Starke Kinder haben starke Gefühle (eBook)
240 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45980-5 (ISBN)
Raisa Cacciatore ist Ärztin und Kinderpsychiaterin und arbeitet regelmäßig mit Eltern und Pädagogen bei Fragen zur Entwicklung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
Raisa Cacciatore ist Ärztin und Kinderpsychiaterin und arbeitet regelmäßig mit Eltern und Pädagogen bei Fragen zur Entwicklung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Erja Korteniemi-Poikela ist Hebamme und Kinderkrankenschwester und hat bereits mehrere Bücher unter anderem zum Thema Selbstwert bei Kindern verfasst.
Aggressionen sind nützlich
Ärger ist ein wichtiges Gefühl und nichts Schlechtes. Gefühle müssen nicht ausgemerzt werden. Zeigt ein Kind seinen Groll, dann will es eigentlich fragen: »Darf ich zeigen, dass ich mich ungerecht behandelt fühle oder mich davor fürchte, allein zu sein? Hört mir jemand zu? Ist mein Empfinden wichtig?« Ärger ist ein Mittel, die eigene Erfahrung mitzuteilen und zu verteidigen. Das ist eine unabdingbare Fähigkeit in menschlichen Beziehungen oder wenn es darum geht, seine Rechte zu verteidigen.
Gefühle lenken Ihre Aufmerksamkeit auf einen Umstand, der Sie stört, und gebieten Einhalt. Sie spornen uns an, zu handeln und die Situation zu verändern. Dabei geht es um Werte und Bedürfnisse. Vielleicht ist etwas Entscheidendes bedroht, wie beispielsweise die Sicherheit, das Wohlbefinden, das Recht auf Ruhe und Schlaf oder das Bedürfnis nach Nähe. Für wichtige Werte muss man eintreten.
Beispiel vom störenden Lärm
Stört es Sie manchmal, wenn Ihr Wandnachbar zu laut Musik hört? Sie haben es eine Zeit lang hingenommen, dann sind Sie sauer geworden und haben an die Wand geklopft? Wenn die Musik lauter wurde, haben Sie stärker an die Wand geklopft, bis die Musik aufhörte. Ruhe und Zufriedenheit haben von Ihnen Besitz ergriffen.
Ärger keimt in einer Situation auf, bewirkt eine Veränderung und führt zu einem guten Endergebnis. Ärger keimt auf, wenn etwas die eigene Ruhe stört. Er verschwindet, wenn wieder Ruhe einkehrt. Schwierige Gefühle verraten, was für Sie wichtig ist, und helfen, Wichtiges zu verteidigen. Ärger, Zorn, Trotz und andere starke, schwer auszuhaltende Gefühle sind somit auch notwendig. Sie verleihen Kraft und Mut, die eigene Meinung zu sagen, sich zu verteidigen und die Welt zu verändern. Zorn und die Überwindung von Rückschlägen bringen uns voran. Jemand, der sauer ist, möchte etwas Gutes bewirken und die Welt wieder friedlich und sicher machen.
Die Aufgabe des Gefühls ist es, das ruhige, zufriedene Befinden wiederherzustellen. Hat das Gefühl seine Aufgabe erledigt, flaut es ab und verschwindet. Aggression entsteht also, wenn sie gebraucht wird, und verleiht uns Energie zum Handeln. So einfach ist es bei Erwachsenen. Das Gefühl flammt bei Bedarf auf. Ansonsten sind wir Erwachsenen eigentlich ziemlich entspannt.
Bei Kindern und Jugendlichen aber ruft die Reifung des Gehirns entwicklungsbedingt Trotz und Aggression hervor. Das kann auch passieren, wenn die Bedingungen eigentlich ruhig und angenehm sind. Alles ist gut, aber Kind oder Jugendlicher sind trotzdem unzufrieden oder wütend und begegnen ihren Eltern mit Trotz. Sie durchlaufen die Stufen der Aggression, Entwicklungsphasen, für die sie nichts können, weil sie unvermeidlich und notwendig sind. Die Eltern sollten sich durch ihnen entgegengebrachten Trotz nicht verletzt fühlen, denn er ist Teil der natürlichen Entwicklung. Aufgabe der Eltern ist es, ihr Kind zu tolerieren, zu unterstützen und geduldig zur nächsten Stufe zu führen.
