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Globale Verantwortung -

Globale Verantwortung (eBook)

Wert und Werte in Marktwirtschaft und Unternehmen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
324 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-041120-3 (ISBN)
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Marktwirtschaft und Wettbewerb haben sich weltweit als Erfolgsmodell etabliert. Über globale Wertschöpfungsketten sind Unternehmen und Konsumenten eng mit der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Situation in anderen Ländern verbunden. An Unternehmen, Konsumenten und letztlich an die Politik ergeht häufig der Vorwurf, zu wenig für Ökologie, Menschenrechte und soziale Sicherheit bzw. gegen Ausbeutungsverhältnisse und andere Missstände zu tun. Das Buch zeigt eine Vielfalt von Themen und Perspektiven zu globaler Verantwortung von Wirtschaft und Unternehmen und gibt verschiedenen relevanten Akteuren Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen.

Prof. Dr. Kai Thürbach lehrt Unternehmensführung und Entrepreneurship an der TH Köln. Prof. Dr. Rainer Völker lehrt BWL, insbesondere Management, an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen am Rhein.

Prof. Dr. Kai Thürbach lehrt Unternehmensführung und Entrepreneurship an der TH Köln. Prof. Dr. Rainer Völker lehrt BWL, insbesondere Management, an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen am Rhein.

1.1        Einleitung


Kai Thürbach/Rainer Völker


1.1.1      Zur Fragestellung


Marktwirtschaften mit Unternehmen in Privateigentum haben sich weltweit als Erfolgsmodell für wirtschaftlichen Wohlstand und effiziente Güterversorgung etabliert. Eigeninteresse von Konsumenten auf der einen Seite und von Unternehmen, die Gewinn und Shareholder-Value optimieren wollen, auf der anderen Seite gelten seit Adam Smith als zentrale Triebfeder des Systems. Ein rein marktwirtschaftliches System würde in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Nachhaltigkeit jedoch versagen. Um eine Balance zwischen wirtschaftlichen und sozialen Zielen zu ermöglichen, wurde in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung etabliert.

Alle nationalen Ordnungssysteme mit ihren Regeln und Gesetzen sind das Ergebnis politischer Prozesse, bei denen Parteien, Verbände und andere Gruppen versuchen, die Interessen ihrer Zielgruppen einzubringen. In einer globalen vernetzten Wirtschaft sind aber nicht nur nationale Zielgruppen zu betrachten. Über globale Wertschöpfungsketten sind Unternehmen und Konsumenten eng mit der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lage in anderen Ländern verbunden. Hinzu kommt, dass in vielen anderen Staaten die Regularien oft weniger streng sind als in Europa oder den USA. Menschenrechtsverletzungen sowie Ausbeutung finden sich in vielen Ländern und bei dortigen Zulieferunternehmen. An Unternehmen, Konsumenten und letztlich an die Politik ergeht oft der Vorwurf, zu wenig für Ökologie, Menschenrechte und soziale Sicherheit bzw. gegen Ausbeutungsverhältnisse und andere Missstände in anderen Ländern zu tun. Zwischen dem erhobenen Anspruch, globale Verantwortung zu übernehmen, und realem Verhalten klafft aus Sicht vieler Betrachter eine Lücke.

Was kann getan werden? In der Praxis findet man viele Unternehmen, die sich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus an ihren ausländischen Standorten, z. B. durch Lieferantenauswahl und entsprechende Vereinbarungen, für soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit einsetzen. Neben der Verfolgung von ökonomischen Werten treten sie global für ethische Werte ein. Allerdings gibt es Hürden und Grenzen des Engagements. In einem marktwirtschaftlichen System bildet ein Engagement über das Geforderte hinaus für Unternehmen eine inhärente Dilemma-Situation. Unternehmen, die im harten globalen Wettbewerb stehen, können nicht ohne weiteres die »Extrameile« gehen. Insofern können solche Vorreiterunternehmen nicht generell als Vorbild dienen.

Auch für die Politik gilt es, nicht nur auf nationaler Ebene einen Ausgleich zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit durch sinnvolle Regelungen zu finden. Globale Vernetzungen über die verschiedensten Handelsbeziehungen und Wertketten müssen mitgedacht werden. Je nach Positionen und Interessen der Akteure wird man allerdings zu unterschiedlichen Vorschlägen für Regulation und andere Vorgaben gelangen; Diskussionen wie z. B. über das Lieferkettengesetz offenbaren die verschiedenen Sichtweisen und führen zu entsprechenden Auseinandersetzungen.

Die Notwendigkeit für gesetzliche Regelungen im weiteren Sinne, die einen Rahmen für unternehmerisches Handeln geben, ist nicht unbestritten. Dennoch werden nicht wenige Personen – egal ob Politiker, Konsumenten oder Unternehmensverantwortliche wie Eigentümer oder Manager – für verantwortungsvolles Handeln von Unternehmen über den gesetzlichen Rahmen hinaus plädieren. Die früher oft vorgetragene Position von Milton Friedman (1970) und anderen Ökonomen, die dafür eintraten, dass Unternehmen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus keine Verpflichtungen haben sollten, wird in der aktuellen öffentlichen Debatte nur noch selten vertreten.

