Neurogenes Zittern (eBook)
160 Seiten
Trias (Verlag)
978-3-432-11858-1 (ISBN)
<p><strong>Dr. Hildegard Nibel</strong> hat sich in ihrem Studium in Tübingen auf Psychophysiologie, Arbeits- und Organisationspsychologie konzentriert und an der ETH Zürich über arbeitsbedingte Erkrankungen geforscht. Seither arbeitet sie in verschiedenen Funktionen in der beruflichen Wiedereingliederung, von der Eignungsdiagnostik über Fehlzeitenanalysen bis hin zur Einzelbegleitung Betroffener. Auf ihrem Blog schreibt sie über Stress und Resilienz in der Arbeitswelt: <a href="https://www.hrriskmanagement.ch">www.hrriskmanagement.ch</a></p> <p> </p> <p><strong>Kathrin Fischer</strong>, lic. Phil., war ursprünglich Journalistin, bevor sie vor über 20 Jahren den therapeutischen Weg einschlug. Sie bietet körperzentrierte Therapie und achtsame Prozessbegleitung rund um die Themen Stressreduktion, Schmerzen, Burnout und Trauma an. Sie leitet Entspannungs- und TRE-Kurse in Zürich und sagt 'TRE® ist die beste Selbsthilfe bei Stress und Ängsten, die ich kenne.' Mehr unter: neurogenes-zittern.ch
Dr. Hildegard Nibel hat sich in ihrem Studium in Tübingen auf Psychophysiologie, Arbeits- und Organisationspsychologie konzentriert und an der ETH Zürich über arbeitsbedingte Erkrankungen geforscht. Seither arbeitet sie in verschiedenen Funktionen in der beruflichen Wiedereingliederung, von der Eignungsdiagnostik über Fehlzeitenanalysen bis hin zur Einzelbegleitung Betroffener. Auf ihrem Blog schreibt sie über Stress und Resilienz in der Arbeitswelt: www.hrriskmanagement.ch
Kathrin Fischer, lic. Phil., war ursprünglich Journalistin, bevor sie vor über 20 Jahren den therapeutischen Weg einschlug. Sie bietet körperzentrierte Therapie und achtsame Prozessbegleitung rund um die Themen Stressreduktion, Schmerzen, Burnout und Trauma an. Sie leitet Entspannungs- und TRE-Kurse in Zürich und sagt „TRE® ist die beste Selbsthilfe bei Stress und Ängsten, die ich kenne.“ Mehr unter: neurogenes-zittern.ch
Das neurogene Zittern
Das spontan entstehende, unwillkürliche Zittern unseres Körpers löst Erstarrung im Gewebe und hilft dabei, Stress- und Traumafolgen sowie chronische Anspannung zu senken.
Wie im vorigen Kapitel dargelegt, können Stressverarbeitungsstörungen und entsprechendes Krankheitsgeschehen nicht nur auf der körperlichen Ebene betrachtet werden. Der Mensch ist ein körperlich-seelisches Wesen, das in eine öko-soziale Lebenswelt eingebettet ist. Es war George Engel, der 1977 das sogenannte ▶ biopsychosoziale Modell von Krankheit und Gesundheit entwickelte.
Bei Stressverarbeitungsstörungen hat der Organismus auf der biologischen, psychischen und sozialen Ebene seine Fähigkeit zur Lebensbewältigung eingebüßt. Die Beschwerden können sich sowohl auf der körperlichen als auch der psychologischen und sozialen Ebene zeigen: Bluthochdruck, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Sprach- und Gedächtnisstörungen und schlechtere soziale Beziehungen. Bei einer solchen Betrachtungsweise geht es weniger darum, die Ursachen für das entstandene Problem zu finden. Sondern mehr darum, die wechselseitigen Beeinflussungen und Abhängigkeiten der Ebenen für gesundheitsförderliche Entwicklungen zu nutzen.
Die Übungen, um die es in diesem Buch geht und die Sie nun näher kennenlernen, stellen genau so eine Methode dar, die gesundheitsfördernd wirkt, ganz unabhängig davon, wie es zu chronischem Stress oder einer Stressverarbeitungsstörung bei Ihnen gekommen ist. Die Methode nennt sich »Tension and Trauma Release Exercises«, also »Anspannung und Trauma lösende Übungen« und wird mit TRE abgekürzt.
