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Therapie kindlicher Stimmstörungen (eBook)

Übungssammlung
eBook Download: EPUB
2023 | 4. Auflage
176 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61795-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Therapie kindlicher Stimmstörungen -  Claudia Brohammer,  Astrid Kämpfer
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Stimmstörungen treten immer häufiger schon im Kindesalter auf. Das Buch bietet neben Grundlagen zu Stimmentwicklung und Stimmstörungen, Hinweisen zu Anamnese, Diagnostik und Elternarbeit eine Fülle von Übungen für die Therapie bei Kindern mit Stimmstörungen. Zur schnellen Orientierung sind die Übungen nach Themenbereichen wie Artikulation, Hörwahrnehmung, Atmung u.a. sortiert. Ein anregendes Übungsbuch für den Praxisalltag - jetzt in vierter Auflage!

Claudia Brohammer, Wolfach im Kinzigtal (bei Freiburg i. Br.), Logopädin. Astrid Kämpfer, Steinen (Kreis Lörrach), Logopädin, Funktionale Stimmtherapeutin.

Claudia Brohammer, Wolfach im Kinzigtal (bei Freiburg i. Br.), Logopädin. Astrid Kämpfer, Steinen (Kreis Lörrach), Logopädin, Funktionale Stimmtherapeutin.

1   Theoretische Einführung: Grundlagen und Probleme bei der Stimmentwicklung

In diesem Kapitel geben wir zunächst einen kurzen Abriss über die Stimmentwicklung bei Kindern und beschreiben die wesentlichen Ursachen und Symptome von juvenilen Dysphonien.

1.1   Stimmentwicklung im Kindesalter

Die Stimmentwicklung beginnt bereits mit dem Schrei des Neugeborenen. Die Säuglingsstimme umfasst nach Wendler et al. fast vier Oktaven (a bis f4), „aber die häufigsten stimmlichen Äußerungen bewegen sich um a1“ (440 Hz) (2014, 91). Die Autoren beschreiben schon bei Säuglingen die Möglichkeit der Unterscheidung in weiche und harte Stimmeinsätze. Dabei „zeigen harte Einsätze Unzufriedenheit an und weiche Zufriedenheit und Wohlbehagen“. Ribeiro beschreibt das Schreien als „Intonationsverständigung zwischen Kind und Bezugsperson“. Sie definiert diese kindlichen Stimmäußerungen als „intrapsychisches, interaktionales und beziehungsdynamisches Geschehen“ (Ribeiro 2006, 20).

Am Ende des ersten und während des zweiten Lebensjahres befindet sich das Kind in einer Nachahmungsperiode, in der sich Einflüsse der sprechenden Umwelt auf die Qualität der kindlichen Stimme auswirken können. Zum Teil wird die sprechende Umwelt über die auditiven Wahrnehmungskanäle aufgenommen. Allerdings betont Heptner hierzu die Verbindung von Stimme und Klang mit „einer Haltung bzw. Bewegung im Vokaltrakt, im Kehlkopf und in der Atmung“ (1997, 12). Hieraus folgert er, dass Kinder „Bewegungsmuster und auch Halte- und Kompensationsmuster mehr oder weniger unbewusst von den Menschen (imitieren), denen (sie) besonders viel Aufmerksamkeit schenken oder von denen (sie) … abhängig sind“ (1997, 12).

In der weiteren Stimmentwicklung nehmen die Tonhöhenumfänge im Kleinkind-, Vorschul- und Schulalter zu, und es kommt zu einem Absinken der mittleren Sprechstimmlage (sinkt zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr auf d1 ab und bleibt bis zum achten Lebensjahr konstant). Die meisten Kinder verfügen vor der Pubertät über einen Stimmumfang von ca. 1,5 Oktaven. Zur Prävention von Stimmstörungen ist es wichtig, dass Kinder ausschließlich zwei bis vier Halbtöne unter ihrer oberen Stimmumfangsgrenze singen. Unterschreitungen der unteren Grenze sowie das Aussingen des gesamten Stimmumfangs können der Stimme ebenfalls schaden.

