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Wann sind Frauen wirklich zufrieden? (eBook)

Überraschende Erkenntnisse zu Partnerschaft, Karriere, Kindern, Haushalt – auf der Basis von über 700.000 Befragungen
eBook Download: EPUB
2023
256 Seiten
C.Bertelsmann Verlag
978-3-641-28554-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wann sind Frauen wirklich zufrieden? - Martin Schröder
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»Schröders imposantes Pionierwerk lässt hoffen, dass uns die Wissenschaft helfen kann, die Lebenskunst der Zufriedenheit besser zu meistern.« Psychologie heute über »Wann sind wir wirklich zufrieden?«
Überraschenderweise arbeiten viele Frauen gerne in Teilzeit und möchten sich stärker für ihre Familie engagieren. Sie fühlen sich dabei jedoch nicht benachteiligt, sondern ganz im Gegenteil anerkannt und zufrieden. Beruflich können Frauen genauso erfolgreich sein wie Männer. Sie wollen aber oft etwas anderes. Diese klare Sprache sprechen die Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels und der Beziehungsstudie pairfam, die Martin Schröder ausgewertet hat. Im Gegensatz dazu proklamiert der Feminismus - der zweifellos viel für weibliche Lebensentwürfe errungen hat - Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen auch dort, wo die Daten eindeutig etwas anderes zeigen: Frauen leben längst, wie es ihnen gefällt. Sie wählen ihre Lebensentwürfe selbst und müssen sich dafür vor niemandem rechtfertigen.

Martin Schröder, geboren 1981, hat am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln promoviert, war danach Postdoc an der Harvard University und ist Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er durch Auftritte in den Tagesthemen, Stern TV oder RTL News bekannt. ZEIT, FAZ, Le Monde, SPIEGEL und Stern berichten regelmäßig über seine Forschungsergebnisse. Zuletzt von ihm erschienen sind »Warum es uns noch nie so gut ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden« (2018) und »Wann sind wir wirklich zufrieden?« (2020/21), das als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet wurde.

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Weltweit geht es Frauen so gut wie Männern. Sie wollen aber nicht dasselbe.

Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank!

War der berechtigte Einwand meiner Freundin, als ich zaghaft die These in den Raum stellte, Frauen könnten heute möglicherweise leben, wie sie möchten – zumindest im selben Ausmaß wie Männer. Anscheinend hat sie Recht. Und ich nicht alle Tassen im Schrank. Schließlich lesen wir doch überall, es sei »längst keine wirkliche Gleichberechtigung hergestellt«.[18] Und es kann niemand in Abrede stellen, dass Frauen selbst in entwickelten Ländern weniger verdienen. Wie können sie dann emanzipiert oder gleichberechtigt sein?

Gehen wir einen Schritt zurück: Was bedeutet »emanzipiert« überhaupt? Würde es »gleich viel verdienend« bedeuten, wäre ich als Universitätsprofessor auch gegenüber einem Investmentbanker nicht emanzipiert. Stattdessen wird Emanzipation definiert als: »Gleichberechtigung anstrebend bzw. besitzend« und als sich »aus Kontrolle, Abhängigkeit, Beherrschung und Unterdrückung zu befreien«.[19] Emanzipiert ist man also, wenn man gleiche Rechte hat und nicht durch Abhängigkeit, Tradition oder Werte an dem Leben gehindert wird, das man leben möchte.[20] Deswegen war und sind Gleichberechtigung, Emanzipation, überhaupt alles, was die Frauenbewegung erstritten hat, so wichtig: gleiches Wahlrecht, sexuelle Selbstbestimmung, gleichberechtigter Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt.

Doch mittlerweile setzen nicht mehr alle Emanzipation mit gleichen Rechten gleich. Einige definieren sie als »Wandel auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit, der unbegrenzte Möglichkeiten sowohl für Frauen als auch für Männer als menschliche Wesen eröffnet.«[21] In der Tat: Definiert man sie so, wird die Emanzipation nie abgeschlossen sein. Denn »unbegrenzte Möglichkeiten« sind eine per Definition unerreichbare Zielvorstellung. Meine »unbegrenzten Möglichkeiten« werden schon dadurch beschnitten, dass ich immer wieder Hunger und Durst bekomme, periodisch müde werde und regelmäßig auf Toilette muss.

Legt man jedoch die klassische Definition von Emanzipation an, nämlich nicht kontrolliert, abhängig, beherrscht und unterdrückt zu sein, sondern vielmehr Entscheidungen frei treffen zu können, um ein zufriedenes Leben zu erreichen, dann ist die Emanzipation zumindest in entwickelten Ländern tatsächlich messbar erreicht, obschon sich das Leben von Männern und Frauen noch unterscheidet. Glauben Sie nicht mir, sondern den Daten. Fangen wir mit Deutschland an.