TRE besteht aus sieben aufeinander aufbauenden Körperübungen. Sie haben die Kraft, das Körpererleben unmittelbar zu verändern. Deshalb geht es in diesem Kapitel – entgegen seinem Titel – nicht nur um das neurogene Zittern. Es ist der gesamte Ablauf der sieben Körper- und Bewegungsübungen, der Homöostase fördert und Selbstheilung anregt. Ein lebendiger Körper zeigt seine Lebendigkeit in Bewegung. Und umgekehrt wirkt die Bewegung auf den Körper zurück und macht ihn lebendig. Nimmt die Bewegung ab, ist das oft ein Zeichen dafür, dass sich das Befinden verschlechtert. Umgekehrt zeigt eine wachsende Beweglichkeit, Flexibilität und Körperkoordination beim Üben, dass Sie Fortschritte machen.
Auch wenn heute viele Geheimnisse des Körpers gut erforscht sind – über das Zittern weiß man noch nicht viel. Spontan halten die meisten Menschen Zittern für etwas eher Schlechtes. Für ein Zeichen von Schwäche, einen Hinweis auf eine schwere seelische oder körperliche Erkrankung. In den meisten Fällen ist Zittern jedoch eine gesunde und gesunderhaltende Reaktion des Körpers, zum Beispiel nach einer großen Anspannung. Das Zittern hilft Ihnen dann, die Anspannung zu lösen, wenn die Gefahr vorüber ist, und wieder in einen entspannten Zustand zurückzufinden. Doch bevor wir zum gesunden und TRE-Zittern kommen, beschreiben wir, welche Arten des krankhaften Zitterns es gibt.
Zittern kann auf eine seelische Störung oder körperliche Erkrankung hinweisen, z. B. Schüttelfrost mit Fieber bei schweren Infektionen; nach einem Schlaganfall, bei Morbus Parkinson, Chorea Huntington oder beim Entzug psychoaktiver Substanzen. Überall da kann Zittern auftreten. Zähneklappern und Zittern kann ein Zeichen von Angst sein oder einfach nur, dass jemandem kalt ist. Auch bei Aufregung, nach einer großen Anstrengung, z. B. nach einer Geburt, beim Aufwachen nach einer Narkose oder nach schlimmen Erlebnissen kann man Zittern bei den Betroffenen beobachten. Erstarrung kann sich nach einer existenziellen Bedrohung durch Zittern wieder lösen.
In der Medizin werden verschiedene meist schwere Erkrankungen beschrieben, bei denen auffälliges Zittern zu den Leitsymptomen gehören kann. Beispielsweise der sogenannte Intentionstremor bei der Parkinson-Erkrankung. Dieser Tremor ist mit 2–3 Schlägen pro Sekunde besonders stark, wenn ein Erkrankter eine Bewegung plant. Je näher das angestrebte Ziel, umso schwächer wird das Zittern. Typisch für die Erkrankung kann auch ein Ruhetremor sein, also das Zittern in Ruhe. Wenn die Arme locker im Schoß liegen, ist das Zittern stark. Sobald hingegen die Hand bewegt wird, wird das Zittern schwächer.
Genau umgekehrt verhält es sich mit dem Zittern, wenn das Kleinhirn erkrankt: Der Tremor ist am Anfang einer Bewegung schwach und wird immer stärker, je mehr sich jemand dem Bewegungsziel nähert.
Noch ungeklärt ist die Ursache des essenziellen Tremors, eines Haltetremors, der mit einer Frequenz von 5–10 Schlägen/Sekunde beidseitig auftritt. Am häufigsten erkranken Menschen um das 40. Lebensjahr.
Als krankhafte Formen des Zitterns gelten
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bei einer fortgeschrittenen Alkoholerkrankung das Delirium tremens
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der symptomatische Tremor, der bei degenerativen Gehirnerkrankungen wie Morbus Parkinson oder Chorea Huntington durch eine Hirnschädigung entsteht
Es gibt aber auch viele Formen des Zitterns aufgrund von besonderen seelischen Befindlichkeiten oder von Mangelzuständen im Körper, die meist schnell wieder verschwinden, wenn der Mangel behoben wurde. Unterschieden wird
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das Kältezittern, normal = überlebensnotwendig, wenn die Körpertemperatur unter 35°C sinkt
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der gesteigerte physiologische Tremor – beim aufrechtem Stehen bei Unterzuckerung, Unterfunktion der Schilddrüse, Vitamin-B12-Mangel
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Schüttelfrost, bei Infektionen, Sonnenstich, Blutvergiftung (Sepsis)
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Zittern, das durch außergewöhnliche oder besonders intensive Zustände ausgelöst wird wie Angst, Schmerz, Erschöpfung, Stress, Überforderung, Trauma
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durch Substanzen ausgelöstes Zittern (Medikamente wie Neuroleptika, Kaffee, Brom, Lithium usw.)
