DAS NEUE LERNEN (eBook)
272 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-926-8 (ISBN)
Wie wir lernen, neu zu lernen - und damit unser volles Potenzial ausschöpfen
Schon in der Schule werden wir in Schubladen gesteckt: Viele Menschen hören von Eltern und Lehrern, dass sie kein »Mathematiktalent«, keine »Sprachbegabung« oder keinen »Kunstsinn« hätten.
Jo Boaler, renommierte Stanford-Professorin und Lernforscherin, räumt mit diesem Mythos auf. Radikal stellt sie unsere Vorstellung von Begabung auf den Kopf: Denn die Annahme, dass Fähigkeiten eine Frage der Veranlagung seien, ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Sie hindert uns daran, Außergewöhnliches zu erreichen.
Jo Boaler gibt uns sechs Lernschlüssel zur Hand, mit denen wir, egal in welchem Fach oder auf welchem Gebiet, unser Potenzial entfalten und für uns zuvor undenkbare Leistungen erbringen können. Wenn wir lernen, neu zu denken, ändert sich auch unser Selbstbild und die Art, wie wir mit unserer Umwelt interagieren. Zudem zeigt sie, wie wichtig positiv verstärkende Botschaften sind - egal, ob wir sie als Lernende, Lehrende, Eltern oder im Arbeitsleben empfangen.
»Jo Boaler gehört zu den außergewöhnlich guten Pädagoginnen, die nicht nur das Geheimnis guten Unterrichts kennen, sondern auch wissen, wie man diese Kenntnisse weitergibt.«
CAROL DWECK, Autorin des Weltbestsellers »Selbstbild«
»Wenn Menschen, die unter Mathematikangst leiden, mit Zahlen in Berührung kommen, dann wird das Angstzentrum ihres Gehirns aktiviert - dasselbe Angstzentrum, das aktiv wird, wenn wir Schlangen oder Spinnen sehen. Sobald jedoch das Angstzentrum in Aktion tritt, wird die Aktivität in denjenigen Hirnregionen schwächer, die für die Problemlösung zuständig sind. Kein Wunder, dass so viele Menschen schlecht in Mathematik sind: Wenn ihre Ängste geweckt werden, kommt ihr Gehirn ins Straucheln. Angst sabotiert unser Denken, egal, durch welches Fach oder Thema sie geweckt wird. Daher ist es so wichtig, Lernenden eine andere Wahrnehmung ihrer Fähigkeiten zu vermitteln und in Familien und Lehreinrichtungen mit allem aufzuräumen, was solche Ängste weckt.«
»Was Sie suchen, liegt jenseits der Angst. Lassen Sie uns nun darüber nachdenken, wie wir unsere Angst hinter uns lassen und unser Potenzial entfalten können, um das zu werden, was wir sein wollen.«
JO BOALER begann ihre Karriere als Mathematiklehrerin der Sekundarstufe, ehe sie am Londoner King's College promovierte. Heute ist sie Professorin für Mathematikdidaktik an der Stanford University und engagiert sich mit ihrer Plattform YouCubed für den Einsatz von Visualisierungen in Schulen und Ausbildungseinrichtungen. Darüber hinaus berät sie Bildungseinrichtungen im Silicon Valley und hält Vorträge zu neuen Lehrmethoden für das beste mentale Wachstum. Ihr YouTube-Video »How you can be good at math, and other surprising facts about learning« begeisterte bisher über eine Million Zuschauer. Kürzlich wurde sie von der BBC zu einem der führenden Köpfe erklärt, die »der Bildung ein neues Gesicht geben«.
EINLEITUNG
DIE SECHS SCHLÜSSEL
An einem sonnigen Tag blieb ich auf dem Weg zum San-Diego-Museum stehen, um das Spiel der Sonnenstrahlen zwischen den Säulen zu bewundern. Vor einem Ärzteplenum sollte ich meine neuesten Erkenntnisse über das Lernen präsentieren, und als ich die Treppen zum Auditorium hinaufstieg, verspürte ich einen Anflug von Lampenfieber. Ich halte oft Vorträge vor Lehrern und Eltern, doch ich hatte keine Ahnung, wie dieses für mich ungewohnte Publikum meine Entdeckungen aufnehmen würde.