Abb. 2: Stimmentwicklung bis zur Pubertät (in Anlehnung an Frank et al.; in Wendler/Seidner 1996, 70)

1.2   Ursachen für juvenile Dysphonien

Die Ursachen für die Entstehung von juvenilen Dysphonien sind multifaktoriell. Um die Vielfalt der ätiologischen Faktoren darzustellen, wurden diverse Ätiologiemodelle erstellt. Hier sollen die Modelle von Beushausen (2011), Schulze (2002) und Ribeiro (2006) in Anlehnung an Steinhausen (2000) kurz vorgestellt werden.

Modell von Beushausen (2011)

Beushausen teilt die Ursachen für eine hyperfunktionelle kindliche Dysphonie in drei übergeordnete Bereiche ein: Das Kind, soziale Faktoren und familiäre Einflüsse.

1. Das Kind: Es wird auf die unterschiedlichen Entwicklungsbereiche des Kindes verwiesen, die Defizite aufweisen können. Dies betrifft z. B. die Grob-, Fein- und Mundmotorik mit Auffälligkeiten in der Kraftdosierung, dem Tonus oder einer myofunktionellen Störung. Weiterhin werden die kommunikativen Fähigkeiten des Kindes genannt, wobei häufig eine „Dysbalance der […] stimmlichen, verbalen und nonverbalen Parameter“ (2011, 36) vorherrscht. Die emotionale Entwicklung des Kindes spielt eine Rolle bezüglich einer „Diskrepanz zwischen Persönlichkeit und Auftreten“ (2011, 36) des Kindes bzw. einer geringen Frustrationstoleranz. Habituelle Faktoren wie ungünstiges Stimmverhalten im Rollenspiel, erhöhter Lärmpegel der Umgebung, ein lauter Kommunikationsstil, habituelles Räuspern oder unphysiologisches Singverhalten können zur Entstehung einer kindlichen Stimmstörung beitragen. Die akustisch auditive Wahrnehmung hat im Hinblick auf Schwerhörigkeit, auditive Diskrimination und Aufmerksamkeit bzw. eingeschränkte Musikalität und Rhythmik Einfluss auf den Stimmgebrauch.

2. Soziale Faktoren: Diese betreffen die Stimmvorbilder im Umfeld des Kindes wie z. B. aus der Medienwelt oder aus Kindergarten und Schule. Ein weiterer Aspekt ist der Leistungsdruck in der Schule und bei Freizeitaktivitäten, der in einem übermäßigen stimmlichen Einsatz ein Ventil finden kann. Auch die fehlende Möglichkeit zur körperlichen Betätigung stellt einen ätiologischen Faktor dar.

3. Familiäre Einflüsse: Im Familiensystem können bestimmte Rollenverteilungen und Interaktionen den Stimmgebrauch von Kindern ungünstig beeinflussen. Auch der Erziehungsstil prägt das stimmliche Verhalten des Kindes. Innerhalb der Familie erlernt das Kind einen bestimmten Kommunikationsstil, durch den sein kommunikatives Verhalten (z. B. wenig verbal-argumentativ) geformt wird.

Modell von Schulze (2002)

Nach Schulze können die ätiologischen Faktoren für Dysphonien im Kindesalter in drei Hauptgruppen eingeteilt werden:

1. Prädisponierende psycho- bzw. somatokonstitutionelle sowie organische und traumatische Faktoren: Darunter fallen Prädispositionen im HNO-Bereich bzw. organische Erkrankungen des Vokaltraktes, hormonelle Störungen, Syndrome und neurologische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten wie erhöhte Aggressivität oder eine Störung des vegetativen Gleichgewichts.

2. Habituell-funktionelle Faktoren: Hierbei geht es um den Stimmgebrauch mit erhöhter Lautstärke (z. B. beim Spielen oder Imitieren), häufiges Räuspern, eine unökonomische Atem- bzw. Stimmtechnik, Fehlspannungen sowie die Nachahmung negativer Stimmvorbilder.

3. Prädisponierende soziale Faktoren bzw. Umweltbedingungen: Hierzu zählen ein hoher Lärmpegel in Familie und Einrichtungen, negative Stimmvorbilder bzw. zu gering ausgebildete Erzieher und Pädagogen im Hinblick auf Stimmhygiene und stimmliche Belastungsfähigkeit der Kinder, Konflikte, falsches Erziehungsverhalten und hörgeschädigte Familienangehörige.

