Kopf frei! (eBook)
288 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46274-4 (ISBN)
Prof. Dr. Volker Busch ist seit circa 20 Jahren als Arzt, Wissenschaftler, Autor und mehrfach ausgezeichneter Vortragsredner tätig. Als Leiter einer neurowissenschaftlichen Arbeitsgruppe an der Klinik für Psychiatrie der Universität Regensburg erforscht er die psychophysiologischen Zusammenhänge von Stress, Schmerz und Emotionen. Therapeutisch arbeitet er mit Menschen, die unter Stress, Depression, Erschöpfung oder anderen Belastungen stehen, und begleitet sie auf dem Weg zu psychischer Gesundheit, Zufriedenheit und mehr Inspiration für Beruf und Alltag. Sein erstes Buch Kopf frei! (Droemer 2021) belegte monatelang Spitzenplätze auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Er ist zudem Host des bekannten Podcasts Gehirn Gehört. Weitere Informationen auf: www.drvolkerbusch.de
Prof. Dr. Volker Busch ist seit circa 20 Jahren als Arzt, Wissenschaftler, Autor und mehrfach ausgezeichneter Vortragsredner tätig. Als Leiter einer neurowissenschaftlichen Arbeitsgruppe an der Klinik für Psychiatrie der Universität Regensburg erforscht er die psychophysiologischen Zusammenhänge von Stress, Schmerz und Emotionen. Therapeutisch arbeitet er mit Menschen, die unter Stress, Depression, Erschöpfung oder anderen Belastungen stehen, und begleitet sie auf dem Weg zu psychischer Gesundheit, Zufriedenheit und mehr Inspiration für Beruf und Alltag. Sein erstes Buch Kopf frei! (Droemer 2021) belegte monatelang Spitzenplätze auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Er ist zudem Host des bekannten Podcasts Gehirn Gehört. Weitere Informationen auf: www.drvolkerbusch.de
Das Problem: die Informationsüberladung
»In einer Welt, die von irrelevanten Informationen überschwemmt wird, ist Klarheit Macht.«
Yuval Noah Harari
Der Trichter im Kopf
Ein Angestellter einer IT-Abteilung, der wegen stressbedingter Beschwerden an seinem Arbeitsplatz bei mir in Behandlung war, sagte einmal zu mir: »Manchmal habe ich das Gefühl, als würde man mir morgens einen riesigen Trichter ins Gehirn stecken und tonnenweise Geräusche, Bilder, Termine, Aufgaben und anderen Informationsmüll hineinkippen.«
Plastischer kann man es kaum ausdrücken. Die Menge an Informationen, die wir täglich konsumieren, ist wirklich enorm. Zwei Wissenschaftler vom Global Information Industry Center der University of California ermittelten in der Summe üblicher Quellen (TV, Internet, Smartphone, Printerzeugnisse) eine durchschnittliche Zeitdauer von etwas über elf Stunden »Input« pro Tag. Umgerechnet in digitale Datenströme entspricht das etwa 34 Gigabyte. Die Anzahl der gehörten und gelesenen Wörter belief sich der Untersuchung zufolge auf etwa 100 500 pro Tag. Bewegte Bilder (Videos) überwogen Texte um ein Vielfaches. Die Tendenz des Informationskonsums weist nach oben: Rückblickend auf die Jahre zuvor verzeichneten die Forscher eine Zunahme des Informationskonsums um 2,6 % pro Jahr [18].
An einem normalen Werktag besuchen wir mehr als 30 Webseiten [19], lesen und beantworten mindestens 50 Textnachrichten [20] und wühlen uns durch etwa 200 E-Mails [21]. Nur einen winzigen Teil der Informationen registrieren wir bewusst, den wesentlich größeren Teil dagegen unbewusst, ohne dass wir uns dagegen wehren können. Der Trichter gibt ein anschauliches Bild ab: Texte, die uns etwas mitteilen oder zu etwas auffordern, ein Kalender voller Termine, die uns mehrfach täglich an Dinge erinnern, und natürlich die Messengerdienste auf unserem Smartphone. Informationen erreichen uns über digitale Endgeräte geradezu infiltrativ in Form von Pop-ups, Alerts oder Livetickern. Bei vielen kostenlosen Apps können Sie die Benachrichtigungen nicht einmal abstellen, ohne dass Ihnen nicht alle paar Sekunden eine Werbung, eine Aufforderung oder Mitteilung ins Gesichtsfeld gespült wird. Die meisten Apps sind proaktiv, sie »pushen« Informationen, ohne dass wir sie anfordern, und ohne Rücksicht darauf, ob die Information überhaupt sinnvoll und im eigenen Kontext relevant ist (Wenn Sie es für nötig halten, können Sie sich während des Einkaufs im Supermarkt auf Ihrer Smartwatch Ihre Herzfrequenz anzeigen lassen. Ob Sie mit dieser Information in der Gemüseabteilung etwas anfangen können, ist eine andere Frage.). Die Anzahl an Nachrichten, die uns täglich erreicht, liegt einer Online-Befragung zufolge durchschnittlich bei 45,9 – Tendenz steigend [22]. Die meisten Zahlen sind Ergebnisse aus Umfragen, insofern wollen wir sie hier aus wissenschaftlicher Sicht vorsichtig interpretieren. Aber sie geben uns einen guten Anhaltspunkt für die Informationsflut, die uns täglich wie ein Tsunami überrollt.
