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Stärkenorientierte Schulsozialarbeit -  Petra Wagner,  Dagmar Strohmeier

Stärkenorientierte Schulsozialarbeit (eBook)

Grundlagen, Methoden und Handlungskonzepte
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
119 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-042826-3 (ISBN)
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In Abgrenzung zur problemorientierten Schulsozialarbeit entwickelt dieses Buch die stärkenorientierte Schulsozialarbeit und zeigt auf, wie Schülerinnen und Schüler mithilfe präventiver Ansätze ganzheitlich unterstützt werden können. Dazu präsentieren die Autorinnen eine Vielzahl von evidenzbasierten Konzepten und Tools, die ohne größere Voraussetzungen im Schulalltag umgesetzt werden können. Neben der Erläuterung der stärkenorientierten Grundlagen und Methoden (Beratung, Prävention und Intervention sowie Qualitätsentwicklung und Evaluation) bietet das Buch konkrete stärkenorientierte Handlungskonzepte für die im Schulalltag relevantesten Herausforderungen, nämlich die Förderung von Lern- und Selbstregulationskompetenzen, sozialen Kompetenzen und Medienkompetenzen.

Dr. Petra Wagner ist Professorin für Psychologie an der Fakultät für Medizintechnik und Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Oberösterreich. Dr. Dagmar Strohmeier ist dort Professorin für Interkulturelle Kompetenz.

Dr. Petra Wagner ist Professorin für Psychologie an der Fakultät für Medizintechnik und Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Oberösterreich. Dr. Dagmar Strohmeier ist dort Professorin für Interkulturelle Kompetenz.

2 Methoden der stärkenorientierten Schulsozialarbeit


T Überblick

In diesem Kapitel werden ausgewählte Methoden einer stärkenorientierten Schulsozialarbeit vorgestellt. Im Konkreten werden die Themen Beratung (▸ Kap. 2.1), Prävention und Intervention (▸ Kap. 2.2) sowie Qualitätsentwicklung und Evaluation (▸ Kap. 2.3) behandelt. Ziel dieses Kapitels ist es, einerseits die Methodenpluralität der stärkenorientierten Schulsozialarbeit und andererseits damit einhergehend die Relevanz der wissenschaftlichen Evidenz für die Umsetzung dieser Methoden sichtbar zu machen.

2.1 Beratung


Der überwiegende Teil der Lehrkräfte äußert einen dezidierten Bedarf an Beratung und Unterstützung durch Schulsozialarbeiter*innen (z. B. Wagner 2015). Auch auf Seiten der Schüler*innen wird dieser Bedarf gesehen. In einer Studie von Wagner (2018b) gaben 20 Prozent der Schüler*innen an, einen Beratungs- bzw. über den Unterricht hinausgehenden Unterstützungsbedarf zu haben. Konkret geht es um Unterstützung insbesondere im Lern- und Leistungsbereich, bei sozialen Themen in der Klasse sowie bei Problemen mit Lehrkräften. Bei der im Besonderen betroffenen Zielgruppe handelt es sich um leistungsschwache Jugendliche mit Migrationshintergrund. In dieser Gruppe wünschen sich nicht nur die Jugendlichen, sondern auch deren Eltern Beratungsangebote in der Schule. Diese Befunde verdeutlichen den hohen Beratungsbedarf an Schulberatung (Kösler 2006).

Spannt man nun den Bogen zur Schulsozialarbeit, so bezeichnet Just (2016, 101) Beratung als eine der Kernaufgaben von Schulsozialarbeit und spezifiziert Beratung für Schüler*innen, Lehrkräfte und Eltern als »unmittelbare Funktionsausübung« von Schulsozialarbeiter*innen (Drilling 2009).

Leitfrage: Was ist unter stärkenorientierter Beratung zu verstehen?

