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Trauma und Beziehungen (eBook)

Spiegel-Bestseller
Wie wir die immergleichen Bindungsmuster hinter uns lassen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
272 Seiten
Arkana (Verlag)
978-3-641-30629-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Trauma und Beziehungen - Verena König
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Wie frühe Prägungen unsere Beziehungen bestimmen
Frühe Bindungserfahrungen und emotionale Verletzungen aus der Kindheit hinterlassen Spuren in unserem Nervensystem, die sich ein Leben lang auswirken können: wiederkehrende Konflikte, Gefühle tiefer Einsamkeit und Selbstentfremdung. Was vielen nicht bewusst ist: Gerade Beziehungsprobleme wie Bindungsängste oder der Hang zu toxischen Partnerschaften sind häufig Folgen dieser Traumata.

Die renommierte Traumatherapeutin Verena König erklärt anhand der Erkenntnisse der Psychotraumatologie und der Polyvagaltheorie, wie Traumata entstehen und wie wir sie erkennen können. Mit klaren Worten, zahlreichen Fallbeispielen aus der Praxis und Anleitungen zur Selbstbegegnung ist dieses Buch ein Begleiter in einem tiefen und entlastenden Erkenntnisprozess.

Selbstreflexion, (Selbst-) Mitgefühl und tiefes Verständnis führen zu einer elementaren Klarheit:

Die größte Heilkraft für frühe Wunden liegt in unseren Beziehungen. Mit diesen Erkenntnissen und Werkzeugen können wir uns auf den Weg in ein Leben frei von den Schatten der Vergangenheit begeben und erfüllende Beziehungen gestalten - sei es die Verbundenheit zu unserem Körper, unseren Mitmenschen, dem Planeten Erde oder auch zu unseren Symptomen und unserer Vergangenheit.

Verena König ist Traumatherapeutin, Seminarleiterin und Autorin des Bestsellers »Bin ich traumatisiert?«. In ihrem erfolgreichen Podcast »Kreative Transformation« spricht sie wöchentlich wissenschaftlich fundiert und nahbar über Trauma und seine Folgen, das Nervensystem und Heilung. Sie bildet in ihrer selbstentwickelten Methode Neurosystemische Integration® für traumasensibles Coaching aus und bietet fundierte Online-Kurse zur Selbstentwicklung an. Die Autorin lebt und arbeitet im Odenwald.

VON DER HEILSAMEN KRAFT, GESEHEN ZU WERDEN

Menschen beginnen in dem Moment zu heilen, in dem sie sich gesehen fühlen.

»Er sieht mich einfach nicht.«

Als Bella diesen Satz ausspricht, füllen sich ihre Augen mit Tränen und die wütende Entrüstung, mit der sie zuvor über ihren Partner geklagt hat, wird von ihnen verschluckt. Bella sackt in sich zusammen, ihre Schultern fallen nach vorne, sie verbirgt das Gesicht in den Händen. Keine Spur ist mehr von der aufgebrachten, energisch gestikulierenden Frau zu sehen.

Stattdessen wird etwas erkennbar, was hinter all der Wut, Genervtheit und Verzweiflung steht: ein tiefer, fast unaushaltbarer Schmerz – der Schmerz, nicht gesehen zu werden.

Es gibt kaum etwas Heilsameres als das Gefühl, verstanden und gesehen zu werden. Es ermöglicht uns, echte Verbundenheit und Zugehörigkeit zu erleben. Wenn wir uns gesehen fühlen, fühlen wir uns sicher. Wenn uns jemand wirklich wahrnimmt, fühlen wir uns in seiner Gegenwart geborgen und können Mut schöpfen und Zuversicht fassen, um über eine Wunde oder uns selbst hinauszuwachsen. In dem Augenblick, in dem wir spüren, dass ein Gegenüber uns im eigenen Inneren willkommen heißt, können uralte, selbst über Generationen fortdauernde Verwundungen beginnen zu heilen. Die Würde eines Menschen oder eines ganzen Volkes wird wiederhergestellt, wenn Schmerz, Leid und Unrecht offiziell und aufrichtig anerkannt werden. Das Gefühl eines Opfers, allein und verloren zu sein, kann enden, wenn ein mitfühlender Mensch, der Ähnliches kennt, den Schmerz des Unaussprechlichen mit einem warmen Blick bezeugt.

Zu den heilsamsten Sätzen, die wir einander sagen können, gehören vermutlich diese: Ich sehe dich. Ich glaube dir. Du bist nicht allein.