Welche Dinge ärgern Sie am meisten? Wann oder in welchen Situationen regen Sie sich in der Regel auf? Was für ein Verhalten bringt Sie auf die Palme? Werden Sie wütend, wenn sich jemand im Verkehr unvorsichtig verhält oder Ihr Lieblingssportverein verliert? Ärgern Sie sich, wenn Sie jemand beschimpft, Ihnen die Zunge rausstreckt oder den Mittelfinger zeigt?
Schreiben Sie Dinge, die Sie ärgern, auf. Das Gefühl der Wut kündet auch davon, was Ihnen wichtig ist und dass Sie über viel emotionale Energie verfügen.
Auch im Faktenkasten Wenn die Ärgerkontrolle im Gleichgewicht ist hier ist vom Nutzen und dem Kraftgewinn durch Aggressionskontrolle die Rede. Überwindung von Rückschlägen, der Wille und Zorn sind gute und starke Kräfte. Sie geben dem Leben Energie. Das ist eine gute Sache. Genau genommen ist das eine großartige Sache.
Ein starker Wille hilft, Dinge im Leben zu erreichen. Ein Prozess, den man als »Inneren-Motor-in-Gang-Setzen« bezeichnen könnte, verleiht Kräfte, es noch mal zu versuchen, wenn man Rückschläge erlitten hat. Starke Gefühle machen uns zäh und wecken den Kampfgeist, wenn uns das Leben übel mitspielt. Mit »sisu«, dem finnischen Wort für Kampfgeist und Unnachgiebigkeit, verwirklicht man Träume und wo ein starker Wille ist, da findet sich auch immer ein Weg. Allerdings braucht derjenige, dessen Gefühle schnell und stark aufbrausen, mehr Übung, um seine emotionale Energie nützlich und konstruktiv einzusetzen.
Beharrlichkeit heißt, trotz aller Widrigkeiten nicht aufzugeben. Es zeugt davon, dass man sich für eine Sache interessiert und leidenschaftlich dafür brennt. »Sisu« verleiht die notwendige Energie, um es noch mal zu versuchen, und gibt neue Richtungen vor, in die man preschen sollte. »Sisu« in sich kann man nähren, er führt zum Erfolg und verleiht Schwung für Ausbildung und Leben.
Die emotionale Energie sollte positiv genutzt werden. Lernen Sie Ihre Gefühle kennen und bestrafen Sie nicht Ihr Kind für seine Gefühle. Fähigkeiten, die Gefühle zu steuern, helfen dem Kind und jungen Menschen, ausdauernd, flexibel und unbeugsam zu werden.
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Für Resolutheit und Selbstwertgefühl: Wer den Mut hat, sich schwierigen Gefühlen, Situationen und Dingen zu stellen, fühlt sich energiegeladen und stark. Wer sich traut, schwierigen, neuen Dingen zu begegnen und dabei Erfolg hat, vermehrt sein Selbstwertgefühl.
Falls man sich traut und es gelingt, wird man sich auch in Zukunft an neue Dinge heranwagen. Stellt man fest, dass man die Dinge zum Besseren wenden kann, wenn man beharrlich bleibt und seine Meinung sagt, dann fühlt man sich stärker und selbstsicherer. Dann wird man sich wichtig fühlen und gelernt haben, dass es sich lohnt, die eigene Meinung zu sagen. Die Erfahrung, dass einem etwas gelungen ist, ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem gesunden Selbstgefühl.
Aus diesem Grund sollte man alle Versuche des Kindes, sich auszuprobieren, unterstützen und sich seine Meinung anhören.
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Für die Fähigkeit zur Selbstverteidigung: Jeder braucht Resolutheit, Mut und Aggression, damit er sich traut, eine respektvolle Behandlung einzufordern und sich in Unrecht einzumischen. Deswegen lohnt es sich, das Kind darin zu bestärken, nicht nachzugeben.
Ein Kind, das zu Gehorsam und Unterordnung erzogen wurde, ist nicht in der Lage, seine Rechte zu verteidigen. Selbstverteidigung braucht man aber in Situationen, in denen man bedroht oder verbal beschimpft wird. Dann sollte man sich verteidigen können, und zwar in angemessener, aber trotzdem effektiver Art und Weise.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Fähigkeit, sich achtungsvoll mit nahestehenden und lieben Menschen zu streiten. Die Beziehung zu wichtigen Menschen sollte gestärkt und nicht verdorben werden. Deswegen ist es wichtig, konstruktives Streiten und Aggressionskontrolle zu lehren und zu lernen.
