Cannabis - Heilkraft der Natur (eBook)
176 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-2427-3 (ISBN)
Dr. rer. med. Christiane Neubaur ist Apothekerin und Vorsitzende des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e. V. In ihrem Podcast »Das VCA Hanfgespräch« führt sie Interviews mit Patient*innen und Ärzt*innen, um auf die therapeutische Wirkung von Cannabis aufmerksam zu machen und über den Einsatz von Cannabis in der Medizin aufzuklären. Dr. med. Thomas Vaterrodt ist seit 1997 leitender Arzt in der Neurologie und Frührehabilitation der SHG-Kliniken Sonnenberg. Der Mitgründer des Deutschen Zentrums für Medizinal-Cannabis verfügt über eine weitreichende Expertise zu medizinischem Cannabis und verhilft damit seit Jahren seinen Patienten zu mehr Lebensqualität.
Dr. rer. med. Christiane Neubaur ist Apothekerin und Vorsitzende des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e. V. In ihrem Podcast »Das VCA Hanfgespräch« führt sie Interviews mit Patient*innen und Ärzt*innen, um auf die therapeutische Wirkung von Cannabis aufmerksam zu machen und über den Einsatz von Cannabis in der Medizin aufzuklären. Dr. med. Thomas Vaterrodt ist seit 1997 leitender Arzt in der Neurologie und Frührehabilitation der SHG-Kliniken Sonnenberg. Der Mitgründer des Deutschen Zentrums für Medizinal-Cannabis verfügt über eine weitreichende Expertise zu medizinischem Cannabis und verhilft damit seit Jahren seinen Patienten zu mehr Lebensqualität.
Kapitel 1
Geschichte des medizinischen Cannabis
Cannabis hat sowohl als Nutzpflanze als auch als Heilpflanze eine lange Geschichte von mehreren Tausend Jahren hinter sich. Erste Aufzeichnungen zur medizinischen Anwendung, aber auch zur alltäglichen Verwendung von Nutzhanf fand man im alten China. Seinen Höhepunkt in der Medizin fand Cannabis im 19. Jahrhundert, bis es Anfang des 20. Jahrhunderts verboten wurde. Erst 2017 wurde in Deutschland das sogenannte »Cannabis als Medizin«-Gesetz verabschiedet, welches seither die therapeutische Anwendung ermöglicht. Die Diskussionen um die Pflanze reißen dennoch nicht ab. Was hat es mit Cannabis auf sich? Was macht es so besonders? Warum ist es teilweise umstritten und wo liegen seine Stärken? Diese und andere Fragen werden hier beantwortet.
Entdeckung einer Nutz- und Heilpflanze
Cannabis ist eine der ersten domestizierten Nutzpflanzen. Sie wurde schon 12 000 v. Chr. genutzt, was Keramikfunde aus Taiwan und Südchina zeigen, die mit Kordeln aus Hanf verziert waren. Hanfähnliche Cannabis-Artefakte aus den Jahren um 7500 v. Chr. wurden ebenfalls in China und in Japan gefunden.1
Schon vor rund 5000 bis 6000 Jahren wurde Hanf als Nutzpflanze in China angebaut. Höchstwahrscheinlich brachten handeltreibende Nomadenvölker die Pflanze in den Westen. Die ältesten Dokumente zur medizinischen Anwendung stammen aus China und Ägypten. Die ursprüngliche Verwendung von Cannabis liegt also nicht in seiner Nutzung als Droge. Stattdessen wurde die Pflanze sowohl in der Medizin als auch als Nutzpflanze eingesetzt. Sie diente als Quelle für Textilien, Nahrungsmittel und Ölsaaten. Heutzutage kehren wir mit dem Medizinalhanf zu den Ursprüngen der medizinischen Nutzung zurück und auch die Verwendung von Nutzhanf wird wiederbelebt.
Die Menschen im alten China haben sich sehr intensiv mit der Pflanze beschäftigt. Sie stellten fest, dass die Hanffaser sehr widerstandsfähig und flexibel ist. Deshalb wurde sie für Seile und Netze genutzt. Zudem erkannten sie schon früh den schmerzstillenden und entzündungshemmenden Effekt. Ein Kräuterbuch, das sich unter anderem mit der medizinischen Anwendung von Cannabis befasste, entstand vor 5000 Jahren zur Zeit des Kaisers Chen Nung.2 Historisch gesehen ist Cannabis also eine der ältesten Medizinalpflanzen. Hildegard von Bingen schrieb 1150 in ihrem Heilmittelbuch Physica über seine heilende Kraft. In diversen Kräuterbüchern taucht Cannabis ab dem 16. Jahrhundert auf. Der Mediziner und Botaniker Leonhart Fuchs beschreibt in seinem berühmten Werk De Historia Stirpium aus dem Jahr 1542 die Kultivierung von Cannabis Sativa und zitiert hier sogar aus den Werken von Plinius, Galen und Dioskurides.