Verdrängung als Überlebensstrategie

Sich nicht verstanden und gesehen zu fühlen, führt hingegen dazu, dass wir uns einsam, nicht zugehörig oder sogar wertlos fühlen. Solche Empfindungen können zum Schicksal werden und ein ganzes Leben bestimmen. Dann steuern sie unterbewusst unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen. Und das nicht etwa, weil sie uns immerzu quälend bewusst sind, sondern viel eher, weil sie unterdrückt und verdrängt werden. Sie sind so schwer zu ertragen, dass unser Inneres versucht, uns vor dem Schmerz, der in ihnen gebunden ist, zu schützen. Diese unbewusste Schutzstrategie hat auf Dauer einen hohen Preis. Denn was wir aus dem Bewusstsein drängen, verliert mitnichten an Bedeutung, sondern wirkt im Inneren wie im Außen fort, was vielerlei Konsequenzen hat:

  • Was wir verdrängen, können wir nicht verarbeiten. Was nicht verarbeitet ist, behindert die persönliche Entwicklung und schmälert die Chance, aus den gemachten Erfahrungen zu lernen, an ihnen zu wachsen und sie nicht an andere weiterzugeben.
  • Wir vermeiden nicht nur das, was wir ausblenden, sondern sämtliche Aspekte des Lebens, die damit verknüpft sind. So meidet etwa eine frühtraumatisierte Person, sich sportlich zu betätigen, weil der Anstieg der Herzfrequenz in ihrer inneren, unterbewussten Wahrnehmung (Interozeption) die Erinnerung an lange zurückliegende angstvolle Zustände des Kontrollverlustes wachruft. Dieses Meideverhalten geschieht nicht bewusst. Daher verstehen viele Menschen sich selbst nicht. Sie fühlen sich unzulänglich, denn es wäre doch gesund und vernünftig, Sport zu treiben, aber »irgendetwas« ist stärker als Vernunft und Wille und hält sie immer wieder davon ab.
  • Was nicht verarbeitet und integriert ist, wird projiziert. Die Psychodynamik der Projektion zeichnet sich dadurch aus, dass wir Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse, die wir bei uns selbst ablehnen, auf eine andere Person oder ein Objekt übertragen, um uns im eigenen Inneren davon zu distanzieren. Dieser Abwehrmechanismus führt häufig zu der Tendenz, impulsiv, unreflektiert und ungerecht zu urteilen. So neigt jemand, der mit seinen Bedürfnissen in der Kindheit alleingelassen wurde, möglicherweise dazu, einen hilfsbedürftigen Menschen als weinerlich und übersensibel abzuwerten. Vermutlich gründen viele Ressentiments in eigenen, unintegrierten Verletzungen, die wir nach außen übertragen, um den Druck im Inneren zu mindern.
  • Unverarbeitete Traumata werden häufig weitergegeben. Die Begriffe »intergenerationelles« und »transgenerationelles Trauma« umschreiben genau diese Tatsache. Was ausgeblendet statt verarbeitet wird, findet oft mehr oder weniger offensichtlich in innerfamiliären oder kollektiven Kontexten seinen Ausdruck. Ein klassisches Beispiel ist ein traumatisierter Elternteil, dessen Trauma das Erziehungsverhalten und die emotionale Verfügbarkeit beeinflusst, was wiederum Auswirkungen auf die Kinder hat. Oder aber die Atmosphäre der Angst, in der Generationen von Kindern mit dunkler Hautfarbe in einer von Rassismus infiltrierten Gesellschaft Tag für Tag leben.
  • Schmerzliche Gefühle abzuschneiden, bedeutet auch, sich von der eigenen, fühlenden Natur abzuschneiden. Es ist nicht möglich, einzelne Gefühle selektiv zu isolieren. Wenn wir Gefühle dauerhaft unterdrücken, hat das zur Folge, dass unsere emotionale Schwingungsfähigkeit leidet. Es fällt uns dann schwerer, uns mit anderen zu freuen, uns in den Schmerz eines anderen einzufühlen oder uns den eigenen Emotionen zuzuwenden und uns selbst Trost zu spenden. Diese Strategie geht augenscheinlich zulasten der Lebenselixiere Nähe und Verbundenheit. Es scheint eine Gleichung zu gelten: In dem Maße, in dem Gefühle verdrängt werden, schwinden Toleranz und Empathie. Je mehr ein einzelner Mensch oder ein Kollektiv verdrängt, desto mehr herrschen emotionale Kälte und Empathiemangel.
  • Je höher der innere Druck wird, desto stärker müssen die Kompensationsstrategien sein. Mit Verdrängung allein ist es nicht getan. Was nicht verarbeitet ist, ist triggerbar. Das bedeutet, dass Aspekte dessen, was wir aus dem Bewusstsein verbannen, durch Reize aus dem Außen oder Inneren aktiviert werden können. So kann etwa durch einen Streit (Trigger), eine tiefe Angst vor dem Verlassenwerden ausgelöst werden. Diese (vermutlich alte) Angst muss nun irgendwie ausgehalten werden, oder noch besser, so schnell wie möglich weg. Wenn wir nicht gelernt haben, mit intensiven Gefühlen umzugehen, haben wir stattdessen gelernt, sie zu kompensieren. Kompensation ist eine kreative Anpassungsleistung, die vielfältige Strategien hervorbringt, die wiederum häufig viel Kraft kosten. Es ist sehr anstrengend, beispielsweise die Angst vor dem Verlassenwerden Tag für Tag zu kompensieren, indem wir eigene Bedürfnisse zurückstellen und uns für andere aufopfern. (Später werden wir verschiedene Kompensationsstrategien genauer beleuchten.)