In Deutschland sind Frauen so zufrieden wie Männer


Seit 1984 hat die größte Langzeitstudie der Welt, das sogenannte Sozio-oekonomische Panel, jedes Jahr tausenden repräsentativ ausgewählten Deutschen dieselbe Frage gestellt: »Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig, alles in allem, mit Ihrem Leben?« Dabei bedeutet 0 »ganz und gar unzufrieden« und 10 »ganz und gar zufrieden«. Zufriedenheitswerte von 0 bis 10 hören sich erst mal abstrakt an.

Was also bedeuten sie? Der niederländische Zufriedenheitsforscher Ruut Veenhoven hat es folgendermaßen definiert: »Das subjektive Wohlbefinden des Einzelnen enthält wichtige Informationen über die Qualität des sozialen Systems, in dem er lebt. Wenn sich Menschen typischerweise schlecht fühlen, ist das soziale System offensichtlich nicht gut für die menschliche Existenz geeignet.«[22] Hohe Zufriedenheitswerte bedeuten somit, dass die Welt für Menschen lebenswert ist. Mit niedrigen Zufriedenheitswerten sind Menschen hingegen öfter krank, besorgt, gestresst, traurig und ärgerlich. Wer also vermeiden möchte, dass Menschen krank, besorgt, gestresst, traurig und ärgerlich sind, muss ihnen hohe Zufriedenheitswerte wünschen. So einfach ist es eigentlich.

Internationale Umfrageorganisationen wie Gallup definieren deswegen Werte zwischen 7 und 10 Punkten als »thriving«, also als erfolgreiches, florierendes, man kann auch einfach sagen: gutes Leben. Niedrigere Werte von 5 bis 7 gelten hingegen als »struggling« und somit als nur mäßiges, inkonsistentes Wohlbefinden, ein ledigliches »Zurechtkommen«. Menschen berichten bei diesen lediglich mittelhohen Werten von mehr Stress und Geldsorgen; sie sind auch fast doppelt so oft krank.[23] Die erst mal abstrakten Zahlen von 0 bis 10 gehen also mit fast allem einher, was wir als erstrebenswertes Leben ansehen. Schließlich ist niemand gerne krank, gestresst oder besorgt. Deswegen widmen sich mittlerweile einige der weltweit besten wissenschaftlichen Fachzeitschriften der Lebenszufriedenheitsforschung.

Doch jenseits nerdiger Wissenschaftlerzirkel hatte merkwürdigerweise noch niemand allgemein verständlich zusammengetragen, wann Menschen zufrieden sind. Deswegen berechnete ich es für mein letztes Buch und illustrierte es mit Grafiken, die jeder versteht. Vieles geht stark mit der eigenen Zufriedenheit einher. Beispielsweise sind westdeutsche, jüngere, größere, attraktivere, ausgeschlafenere, politisch eher mittig wählende, emotional stabilere und intelligentere Menschen viel zufriedener mit ihrem Leben als der Rest der Deutschen.[24]

Doch zwischen zwei Gruppen finden sich einfach keine Unterschiede: Ob Sie in Deutschland als Mann oder Frau geboren werden, ist für Ihre Lebenszufriedenheit schlichtweg egal. Und das liegt nicht daran, dass man sich an alles gewöhnt. Schauen Sie sich die Entwicklung der Zufriedenheit von Männern und Frauen seit 1984 in Deutschland selbst an.

Abbildung 1: Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern in Deutschland, Zeitverlauf

Die gestrichelte graue Linie mit grauen Kreisen zeigt die Zufriedenheitswerte von Männern. Die durchgezogene schwarze Linie mit schwarzen Vierecken die von Frauen. Sie können die Linien kaum unterscheiden? Kein Wunder. Denn die Zufriedenheit von Männern und Frauen ist in fast jedem Jahr identisch. Dagegen hat sich die Zufriedenheit aller Deutschen über die Zeit stark verändert. Die Zufriedenheit aller ging bis circa 2005 zurück und steigt seitdem wieder. Warnung: Jetzt kommen 20 Sekunden (größtenteils harmlose) Statistik. Jeder Wert hat ein sogenanntes Konfidenzintervall. Das ist die Bandbreite, innerhalb derer die Zahlen der vielen tausend Befragten mit hoher Wahrscheinlichkeit liegen. Schließlich sind nicht alle Männer und Frauen gleich zufrieden. Das Konfidenzintervall zeigt also – vereinfacht gesagt – die Schwankung der Lebenszufriedenheit innerhalb eines Geschlechts. Doch die Zufriedenheit von Männern und Frauen ist sich derart ähnlich, dass diese statistischen Konfidenzintervalle sich weitgehend überlappen, trotz einer riesigen Stichprobe von genau genommen 83 984 Menschen, die 663 842-mal befragt wurden.