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Für normale Umgangsformen: In der Schule, beim Studium und auf der Arbeit trifft man die unterschiedlichsten Menschen, die ganz verschiedene Gefühle in uns wecken, positive und auch negative. Worte und Taten des anderen können uns ärgern. Aber man kann nicht alle Gefühle unmittelbar zeigen. Gesetz und Umgangsformen definieren, was erlaubt ist. Die eigenen Gefühle und das eigene Verhalten sollte man steuern können.
Zu Hause kann man sich freier bewegen, dort sind die Menschen, die uns besonders nahestehen. Aber auch dann sollte man respektvoll miteinander umgehen, auch im Streit.
Jeder hat das Recht, über seine Gefühle zu sprechen. Aber einen anderen zu beleidigen ist nicht okay, das bereut man hinterher. Seien Sie Ihrem Kind beim Ausdruck Ihrer Gefühle ein gutes Vorbild als Zuhörer und als Verhandler.
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Für die Wahrnehmung und Akzeptanz von Gefühlen: Ist man verärgert, wächst die Wut. Das kann leicht zu schädlichen Taten führen, manchmal auch gegenüber einem wichtigen Menschen. Schädlich sind auch verletzende Worte.
Sich seinem eigenen Ärger entgegenzustellen bedeutet, nicht schädlich zu handeln, obwohl man vielleicht will. Dazu bedarf es sowohl der Weisheit als auch der Kraft der Aggression. Man kann Gefühle als natürliche Ereignisse begreifen und sie gleichzeitig mithilfe der Willenskraft lenken.
Werden unser Geist und Körper von einem starken Gefühl überrollt und die Ärgerkette in uns in Gang gesetzt, kann man darauf auf vielerlei Arten einwirken. Gewinnt man Abstand zu seinen Gefühlen, wird man leichter daran denken, seinen Verstand zu benutzen und sich an seinen Entschluss, andere nicht zu verletzen, zu halten.
Es kann schon helfen und beruhigen, das Gefühl zu erkennen, zu betrachten und zu benennen. Der Verstand erhält die Möglichkeit, die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Nehmen Sie eine Auszeit und konzentrieren Sie sich für einen Moment auf etwas völlig anderes. Ruft man sich ins Gedächtnis, dass das Gefühl vorübergeht, kann man es eine Zeit lang besser ertragen und das Gefühl ebbt ab.
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Für einen konstruktiven, angemessenen Streit: Auch wenn man mit jemandem anderer Meinung ist, sollte man sich immer angemessen verhalten. Seine Meinung kann man klar und mutig sagen, ohne Streit und Ärger unnütz herauszufordern. Es ist leichter, sich mit einem anderen Menschen auseinanderzusetzen, wenn sich auch dieser nicht mitten in einem Gefühlsaufruhr befindet.
Man sollte sich bemühen, zu einem zuhörenden Streitvermittler zu werden. Seien Sie nicht zu leicht verletzt. Aber geben Sie auch nicht auf,...
Erscheint lt. Verlag | 28.10.2020 |
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Übersetzer | Anke Michler-Janhunen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung |
Schlagworte | anders erziehen • Beharrlichkeit • Eltern • Eltern Kind Beziehung • Emotionale Kompetenz • Emotionen Kinder • Emotionen verstehen • Entspanntes Erziehen • Erziehung • Erziehung Kinder • erziehung ohne schimpfen • Erziehungsarbeit • Erziehungsprobleme • Erziehungsratgeber • Erziehungsratgeber für starke Kinder • erziehungsratgeber kinder • Finnland • Gefühle • Gefühle Kinder • Jugendliche • Jugendliche Emotionen • Jugendliche erziehen • Jugendliche Gefühle • Kinder • Kindererziehung • Kindererziehung Psychologie • Kindererziehung Ratgeber • Kinder richtig verstehen • Kind erziehen • Kleinkindjahre • Lebenshilfe • Praxisbuch Eltern • Praxisbuch Erziehung • Pubertät • Ratgeber • Ratgeber Eltern • Ratgeber Erziehung • Ratgeber Kinder • ratgeber kindererziehung • Selbstregulierung • SiSU • Skandinavien • Trotzphase • unerwünschte Emotionen • Wutausbrüche Kinder |
ISBN-10 | 3-426-45980-9 / 3426459809 |
ISBN-13 | 978-3-426-45980-5 / 9783426459805 |
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