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Stadtgespräch -  Sven Matis

Stadtgespräch (eBook)

Neues Bewusstsein für moderne Kommunikation

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
205 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-044452-2 (ISBN)
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Warum ziehen Städte Menschen in ihren Bann? Was kann die Kommunalpolitik von der Kognitionswissenschaft lernen? Wie kann die Verwaltung urbane Transformation aktiv gestalten? Diesen Fragen geht Sven Matis auf den Grund. Er zeigt, dass Kommunikation weit mehr als ein Mittel der Verwaltung ist, sondern Treib- und Klebstoff für urbanes Lebens. Kommunikation schafft Wissen, steuert menschliche Aufmerksamkeit und ermöglicht den Austausch von Meinungen und Erfahrungen. Das Buch bietet einen fundierten Überblick über die wachsende Bedeutung von Netzwerken - sei es im individuellen Bewusstsein oder in der Stadtentwicklung. Der Autor beleuchtet die Bewusstseinsbildung: von der Makroebene der Großstadt bis zur Mikroebene des Gehirns. Das Buch richtet sich an alle, die sich für Kommunikation, Sozialpsychologie und Transformation der Gesellschaft interessieren. Es bietet Interviews mit renommierten Expertinnen und Experten, die auch als Podcast abrufbar sind.

Sven Matis ist zertifizierter Medientrainer und Leiter der Pressestelle der Stadt Stuttgart.

Sven Matis ist zertifizierter Medientrainer und Leiter der Pressestelle der Stadt Stuttgart.

AUFRISS:
Die Logik des Stadtgesprächs in Buchform


Die Wahlen im Juni 2024 machen überraschend deutlich: Zuspruch entsteht durch die richtige Ansprache. Die Erkenntnis ist nicht neu, wird aber Vielen nun umso bewusster. Die Auseinandersetzung mit wirkmächtiger Ansprache ist umso dringlicher, weil der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang stellen sich grundlegende Fragen: Wie agieren Menschen in ihrem Umfeld? Was bringt sie zum Sprechen? Was zum Nachdenken? Wie kann man Akzeptanz und Toleranz fördern? Was setzt sich durch und bewährt sich? Das Stadtgespräch liefert hierzu wichtige Anstöße.

Darum habe ich dieses Buch geschrieben. Es soll zeigen, welch ein Impulsgeber das Stadtgespräch ist, warum es Aspekte des Kommunalen und des Kommunikativen vereint und so gemeinschaftsbildend wirkt. Das Stadtgespräch lotet aus, was machbar, sagbar und denkbar ist. Es ist die Vorproduktion der realen Welt. Was sich hier als mächtig oder konsensfähig durchsetzt, ist dann im städtischen Raum sichtbar. Diese Wechselwirkungen machen die Stadt zu dem Erfolgsmodell der Moderne, das trotz krasser Probleme, wie hoher Lebenshaltungskosten, schlechter Luftqualität, Lärm, Kriminalität, Staus und zunehmender Einsamkeit weiter Milliarden Menschen in seinen Bann zieht.

Die Stadt lockt mit drei großen Versprechen: Kurze Wege, individuelle Entfaltung und soziales Wohlergehen. Diese Vorstellungen bilden einen Sog. Städte sind heute Lebensmittelpunkt für vier Milliarden Menschen weltweit. Tendenz steigend. Setzt sich der Trend fort, dann leben bald zwei von drei Menschen in einer Stadt. Auch deutschlandweit ist dies zu beobachten: Die 50 größten Städte haben zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein enormes Wachstum verzeichnet, vor allem im Süden des Landes. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung prognostiziert, dass vor allem die Großen noch größer werden. Und damit werden die skizzierten Probleme wohl auch größer.

Das Wechselspiel von Problemen und Lösungen steht im Fokus dieses Buches. Ganz grundsätzlich zeigen sich Probleme als Fragen, die die Umwelt an ihre Teilsysteme stellt. Bewusst werden sie Gesellschaften oder Individuen durch Beobachtung, Erkennen und Benennen. Welche Schlüsse sie daraus ziehen und welche Antworten sie geben, hängt von vielen Faktoren ab. Das Glück pluralistischer Gesellschaften ist ihre Offenheit, die auf der Unbestimmtheit von Antworten gründet. Wenn es keine Eindeutigkeiten gibt, sind Antworten diskursiv zu erarbeiten. Dieses Aushandeln ist prägend für die zwischenmenschliche Kommunikation, die nirgends konzentrierter und verbindlicher geführt wird als auf dem Markt – denn der Markt ist die Keimzelle der Kommune. Hier kommt die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes zu sich.