Meine Sorgen waren unbegründet. Die Ärzte reagierten genauso wie die Studierenden und Lehrenden, mit denen ich regelmäßig zusammenarbeite. Die meisten waren verblüfft, einige betroffen, und alle erkannten sofort, was diese Erkenntnisse für ihre Arbeit und ihren Alltag bedeuteten. Einige sahen auch sich selbst in ganz neuem Licht. Eine Ergotherapeutin, die sich als Sara vorstellte, kam nach dem Vortrag auf mich zu, um mir zu erzählen, wie sie vor Jahren ihr Mathematikstudium abgebrochen hatte, weil ihr der Stoff nicht mehr so leicht fiel wie früher und sie das Gefühl hatte, Mathematik sei vielleicht doch nicht das Richtige für sie. Durch eine falsche Wahrnehmung ihrer Fähigkeiten hatte sie sich selbst geschadet und ausgebremst. Wie die meisten Menschen war sie davon ausgegangen, dass ihr Potenzial begrenzt war.
Was aber, wenn das Gegenteil der Fall wäre? Wenn jeder von uns alles lernen könnte? Wenn wir unbegrenzt und unser ganzes Leben lang in der Lage wären, neues Wissen zu erwerben, uns in neue Richtungen zu entwickeln und neue Identitäten anzunehmen? Wenn wir jeden Morgen mit einem neuen Gehirn aufwachen würden? Mithilfe aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse werde ich in diesem Buch zeigen, dass unser Gehirn – und damit auch unser Leben – in höchstem Maße wandelbar ist. In diesem Wissen können wir unser Lernen und unser Leben in ganz neuem Licht sehen und schier Unglaubliches erreichen.
Fast täglich begegne ich Menschen – Männern und Frauen in jedem Alter, mit jedem Bildungshintergrund und aus jeder gesellschaftlichen Schicht –, die mit falschen Annahmen über sich selbst und ihre Lernfähigkeit durchs Leben gehen und sich damit selbst große Steine in den Weg legen. Sie erzählen mir, dass sie in der Schule Mathematik, Kunst, Englisch oder ein anderes Fach gemocht hätten; doch als sie einen bestimmten Punkt erreicht hatten, an dem es ihnen nicht mehr spielend leicht von der Hand ging, kamen sie zu dem Schluss, dass ihr Gehirn nicht dafür gemacht war, und gaben auf. Aber wer Mathematik aufgibt, gibt auch alle damit verwandten Studiengebiete auf – die Naturwissenschaften, Medizin und technische Disziplinen. Wer zu dem Schluss kommt, nicht schreiben zu können, verschließt sich sämtlichen geisteswissenschaftlichen Fächern. Und wer glaubt, kein künstlerisches Talent zu besitzen, verabschiedet sich von Malerei, Bildhauerei und anderen schönen Künsten.
Jedes Jahr werden Millionen Kinder eingeschult, die sich auf die vielen Dinge freuen, die sie lernen werden. Doch sie werden rasch desillusioniert, weil sie zu dem Schluss kommen, dass sie weniger »schlau« sind als die anderen. Erwachsene beschließen, ihre Träume zu den Akten zu legen, weil sie glauben, dass sie nicht gut genug sind oder dass sie nicht so »intelligent« sind wie andere. Jeden Tag betreten Tausende Arbeitnehmer Konferenzräume in der Angst, ihre Kollegen und Vorgesetzten könnten sie durchschauen und herausfinden, dass sie nicht genug wissen. Diese Annahmen schaden uns ganz real, sie schränken uns ein, doch sie existieren nur in unseren Köpfen und sind oftmals das Ergebnis falscher Botschaften anderer Menschen, der Schule oder der Universität. In meiner Laufbahn bin ich so vielen Menschen begegnet, die sich durch solche und andere falsche Selbstbilder beschränkt hatten, dass ich irgendwann ein Buch schreiben wollte, das mit diesen Mythen aufräumt, die uns täglich im Weg stehen. Es ist Zeit für einen anderen Umgang mit Leben und Lernen.