Die verschiedenen Arten des Zitterns
Bei der medizinischen Beschreibung und Einordnung des Zitterns wird unterschieden nach der
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Frequenz: niederfrequent ≤ 4 Hz; mittelfrequent = 4–7 HZ; hochfrequent = 7–15 Hz
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Amplitude: fein – mittel – grobschlägig
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Lokalisation: Ist das Zittern in einer einzelnen Körperregion = fokal, isoliert, z. B. an einer Hand; asymmetrisch (einseitig) oder symmetrisch (beidseitig) oder generalisiert, das heißt, am ganzen Körper zu beobachten?
Nun zu den vielen Arten des Zitterns, die vollkommen gesund und normal sind. Zittern tritt in verschiedenen Körperpositionen, bei verschiedenen Tätigkeiten und in verschiedenen Muskeln auf und wird wie folgt unterschieden:
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Aktionstremor – nur bei willkürlichen Bewegungen
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Bewegungstremor (nicht zielgerichtet)
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Haltetremor (gegen die Schwerkraft)
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Intentionstremor – vor Beginn einer willkürlichen Bewegung
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isometrischer Tremor
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Zittern der Augenmuskeln (Nystagmus)
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Stimmtremor
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Schreibtremor
▶ Das myofasziale System arbeitet immer, auch wenn wir es im Alltag nicht wahrnehmen. Selbst in Ruhe werden Kalorien verbraucht. Wer mehr Muskeln hat, muss deshalb auch mehr essen. Durch ihre Eigenaktivität erzeugen Muskeln vor allem Wärme. Es ist eine völlig gesunde Reaktion auf Kälte, dass sich die Muskelfasern zusammenziehen und wieder entspannen und so Körperwärme erzeugen.
Die Eigenaktivität der Muskeln des Bewegungsapparates kann als leichtes und nicht wahrnehmbares Zittern beschrieben werden. Das liegt daran, dass unser Körper Bewegungen stärker plant, als eigentlich nötig wäre, und das sogenannte extrapyramidale System, das im Zwischen- und Stammhirn sitzt, diese Aktivierung so weit wie nötig herunterreguliert. So gelingt dann die Bewegung als antagonistisches und komplexes Zusammenspiel zwischen einem Beuge- und einem Strecker-Muskel am Ende zielgenau.
Die Idee, dass Zittern heilsam sei, ist für die meisten Menschen der westlichen Welt eher ungewöhnlich. Ganz anders bei vielen sogenannten Naturvölkern, bei denen Zittern Teil von religiösen oder heilenden Ritualen ist.
Ein Gedicht der Inuit-Schamanin Uvavnuk veranschaulicht dies sehr stimmungsvoll:(56)
Das große Meer hat mich in Bewegung versetzt
lässt mich treiben,
bewegt mich wie Weiden sich im Strom bewegen.
Das Himmelsgewölbe und die Gewalt der Stürme
haben die Seele in mir bewegt,
bis ich weggetragen wurde.
Zitternd vor Freude.«
Die meisten von uns kennen Zittern während oder nach einem außergewöhnlichen Ereignis, z. B. nach einem Unfall oder Beinahe-Unfall. Wenn Sie aus dem Auto ausgestiegen sind oder nach einem Sturz wieder aufstehen und feststellen, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist, geht es los: Ihre Beine werden...
Erscheint lt. Verlag | 10.7.2024 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Krankheiten / Heilverfahren | |
Geisteswissenschaften ► Psychologie | |
Schlagworte | Achtsam • Achtsamkeit • Achtsamkeitsübungen • Anspannung • Autogenes Training • Burnout • Entspannung • Körpertherapie • Körperübung • Körperübungen für die Traumaheilung • MBSR • Muskelverspannung • Neurogen • neurogenes Zittern • Peter Levine • Progressive Muskelentspannung • Schmerz • Schmerztherapie • Selbstfürsorge • Selbsthilfe • Spannungen lösen • Ständige Anspannung im Körper • Stress • Stressabbau • stress abbauen • Stressforschung • Stressreduktion • Trauma • Trauma heilen • Trauma lösen • Trauma Releasing Exercises • trauma therapie • TRE • Verspannung • Verspannungsschmerz • Zittern |
ISBN-10 | 3-432-11858-9 / 3432118589 |
ISBN-13 | 978-3-432-11858-1 / 9783432118581 |
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