So einzigartig die Städte sind, so einzigartig sind die Menschen, die in ihr leben. Dennoch handelt es sich um aufeinander abgestimmte Systeme, die in einem fortlaufenden Austausch stehen, der mal kooperativ, mal konfrontativ ist. Dies ist gut vergleichbar mit dem Treiben auf einem Markt, wo es darum geht, Informationen und Werte systematisch zu verarbeiten. Deswegen ist der rote Faden, der durch dieses Buch führen soll, die Deutung von Signalen (Kognition), ihre sprichwörtliche Verarbeitung (Kommunikation) und die entsprechende Umgestaltung der Lebenswelt (Städtebau). Städte sind von jeher ein Ausdruck von Macht und der damit verbundenen Kontrolle über die Umwelt. Diese Macht zeigt sich in Artefakten, Worten und Aufmerksamkeit. Das gilt für die Realität wie für die Idealwelt. Einfach auf den Punkt gebracht: »Wer das Wort hat, hat das Sagen.«

Das Stadtgespräch ist daher die Brücke zu einem bewussten Umgang mit den Mitmenschen und der Gestaltung des Umfelds. Kernpunkt der Argumentation ist, dass die Kommunalpolitik diskursive Infrastrukturen1 prägen und Mikroöffentlichkeiten schaffen kann. Vereinfacht gesagt kommen an diesen Orten Menschen zusammen, lernen voneinander und wachsen miteinander. Es sind Reallabore, Werkstätten oder Foren – im Sinne eines Speaker’s Corner – an denen echte Begegnung zu einem kreativen und produktiven Durcheinander führen. Innovationen werden gefördert durch Diskussion, Experimente und Reproduktion.

Diese neue Form der Öffentlichkeitsarbeit ist durchaus vergleichbar mit traditioneller Presse- oder Medienarbeit, berücksichtigt aber den Trend, dass sich Öffentlichkeiten situativ und entlang von Themen bilden, weniger anhand von Routinen wie etwa der synchronen Lektüre der Zeitung am Morgen. Ziel von Mikroöffentlichkeiten ist es, zentrale Argumente in Bezug auf politische Maßnahmen zugänglich und verständlich zu machen. Die Bewertung und Einordnung der Argumente wird Foren überlassen, die unterschiedliche Perspektiven und Wissenstände in Einklang bringen, was sie zu Resonanzräumen macht.2

Städte wie gewohnt zu betrachten, hilft nicht weiter. Sie sind neu zu interpretieren als Möglichkeitsräume – physische, soziale wie mentale Räume, in denen künftige Entwicklungen angelegt sind, die durch Imagination, Kreativität und Mut zu Fortschritt führen. Möglichkeiten sind nicht gottgegeben, sie sind zu erkennen und zu ergreifen. Räume sind zu erschließen. Sie brauchen Grenzen und Öffnungen, müssen an ihre Umgebung (stets neu) angepasst werden und sind innen wie außen zu pflegen. Ihre Ver- und Entsorgung erfordert eine Infrastruktur, die Stabilität verschafft und das Fortbestehen begründet.

Wie dies gelingen kann, stellt sich die aktuelle Stadtforschung so vor: »Die dynamische Koproduktion und Übermittlung von Ideen und Informationen bestimmt Beziehungen innerhalb und über die städtischen Initiativen hinaus und trägt zur Entstehung und Umgestaltung von Kollaborationsnetzwerken bei.«3 Was akademisch daherkommt, meint einfach ausgedrückt: Durch Austausch entstehen neue Wirklichkeiten. Der Austausch von Ideen und Informationen in städtischen Netzwerken stiftet kommunales Miteinander. Diese Kommunikation formt die Gesellschaft, indem sie die Zusammenarbeit fördert und die Menschen einander näherbringt.