Kompensation als Überlebensstrategie führt über kurz oder lang zur Dekompensation

Viele meiner Klientinnen und Klienten kamen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben erschöpft und in großer Not zu mir in die Praxis: als die Kraft nicht mehr ausreichte, um sowohl Verdrängungsmechanismen als auch Kompensationsstrategien aufrechtzuerhalten, und alles über sie hereinbrach. Während die Herausforderungen im Außen weiter stiegen, hatten sie keine Chance, mit ihnen zu wachsen, da die »altbewährte« Strategie des Verdrängens verhindert hatte, dass sie adäquate Werkzeuge finden und innere Stabilität bilden konnten. Manchmal genügt dann ein scheinbar kleines Ereignis und die Belastungsgrenze ist erreicht. Dann brechen die inneren Dämme. Der Druck wird einfach zu groß. All das, was durch Kompensation und Verdrängung in Schach gehalten wurde, strömt nun ins Bewusstsein. Die Kompensation gelingt nicht mehr, die alte Strategie versagt.

Der Moment der Dekompensation stellt häufig eine große Krise dar. Nicht selten werden Menschen in einer Dekompensation retraumatisiert, weil all die alten Empfindungen ungefiltert das Hier und Jetzt überfluten. In diesem Kontext fällt häufig der Begriff »late onset pTSD«, der besagt, dass eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung auch viele Jahre nach den auslösenden Ereignissen auftreten kann. Es ist also keine dauerhafte oder verlässliche Lösung, mit Kompensationsstrategien das eigene Innere zu kontrollieren. Kompensationsstrategien sind sehr hilfreich, um für eine begrenzte Zeit trotz großer Belastung eine gewisse Stabilität zu erreichen. Diese Stabilität hat aber ihre Grenzen. Wahre Stabilität und wirkliche Resilienz erreichen wir dadurch, dass wir unsere verdrängten Gefühle und Empfindungen integrieren und uns mehr und mehr auf uns selbst und andere verlassen können, statt uns selbst immer wieder zu verlassen.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet, kann eine Dekompensation auch einen Wendepunkt darstellen, der viel Gutes mit sich bringt. Denn das Ende der Kompensation ist oftmals der Beginn der Integration und damit nicht selten der Anfang eines neuen Lebensabschnitts voller heilsamer Momente.

BASISWISSEN: INTEGRATION ALS SCHLÜSSEL

In der traumatherapeutischen und traumasensiblen Arbeit ist Integration ein Schlüsselfaktor. Traumafolgen ergeben sich durch die fehlende Verarbeitung, also Integration des Geschehenen. Da infolgedessen Verdrängung, Dissoziation und Kompensation eine große Rolle spielen, geht es niemals darum, Verhaltensmuster, Eigenschaften oder Symptome »loszuwerden«, weil dies die Verarbeitung weiter erschweren oder sogar verhindern würde....

Erscheint lt. Verlag 25.9.2024
Illustrationen Verena Mayer-Kolbinger
Zusatzinfo mit 12 s/w-Illustrationen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte 2024 • Achtsamkeit • Ängste • Bessel van der Kolk • Bindung • Bindungsangst • bin ich traumatisiert • Booktok • booktokgermany • Das Kind in dir muss Heimat finden • Durchsetzungsvermögen • eBooks • Einsamkeit • Frühkindliche Prägung • Gabor Maté • Gesundheit • Lebensführung • Lebenshilfe • Motivation • Neuerscheinung • nicole lepera • Peter Levine • Positives Denken • Ratgeber • Selbstentfremdung • Selbstregulation • Selbstwert • Selbstwertgefühl • Stefanie Stahl • Stress-Abbau • Stressbewältigung • TikTokBooks • Transformation • transgenerationale Traumatisierung • Trauma heilen • Übungen
ISBN-10 3-641-30629-9 / 3641306299
ISBN-13 978-3-641-30629-8 / 9783641306298
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