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O'zapft is! (eBook)

Eine Wiesn-Bedienung erzählt: Skurrile Geschichten und Überlebenstipps für die 5. Münchner Jahreszeit
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31929-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

O'zapft is! -  Margarete Prijak
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Aus dem Tagebuch einer Wiesn-Bedienung
Margarete Prijak ist eine Institution der Augustiner Festhalle und kennt das Oktoberfest wie ihre Dirndltasche: Seit 1987 konnten sie bisher nur ein Kniebruch, die Geburt ihres Sohnes und zwei Jahre Pandemie von ihrer Arbeit als Wiesn-Bedienung abhalten. Ihre Erlebnisse auf der Theresienwiese passen kaum in einen Abend und auch nur gerade so zwischen zwei Buchdeckel.

'O'zapft is!' ist ein erzählerisches Panorama des größten Volksfests der Welt, es versammelt lustige Anekdoten, skurrile Fakten, unverzichtbare Insider-Tipps, Trachtenkunde, Bayrisch-Lektionen für Preißn, Wiesn-Hitlisten, Selbsttests und vieles mehr.

Da ist der Geschäftsmann, der Maggy jedes Jahr bereits vor dem Anstich 2000 Euro auf ihr Privatkonto überweist, damit er im Rausch der Sinne nicht seine Existenz verliert. Da ist die Fundgrube, die empirisch auswertet, was alles verloren wurde und Statistiken über verlorene Toupets oder Gebisse führt. Da sind die personalisierten Holzglubberl mit den kultigen Aufschriften, die Wildbisler und der Kotzhügel, die Noargerl-Maß-Zamschütter, und da ist das Drama des Wiesn-Attentats 1980, das dem Feiern die Unschuld nahm.

Margarete Prijak liefert das allererste Buch einer waschechten Wiesnbedienung und den Survival-Guide für die 5. Münchner Jahreszeit!

Margarete »Maggy« Prijak arbeitet seit 1987 auf dem Münchner Oktoberfest. Seit ihrem 16. Lebensjahr konnten sie bisher nur ein Kniebruch und die Geburt ihres Sohnes sowie zwei Jahre Pandemie von der Theresienwiese fernhalten. Maggy trat damit in die Fußstapfen ihrer Tante und ihrer Mutter, die wie viele weitere Mitglieder ihrer Familie feste Größen in der Augustiner-Festhalle sind. Die Wiesn ist Maggys Wohnzimmer, zwischen den Bierbänken hat sie gelacht, geweint und unzählige verrückte, lustige und berührende Geschichten erlebt.

Kapitel 1

Die Wiesn-DNA

Die Wiesn – eine Liebeserklärung

Während andere Leute in ihrem Urlaub in die Berge oder ans Meer wollen, mal so richtig chillen, Wellness machen, kurz: sich erholen …

… sich nicht gerade drum reißen, schon früh am Morgen mit dem Wasserschieber kraftvoll die Patina aus Bier und diversen Körperflüssigkeiten von Tischen abzuziehen …

… und generell lieber einen Bogen machen um irrlichternde Massen, um Wildpinkler, Kotzende und Hendlhutträger –

… gibt es diejenigen, die laut »Ich!« rufen und sich förmlich drum reißen, den halben Jahresurlaub gegen Arbeit einzutauschen und binnen 16 Tagen mit den Kolleginnen und Kollegen geschätzte sieben Millionen Maß durch die Mengen zu hieven.

Natürlich arbeiten manche vor allem wegen des Zuverdienstes auf dem Oktoberfest. Die in den Medien gern erwähnten zehn- bis 15 000 Euro plus habe ich persönlich noch nie gesehen, und ganz ehrlich: Darum geht’s mir auch nicht. Wie die meisten von uns sitze ich das Jahr über ganz normal im Büro, mit dem kleinen Zusatz im Vertrag, dass ich ganz dringend immer zur Wiesn-Zeit Urlaub brauche.

Für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als Jahr für Jahr wieder dabei zu sein. Warum?

Weil es mordsmäßig Spaß macht.

Weil ich nirgends sonst einfach so sein kann, wie ich bin: direkt, ungefiltert, auch mal laut und durchaus frech.

Weil ich Seiten an mir entdecke, die sonst brav den Schlaf des Gerechten schlafen würden.

Weil ich mich so frei fühle auf der Wiesn und mich in dieses unvergleichliche Chaos stürzen kann, das so gar nichts mit dem des Alltags gemein hat.

Weil ich Jahr für Jahr Menschen wiedersehe, die mir ans Herz gewachsen sind.