Das Stadtgespräch befeuert die Dynamik innerhalb sozialer Netzwerke. Wenn Anspruchsgruppen – sogenannte Stakeholder – in unterschiedlichen Konstellationen und Kontexten kommunizieren, reproduzieren sie Wissen und verwandeln urbane Güter wie Informationen, Wissen, Kultur, Kontakte, Netzwerke oder Zeit in Gemeingüter.4 Wenn zivilgesellschaftliche, unternehmerische oder staatliche Organisationen diese Prozesse fördern, sorgen sie für Wertschöpfung und initiieren Transformation. Das wirkt sich positiv auf die Bürgerschaft aus und wird in der Anschlusskommunikation spürbar.

Diese Argumentation vereinigt Aspekte der Soziologie, der Kommunikationswissenschaften und der Kognitionswissenschaften. Daher ist dieses Werk auch interdisziplinär angelegt und will die Stärken der jeweiligen Perspektiven auf den folgenden Seiten zusammenführen.

Die Kapitel geben Einblicke in die klassische Literatur, neueste wissenschaftliche Forschung und das Erfahrungswissen von Expertinnen und Experten. Sie können für sich gelesen werden, sind aber mehr wie ein Gang durch eine Ausstellung, die zwar logisch kuratiert ist, aber deren Erkundung dem Publikum offensteht. So ist dieses Buch als Verstehensreise mit einem unbestimmten Ziel angelegt. Wichtiger als das Ankommen sind Erfahrungen, die durch Wissen neue Erkenntnisse und Geschichten schaffen. Diese Reise soll bestärken, kommunale Public Relations neu zu denken, die transformatorische Kraft des Stadtgesprächs zu erkennen und es aktiv mitzugestalten.

Zwischenstationen sind Modelle, die menschliches Handeln, Wirken und Kommunizieren auf einen Nenner bringen. Warum aber Modelle – jede Stadt, jeder Mensch, jedes Gespräch ist doch einmalig? Von Originalen können wir uns ein Bild machen. Zum Beispiel, indem wir uns vor Ort umschauen oder in den Medien recherchieren. Zwar können wir in ihren Kosmos eindringen, ihre Komplexität aber nur in Ausschnitten erfassen. Wir sind also gezwungen, zu vereinfachen und unsere Vorstellungen in Annahmen oder Analogien zu kleiden. Individuell geht dies sehr schnell im Unterbewusstsein. Diese Schlüsse erweisen sich manchmal als Trugschlüsse. Empirisch belastbare Aussagen liefern wissenschaftliche Modelle. Zur Modellierung ist es wichtig, die Funktionen des Originals korrekt und vollständig zu erfassen, um dadurch Relationen beschreiben zu können. Damit ist ein Modell niemals originalgetreu – sondern ein Kalkül, das als vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit nebensächliche Komponenten außer Acht lässt. So entstehen Denkfiguren, die neue Bezüge herstellen, Prognosen möglich machen und damit helfen, das Original zu optimieren. Allerdings besitzen Modelle auch Schwachstellen: Sie vergröbern, abstrahieren und formalisieren – und simulieren nur das Original und seine Beziehungen zur Realität. So haben sich Menschen Modelle als Auseinandersetzung (mit) ihrer Umwelt geschaffen. Dazu haben sie sich spezielle Aspekte angesehen, durch Fokussierung andere Aspekte ausgeblendet, sie hinterfragt, in Einzelteile gegliedert und die Welt neu zusammengesetzt. Das hat Lösungen eröffnet, zu Feedback, Kritik und Updates geführt – ein Sinnbild für den iterativen Prozess der Meinungsbildung. Die Akzeptanz, dass Wahrheiten auszuhandeln sind, ist Fundament liberaler Demokratien.

Dieses Aushandeln braucht Aufmerksamkeit, die ein knappes Gut ist. Die grundlegende Abhandlung der Ökonomie der Aufmerksamkeit stammt – wie könnte es für dieses Buch anders sein – aus der Feder eines Stadtplaners.5 Der Österreicher Georg Franck schreibt Ende des 20. Jahrhunderts von einem mentalen Kapitalismus, der sich von einer...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2024
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Kommunikation • Öffentlichkeitsarbeit • Public Relations
ISBN-10 3-17-044452-2 / 3170444522
ISBN-13 978-3-17-044452-2 / 9783170444522
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