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Der Wald der Zukunft (eBook)

Vom Kampf um unsere Bäume - Ein Förster berichtet | Der Umgang mit dem Wald im Klimawandel
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60331-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Wald der Zukunft -  Martin Janner
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Den Wald verstehen und schützen Förster Martin Janner beobachtet seit 25 Jahren, wie unsere Bäume Opfer des Klimawandels werden. Durch abgestorbene Fichtenwälder entstandene Freiflächen machen klar: Es müssen jetzt Entscheidungen getroffen werden. In seinem Buch erzählt er, wie sich die Klimaveränderung auswirkt und mit welchen Maßnahmen wir den Wald widerstandsfähig machen. Denn ohne den Wald fehlt uns nicht nur ein bedeutender CO?-Speicher und Erholungsort, gerade als Rohstofflieferant ist er in der heutigen Zeit keineswegs zu unterschätzen. Die Zeichen stehen auf Dunkelrot, aber das Bemühen um unsere Bäume lohnt sich!  Gewinner des Deutschen Waldpreises in der Kategorie »Förster des Jahres«

Martin Janner, geboren 1969 in Oberhessen, leistete nach dem Abitur zunächst seinen Wehrdienst bei der Bundesmarine ab, bevor er sein duales Studium der Forstwirtschaft mit der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz begann. Anschließend studierte er zwei Jahre lang an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg am Neckar und arbeitete danach zunächst als Büroleiter bei der Forstverwaltung. 1997 übernahm er sein jetziges Forstrevier, welches sich im Laufe der Jahre im Zuge von Umstrukturierungen auf rund 1.500 ha vergrößerte. Dort betreut er gemeinsam mit seinem Team (4 Forstwirte & 2 Auszubildende) ausschließlich Wald, der sieben verschiedenen Dörfern gehört. Die ihm anvertrauten Wälder versucht er naturgemäß zu bewirtschaften, er betreibt zusätzlich seit 2003 einen regionalen Holzenergiehof und hält seit einigen Jahren auch zwei Kaltblutpferde, die ihn bei der Arbeit im Wald unterstützen. Im Jahr 2023 wurde Martin Janner mit dem Deutschen Waldpreis in der Kategorie »Förster des Jahres« ausgezeichnet.

Martin Janner, geboren 1969 in Oberhessen, studierte an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg am Neckar. 1997 übernahm er sein jetziges Forstrevier, welches sich im Laufe der Jahre im Zuge von Umstrukturierungen auf rund 1.500 Hektar vergrößerte. Die ihm anvertrauten Wälder bewirtschaftet er gemeinsam mit seinem Team naturgemäß, zusätzlich betreibt er seit 2003 einen regionalen Holzenergiehof und hält seit einigen Jahren auch zwei Kaltblutpferde, die ihn bei der Arbeit im Wald unterstützen.

Warum dieses Buch?


Rekorde üben einen gewissen Reiz auf mich aus. Mit Faszination schaue ich mir Tabellen an, auf denen die Bestwerte einer bestimmten Disziplin aufgeführt sind: das größte Schiff, das schnellste Flugzeug, der höchste Sprung, den ein Athlet nach jahrelangem Training absolviert hat.

Aber jetzt?

Ich sitze im August des Jahres 2022 in meinem Büro und beobachte, wie die Bäume und Sträucher im Garten vor meinem Fenster schon heute damit beginnen, ihr Laub zu verlieren. Das magere Gras unter den Bäumen ist längst verdorrt, und die Singvögel nehmen das bereitgestellte Wasser in der Vogeltränke dankbarer an als das Futter, das es bei mir ganzjährig gibt.

Auf dem Bildschirm meines Mobiltelefons erläutern mir die Meteorologen, die mich mindestens zweimal am Tag über die Wetterentwicklungen informieren, dass der August 2022 sich anschickt, der wärmste je gemessene August seit 1881 zu werden. Gleichzeitig reden wir vom geringsten Niederschlag in den Sommermonaten im gleichen Zeitraum und dem niedrigsten je gemessenen Pegelstand des Rheins seit ewigen Zeiten.

Das Jahr 2022 ist auf Rekordjagd! Doch die Faszination, die Höchstwerten innewohnt, ist dem Grauen gewichen: Im August wurden die bislang meisten Temperaturhöchstwerte und zugleich die meisten Niederschlagstiefstwerte in den gesamten 2000er-Jahren registriert. Hier gibt es nichts zu feiern, hier werden all meine Befürchtungen bestätigt, all die Sorgen holen mich ein. Immer mehr beschleicht mich das Gefühl, von den Ereignissen geradezu überrollt zu werden. Die Veränderung des weltweiten Klimas macht die Erde zu einer »Sauna ohne Ausgangstür«, so jedenfalls hat es Eckart von Hirschhausen vor Kurzem beschrieben.

