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Angst vor den Freunden (eBook)

Die Atomwaffen-Strategie der Supermächte zerstört die Bündnisse
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
190 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-11721-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Angst vor den Freunden -  Oskar Lafontaine
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In diesem 1983 erstmals erschienenen Buch legt Oskar Lafontaine dar, daß die Europäer in Ost und West sich aus der atomaren Rivalität der beiden Weltmächte heraushalten müssen, wenn sie sich größeren politischen Handlungsspielraum und vor allem mehr Sicherheit verschaffen wollen. Das Prinzip 'Leistung nur bei Gegenleistung' müsse fallengelassen, die Politik der Friedenssicherung durch Gewaltandrohung aufgegeben werden. Eine atomwaffenfreie und auf defensive Bewaffnung umgerüstete Bundesrepublik würde Ängste abbauen und Vertrauen bilden. Damit sei die Grundlage geschaffen, die Entspannungspolitik fortzusetzen und mit den Völkern in Ost und West in Frieden zusammenzuleben.

Oskar Lafontaine wurde am 16. September 1943 in Saarlouis geboren. Im Verlauf seines politischen Lebens war er Oberbürgermeister in Saarbrücken, Ministerpräsident des Saarlandes, Vorsitzender der SPD und Bundesfinanzminister. Im März 1999 legte er alle seine bisherigen politischen Ämter in der SPD aus Kritik am rot-grünen Regierungskurs von Gerhard Schröder nieder. Im Jahr 2005 wechselte Oskar Lafontaine von der SPD zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG). Diese ging durch seine Initiative im Juni 2005 ein Wahlbündnis mit der PDS ein. Von 2005 bis 2009 war Lafontaine mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. Vom 16. Juni 2007 bis zum 15. Mai 2010 war er neben Lothar Bisky Parteivorsitzender der neugebildeten Partei DIE LINKE. Sein Rückzug von beiden politischen Ämtern erfolgte aufgrund einer Krebserkrankung. In den saarländischen Landtagswahlkämpfen 2009 und 2012 war er Spitzenkandidat der LINKEN. Seit September 2009 führt er die Fraktion der Linken im saarländischen Landtag. Von Juli 2010 bis Juli 2014 war er zudem Vorsitzender der Internationalen Kommission der Partei DIE LINKE.

Oskar Lafontaine wurde am 16. September 1943 in Saarlouis geboren. Im Verlauf seines politischen Lebens war er Oberbürgermeister in Saarbrücken, Ministerpräsident des Saarlandes, Vorsitzender der SPD und Bundesfinanzminister. Im März 1999 legte er alle seine bisherigen politischen Ämter in der SPD aus Kritik am rot-grünen Regierungskurs von Gerhard Schröder nieder. Im Jahr 2005 wechselte Oskar Lafontaine von der SPD zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG). Diese ging durch seine Initiative im Juni 2005 ein Wahlbündnis mit der PDS ein. Von 2005 bis 2009 war Lafontaine mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. Vom 16. Juni 2007 bis zum 15. Mai 2010 war er neben Lothar Bisky Parteivorsitzender der neugebildeten Partei DIE LINKE. Sein Rückzug von beiden politischen Ämtern erfolgte aufgrund einer Krebserkrankung. In den saarländischen Landtagswahlkämpfen 2009 und 2012 war er Spitzenkandidat der LINKEN. Seit September 2009 führt er die Fraktion der Linken im saarländischen Landtag. Von Juli 2010 bis Juli 2014 war er zudem Vorsitzender der Internationalen Kommission der Partei DIE LINKE.

3 Wer ist der Angreifer?


Im Zeitalter der Verkürzung der Flugzeiten, der Steigerung der Treffgenauigkeit, der Computersteuerung der atomaren Einsätze und der drohenden Umstellung auf «launch-on-warning» (automatischer Abschuß der eigenen Raketen auf das Alarmsignal der Frühwarnsysteme) ist eine fundamentale Veränderung eingetreten. Wenn es zum atomaren Krieg kommt, kann nicht mehr festgestellt werden, wer der Angreifer und wer der Sich-Verteidigende war. Wenn technisches und menschliches Versagen – wie die Wissenschaftler in aller Welt warnen – den Atomkrieg auslösen können; wenn die Vorwarnzeiten im Minutenbereich liegen und wenn Computer die Antwort geben müssen, dann hat die Technik die traditionellen Denkkategorien von Verteidigung und Angriff gegenstandslos gemacht. Der technische Apparat, der in den jeweiligen Bündnissystemen aufgebaut ist, ist so, daß niemand mehr garantieren kann, daß nicht das eigene Verteidigungsbündnis den Atomkrieg durch technisches und menschliches Versagen auslöst.

Es ist eine alte verteidigungspolitische Konzeption, sich zu Staatengemeinschaften zusammenzuschließen, um das eigene Territorium und das der Partner gegen Angriffe zu schützen. Das setzt aber voraus, daß man Zeit hat zu überprüfen, ob einer der Bündnispartner angegriffen wurde oder ob er selber zum Aggressor geworden war. Nur dann kann man entscheiden, ob man dem Angegriffenen entsprechend der Bündnisverpflichtungen beisteht.