Wenn man unbedingt will, könnte man versuchen herauszulesen, dass Frauen bis Mitte der 1990er Jahre etwas unzufriedener waren als Männer. Vielleicht, aber auch das ist spekulativ, weil Emanzipation und Gleichberechtigung damals noch nicht so weit waren. Doch wenn es seitdem überhaupt Unterschiede gibt, dann, dass Frauen seit Anfang der 2000er Jahre minimal zufriedener sind als Männer. Nicht die Unterschiede der beiden Kurven fallen jedoch ins Auge, sondern wie sie sich miteinander bewegen. In manchen Jahren sind also fast alle Deutschen zufriedener, in anderen fast alle unzufriedener. Doch das trifft eben genauso für Männer wie für Frauen zu. Und die Lebenszufriedenheitswerte von Männern und Frauen sind sich nicht ähnlich, weil beide gleich unzufrieden sind, sondern weil beide gleich zufrieden sind. So lag die Lebenszufriedenheit von Männern zuletzt bei 7,43, die von Frauen bei 7,48 der 10 möglichen Punkte.

Zwar vermuten einige, dass Frauen »die Care-Arbeit […] erschlagen hat, der Mental Load, die buchstäblich physikalisch unmöglich zu erfüllenden Rollenbilder und Erwartungen, die finanziellen Sorgen, der Gender-Pay-Gap, Eltern-Burn-out und Homeschooling«.[25] Doch hört man tatsächlich zu, ob Frauen mit ihrem Leben zufrieden sind, statt nur Behauptungen darüber aufzustellen, zeigt sich erstaunlicherweise das Gegenteil: Frauen geht es nicht schlecht. Und Männern auch nicht. Und das nicht nur, weil wenige sehr zufrieden sind, sondern weil kaum jemand unzufrieden ist. Wären einige sehr zufrieden und andere sehr unzufrieden, wären die statistischen Konfidenzintervalle größer. Stattdessen gaben sich zuletzt fast 80 Prozent aller Männer ebenso wie aller Frauen 7 oder mehr Lebenszufriedenheitspunkte. Demgegenüber verorteten sich nur 12,7 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer in der unteren Hälfte der Skala, bei 0–5 Punkten. Wir werden deswegen noch darüber reden, ob es einer speziellen Untergruppe von Frauen doch schlechter geht als Männern. Dass es Frauen in Deutschland jedoch insgesamt schlecht geht, kann man aufgrund der Daten ebenso ausschließen wie dass es ihnen schlechter geht als Männern. Denn vielmehr geht es sowohl Frauen als auch Männern messbar recht gut.

Das kann nicht daran liegen, dass Menschen sich an alles gewöhnen oder selbst dann noch äußern, zufrieden zu sein, wenn sie es nicht sind. Denn wie Sie sehen, sind die Deutschen in manchen Jahren durchaus unzufriedener. Das Tal der Tränen der deutschen Lebenszufriedenheit war 2004. Als Grund wird oft die damals hohe Arbeitslosigkeit genannt. Seither geht es den Deutschen offenbar immer besser, zuletzt sogar erstmals wieder so gut wie seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr, seit es also durchgehende Messungen gibt. Das ist eigentlich eine super Nachricht. Doch was ist...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2023 • Alltagssexismus • Anspruch an sich selbst • Benachteiligung von Frauen • Beruf • Care Arbeit • Doppelbelastung • eBooks • Familienleben • Feminismus • Frauen als Opfer • Gender Pay Gap • Gender Studies • Geschlechtergerechtigkeit • Geschlechterrollen • Geschlechterverhältnis • Gleichberechtigung • Haushalt • Karrierehindernisse • Karriere und Familie • Kinder • Mann-Frau-Beziehung • Mental Load • Neo-Feminismus • Neuerscheinung • Partnerschaft • Psychologie • Sexismus • Soziologie • Soziologische Studien • Traditionelle Rollenverteilung • traditionelles Familienbild • Unsicherheit
ISBN-10 3-641-28554-2 / 3641285542
ISBN-13 978-3-641-28554-8 / 9783641285548
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