Wie man einen verdammt guten Trainingsplan erstellt (eBook)
384 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-2386-3 (ISBN)
Alexander Pürzel ist EM-Goldmedaillengewinner im Kraftdreikampf und Sportwissenschaftler. Er forscht an der Universität Wien im Bereich Bewegungswissenschaft und Biomechanik. Der Antrieb seiner athletischen und wissenschaftlichen Fragestellungen ist, die Menschheit unfassbar stark zu machen. Diese Leidenschaft und das Wissen aus dem grenzenlosen Kosmos des Krafttrainings teilt er in seinen Büchern, Seminaren und Vorträgen - gespickt mit einer humorvollen Note des Wahnsinns. Die Vermittlung von Wissen über die menschliche Kraft ist in all seinen Tätigkeitsfeldern ausschlaggebend. Seine jahrzehntelange Erfahrung als Coach, Athlet und Vortragender macht ihn zu einem prägenden Kopf mit Bizeps im Bereich des Krafttrainings.
Alexander Pürzel ist EM-Goldmedaillengewinner im Kraftdreikampf und Sportwissenschaftler. Er forscht an der Universität Wien im Bereich Bewegungswissenschaft und Biomechanik. Der Antrieb seiner athletischen und wissenschaftlichen Fragestellungen ist, die Menschheit unfassbar stark zu machen. Diese Leidenschaft und das Wissen aus dem grenzenlosen Kosmos des Krafttrainings teilt er in seinen Büchern, Seminaren und Vorträgen – gespickt mit einer humorvollen Note des Wahnsinns. Die Vermittlung von Wissen über die menschliche Kraft ist in all seinen Tätigkeitsfeldern ausschlaggebend. Seine jahrzehntelange Erfahrung als Coach, Athlet und Vortragender macht ihn zu einem prägenden Kopf mit Bizeps im Bereich des Krafttrainings.
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Die Periodisierung oder die Basis des Planens
Die Ressourcentheorie – das Fundament der maximalen Leistungsfähigkeit
Ich glaube (so sollte ein Wissenschaftler eigentlich keinen Satz beginnen), dass in kaum einer Zeit mehr über Ressourcen gesprochen wurde als in der heutigen. Wir begegnen diesem Begriff überall: sei es in den vollkommen überfälligen, viel zu spät begonnenen und zu träge ablaufenden Diskussionen über die katastrophalen Auswirkungen menschlichen Tuns auf die langfristigen Klimaentwicklungen oder im Versuch, Menschen Möglichkeiten zu präsentieren, wie sie ihren oft viel zu fordernden Alltag geistig und körperlich in den Griff bekommen, ohne sich ständig am Rande des Burn-outs zu bewegen. Was mich sehr überrascht, ist, dass in Bezug auf die langfristige Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit das Wort »Ressource« in kaum einer Betrachtung vorkommt. Und doch ist es auf diesem Gebiet am eindrucksvollsten und direktesten fühlbar, wenn die Ressourcen nicht ausreichen, um eine gewisse (sportliche) Rolle im Leben spielen zu können.
Die Maximalkraft ist – entgegen allgemeiner Ansicht – eigentlich keine konditionelle Grundfähigkeit. Sie bildet sich erst aus zahlreichen notwendigen, ihr zugrunde liegenden Bausteinen. Die schiere Menge an Informationen über ebendiese Bausteine, die es zu entwickeln gilt, würde uns in der Trainingsplanung vor ein massives Problem stellen – wäre da nicht die Periodisierung. Mit diesem mächtigen Werkzeug schaffen Sie es, alle entscheidenden Einflussfaktoren für die Kraftfähigkeit strukturell sinnvoll, aufeinander aufbauend und sich selbst verstärkend in einen Plan zu integrieren. Gemeinsam lernen wir, wie wir es benutzen.
Das Prinzip der Spezifität: Spezifisch ist aber nicht gleich spezifisch
Körperliche Leistungen – ob diese nun im Spitzensport erfolgen oder in anderen Lebensbereichen – profitieren am meisten davon, wenn sie nach strikten und immer gleich ablaufenden Mustern trainiert oder durchgeführt werden. Allgemeinhin kennen wir die theoretische Grundlage dieser Vorgangsweise als das »Prinzip der Spezifität«.