Diese Zeit steht nicht mehr zur Verfügung. Der technische Apparat ist so aufgebaut, erst recht, wenn die Pershing 2 installiert ist, daß man nicht mehr feststellen kann, wer angegriffen hat und wer sich verteidigen wollte. Dies gilt im übrigen auch, wenn eine Seite sich entschließt, den ersten Schlag zu führen. Die Frage, was denn passieren würde, wenn einer der am Verteidigungsbündnis beteiligten Staaten zum militärischen Aggressor würde, war – in Feindbildern befangen – ohnehin nicht diskutiert worden. Da die Welt in Gut und Böse unterschieden wurde, kam niemand auf die Idee, daß einer aus dem Lager der «Guten» einmal ausbrechen könnte und zum Aggressor würde.

Diese Frage hatte man sich insbesondere nicht im Hinblick auf die im jeweiligen Bündnis dominierende Weltmacht gestellt. Der Republikaner Mark O. Hatfield, einer der Senatoren, die die Freeze-Resolution im Senat eingebracht haben, hat in einem Brief an seine Wähler das Szenario des Weltuntergangs durch einen Fehler des Frühwarnsystems dargestellt. Er schreibt:

Wir befinden uns am Ende der achtziger Jahre. Wegen der anhaltenden Scharmützel feindseliger Staaten um den Persischen Golf herum sind die Spannungen groß; seit Wochen werden Schmähungen ausgetauscht. Eine militärische Auseinandersetzung ist so gut wie sicher. Schließlich führt die Verlegung amerikanischer und sowjetischer konventioneller Streitkräfte in die Nähe des Spannungsgebietes beide Nationen dazu, die erste Alarmstufe für Kernwaffeneinsatz auszurufen.

Plötzlich, eines Nachts, zeigt das sowjetische Frühwarnsystem einen Großangriff von aus den Ozeanen aufsteigenden Trident-Raketen an. Fast im gleichen Augenblick verzeichnen sowjetische Satelliten die Hitzestrahlung der Simultanstarts von Hunderten von MX- und Minuteman-3-Raketen auf den Prärien in den USA. Der Angriff erscheint ebenso umfassend wie unerwartet. Mehr als 5000 ungewöhnlich genaue Gefechtsköpfe, so glaubt man, bewegen sich mit phantastischer Geschwindigkeit auf sowjetische militärische Einrichtungen zu, auf Steuer- und Leitzentralen, Raketenbunker, U-Boote und Bomber.

Die sowjetischen Computer benötigen kostbare Augenblicke, um das Ausmaß und die Richtung des Angriffes zu ermitteln. Weitere Zeit verstreicht, bis die kleine Gruppe sowjetischer Führungspersönlichkeiten aus den Betten geholt ist, die die Befugnis haben, Kernwaffen freizugeben. Die Sowjetführung wird über die verhängnisvollen Schlußfolgerungen ihrer Fachleute informiert.

Sie hören, daß die Trident-Sprengsätze, die vor knapp zehn Minuten gestartet wurden, innerhalb fünf Minuten den Großteil der sowjetischen Raketenstreitmacht in Schutt und Asche legen werden. Die gesamte Bomberwaffe werde zusammen mit den Flugstützpunkten durch Wasserstoffbomben auf und über den Basen zerstört werden. Nur Augenblicke später würde die zweite Welle von MX- und Minuteman-Köpfen die verbleibenden Siloanlagen sowie die übrigen U-Boote in ihren Liegeplätzen auslöschen. Die wenigen sowjetischen U-Boote auf hoher See befänden sich, so die Berichte, seit ihrem Auslaufen unter Beobachtung amerkanischer U-Boot-Bekämpfungseinheiten. Einige würden auf der Stelle zerstört. Sollten die anderen auftauchen, um Anweisungen für Vergeltungsschläge entgegenzunehmen, würden viele kaum überleben. Welcher Bruchteil von Raketen auch immer das alles überstehen würde – sie würden während ihres Fluges von amerikanischen Systemen im Weltraum oder in den USA ausgeschaltet werden.

Frenetische Bemühungen, Einzelheiten des Angriffes bestätigt zu bekommen, führten zu widersprüchlichen Hinweisen. Obwohl ein neuer Lagebericht in wenigen Minuten verfügbar sein würde, muß eine Entscheidung fallen, bevor die amerikanische Salve im Ziel niederkommt. Jedes weitere Zögern könnte die vollständige Vernichtung des strategischen Potentials der Sowjetunion bedeuten. Das würde für hundert Jahre zu einer Vorherrschaft des Westens führen. Die sowjetische Führung entschließt sich, einen vollen Gegenangriff zu unternehmen und ihre Raketen gegen militärische Ziele in den USA aufsteigen zu lassen.