Weil die Wiesn für mich nicht bloß die fünfte Jahreszeit ist, sondern eben die Zeit mit meiner Wiesn-Familie, die untrennbar zu mir gehört: Verwandte und auch Freunde, die ich auf der Wiesn kennengelernt habe und die ich im Leben nicht missen möchte.

Ursachenforschung

Lange Zeit hat man vom Wiesn-Virus gesprochen, so im Stil von: »Mei, gehst scho wieda auf d’Wiesn heit, warst doch scho gestern da und vorgestern a, da hat dich wohl das Wiesn-Virus dawischt.«

Aber seit Corona, als ein Virus gleich zwei Wiesn ausgeknockt hat, mögen wir das Wort gar nicht mehr. Und überhaupt, Wiesn-Virus, das sind ja eher die Infekte, die da grassieren und sich aufgrund extremer räumlicher Nähe rasend schnell ausbreiten. Nein, ein Virus, das überwindet man in der Regel wieder, das lässt man hinter sich, man baut sogar Abwehrkräfte dagegen auf. Ganz anders mit der Wiesn. Das reicht weit tiefer, bis in die einzelnen Zellen, ach, was sag ich, bis ins Erbgut hinein. 

Ja, es gibt sie tatsächlich, die Wiesn-DNA. Vielleicht existieren noch keine wissenschaftlichen Studien dazu. Aber unter unseren Stammgästen sind auch Ärzte, die würden das mit der DNA gewiss bestätigen, so nach der dritten bis siebten Maß.

Wie anders sollte man sich auch sonst erklären, dass man derart besessen ist? 16 Tage harte körperliche Arbeit von neun bis 23 Uhr, an den Wochenenden noch länger, das muss man erst mal stemmen. Apropos stemmen, da war doch noch was. Ach ja, der volle Maßkrug mit seinen rund 2,3 Kilo.

Die Wiesn-DNA befähigt einen nicht bloß, sich gleich zehn bis 14 Maß auf einmal zu schnappen und das mit einem breiten Grinsen durchzustehen – sie sorgt auch dafür, dass man alles tut, um im nächsten Jahr wieder mit dabei zu sein. Im Grunde lässt sie einem gar keine Wahl, sie zwingt einen förmlich dazu, sein Leben nach der Wiesn auszurichten. Und das betrifft nicht nur uns Bedienungen, sondern auch so manche Wiesn-Besucher. Was erzählte mir mal einer meiner Gäste?

»Stell dir vor«, sagte er, die Hand fest um den Henkel seiner Maß gelegt. »Mein Neffe, der wollt heiraten. Am ersten Wiesn-Samstag!« Noch immer fassungslos schüttelte er den Kopf. »Ganz ehrlich? ›Des geht ned, des kannst ned machan‹, hab ich ihm gesagt. ›Des geht wirklich ned. Klar kannst heiraten, du kannst machen, was d’ wuist. Aber i bin da ned dabei, des sag i da glei. Des is der erste Wiesn-Samstag, da geh i naus. Da kimm i definitiv ned zu deina Hochzeit. Da kannst machen, was d’ wuist, aber da bin i ned dabei.‹«

Das Ende vom Lied? Der Neffe hat’s eingesehen und die Hochzeit um drei Wochen nach hinten verschoben.

Klarer Fall von Wiesn-DNA.

Unsere Gäste – das Herz der Wiesn

Unsere Gäste – ich liebe sie. Es gibt doch kaum etwas Schöneres, als sie zu beobachten.

Von Anfang an hat mich fasziniert, wie unterschiedlich die Menschen sind, die auf der Wiesn aufschlagen. Da sind die, die alleine kommen, bei einer kühlen Maß Zeitung lesen und einfach ihre Ruhe haben wollen. Dann gibt es diejenigen, die Kontakt suchen, offen auf ihre Banknachbarn zugehen, mit Händen und Füßen mögliche Sprachbarrieren überwinden und sich einfach eine gute Zeit machen. Es gibt die Nachdenklichen, die Philosophen, die Grantler. Und natürlich die Wortreichen, die einem pausenlos was erzählen wollen. Letztere unterteilen sich in die, deren Geschichten man gerne hört, auch zum zweiten oder dritten Mal, und solche, die einem lauter Zeugs erzählen, das man lieber nicht hören würde. Dann gibt es die Horden – Menschengruppen, die nur in Massen einfallen. Nicht zu vergessen die Schönheitsköniginnen, irgendwo zwischen 16 und 96, das lange blondierte Haar offen und an den Füßen mörderische High Heels, mit denen sie regelmäßig im Kies des Biergartens hängen bleiben, das sieht dann weniger elegant aus. Logischerweise gibt es auch die Touristen, und zwar in Massen. Die Promis, aber die lassen wir ja außen vor. Dann die Urmünchner, die schon als kleine Knöpfe mit Mama und Papa auf der Wiesn waren und seither jedes Jahr wiederkommen. Fehlen dürfen auch nicht die Heidis und Seppls, wie sie intern genannt werden, weil sie sich in ihren China-Billigtrachten wie die Helden und ganz authentisch bayerisch fühlen. Und natürlich die echten Trachtler, die in schweren Damastdirndln und feinstem Loden daherkommen.

