aber verboten, in Bestandsmietwohnimmobilien zu investieren, die vor dem Stichtag 1.1.2007 fertiggestellt worden sind.
Ein großer Sprung in der Entwicklung des Spektrums der Immobilienanlagen waren die Immobilienderivate. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der »Virtualisierung von Immobilien«. Das Handelsinstrumentarium soll um »die letzte klassische Assetklasse ohne Derivate« erweitert werden.1
Derivate sind abgeleitete Finanzprodukte (lat. »derivare« = »ableiten«). Jedem Derivat liegt ein Basiswert zugrunde. Dabei kann es sich um Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen, aber auch um Kredite, Rohstoffe oder Devisen handeln. Auch Aktien- oder Rohstoffindizes eignen sich als Basiswerte. Der Preis eines Derivates richtet sich nach der Entwicklung des unterliegenden Basiswertes. Derivate werden nicht auf Gegenwartsmärkten, sondern auf Zukunftsmärkten gehandelt.
Die Frage, welche Rückwirkungen die zunehmende Ausbreitung von Immobilienderivaten auf die »Kassamärkte« haben wird, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beantworten. Wir können annehmen, dass die Derivate, die in Zukunft das Marktgeschehen bestimmen werden, auf Immobilienindizes basieren werden. Immobilienindizes werden dann die Basiswerte für Futures, Optionen, Swaps und andere Derivate bilden und nicht die Immobilien selbst.2
Die Wettbewerbsfähigkeit von Immobilieninvestments dürfte sich erhöhen, wenn sich den Investoren verbesserte Möglichkeiten bieten, sich gegen Preisrisiken abzusichern, spekulative Immobilienengagements einzugehen oder ihr Portfolio zu diversifizieren. Tatsächlich dürfte wegen der zahlreichen Marktunvollkommenheiten (Abschnitt 3) die Kosten- und Zeitersparnis durch Derivate am Immobilienmarkt erheblich sein. Mit dem Einsatz von Derivaten können die Marktteilnehmer viel schneller auf externe Schocks reagieren als mit direken Investitionen am primären Immobilienmarkt.
Derivate bieten im Vergleich mit einem direkten Engagement am Primärmarkt noch weitere Vorteile: wesentlich niedrigere Transaktionskosten, eine deutlich niedrigere Kapitalunterlegung, die Möglichkeit, mittels Leerverkäufen auf fallende Preise zu spekulieren etc. Auf der anderen Seite kann nicht ausgeschlossen werden, dass destabilisierende Spekulationsbewegungen an den Derivatemärkten die Schwankungen der Immobilienpreise vergrößern.
Für die Bestimmung der Anlageprodukte und -schwerpunkte sind die unterschiedlichen Zielsetzungen der Anleger im Hinblick auf den Vermögensaufbau von großer Bedeutung. Hier kann man drei grundlegende Zielstellungen unterscheiden:
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Wachstumsziel (Sparziel),
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Einkommensziel (laufender Cashflow) und
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Kapitalverzehr.
Während einkommensorientierte Anleger an laufenden Ausschüttungen aus ihrem Investment interessiert sind, wollen wachstumsorientierte Anleger einen möglichst raschen Vermögensaufbau erreichen, indem sie laufende Überschüsse in Form von Zins- oder Dividendenzahlungen sofort wieder re-investieren (»thesaurierende Kapitalanlage«). Ein wachstumsorientierter Investor hat wahrscheinlich einen langen Zeithorizont und keinen kurz- oder mittelfristigen Liquiditätsbedarf. Ein einkommensorientierter Anleger wird dagegen einen kürzeren Zeithorizont haben und einen andauernden Liquiditätsbedarf aufweisen. Wenn er sich stets alle Ausschüttungen auszahlen lässt, bleibt ihm nur die Hoffnung auf Wertsteigerungen der betreffenden Kapitalanlage (zum Beispiel durch Kurssteigerungen bei einem Aktienfonds). Beide Investmentansätze können auch kombiniert werden, indem nur ein Teil der laufenden Ausschüttungen wieder angelegt wird. Jede Entnahme aus den Ausschüttungen schmälert aber für sich genommen den Endwert des Vermögens. Die Vermögensminderung geht dabei wegen des sogenannten »Zinseszinseffekts« über den entnommenen Betrag hinaus: Bei langfristigen thesaurierenden Kapitalanlagen werden alle bereits erzielten Erträge...
Erscheint lt. Verlag | 10.6.2024 |
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Reihe/Serie | Hammonia bei Haufe |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Betriebswirtschaft / Management ► Spezielle Betriebswirtschaftslehre ► Immobilienwirtschaft |
Schlagworte | Bewirtschaftungskosten • Förderprogramme • GEG • Immobilien-Portfoliomanagement • Investionsrechnung:Immobilien • Investition • Miete • Mietwohnungsneubau:ESG • Nachhaltigkeit • Rendite • Stefan Kofner • Steuern • Wirtschaftlichkeitsberechnung • Wohnungswirtschaft |
ISBN-10 | 3-648-17591-2 / 3648175912 |
ISBN-13 | 978-3-648-17591-0 / 9783648175910 |
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