Nur Augenblicke später erhält die Sowjetführung die korrekte Information über den Angriff – aufgrund enormer Überlastung haben die sowjetischen Computer fehlagiert, der Angriff hatte wirklich gar nicht stattgefunden. In der Folge wurde jedoch ein realer Holocaust ausgelöst. Die Raketen konnten nicht zurückgerufen werden. Unvermeidbar erfolgen als Antwort die Schläge der USA auf die Sowjetunion, schnell und mit ungeheurer Zerstörungskraft.

Wenn man weiß, daß in 20 Monaten die amerikanischen Einsatzcomputer 147mal aufgrund technischer Pannen einen Angriff gemeldet haben, dann ist dieses Szenario keine Zukunftsvision. Jeden Tag kann eine Weltmacht den Atomkrieg auslösen, weil das Frühwarnsystem versagt. Die sowjetischen Computer sind nicht zuverlässiger als die amerikanischen. Über die Fehler der sowjetischen Frühwarnsysteme ist uns nichts bekannt. Am 9. November 1979 führte ein Programmierfehler von US-Computern zu der Meldung, daß die Sowjetunion mit ihren auf U-Booten stationierten Raketen das amerikanische Festland angreifen würde. Nach amerikanischen Angaben brauchte man sechs Minuten, um herauszufinden, daß es sich um einen Schaltfehler im Computer handelte; erst dann konnte die Maschinerie des atomaren Gegenschlags, die bereits angelaufen war, gestoppt werden.

In vielen Diskussionen und Veranstaltungen habe ich die Frage gestellt, was die sowjetischen Techniker bei einem solchen Fehlalarm tun sollen. Sie wissen, daß in sechs Minuten die ersten Pershing-Raketen ihr Ziel erreichen. Eine Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Der Sowjetunion bleibt nur die Möglichkeit, ihre Systeme auf «launch-on-warning» umzustellen. Ein oft gebrauchtes Gegenargument ist, daß auch die SS-20 in enorm kurzer Zeit ihre europäischen Ziele erreicht. Das ist richtig. Aber die Kurzstreckenraketen des Warschauer Pakts erreichen schon lange in noch kürzerer Zeit diese Ziele.

Der Unterschied ist der, daß man im amerikanischen Einsatzzentrum abwarten kann, ob die Meldung, daß SS-20 auf Europa anfliegen, ein Fehlalarm ist. Die Sowjetunion dagegen kann nicht warten, ob die Meldung, daß eine Pershing 2 auf Moskau im Anflug ist, richtig ist.

Schon die Begrenzung der Genfer Verhandlungen auf eurostrategische Systeme ist ein methodischer Unfug. Wenn zwei Weltmächte miteinander konkurrieren und miteinander rivalisieren, können sinnvolle Vereinbarungen nur global getroffen werden. Global müßte vereinbart werden, daß keine Weltmacht gegenüber dem Territorium der anderen Weltmacht nukleare Trägerwaffen in Stellung bringt, die keine Zeit zur Fehlerkorrektur einräumen.

Die beiden Weltmächte haben die Gefahr des Ausbrechens eines Atomkriegs durch das Versagen eines technischen Apparates gesehen. Sie haben eine Reihe von Abkommen geschlossen, die das Risiko eines ungewollten Atomkriegs verhindern sollten. 1963 richteten sie eine direkte Fernmeldeverbindung zwischen Washington und Moskau in Form einer Fernschreibleitung ein. 1971 wurde die bestehende Landverbindung durch eine Verbindung über Fernmeldesatellit ergänzt. Ein Abkommen über die Verhütung eines ungewollten Atomkriegs, das 1971 unterzeichnet wurde, verpflichtet beide Seiten, die ungewollte oder nicht befohlene Anwendung von Kernwaffen zu verhindern. Sie versicherten, die andere Seite vor einem geplanten Raketenstart zu informieren, wenn die Rakete über das abfeuernde Land hinaus in Richtung auf das andere Land fliegt, und einander sofort zu informieren, falls ein nicht vorhersehbarer Unfall eingetreten wäre, der einen Atomkrieg auslösen könnte. Darüber hinaus enthielt Artikel XVI des Salt-II-Abkommens eine Bestimmung über die Vorankündigung aller Mehrfachstarts von ICBM (Interkontinentalraketen) – wenn mehr als eine ICBM in der Luft ist – oder eines einzelnen geplanten ICBM-Starts, der über das nationale Territorium der notifizierenden Seite hinaus führen soll, ungeachtet der Richtung.

Die Verkürzung der Vorwarnzeiten,...

Erscheint lt. Verlag 18.12.2018
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Geisteswissenschaften Geschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Atomwaffen • Entspannungspolitik • Europa • Friedenssicherung • Gewaltandrohung • Rivalität • Sicherheit • Vertrauen
ISBN-10 3-688-11721-2 / 3688117212
ISBN-13 978-3-688-11721-5 / 9783688117215
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