Wir befinden uns im Strudel der Klimakatastrophe, der sich hier in Mitteleuropa mal etwas schneller und katastrophaler dreht, mal etwas unauffälliger vonstattengeht und uns für einige Zeit in dem trügerischen Glauben lässt, es komme womöglich doch alles nicht so schlimm wie befürchtet. Bis wir dann wenig später daran erinnert werden, dass es auch noch viel dramatischer kommen kann, als wir es uns in unseren ärgsten Befürchtungen ausgemalt haben. Wer hätte gedacht, dass die Schifffahrt auf dem Rhein eines Tages wegen Niedrigwasser eingestellt werden muss und deshalb die Versorgung Süddeutschlands mit verschiedensten Rohstoffen infrage gestellt ist?

Ich denke darüber nach, welche Katastrophe schlimmer ist: eine, die man über einen langen Zeitraum hinweg kommen sieht, ohne etwas dagegen zu unternehmen, oder eine, die wie der Blitz aus heiterem Himmel zuschlägt. Für mich ist es die langsame und stetig anschwellende Gewissheit, auf ein Unheil zuzusteuern, die mich stark verunsichert. Der Schrecken, den eine Katastrophe auslöst, mischt sich dann nämlich mit dem schlechten Gewissen und dem Zorn auf die eigene Untätigkeit.

Es gehört zum Handwerkszeug eines Försters und einer Försterin, lange Zeiträume zu überschauen, denn die Entwicklungen im Wald gehen langsam vonstatten. Und so versetzt mich der Blick einige Jahrzehnte nach vorn in Schrecken, habe ich doch die Erinnerung an die Wälder, die in den letzten fünf Jahren in meinem Revier abgestorben sind, noch immer gut vor Augen. Ein Fünftel der von mir betreuten Waldfläche ist seit 2018 infolge Trockenheit und Hitze zerstört, und da sich die Klimakatastrophe in Deutschland vermutlich manifestiert, muss ich mir nun auch Sorgen um die noch halbwegs intakten Buchenwälder in meinem Revier machen.

 

Vor mittlerweile drei Jahren dachte ich erstmals darüber nach, in einem Buch zusammenzufassen, was mich als Revierförster in unmittelbarer Nähe zum Mittelrheintal in Zeiten der Klimakatastrophe und absterbender Wälder umtreibt. Ich wollte schildern, wie wir in den Wäldern im Herzen Europas auf diese folgenschweren Veränderungen reagieren müssen, und welche Maßnahmen wir Forstleute bereits seit Jahren dagegen ergreifen. Damals durchaus motiviert durch viele teils unsachliche Vorwürfe gegen unsere Arbeit in den Wäldern, wollte ich mein und unser Handwerk schildern und Verständnis wecken.

Doch nach den dramatischen Entwicklungen in der Ukraine seit dem Februar 2022 und den unmittelbaren Auswirkungen auf unseren Alltag drängen sich plötzlich ganz andere Fragen dazwischen. Unversehens finden wir uns in der Lage wieder, Menschen mit Heizmaterial für den Winter versorgen zu müssen, da bei der Bevölkerung – in der Stadt wie auch hier auf dem Land – zunehmend die Furcht um sich greift, die Gasrechnung nicht mehr begleichen zu können. Da rücken die Sorge um den Wald, den weltweiten Handel mit Rohstoffen und auch den fatalen Glauben an eine stetig wachsende Weltwirtschaft, die mich seit Jahrzehnten wie eine dunkle Ahnung begleiten, auf einmal ganz nah.

Meine Gedanken, die Sie mit diesem Buch in Händen halten, sollen keine Richtung vorgeben. Das Erteilen von Ratschlägen an Waldbesitzende oder Kollegen und Kolleginnen liegt mir sehr fern, denn ich weiß, dass jeder Wald, jede Örtlichkeit ganz eigene Rahmenbedingungen und Zielsetzungen hat. Ich möchte Sie schlicht einladen, mich bei meinen Überlegungen für die weitere Waldentwicklung zu begleiten. Auch möchte ich Ihnen die eine oder andere Erklärung geben, die Ihnen womöglich hilft, besser zu verstehen, was Sie bei Ihren Waldspaziergängen sehen und beobachten können. Und diese Erklärungen sind nötig. Denn neben der Verpflichtung dazu, langfristige Strategien für den Wald aufzustellen, müssen wir Forstleute auch in komplexen Zusammenhängen Entscheidungen treffen, auf die viele Einflussgrößen einwirken. Diese sind oft genug für den Moment schwer nachvollziehbar und ergeben doch Sinn, wenn man den Gesamtzusammenhang betrachtet.