Über Informationen zu verfügen, ist ohne jeden Zweifel ein riesiger Gewinn für unsere Gesellschaft. Sie können uns wertvolle Hilfestellungen bei anstehenden Problemen geben. Sie können uns aufklären über Dinge, für die wir uns interessieren. Schließlich können sie uns auf neue Ideen bringen, wenn wir nach einer neuen Inspiration suchen. Das alles bedeutet einen enormen Gewinn an Lebensqualität. Nun ist es beileibe aber nicht so, dass die meisten Informationen, die uns pausenlos erreichen, von höherem Wert wären. Das meiste ist irrelevant, erhält aber dennoch unsere Aufmerksamkeit. Selbst die kleinsten Banalitäten bekommen maximale Zuwendung. Im März 2021 verschickte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, aus Versehen einen Tweet mit dem schlichten Buchstaben »Ä«. Er verbreitete sich so schnell, dass er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge in zweieinhalb Stunden mehr als 5000 Likes erhielt [23].
Zu viel hatten wir immer schon
Der Fairness halber wollen wir festhalten, dass Menschen vermutlich schon immer mehr Informationen erhielten, als sie konsumieren konnten, zumindest seit sie begannen, ihre Erfahrungen, Geschichten und Gedanken aufzuschreiben.
Die wahrscheinlich älteste römische Bibliothek auf deutschem Boden, die man 2018 in der Innenstadt Köln bei Straßenbauarbeiten entdeckte, stammt aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. und umfasste vermutlich mehr als 2000 Schriftrollen [24]. Das ist für diese Epoche eine unfassbare Menge an Daten, die Menschen hier zusammengetragen hatten. Für die Archäologen war dieser Fund im wahrsten Wortsinn ein ganz besonderer »Bodenschatz«. Vielen zeitgenössischen Gelehrten erschien das bereits zu viel. Nur ein Jahrhundert zuvor hatte der römische Rhetoriker Seneca der Ältere davor gewarnt, dass der »Überfluss an Büchern und Schriften Ablenkung« bedeute [25]. Dabei konnten die meisten Menschen jener Zeit nicht einmal lesen. Auch im Mittelalter war es vor der Erfindung des Buchdrucks ein Privileg, ein Buch zu konsultieren – oder gar eins zu besitzen. Die Bücher wurden noch von Hand geschrieben und waren daher sehr teuer. Das führte zu einer gewissen Selektion: Man schrieb nur auf, was wichtig erschien.
Erst mit der Erfindung der Druckerpresse mit beweglichen Lettern um 1450 durch den Mainzer Johannes Gensfleisch (später Gutenberg) fanden Bücher in Deutschland und in anderen Ländern Europas weitere Verbreitung. Die Auflage von Büchern schoss in der Folgezeit in die Höhe, denn das Drucken ging schnell und war preiswert. Nun war es möglich, neben wichtigen auch eher belanglose Informationen massenhaft zu verbreiten. Die erste Tageszeitung wurde ab 1650 in Leipzig verlegt [26]. Bücher und Zeitungen waren fortan und über Jahrhunderte das Informationsmedium schlechthin. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam das Radio hinzu, nach dem Zweiten Weltkrieg dann das Fernsehen. Beides bedeutete eine deutliche Steigerung der Informationsmenge, die Menschen täglich erreichten.