Seit Jahrtausenden wird die Hanfpflanze geschätzt.
Im Jahr 1640 empfahl dann der englische Botaniker und Apotheker John Parkinson in seinem Werk The Botanical Theatre of Plants Cannabis gegen Gelbsucht, Durchfall, Husten, Koliken, Schmerzen, Verbrennungen, Gicht und zur Behandlung von Tumoren. Viele Forscher und Weltreisende berichteten während dieser Zeit von Cannabis und brachten getrocknete Pflanzen aus Indien und dem Mittleren Osten mit.
Im 19. Jahrhundert verbreitete sich das Wissen über Cannabis als Medizin in Europa intensiver. Der im indischen Kalkutta stationierte irische Arzt William B. O’Shaughnessy veröffentlichte im Jahr 1839 eine umfassende Studie über den indischen Hanf.3 Dadurch konnte sich Cannabis Indica in der europäischen Schulmedizin etablieren. So wurde es in England und den USA bei Rheuma, Muskelverspannungen, Krampfanfällen, Gebärmutterkrämpfen, zur Schmerzbehandlung, bei neuralgischen Schmerzen, Ischialgie, Entzündungen, Kniearthrose, Migräne, Gicht, Asthma, Schlaflosigkeit und Depressionen eingesetzt. In Deutschland nutzte man Cannabis als Medizin bei Schlafstörungen, Schmerzen, Appetitlosigkeit, Magenbeschwerden, Erbrechen und Krämpfen. Diese Beispiele zeigen sehr gut die Vielseitigkeit der Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der Medizin.
Die Blütezeit von Medizinalcannabis im 19. Jahrhundert
Die medizinische Anwendung von Cannabis hatte ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert. Es galt beinahe als Allheilmittel. Aufgrund seiner schmerzlindernden, entspannenden, angstlösenden und entkrampfenden Wirkung wurde es bei zahlreichen Krankheiten eingesetzt.
In Europa und den Vereinigten Staaten war Cannabis das am meisten verkaufte Arzneimittel in den Apotheken. Selbst kleine Ortsapotheken boten Cannabisextrakte und -tinkturen an und zwischen den Jahren 1842 und 1900 machten diese die Hälfte aller verkauften Arzneimittel aus. Allein in Europa gab es zwischen den Jahren 1850 und 1950 mehr als 100 unterschiedliche Cannabispräparate. Zudem galt die medizinische Droge als Alternative zum Opium, was zu jener Zeit meist zur Schmerzlinderung und zur Beruhigung eingesetzt wurde. Schon damals hatte man festgestellt, dass Opiumtinkturen zu einer schnellen Abhängigkeit führen.4 Cannabis hatte eine ähnliche schmerzstillende und beruhigende Wirkung wie Opium, ohne die Patientinnen und Patienten in diese schnelle Abhängigkeit zu treiben.
Eingesetzt wurde Cannabis unter anderem gegen folgende Beschwerden:
- Kopfschmerzen und Migräne
- Neuralgien
- Rheuma
- Epilepsie
- Krämpfe
- Husten
- Asthma
- Unruhe und Angstzustände
- Schlafstörungen
Besonders häufig wurden Cannabistinkturen eingesetzt. Erst später kamen Tabletten auf den Markt. Besonders bekannt war der wässrige Cannabisextrakt namens Extractum Cannabis indicae aquosum fluidum der Firma Merck, das gegen die weitverbreitete Tuberkulose und Husten helfen sollte.
Als Schlafmittel nutzte man eine Tinktur aus Cannabisextrakt, Bilsenkrautextrakt, Chloralhydrat und Kaliumbromid. In den USA wurde dieses Mittel unter der Bezeichnung Bromidia verkauft. Auch in Deutschland wurde das Rezept dieser Tinktur in verschiedenen Arzneibüchern aufgeführt.