Der pflegende und steuernde Eingriff in den Jungwald von heute hat den klimastabilen Wald von morgen zum Ziel, und das erklärt, warum heute auch mal junge, gesunde Bäume gefällt werden müssen. Bei der Ernte einer abgestorbenen Fichte denke ich weniger an den Ertrag, den ich durch den Verkauf des anfallenden Holzes erzielen kann, als vielmehr an die Sicherheit meiner Mitarbeiter, die genau auf dieser Waldfläche in Zukunft arbeiten müssen, um klimastabile Eichen in ihrem Wuchs zu begünstigen. Die abgestorbene Fichte darf für meine Mitarbeiter nicht zur lebensbedrohenden Klappfalle werden. Deswegen wird der Baum gefällt – abgeschnitten, wie wir Forstleute auch sagen. Die Pflanzung einer Elsbeere, das Begünstigen einer jungen Eiche oder die Wertastung eines Kirschbaums – wobei am stehenden jungen Baum bis auf 6 Meter Höhe nach und nach die Äste entfernt werden, sodass in den Folgejahren »astreines« Wertholz heranwächst – werden sich zu meiner Dienstzeit finanziell nicht mehr positiv auswirken. Auf lange Sicht aber können diese Bäume zu wichtigen Pfeilern eines klimastabilen Waldes werden und damit dem Wald eine Zukunft bescheren.

Und solche Eingriffe sind dringend nötig, denn wir müssen uns beeilen. Wir können nicht verharren. Wir können es uns aufgrund des rasant voranschreitenden Klimawandels nicht leisten, den Wald einfach sich selbst zu überlassen und den natürlichen Prozess der Wiederbewaldung in aller epischen Breite auszukosten.

Die Wälder nach der letzten Eiszeit hatten Tausende von Jahren Zeit, sich auf die Veränderung des Klimas einzustellen. Aufgrund des rücksichtslosen Verhaltens der Menschen verändert sich das Klima mittlerweile aber in einem solchen Tempo, dass die Wälder heute einfach nicht mehr hinterherkommen. Wollen wir Wald also so erhalten, dass auch unsere Enkel und Urenkel damit noch etwas anfangen können, müssen wir ihm gewissermaßen auf die Sprünge helfen.

Dabei geht es zum einen um die Schutzfunktion des Waldes für den Wasserhaushalt, eine Tierartenvielfalt und das Regionalklima und zum anderen um einen wachsenden Bedarf am Rohstoff Holz – auch dabei sollten wir uns nichts vormachen. Die bisher geübte Praxis, im Zweifel Holz irgendwo auf dem Globus zu kaufen und dann nach Deutschland zu verschiffen, ist nach den Bränden in Sibirien, Kanada oder im Amazonasgebiet keine moralisch vertretbare Lösung mehr, von dem klimaschädlichen Transport einmal ganz abgesehen. Und an weltpolitische Auseinandersetzungen rund um die Rohstoffe habe ich dabei noch nicht einmal gedacht. Wir kommen nicht darum herum: Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir in unseren Wäldern möglichst bald auch solche Baumarten etablieren können, die lange...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2023
Zusatzinfo Mit 16 Seiten Farbbildteil
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Aktivismus • Aktivismus für den Wald • Artensterben • Bäume • Bedrohte Arten • Birke • Borkenkäfer • Bücher über den Klimawandel • Eiche • Eichelhäher • Erholungsgebiet Wald • Fichtensterben • Forst • Förster • Forstwirtschaft • Geschenk für Männer • heimischer Wald • Heizkrise • Holz • Holz als Rohstoff • Jagd • Klimaanpassung • Klimakrise • Klimaschutz • Klimawandel • Mischwald • Nadelbäume • Natur • Naturliebhaber • neuer Wald • Ökologie • Papiermangel • Rohstoffmangel • Tannen • Vögel • wald buch • Waldsterben • Waldwissen • Wild • Wildtiere • Wohlleben
ISBN-10 3-492-60331-9 / 3492603319
ISBN-13 978-3-492-60331-7 / 9783492603317
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