Aufgrund wachsender globaler Verpflichtungen und immer weitreichender Anforderungen an ökologisch und sozial nachhaltiges Verhalten stellen sich verstärkt Fragen nach sinnvollen Regelungen, die der Staat vorgibt, bzw. nach entsprechenden ethischen Leitlinien, die sich Unternehmen, Branchenverbände oder andere Institutionen geben sollten. Welche Rahmenbedingungen und Vorgaben sind für die Wirtschaft und Unternehmen zu wählen, damit globale Ziele wie materieller Wohlstand, soziale Gerechtigkeit, Schutz der Umwelt und andere wichtige Ziele erreicht werden? Zum anderen: Welche Verantwortung über generelle Vorgaben hinaus wird bei Unternehmen gesehen? Offensichtlich kann es kaum eindeutige und allgemeingültige Antworten geben. Zunächst sind eigene normative Positionen die Voraussetzung für die Beantwortung entsprechender Fragen. Je nachdem, welche Verteilung von Einkommen und Gütern man als gerecht empfindet, welchen Stellenwert man Menschen in anderen Ländern beimisst usw., wird man zu unterschiedlichen Aussagen gelangen. Darüber hinaus hängen die Antworten natürlich von den konkreten Problemstellungen und jeweiligen Umständen ab. So kann z. B. gefragt werden, welche Produkte und Dienstleistungen an autoritäre Regime ausgeführt werden sollten. Oder es ist festzulegen, bis zu welcher Stufe einer Wertschöpfungskette welche Kontrollfunktion durch ein Unternehmen ausgeübt werden muss. Diese Fragen können theoretisch entweder über verpflichtende gesetzliche Vorschriften oder über von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden freiwillig definierte Vereinbarungen geregelt werden.

Im Rahmen des Buches sollen verschiedene Aspekte aus dem Komplex Ethik und Marktwirtschaft angesprochen werden. Wissenschaftler, Vertreter von Unternehmen, Verbänden, Nonprofit-Organisationen, politischen Institutionen und Kirchen kommen mit ihrer jeweiligen Sichtweise bei den einzelnen Themen zu Wort. Jeder Autor hat explizit oder implizit ein eigenes ethisches Zielsystem, das notwendigerweise bestimmte Empfehlungen, Leitlinien und/ oder Regelungsmechanismen für die jeweiligen Fragestellungen nahelegt. Im Kern geht es jedoch immer um die Frage, ob und wie die Schaffung von ökonomischem Wert auf der einen Seite sowie die Realisierung von ethischen Werten auf der anderen Seite einen Konflikt darstellt. Wenn ja, welche Lösungen lassen sich finden? Wie sollen insbesondere Anforderungen an ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit gleichermaßen und zufriedenstellend in einer global vernetzen Welt erreicht werden?

1.1.2      Grundlegende Gedanken zur Beantwortung der Fragestellungen


Im Rahmen des Buches geht es um soziale und globale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferketten und viele andere wertgeleitete Themen. An dieser Stelle soll zunächst kurz skizziert werden, welche Aspekte prinzipiell bei allen Antworten, die zu solchen Fragestellungen gegeben werden, explizit oder zumindest implizit vorhanden sein sollten. Um auf jeweils aufgerufene Fragestellungen konsistente Antworten zu geben, sollten folgende Aspekte durchdacht werden:

a)  Zielsetzungen und entsprechende Beurteilungssysteme

      Es sollte dargelegt werden, welche ökonomischen, sozialen, ökologischen und sonstigen Ziele aus Sicht der Vorschlagenden im Mittelpunkt der Betrachtung stehen bzw. verfolgt werden sollen. Hilfreich und meist unabdingbar ist die Konkretisierung der entsprechenden Ziele. Welche Arten von Gerechtigkeit werden angesprochen? Was genau wird unter Nachhaltigkeit verstanden? Wird unter Wohlstand tatsächlich nur die Steigerung des BIP verstanden oder bezieht man sich auf andere, verbesserte Indikatoren? Gerade die Debatte zum Klimawandel mit Begriffen wie »klimaneutral«, »net zero« oder »CO2-neutral« zeigt die Problematik unklarer bzw. diffuser Begrifflichkeiten (o. V., 2021); leider werden solche Unklarheiten auch für »Green Washing«-Zwecke missbraucht (Fischer & Knuth, 2023). Neben der Konkretisierung der einzelnen Ziele sollten Vorstellungen darüber existieren, wie die einzelnen Ziele gegeneinander abgewogen werden sollen. Oft findet ein eher implizites Abwägen bei den Entscheidern in Politik und Wirtschaft statt. Um ein Beispiel zu nennen (o. V., 2018): In einem früheren Koalitionsvertrag wurde festgehalten, künftig keine Waffen mehr an die am Jemen-Konflikt beteiligten Kriegsparteien zu exportieren. Dies erfolgte dann doch; für Saudi-Arabien, die Arabischen Emirate und Jordanien – allesamt Konfliktbeteiligte – wurden entsprechende Ausnahmegenehmigungen erteilt. Bei solchen Debatten um Genehmigungen finden letztlich Abwägungen zwischen heimischem Wohlstand auf der einen Seite und möglichen Risiken der Konflikteskalation oder von Weiterlieferungen der Waffen an islamistische Terrororganisationen auf der anderen Seite statt. Analog werden bei der Vergabe von Entwicklungsgeldern – oft wenig bekannt oder explizit formuliert – nicht unbedingt...

Erscheint lt. Verlag 16.8.2023
Co-Autor Simon Fahrenholz, Dominik Enste, Hans-Peter Klös, Jens Schnitker-v. Wedelstaedt, Lisa Heinemann, Michael Vassiliadis, Thomas Claes, Justus Lenz, Sarah Huwyler, Ingo Pies, Jürgen Meckl, Georg Cremer, Manfred Kirchgeorg, Timo Meynhardt, David Lehmann, Rafaël Schneider
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Rainer Völker
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Volkswirtschaftslehre
Schlagworte Gewinnermittlung • Marktwirtschaft • Soziale Marktwirtschaft • Unternehmen
ISBN-10 3-17-041120-9 / 3170411209
ISBN-13 978-3-17-041120-3 / 9783170411203
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