Viele Menschen hören von Eltern und Lehrern, dass sie kein »Mathematiktalent«, keine »Sprachbegabung« oder keinen »Kunstsinn« haben. Erwachsene meinen noch, dass sie jungen Menschen einen Gefallen tun, wenn sie ihnen sagen, dass ein bestimmtes Thema »nichts für sie« sei. Die einen machen diese Erfahrung als Kinder, andere an der Universität, wieder andere während des ersten Vorstellungsgesprächs. Einige Menschen sagen uns auf den Kopf zu, dass wir nicht das erforderliche Talent mitbringen, andere begegnen uns mit unausgesprochenen und tief in der Kultur verwurzelten Vorurteilen, warum wir etwas können oder nicht.
Die neuen Erkenntnisse der Lernforschung und die sechs Lernschlüssel, die ich in diesem Buch vorstelle, werden Ihnen eine ganz neue Sichtweise eröffnen und damit Ihr gesamtes Leben verändern. Sie werden nicht nur Ihre Wahrnehmung der Realität verändern, sondern auch Ihre Realität selbst. Denn wenn wir unsere wahren Möglichkeiten erkennen, dann schließen wir einen Teil von uns auf, zu dem wir lange keinen Zugang hatten, und befreien uns von einengenden Vorstellungen. Wir versetzen uns selbst in die Lage, die kleinen und großen Herausforderungen des Lebens zu meistern und das zu werden, was wir wirklich wollen. Die neuen Erkenntnisse der Lernforschung sind für uns alle relevant und eröffnen ganz neue Perspektiven für Lehrende und Lernende.
Als Professorin für Pädagogik an der Stanford University arbeite ich seit Jahren mit Hirnforschern zusammen und verarbeite ihre Erkenntnisse in meiner Bildungs- und Lernforschung. In meinen Kursen vermittle ich regelmäßig das Wissen, das Sie gebündelt in diesem Buch finden; ich lade die Kursteilnehmer ein, anders mit ihren verschiedenen Herausforderungen umzugehen, und stelle fest, dass sie damit ein ganz neues Selbstverständnis entwickeln. Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht das Schulfach Mathematik, weil hier unter Lehrern, Schülern und Eltern die problematischsten Vorstellungen herrschen. Die Annahme, dass jemand ein bestimmtes Talent für Mathematik (und alle anderen Disziplinen) mitbekommen hat, ist der Grund, warum dieses Fach solche Ängste schürt. Entweder man hat es drauf oder eben nicht – das glauben viele Kinder. Und wenn Kinder mit schwierigen Aufgaben konfrontiert werden, dann kommen sie sehr schnell zu dem Schluss, dass sie es eben nicht draufhaben. Von da an erinnert sie jede knifflige Aufgabe an ihren vermeintlichen Mangel an mathematischer Begabung. In einer Befragung unter Auszubildenden gaben 48 Prozent an, Angst vor Mathematik zu haben, 1 und in einer anderen Befragung hatten 50 Prozent aller Teilnehmer eines Mathematikgrundkurses an der Universität Angst vor dem Fach. 2 Es ist schwer zu sagen, wie viele Menschen mit solchen falschen und abträglichen Vorstellungen durchs Leben gehen, doch aufgrund dieser Zahlen würde ich davon ausgehen, dass mindestens die Hälfte der Bevölkerung betroffen ist.