Alle haben sie eins gemeinsam – die Nervensägen nehmen wir jetzt mal raus: Sie wollen Spaß haben, Erinnerungen schaffen, an Erinnerungen anknüpfen. Einige sind sporadische Oktoberfest-Gänger, lassen auch mal ein Jahr oder gar mehrere aus – eine Spezies, deren Lebensweise sich mir nicht wirklich erschließt.

Viele aber kommen Jahr für Jahr, da ist die Wiesn eine feste Größe in der Jahresplanung. Auch sie müssen ein paar ordentliche Wiesn-DNA-Schnipsel in ihren Zellen haben. Da werden schon Monate vorher Urlaube beantragt, da wird Wiesn-Geld gespart, Tische werden reserviert, Familien-, ja, Lebensevents wie Verlobungen, Hochzeiten, Flitterwochen nach dem Wiesn-Kalender gelegt. Manche heiraten gleich ganz auf der Wiesn und mieten eine Box für ihre Gäste. Das ist dann auch praktisch mit dem Hochzeitstag, den vergisst man nicht so leicht.

Auf der letzten Wiesn kletterte doch tatsächlich einer unserer Gäste, Mitte 20, Brasilianer, von der Bank auf den Tisch. Meine Nichte, ebenfalls Wiesn-DNA-Trägerin, wollte ihn dort runterholen – Tanzen auf den Tischen ist eher was fürs Zelt, im Biergarten draußen sehen wir das nicht so gern. Allein schon der Sturz hinab! Inmitten der Massen fällt man weich, bei uns blitzt harter, gekiester Boden durch.

Jedenfalls sagte mir mein Instinkt, noch abzuwarten und ihn mal machen zu lassen. Und tatsächlich: Nachdem er es geschafft hatte, mitten auf dem Tisch auf die Knie zu gehen, wandte er sich an seine Begleitung, eine etwa gleichaltrige Französin, und machte ihr einen Heiratsantrag. Das übliche Gegröle ringsum wich gespannter Stille, und zur Freude aller Anwesenden sagte sie Ja – oder vielmehr: »Oui!«

Das hob die Stimmung bei uns im Biergarten gleich noch mehr. Die Leute stießen unter großem Hallo mit dem Pärchen an, gratulierten, ließen sie hochleben.

Die beiden waren so was von verliebt. Sie waren sich irgendwo auf der Welt bei Work & Travel begegnet und dann zusammen weitergereist. München und das Oktoberfest sollten die letzte Station ihrer Reise werden – und der Schritt in ein neues Leben.

Das hatte schon seine ganz eigene Romantik, das Teilen eines besonderen Events im Leben mit lauter Fremden, die im nächsten Augenblick zu Freunden wurden.

All diese Momente summieren sich, wenn man Jahr für Jahr auf der Wiesn arbeitet. DNA hin oder her – da ist es doch gar keine Frage, dass man wiederkommen will.

In den über 30 Jahren, die ich dabei bin, habe ich nur zweimal gefehlt. Das eine Mal war mein Sohn gerade zwei Monate alt. Alles war organisiert: Mein Mann hatte sich Urlaub genommen, die Milch war abgepumpt, Kontakte für den Notfall akquiriert und säuberlich aufgelistet. Doch eines Abends kurz vor der Wiesn saß ich da, schaute mir den Zwerg an und heulte bittere Tränen. Da war mir klar: Ich schaff’s nicht, ihn zwei Wochen lang nur nachts zu sehen. Also sagte ich...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Schlagworte 2024 • Achterbahn • bayerisch • Bayern • Bedienung • Berufsmemoir • Bier • Biergarten • Bierkrug • Bierzelt • blumenkranz • Charivari • Dirndl • Dirndlschürze • eBooks • Festzelt • Geschenk Bruder • Geschenkbuch • Geschenk Partner • Geschenk Vater • Kellnerin • Lederhosen • Maßkrug • maßkrugband • maßkrugmarkierer • München • Neuerscheinung • Oktoberfest • Rainer Schießler • Souvenir • Strumpfband • Teufelsrad • Tracht • Trachtenhut • Traditionen • Volksfest • wiesn • Wiesnbummel • wiesn-glück
ISBN-10 3-641-31929-3 / 3641319293
ISBN-13 978-3-641-31929-8 / 9783641319298
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