In Kriegszeiten wurde die Cannabiswirkung genutzt, um das Durchhaltevermögen der Soldaten zu verbessern. So entdeckten beispielsweise die Soldatentruppen von Napoleon auf ihren Feldzügen die entspannende Wirkung, was ihnen dabei half, die Schlachten zu bewältigen. Auch die deutschen Soldaten bedienten sich der Cannabiswirkung, unter anderem im Deutsch-Französischen Krieg im Jahr 1870 beziehungsweise 1871. Mithilfe von Cannabis konnten sie ihren Kampfgeist und ihre Leistungsfähigkeit steigern. Zudem half es ihnen dabei, die schrecklichen Kriegserlebnisse zu verdrängen.
Geschichte des medizinischen Cannabis (freigegeben durch Deutsches Zentrum für Medizinal-Cannabis (DZMC))
Das Verbot der Pflanze
Warum aber wurde Cannabis als Medizin verboten und als gefährliche Droge in eine Ecke gedrängt, in die es eigentlich nicht gehört? Selbst Nutzhanf, der keine psychotrope Wirkung hat, geriet in diese Verbannung. Obwohl die Geschichte gezeigt hatte, dass Cannabis sowohl in der Medizin als auch als Nutzpflanze sinnvoll eingesetzt werden kann, kam es zur Prohibition sowohl von Nutzhanf wie auch von Medizinalcannabis.
Es gab unterschiedliche Gründe, die vor allem wirtschaftlich motiviert waren. Beginnen wir mit dem Nutzhanf. Mit der Industrialisierung wandelte sich alles. Baumwolle und Kunstfasern wurden immer beliebter, weil sie schneller und kostengünstiger hergestellt werden konnten. Für die Papierproduktion wurde aufgrund der hohen Nachfrage bevorzugt Zellstoff aus massenhaft verfügbarem Holz dichter Wälder genutzt. In der Landwirtschaft wurde auf den Feldern lieber Weizen, Roggen und Hafer angebaut statt Hanf.
Im Bereich der Medizin eroberten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche synthetische Arzneimittel den Markt, wie zum Beispiel Aspirin, Barbiturat und Opiate. Die Pharmaindustrie hatte ein großes Interesse daran, ihre synthetisch hergestellten Arzneimittel in der Medizin zu etablieren und die Menschen damit zu versorgen. Durch den Einfluss der pharmazeutischen Industrie kam es zu politischen und gesetzlichen Veränderungen. In den USA wurden Cannabisprodukte 1937 mit hohen Steuern belegt (Marihuana Tax Act 1). Das machte die medizinische Verwendung unrentabel und Cannabis als Medizin verlor immer weiter an Bedeutung.
Hinzu kam, dass im 19. Jahrhundert immer mehr Menschen nach neuartigen Substanzen wie Opium, Kokain und Heroin süchtig wurden. Die Regierungen sahen sich gezwungen, den Umgang mit diesen Drogen zu regulieren. Auf Initiative der USA fand zwischen den Jahren 1911 und 1912 die erste internationale Opiumkonferenz in Den Haag statt. Die Opiumkommission beschloss, den Anbau und Handel von Morphin und Kokain streng zu kontrollieren. 1925 wurde in der zweiten Opiumkonferenz zu Heroin und Kokain auch Cannabis verboten. Erstaunlicherweise fiel nicht nur der Drogenhanf unter dieses Verbot, sondern auch der Nutzhanf, der keine nennenswerten Mengen an THC enthält. Es sind in der Regel unter 0,3 Prozent. Auch in großen Mengen konsumierter Nutzhanf hätte damals wie heute nicht zu einem berauschenden Effekt geführt. Cannabis als Rauschmittel war seinerzeit nur bei einigen Produzenten erhältlich und ist nicht zu vergleichen mit heutigen Züchtungen. Angaben zum THC-Gehalt in dieser Zeit gibt es nicht, da es noch keine genauen Analysemethoden gab, die die THC-Konzentration der Pflanze hätten bestimmen können.
Anti-Cannabis-Kampagne
Der wahre Grund des internationalen...
Erscheint lt. Verlag | 16.6.2024 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Alternative Heilverfahren |
Schlagworte | Alternative Behandlung • Alternative Medizin • Anbau • Arzneimittel • Asthma • Cannabidiol • Dosierung • Droge • Epilepsie • Kopfschmerzen • Krämpfe • Legalisierung • Medikament • Migräne • Parkinson • Reizdarm • Rheuma • Stress |
ISBN-10 | 3-7453-2427-7 / 3745324277 |
ISBN-13 | 978-3-7453-2427-3 / 9783745324273 |
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Größe: 7,2 MB
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