Wenn Menschen, die unter Mathematikangst leiden, mit Zahlen in Berührung kommen, dann wird das Angstzentrum ihres Gehirns aktiviert – dasselbe Angstzentrum, das aktiv wird, wenn wir Schlangen oder Spinnen sehen. 3 Wenn jedoch das Angstzentrum in Aktion tritt, dann wird die Aktivität in denjenigen Hirnregionen schwächer, die für die Problemlösung zuständig sind. Kein Wunder, dass so viele Menschen schlecht in Mathematik sind: Sobald ihre Ängste geweckt werden, kommt ihr Gehirn ins Straucheln. Angst sabotiert unser Denken, egal durch welches Fach oder Thema sie geweckt wird. Daher ist es so wichtig, Lernenden eine andere Wahrnehmung ihrer Fähigkeiten zu vermitteln und in Familien und Lehreinrichtungen mit allem aufzuräumen, was solche Ängste weckt.
Wir kommen nicht mit angeborenen Fähigkeiten zur Welt, und wenn jemand auf einem Gebiet besondere Leistungen vollbringt, dann nicht, weil es ihm oder ihr in die Wiege gelegt wurde. 4 Die Vorstellung, dass unser Gehirn weitgehend unveränderlich ist und man bestimmte Dinge einfach »draufhat« oder nicht, ist wissenschaftlich falsch. Trotzdem ist dieser Mythos allgegenwärtig – mit verheerenden Auswirkungen auf unsere Bildung und viele andere Lebensbereiche. Wenn wir uns von der irrigen Vorstellung frei machen, dass wir mit einem unveränderlichen Gehirn herumlaufen und dass unser Lebensweg von unseren Genen vorgezeichnet ist, und wenn wir stattdessen lernen, dass unsere Gehirne unvorstellbar flexibel und lernfähig sind, dann kann das ungemein befreiend wirken. Jedes Mal, wenn wir etwas lernen, verändert sich unser Gehirn und organisiert sich neu. Das zeigen die Arbeiten einer neuen Sparte der Hirnforschung, die sich mit der Veränderbarkeit des Gehirns beschäftigt, der sogenannten Neuroplastizität. 5 Dazu gleich mehr im ersten Kapitel.
Wenn ich Erwachsenen – meist Pädagogen und Lehrern – erkläre, dass wir uns von der Vorstellung eines unveränderlichen Gehirns befreien und stattdessen klarmachen müssen, dass jeder von uns die Anlagen mitbringt, alles zu lernen, dann erzählen sie mir unweigerlich von ihren eigenen Lernerfahrungen. Dabei erkennen die allermeisten, wie man ihnen Grenzen vorgab und sie beim Lernen behinderte. Wir sind mit dem Irrglauben aufgewachsen, dass einige von uns intelligent sind und eine bestimmte Begabung mitbringen und andere eben nicht, und dieses Märchen prägt uns ein Leben lang.
Heute wissen wir, dass diese Vorstellung von Begabung und Intelligenz falsch ist. Bedauerlicherweise hält sie sich noch immer hartnäckig. Die gute Nachricht: Wenn wir sie aus dem Weg räumen, eröffnen sich...
Erscheint lt. Verlag | 16.2.2021 |
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Übersetzer | Jürgen Neubauer |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Limitless |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität | |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung | |
Geisteswissenschaften ► Psychologie ► Persönlichkeitsstörungen | |
Schlagworte | Bildung • Bildung für nachhaltige Entwicklung • bildungs und lerngeschichten • Bildung und Erziehung • Didaktik • Erwachsenenbildung • Erziehung • Lernen • Lernen fördern • lernen kinder • lernen leicht gemacht • Lernen und Gedächtnis • Lernen wie man lernt • lernen zu lernen • Lernforschung • Mathematik • Persönlichkeit • Schule • Selbstbild • Selbstdisziplin • Talent • Wachstum |
ISBN-10 | 3-95967-926-2 / 3959679262 |
ISBN-13 | 978-3-95967-926-8 / 9783959679268 |
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