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Das geheime Leben der Kühe (eBook)

Mit einem Vorwort von Alan Bennett

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018
176 Seiten
btb Verlag
978-3-641-22231-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das geheime Leben der Kühe - Rosamund Young
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Wie fühlt es sich an, eine Kuh zu sein? Ziemlich ähnlich wie ein Mensch. Davon ist Rosamund Young, britische Ökobäuerin der ersten Stunde, überzeugt: Kühe haben Gefühle und gehen persönliche Beziehungen ein. Sie sprechen miteinander, geben ihre Weisheit weiter, kümmern sich um den Nachwuchs, spielen Verstecken, sind beleidigt, verärgert, traurig oder aufgekratzt. Young, die auf ihrer Farm Kite's Nest in den Cotswolds im Herzen Englands seit vielen Jahren biologische Landwirtschaft betreibt, hat zu ihren Kühen ein ganz besonderes Verhältnis. »Ich bin keine Schriftstellerin, ich bin Ghostwriter für meine Kühe«, sagt sie. Youngs ebenso warmherziges wie charmantes Plädoyer für einen Umgang mit den Tieren auf Augenhöhe verändert unseren Blick und lässt uns staunen. »Niemand, der dieses Buch gelesen hat, wird Kühe so sehen wie zuvor.« The Guardian


  • »Das Tierbuch des Jahres 2018.« Literaturspiegel
  • »Dieses Buch wird Ihren Blick auf die Welt verändern.« Alan Bennett
  • Sunday-Times-Bestseller, Times Book of the Year
  • Die bejubelte Wiederentdeckung eines Klassikers: über 100.000 verkaufte Exemplare allein in England.
  • Heiß umkämpfter Titel: In über 25 Länder verkauft!
  • Wunderschön gestaltet mit zahlreichen ganzseitigen Illustrationen.
  • »Warmherzig, bewegend und absolut lesenswert.« Lydia Davis
  • »Ein perfektes Buch voller überraschender Erkenntnisse.« Sunday Telegraph


Rosmund Young ist eine britische Biobäuerin der ersten Stunde. Gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem Lebensgefährten betreibt sie die Farm Kite's Nest in den Cotswolds.

Einleitung

Kühe und Kälber beim Spielen zu beobachten, wie sie einander das Fell lecken und sich gegenseitig helfen, gewinnt eine völlig neue Dimension, wenn man weiß, dass die Beteiligten Geschwister sind, Cousins und Cousinen, Freunde und Freundinnen – oder auch eingeschworene Feinde. Wer Tiere als Individuen kennt, wird feststellen, wie oft ältere Brüder jüngeren gegenüber gutherzig sind, wie Schwestern sich suchen oder aus dem Weg gehen und welche Familien abends zum Schlafen zusammenkommen und welche nicht.

Kühe sind so unterschiedlich wie Menschen. Sie können höchst intelligent sein oder auch schwer von Begriff. Freundlich, umsichtig, aggressiv, gelehrig, erfindungsreich, langweilig, stolz oder schüchtern. Ist eine Herde groß genug, finden sich all diese Eigenschaften, und wir halten seit langen Jahren unverbrüchlich daran fest, unsere Tiere als Individuen zu behandeln.

Meine Mutter und mein Vater wurden 1953 selbstständige Landwirte. Damals war mein Bruder Richard fast drei und ich zwölf Jahre alt. Meine Eltern fingen mit fünf Kühen und einem alten Traktor an, ohne Strom und ohne Telefon.

Nach und nach bauten sie eine Herde reinrassiger Ayrshires auf und hielten Wessex-Saddleback-Schweine. Es gab unzählige Kaninchen auf dem Land, was jeden Ackerbau unmöglich machte.

Finanzielle Hilfen gab in jenen Tagen nur für eine Intensivierung der Landwirtschaft. Die Regierung übte starken Druck auf die Bauern aus, sich sämtlicher moderner Hilfsmittel zu bedienen. Vom Gefühl her wollten meine Eltern Bio-Bauern sein, auch wenn es den Begriff noch gar nicht gab. Ihre Ablehnung der offiziellen Linie wurde immer deutlicher. Von Beginn an waren beide absolut entschlossen, ihren Tieren ein würdevolles, angenehmes Leben zu gewähren.

In einigen meiner ersten Erinnerungen erzählen meine Eltern, Vater wie Mutter, »Geschichten« mit Kühen, Schweinen, Hühnern und Wildvögeln, und ich hoffe, hier fortzusetzen, was sie einmal als mündliche Erzähltradition begonnen haben.