»Spezifität ist ein grundlegendes Prinzip des Trainings, das für die Sicherung optimaler Anpassung und Leistungsverbesserung unerlässlich ist. Aus physiologischer Sicht muss ein Trainingsprogramm jene Systeme belasten, die an der Ausführung einer bestimmten Aktivität beteiligt sind, um spezifische Trainingsanpassungen zu erzielen. Um die physiologischen Systeme, die mit der Leistung in optimaler Weise verbunden sind, zu belasten, sollten drei Komponenten der Spezifität berücksichtigt werden: das energetische System, die verwendeten Muskelgruppen [in ihrer jeweiligen Arbeitsform] und die sportlich-technische Fertigkeit.«4 Daher würde das Prinzip der Spezifität Folgendes nahelegen: Je genauer die Anforderungen im Training die energetischen Systeme, verwendeten Muskelgruppen und sportlich-technischen Fertigkeiten den Sport widerspiegeln, desto eher verbessert sich die sportliche Leistungsfähigkeit. Umgekehrt gilt: Je unähnlicher die Komponenten eines Trainingsprogramms für eine gegebene sportliche Aufgabe sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich die Leistung in dieser Aufgabe verbessert.
Wenn Sie also in etwas herausragend werden wollen, müssen Sie laut dem Prinzip der Spezifität exakt dieses Etwas trainieren – sowohl unter den vollkommen gleichen dynamischen als auch physiologischen Bedingungen. Wollen Sie Ihre Maximalkraft bei einer Wiederholung in der Kniebeuge erhöhen, trainieren Sie genau das: immer eine Kniebeuge, immer exakt eine Wiederholung, immer mit maximaler Last, immer mit maximaler Anstrengung, immer unter Wettkampfbedingungen. Obwohl es zuerst logisch klingt, auch in manchen Case Studies an Wettkampfathleten untersucht wurde und sicherlich zumindest in einer Vorwettkampfphase in leichten Abwandlungen der »Go-to-Point« von beinahe allen Coaches ist und sein muss, sollten wir dieses Thema etwas differenzierter diskutieren.5 Denn spezifisch ist nicht gleich spezifisch.
Was die wissenschaftliche Welt, aber auch die meisten Coaches als spezifisch betrachten, würde ich gern von nun an mit dem Begriff »tätigkeitsspezifisch« ersetzen. Tätigkeitsspezifisches Training bedeutet also, genau die Tätigkeit zu trainieren, in der jemand gut sein will. Das wäre für einen Kraftdreikampf das wettkampfnahe Exerzieren von Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben. Man versteht darunter also die beschriebene Definition des Prinzips der Spezifität.
Dem neu besetzten Ausdruck »spezifisch« müssen wir etwas aufgeschlossener gegenübertreten als dem sehr eng gefassten »tätigkeitsspezifisch«. Um ihn im Bereich des Krafttrainings richtig zu deuten, brauchen wir die Kompetenz, die der Maximalkraft zugrunde liegenden Fähigkeiten zu erfassen. Genau diese werden wir in den nächsten Seiten aufs Genaueste behandeln. Damit wir nun aber den Unterschied zwischen »spezifisch« und »tätigkeitsspezifisch« verstehen, möchte ich einige Informationen vorwegnehmen. Allgemein gesprochen sind auf lange Sicht neben dem tätigkeitsspezifischen Training der eigentlichen Übungen zwei wesentliche Faktoren an der Maximalkraftleistung beteiligt. Zum einen ist dies die Unversehrtheit aller beteiligten Strukturen. Zum anderen ist es die quantitative Ausprägung der Muskelmasse. Ihr Organismus wird nur dann die genetisch höchstmögliche Leistung vollbringen können, wenn er gesund ist. Jede Verletzung, ja sogar eine etwaige Vorstufe davon führt zu einer teilweisen nervalen Hemmung von an der Bewegung beteiligten Muskeln. Ihr Körper will Sie einfach vor einer noch schlimmeren Verletzung schützen. Man kann es ihm nicht verübeln.