Laut Schubert, Rohr und Zwicker-Pelzer (2019, 129) strebt Beratung nach »einer Stärkung der Autonomie, der Reflexionsfähigkeit und der Lösungskompetenz von Personen und Gruppen, damit diese ihre Lebensführung in einer zufriedenstellenden und subjektiv wie sozial gelingenden Weise gestalten können«. Wagner und Kohlfürst (2022, 263) definieren Beratung als

»Gestaltung der alltäglichen und arbeitsweltlichen Lebensführung von Individuen, Gruppen und Systemen. Dabei handelt es sich um einen zwischenmenschlichen Prozess der sprachlichen Kommunikation, der das Ziel verfolgt, die Kompetenzen der Ratsuchenden so zu stärken, dass persönliches Wachstum möglich wird«.

Anhand dieser Definitionen wird deutlich, dass Beratung als Kernaufgabe der Schulsozialarbeit dazu beiträgt, die Stärken und Kompetenzen der Ratsuchenden zu aktivieren und mobilisieren, um damit maßgeblich das Erreichen stärkenorientierter Entwicklungsziele zu fördern.

Um diese Entwicklungsziele zu erreichen, ist auf Seiten der Schulsozialarbeiter*innen neben dem kontextspezifischen Basiswissen ein methodisches Wissen bezüglich der Gestaltung eines Beratungsprozesses erforderlich. Laut Just (2016, 114) benötigt Beratung »eine theoriengeleitete Wissens-‍, Handlungs- und Problemlösungskompetenz, die unter Beachtung berufsethischer Werte und Normen hinsichtlich des zu beratenden Personenkreises sowie unter Bezugnahme auf fachliche Standards umgesetzt wird«. Mit Blick darauf werden im Folgenden grundlegende Aspekte eines professionellen Beratungsprozesses beschrieben.

2.1.1 Beratungsansätze


Leitfrage: Welche Beratungsansätze sind für eine stärkenorientierte Schulsozialarbeit relevant?

Handlungsleitende Prinzipien und methodische Zugänge in der Beratung entwickelten sich aus den klassischen Ansätzen der Psychotherapie, dazu zählen vorrangig der tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische, humanistische und systemische Ansatz. Mit Blick darauf lassen sich einige wesentliche Grundsätze für eine stärkenorientierte Beratung ableiten, diese werden im Folgenden basierend auf Wagner und Kohlfürst (2022) im Überblick erläutert, für eine vertiefende Beschreibung der einzelnen Beratungsansätze wird auf Kriz (2014) verwiesen.

Tiefenpsychologische Ansätze (Psychoanalyse, Individualpsychologie, analytische Psychologie) orientieren sich am medizinischen Krankheitsmodell sowie an der Annahme des Unbewussten. Dementsprechend zielen tiefenpsychologisch orientierte Beratungsansätze darauf ab, unbewusste Inhalte (z. B. ungelöste Konflikte in der Vergangenheit) sichtbar zu machen und damit einhergehend die Klient*innen in ihrer Entwicklung zu stärken.

Verhaltenstherapeutische Ansätze bauen auf den Lerntheorien (klassische und operante Konditionierung, Modelllernen) auf. Verhaltenstherapeutisch orientierte Beratungsansätze zielen darauf ab, gewünschtes Verhalten durch positive Reize (Belohnung) zu fördern und ungewünschtes Verhalten durch negative Reize (Bestrafung) zu reduzieren. D. h., es geht um die Entwicklung von Lernprozessen.

Die humanistischen Ansätze (personenzentrierter Ansatz, Logotherapie) orientieren sich stark an den Wertvorstellungen der Klient*innen. Dementsprechend zielen humanistisch orientierte Beratungsansätze darauf ab, die Entwicklung von Autonomie und das persönliche Wachstum zu fördern. Der Beratungsprozess ist bestimmt durch eine wertschätzende, empathische und kongruente Haltung der Berater*innen. Diese Parameter stellen eine wichtige Basis für einen gelingenden Beratungsprozess dar.