Kühe sind individuelle Charaktere, genau wie Schafe, Schweine, Hühner und, wie ich zu behaupten wage, alle anderen Kreaturen auf diesem Planeten, ganz gleich, wie wenig beachtet, unerforscht oder unbesungen sie auch sein mögen. Sicher würde kaum jemand in Frage stellen, dass dies auch für Katzen, Hunde und Pferde gilt. Wann immer es so war und ist, dass wir eines unserer Tiere wie ein Haustier behandeln, vielleicht weil es krank ist, verletzt wurde oder einen Verlust erlitten hat, beweist es große Intelligenz und eine enorme Fähigkeit, Gefühle zu zeigen und sich an ungewöhnliche Umstände anzupassen. Vielleicht läuft es am Ende allein auf die Zeit hinaus, die man mit einem, gleich welchem, Tier verbringt. Und vielleicht trifft das auch auf die Menschen zu.

Jeder, der selbst ein oder mehrere Tiere hat, sieht sie fraglos als Individuen und wird mit großem Verständnis auch über kleinere Unterschiede und Eigenheiten ihres Wesens sprechen. Nutztiere werden für gewöhnlich in größeren Gruppen gehalten, was jedoch nicht bedeutet, dass sie keine Individuen wären. Sie unterscheiden sich genauso, und auch ihre Intelligenz variiert.

Kein Lehrer würde von den Schülern einer Klasse je erwarten oder sich wünschen, dass sie völlig identisch sind. Niemand würde eine Gesellschaft wollen, in der sich alle gleich kleiden und die gleichen Hobbys haben. Bloß, weil wir nicht klug genug sind oder nicht genau genug hinsehen, um die Unterschiede zwischen einzelnen Ameisen, Schmetterlingen, Goldammern oder Kühen zu erkennen, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass sie nicht existieren.

Tiere wie Menschen können den Eindruck von Identitätslosigkeit erwecken (gleichsam reif für die Anstalt), wenn sie gezwungen sind, unter unnatürlichen Bedingungen zu leben: zusammengepfercht, ereignislos, reglementiert. Tun sie das und wirken sie so, ist das noch längst kein Beweis dafür, dass sie keine Individualität besitzen oder nicht als Individuum behandelt werden wollen.

Viele Leute beurteilen die unterschiedliche Intelligenz der verschiedenen Arten nach unseren, nach menschlichen Kriterien. Doch welche Relevanz haben sie für andere Arten? Wir müssen annehmen, dass jedes Tier uneingeschränkt zu einem Spektrum von Emotionen fähig ist, die sich nur nach ihren eigenen Kriterien beurteilen lassen. Wenn die Intelligenz einer Kuh ausreicht, sie als Kuh zu einem Erfolg zu machen, was mehr kann man sich wünschen?

Wenn ein junges Kalb versucht, Heu zu fressen, dabei wieder und wieder von größeren, stärkeren Artgenossen weggedrängt wird und sich schließlich unter das Kinn seiner Mutter drückt, damit es in Ruhe gelassen wird, scheint mir das ein nützliches Beispiel angewandter Intelligenz. Was wäre erreicht, wenn demselben Kalb beigebracht wird, eine Tür zu öffnen, indem es mit der Nase auf einen Knopf drückt? Nichts.

Mein Leben mit Kühen hat mich erstaunliche Beispiele logischer, praktischer Intelligenz und in einigen Fällen reiner Dummheit beobachten lassen, nicht anders als bei uns Menschen. Kühe kümmern sich um ihr alltägliches Überleben und lösen Probleme, wenn sie mit ihnen konfrontiert sind. Mitunter schaffen sie es auch nicht. Der Punkt ist, dass wir ihnen die Möglichkeit geben sollten, als Tier Erfolg zu haben, nicht als unzulänglicher Diener des Menschen.

Die These, die ich einmal in der Zeitschrift Star and Furrow gelesen habe, dass sich die Größe eines Kuhgehirns um etwa dreißig Prozent reduziert, wenn man den Tieren über einige Generationen die Möglichkeit nimmt, sich frei zu bewegen, fügt sich auf interessante Weise in unsere eigenen Beobachtungen ein. In den 1970er Jahren stellten meine Eltern fest, dass die Stirnpartien ihrer Kühe breiter wurden, dass sie intelligenter wirkten und sich tatsächlich auch so verhielten. Etwa zehn, fünfzehn Jahr später, und rein zufällig, besuchte uns ein Wissenschaftler, der für einen der größten Zoos des Landes arbeitete. Er beschäftigte sich ausnahmslos – und hatte es vor dem ersten offiziell anerkannten BSE-Fall bereits zwanzig Jahre lang getan – mit der Untersuchung und insbesondere der Vermessung von Schädeln toter Tiere. Während dieser Zeit hatte er ein unablässiges Schrumpfen der Hirngrößen dokumentiert und war zu dem Schluss gekommen, dass diese Entwicklung einzig und allein auf das grauenhafte und wahrscheinlich BSE-infizierte Futter zurückzuführen war, das den Tieren vorgesetzt wurde. Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Einkerkerung der Tiere ebenso viel, wenn nicht mehr, Schuld daran zu geben ist.