Seit dem offiziellen Start des World Wide Web Anfang der 1990er-Jahre wuchs die Menge an Informationen dann exponentiell. Die Geschwindigkeit nahm noch einmal deutlich zu, nachdem durch das »Web 2.0« Anfang der 2000er-Jahre jeder Internetnutzer die Möglichkeit bekam, Informationen selbst zu generieren und zu verbreiten. Der Konsument wurde auch »Prosument« (produzierender Konsument). Die Wachstumsraten sind bis heute schwindelerregend und steigen weiter: Auf Wikipedia wurden im Jahr 2020 an einem einzelnen Tag durchschnittlich über 12000 Artikel veröffentlicht [27]. Im gleichen Zeitraum erscheinen allein in Deutschland mindestens 50000 Blogs auf verschiedenen öffentlichen und privaten Internetseiten. Die sozialen Netzwerke sind hier nicht einmal mitgezählt. Dem Marktforschungsinstitut Brandwatch zufolge generiert allein Facebook jeden Tag 4 Petabyte neue News, Bilder und Videos [28]. Falls Sie sich das alles heute noch durchlesen möchten, planen Sie Ihren Feierabend gut, denn es handelt sich bei der Datenmenge umgerechnet um ca. 4 Millionen Telefonbücher der Stadt Berlin, die Sie pro Tag lesen müssten.
Information Overload
»Gute Informationen sind schwer zu bekommen. Noch schwerer ist es, mit ihnen etwas anzufangen.«
Sir Arthur Conan Doyle (1859–1930)
Sprachforscher gehen davon aus, dass in einer Wochenzeitung von heute mehr Informationen über die Welt stehen, als ein Bauer im Mittelalter in seinem ganzen Leben hatte. Die Verfügbarkeit heutiger Informationen übersteigt bei Weitem die Möglichkeit, sie zu nutzen. Man spricht in diesem Zusammenhang von »Informationsüberladung« (Information Overload). Aktuelle Studien zeigen, dass Menschen in verschiedenen Altersgruppen von der Informationsüberladung betroffen sein können [29]. Betroffene beklagen, dass sich ihr Kopf voll anfühlt. Damit einher geht das Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen und sich nichts mehr merken zu können.
Der Zusammenhang zwischen der Menge an Informationen und der Kognition lässt sich grafisch in Form eines umgekehrten »U« darstellen: Danach steigt die Informationsverarbeitungsleistung eines Individuums mit zunehmender Informationsmenge zunächst bis zu einem Schwellenwert an. Ein Mindestmaß an Informationen kann also unser Denken und Handeln verbessern. Ab diesem Zeitpunkt jedoch führt eine weitere Steigerung der Informationsmenge zu einem raschen Abfall der geistigen Verarbeitungsfähigkeit und schließlich zu einer Überlastung [30]. Der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt äußerte sich schon vor Jahren in einem Interview besorgt über die Informationsfülle,...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Ablenkung • Arbeitsorganisation • Aufmerksamkeit • Aufmerksamkeitslenkung • Aufmerksamkeitsstörung • Autonomie • Bedürfnisse • Deep Work • digital detox • Digitaler Stress • Entscheidung • Entscheidungen treffen • Entschleunigung • entschleunigung im alltag • Erfolg • Fokus finden • Gefühle verstehen • Gehirnbildung • Gehirn Buch • Gehirntraining • Gelassenheit • gelassenheit bücher • Gelassenheit entwickeln • Gelassenheit lernen • innere Ruhe • Innere Ruhe finden • Intuition • Ist Multitasking gut oder schlecht? • Kontrolle • Kontrollverlust • Konzentration • konzentration buch • Konzentration steigern • konzentration verbessern • Konzentriert Arbeiten • konzentriert arbeiten buch • Kopf hoch • kreativer werden • Kreativität fördern • Kreativität freisetzen • Kreativität im Alltag • lebenshilfe bücher • Leistungsfähigkeit steigern • Meditation tiefe entspannung • mehr Leistung • mentale Gesundheit • Multitasking • Neuropsychologie • Positiv denken • positiv denken buch • positive Einstellung • Positive Emotionen • Positive Gedanken • produktiver werden • produktivität steigern • Prokrastination • psychologie bücher • ratgeber gelassenheit • Ratgeber Leben • Ratgeber Psychologie • Reizüberflutung • Schlafstörungen • Selbstbestimmt Leben • Selbstbestimmung • Stille Stunde • Stress • Stressbewältigung • Stress im Alltag • Tiefe Stunde • Überforderung • Volker Busch • zeitmanagement alltag |
ISBN-10 | 3-426-46274-5 / 3426462745 |
ISBN-13 | 978-3-426-46274-4 / 9783426462744 |
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Größe: 1,2 MB
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