Modell von Ribeiro (2006) in Anlehnung an Steinhausen (2000)

Ribeiro nimmt auf das entwicklungspsychopathologische Modell der Ätiologie psychischer Störungen von Steinhausen (2000) Bezug und nennt vier Bereiche von Risikofaktoren, die zu einer Stimmstörung führen können. Dies sind biologische, psychosoziale, soziokulturelle und situative Risikofaktoren. Diese verschiedenen Bereiche der auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren sollen in ihrer Auflistung eine Vermischung der ätiologischen Ebenen verhindern, stellen aber nach Ribeiro ein „bio-psycho-soziales Wechselspiel“ (2006, 73) dar.

Biologische Risikofaktoren: Hier sind die Faktoren der genetischen Bedingungen (z. B. Kehlkopfanomalien, zerebrale und hormonelle Störungen), konstitutionelle Elemente wie die geschlechtsspezifische Entwicklung (Verhältnis Jungen zu Mädchen = 3 : 1) und Temperament sowie somatische Faktoren wie körperliche Erkrankungen, die Allgemeinentwicklung und habituelle Faktoren relevant.

1. Psychosoziale Riskofaktoren: Unter dieser Ebene werden die verschiedenen psychosozialen Lebensbereiche des Kindes subsummiert. Dies sind zunächst individuelle Faktoren wie Vulnerabilität, Persönlichkeit und Selbstkonzept des Kindes sowie internalisierte Konflikte und fehlangepasste Bewältigungsprozesse. Weiterhin werden familiäre Faktoren genannt. Hierunter fallen der Erziehungsstil, das Kommunikationsverhalten in der Familie, familäre Stimmgewohnheiten und -vorbilder, familiäre Disharmonie sowie die Position in der Geschwisterreihe. Auch gehören zu diesem Bereich schulische Faktoren (Probleme und Stress in der Schule) und das Verhältnis zur Gleichaltrigengruppe.

2. Soziokulturelle Risikofaktoren: Hierzu zählen die Sozialschicht und die Ökologie, wie z. B. erhöhte Stimmbelastung durch hohen Lärmpegel der Umgebung und fehlende Stimmhygiene im häuslichen Umfeld.

3. Lebensereignisse und situative Risikofaktoren: Kritische Lebensereignisse eines Kindes können Veränderungen des sozialen Umfeldes oder Stresssituationen sein.

1.3   Die häufigsten Formen kindlicher Stimmstörungen und ihre Symptome

Der Befund einer kindlichen Stimmstörung entspricht im Wesentlichen dem einer funktionellen Dysphonie bei Erwachsenen, wobei meist das hyperfunktionelle Erscheinungsbild im Vordergrund steht.

Funktionelle Störungen

Hyperfunktionelle Dysphonie: Die hyperfunktionelle Dysphonie stellt mit 30 % bis 40 % die am häufigsten vorkommende Form einer kindlichen Dysphonie dar (Böhme 1983). Hierbei werden die an der Stimmgebung beteiligen Muskelsysteme in unphysiologischer Weise beansprucht (überhöhter Muskeltonus), was meist die Folge eines übermäßigen Stimmgebrauchs ist. Die folgenden Symptome sind dabei festzustellen: gepresste Stimmgebung, Heiserkeit, knarrende Stimmeinsätze, monotoner und rauher Stimmklang, meist zu tiefe Sprechstimmlage, verminderte Resonanz, Räusperzwang, Missempfindungen wie...

Erscheint lt. Verlag 10.7.2023
Zusatzinfo 56 Abb.
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
Sozialwissenschaften Pädagogik Sonder-, Heil- und Förderpädagogik
Schlagworte Artikulation • Atemwahrnehmung • Buch • Eltern • funktionelle Stimmstörung • Hörwahrnehmung • Kind • Kommunikationsverhalten • Logopädie • organische Störung • Phoniatrie • Singstimme • Sprachstörung • Sprechstimme • Stimmbefund • Stimmbehandlung • Stimme • Stimmentwicklung • Stimmgebrauch • Stimmhygiene • Stimmstörung • Stimmtherapie • Therapie
ISBN-10 3-497-61795-4 / 3497617954
ISBN-13 978-3-497-61795-1 / 9783497617951
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