Auch die Fleischqualität wird vom Futter und der den Tieren gewährten Freiheit beeinflusst. Das Fleisch von Tieren, die sich auf natürliche Weise ernähren, hat einen höheren Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren und enthält weniger Fett im Verhältnis zum Eiweiß als das Fleisch in Massentierhaltung gezüchteter Tiere.

Niemand würde von einem Kind erwarten, dass es sich normal entwickelt, wenn es unter beengten, unfreundlichen Bedingungen aufwächst, ohne Eltern und Geschwister, mit stark eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten und täglich gleichem Essen. Viele Bauern ebenso wie die Ministerien und Behörden, die sie informieren, scheinen jedoch genau das zu tun.

Seit vielen Jahren beobachten wir, dass Kühe, wenn sie die Möglichkeit und die Zeit haben, sich zwischen verschiedenen Alternativen zu entscheiden – zum Beispiel draußen zu bleiben oder nach drinnen zu kommen, auf Gras, Stroh oder Beton zu stehen, dieses oder jenes zu fressen –, genau das wählen, was am besten für sie ist. Aber längst nicht alle wählen das Gleiche.

Ein Huhn liebt es, herumzulaufen und alles zu erkunden, was sich bewegt, in der Sonne die Flügel auszubreiten, sich das Gefieder zu putzen und im Sand zu baden. Es darf nicht in einen kleinen Käfig oder übervolle Ställe gesperrt werden. Die Feststellung, dass »frei laufende« Hühner nicht von sich aus nach draußen gehen, auch wenn die Stalltüren offen gelassen werden, sagt wenig aus. Denn dabei ist von Hühnern die Rede, die um ihres schnellen Wachstums willen so unnatürlich gefüttert werden, dass ihr Knochengerüst ihr Körpergewicht nicht zu tragen vermag. Wenn sie nicht den Stall verlassen, liegt das daran, dass sie durch die Art ihrer Aufzucht und Haltung körperlich gar nicht in der Lage sind, sich normal zu verhalten.

Die fortwährende Misshandlung von Nutztieren ist das Ergebnis gezielter Propaganda und des gedankenlosen Weiterführens von Gewohnheiten und Traditionen und lässt sich in keiner Weise rechtfertigen. Das routinemäßige Kupieren von Schwänzen und Abschleifen oder Abkneifen von Zähnen bei Ferkeln, das Schnabelkürzen bei Geflügel und Schwanzkupieren bei Schafen ist nicht zu verteidigen.

Wenn sich Schweine und Hühner gegenseitig beißen, tun sie das, weil sie unglücklich sind, und wenn Lämmer schmutzige Schwänze haben, werden sie nicht richtig gefüttert. Ich habe das Elend von Maden befallener Schafe selbst miterlebt, die Lösung kann jedoch nicht darin liegen, ihnen den Schwanz abzuschneiden.

Tiere glücklich zu machen und ihnen zu erlauben, ihre natürlichen Verhaltensinstinkte auszuleben, ist nicht nur moralisch und ethisch geboten, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Glückliche Tiere wachsen schneller.

Vergleichen wir sie mit Kindern. Unter Stress stehende Kinder essen und schlafen weniger als glückliche und entspannte. Unglückliche Kinder entwickeln tatsächliche und eingebildete Beschwerden und Probleme wie Kopfschmerzen, Ausschläge sowie Unter- oder Übergewicht. Jedweder Stress kann reduziert oder beseitigt werden, indem man die bestehenden Lebensbedingungen...

Erscheint lt. Verlag 13.8.2018
Übersetzer Werner Löcher-Lawrence
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The secret life of cows
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Technik
Schlagworte Bäuerin • Charakter Tiere • eBooks • Empathie Tiere • Gefühle Tiere • Landleben • Mensch und Tier • ökologische Landwirtschaft • Weihnachtsgeschenk
ISBN-10 3-641-22231-1 / 3641222311
ISBN-13 978-3-641-22231-4 / 9783641222314
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