Nehmen wir also an, Sie hatten eine kleine und auf Dauer nicht einschränkende Verletzung Ihres linken Kniegelenks. Ihr Ziel ist die Maximierung Ihrer Kniebeugeleistung. Nun haben durch die Verletzung allerdings die Kraft und Muskelmasse Ihres Quadrizeps des linken Beins massiv gelitten. Es ist nicht nur Ihr Ansinnen, den linken Quadrizeps wieder auf das alte Niveau und darüber hinaus zu bringen, sondern auch jeder zukünftigen weiteren Verletzung vorzubeugen. Nun frage ich Sie: Obwohl die Verletzung bereits ausgeheilt ist, denken Sie, dass das tätigkeitsspezifische Training der Kniebeuge die erste Wahl in Ihrem Training sein sollte? Meinen Sie, dass Sie mit Kniebeugen nahe Ihren 100 Prozent der Maximalkraft das Ziel erreichen werden, Ihren linken Quadrizeps an Ihren rechten angleichen zu können und gleichzeitig optimale Verletzungsprophylaxe zu betreiben? Richtig. Die Antwort kann nur »Nein« lauten. In dieser Phase Ihres Trainings wäre es weit wichtiger, sich gezielt auf den muskulären Aufbau Ihres Quadrizeps zu fokussieren und diesen mit möglichst kontrollierten und wenig komplexen Bewegungen wieder auf Vordermann zu bringen. Hier muss man vom »Prinzip der (Tätigkeits-)Spezifität« abweichen und jene notwendigen Übungen trainieren, die in genau dieser momentanen Phase das Wichtigste – also individuell Spezifischste – sind.
Um das Ziel von Muskelaufbau zu erreichen, brauchen wir andere Belastungsvariablen, eventuell andere Übungen und andere Zugänge als für das Ziel Maximalkraft. In Ihrer aktuellen Situation ist vielleicht die Leg Extension oder die Leg Press in einem leicht höheren Wiederholungszahlbereich gewinnbringender als eine Maximalkraftkniebeuge – obwohl beide Übungen und die Wiederholungszahlbereiche kaum als tätigkeitsspezifisch zu kategorisieren sind. Zwar wären auch wenige und schwere Wiederholungen in der Wettkampfübung nahe der Maximalkraft dazu geeignet, Muskelmasse aufzubauen, allerdings weit weniger effizient.6,7 An Wettkampf ist unmittelbar somit nicht zu denken. An individuelle Spezifik sehr wohl. Und das individuell Spezifischste sind zu diesem Zeitpunkt des Trainingsplans Muskelaufbau und Verletzungsprophylaxe. Das wird Ihnen erlauben, in der Zukunft wieder an Maximalkraftkniebeugen zu denken und an Wettkämpfen teilzunehmen.
Individuell spezifisch ist also all das, was Ihnen aktuell am ehesten hilft, auf lange Sicht das meiste aus sich herauszuholen. Es bildet Ihre Ressourcen, die notwendig sind, um längere Phasen der »Tätigkeitsspezifik« ohne Verletzung durchzustehen. »Individuell spezifisch« bedeutet für jedes Individuum in jeder Trainingsphase etwas anderes, auch wenn deren ultimative Zielsetzung die gleiche ist. Für eine möglichst hohe maximale Kniebeugeleistung ist für den einen die Muskelmasse seines Quadrizeps das Wichtigste, da dieser das schwächste Glied in der Kette ist. Für die andere ist es die Verstärkung ihrer passiven Strukturen der Lendenwirbelsäule, da sie vielleicht an einer Bandscheibenproblematik laboriert hat und diese ihre Kniebeugeleistung limitierte. Natürlich müssen beide Individuen wieder tätigkeitsspezifische Bewegungen in ihr Training integrieren und diese umso mehr favorisieren, je näher sie einem Wettkampf kommen. Doch in einer Phase, in der es vor allem um die Vorbereitung geht, gilt es für beide, ihre Ressourcen zu erhöhen, und zwar durch individuell spezifisches und nicht unbedingt durch rein tätigkeitsspezifisches Training. Für eine dritte Person kann der individuell spezifischste Inhalt wiederum das eigentliche Training der Kniebeuge mit maximalen Lasten sein, da sie ausreichend Muskelmasse und gesunde und belastbare Strukturen mitbringt. Hier wären »individuell spezifisch« und »tätigkeitsspezifisch« deckungsgleich.
Sie können sich sicher bereits denken, dass es hier sinnvoll sein kann, das Training in Zyklen einzuteilen – also zyklisiert zu arbeiten. Dadurch lassen sich die für die jeweilige...
Erscheint lt. Verlag | 18.8.2024 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Fitness / Aerobic / Bodybuilding |
Schlagworte | Bankdrücken • Bauchmuskeln • Bewegung • Bizeps • Bodybuilding • Fitness • Gewichte • Hypertrophie • kniebeuge • Langhantel • Muskelaufbau • Muskeln • Powerlifting • Proteine • Squat • trainieren • Übungen • Wettkampf |
ISBN-10 | 3-7453-2386-6 / 3745323866 |
ISBN-13 | 978-3-7453-2386-3 / 9783745323863 |
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Größe: 46,2 MB
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