Einfluss des personenzentrierten Ansatzes von Carl Rogers auf eine stärkenorientierte Beratungspraxis

Die Trias von Wertschätzung, Empathie und Kongruenz können als Grundhaltungen eines stärkenorientierten Beratungsprozesses angesehen werden. Wertschätzung bedeutet die vorbehaltslose Annahme und das Akzeptieren der Besonderheiten und Probleme der Ratsuchenden. Empathie bedeutet das einfühlsame Verstehen der Lebenswelt und Probleme der Ratsuchenden. Kongruenz bedeutet Echtheit und Wahrhaftigkeit gegenüber den Ratsuchenden sowie die reflektierte Wahrnehmung des eigenen Erlebens, das mit einem Ratsuchenden in Beziehung steht.

Systemische Ansätze (Familientherapie, lösungsorientierte Kurzzeittherapien, narrative Ansätze) gehen davon aus, dass sich ein Problem aus einem Prozessgeschehen innerhalb der Beziehungen eines Systems (z. B. Familie, Lebenssituation der Klient*innen) entwickelt. Dementsprechend zielen systemisch orientierte Beratungsansätze darauf ab, Regeln, Muster und Strukturen zu erkennen, vorhandene Ressourcen der Klient*innen zu aktivieren und mögliche alternative Lösungen zu entwickeln. Systemische Ansätze ermöglichen es den Klient*innen, in relativ kurzer Zeit eine neue Perspektive bezüglich Problemlagen einzunehmen und damit persönliches Wachstum zu ermöglichen.

Alle hier genannten Beratungsansätze – resultierend aus den therapeutischen Ansätzen – verfolgen das Ziel, Klient*innen in ihrer persönlichen Entwicklung bestmöglich zu unterstützen. Da eine stärkenorientierte Schulsozialarbeit ihren Fokus auf der Förderung der Potentiale und des persönlichen Wachstums hat, tragen die beschriebenen Beratungsansätze wesentlich zur praktischen Umsetzung einer stärkenorientierten Schulsozialarbeit bei. Sowohl die therapeutischen Ansätze als auch die stärkenorientierte Schulsozialarbeit zielen auf Entwicklung und Veränderung ab.

2.1.2 Beratungsformen


Leitfrage: Welche Beratungsformen sind für eine stärkenorientierte Schulsozialarbeit relevant?

Nußbeck (2019) unterscheidet Einzel-‍, Gruppenberatung und Online-Beratung. Eine Einzelberatung erfolgt i. d. R. in Form einer Zweierkonstellation bestehend aus einer beratenden und einer ratsuchenden Person. In der schulsozialarbeiterischen Praxis finden Einzelberatungen insbesondere dann Anwendung, wenn es um die Beratung von Schüler*innen, Lehrkräften und Erziehungsberechtigten geht.

Die Gruppenberatung besteht aus mehreren Personen und zielt darauf ab, unter Anleitung einer beratenden Person innerhalb einer Gruppe Problemlösungen zu finden. Gruppenberatungen in der Schulsozialarbeit finden beispielweise im Rahmen von Beratungen von Schulklassen oder Teams von Lehrkräften statt.

Die Online-Beratung gilt als eigenständige Beratungsform und ist nicht als defizitärer Ersatz für persönliche Beratungssettings zu verstehen. Insbesondere für die schulsozialarbeiterische Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen ist die Online-Beratung (Engelhardt 2019) durchaus eine Alternative zur persönlichen Beratung (▸ Tab. 8).

Tab. 8:Formen der Online-Beratung (eigene Darstellung)

Synchrone Kommunikation

textbasiert

Chat und...

Erscheint lt. Verlag 11.10.2023
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Rudolf Bieker, Heike Niemeyer
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Sozialpädagogik
Schlagworte Beratung • Diversität • Evaluation • Gewalt • Intervention • Lernen • Medien • Prävention • Soziale Ungleichheit • Sucht
ISBN-10 3-17-042826-8 / 3170428268
ISBN-13 978-3-17-042826-3 / 9783170428263
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