Das kabbalistische Totenbuch (eBook)
300 Seiten
Crotona Verlag
978-3-86191-206-4 (ISBN)
Lewis D. Solomon gilt als einer der angesehensten Kabbala-Experten in den USA. Er verfügt über umfassende Kenntnisse der verschiedenen Überlieferungsstränge und ihrer modernen Repräsentanten. Die Kabbalisten haben seit vielen Jahrhunderten in zahlreichen Ländern ein umfassendes Wissen über das Mysterium von Tod und Wiedergeburt gesammelt. Solomon enthüllt in seinem tiefsinnigen Werk viele dieser teilweise lange verborgenen Lehren und weist damit nach, dass die abendländische Tradition ein Wissen über das Leben nach dem Tod besitzt, das in keiner Weise geringer einzuschätzen ist als die alte östliche Weisheitslehre. Ein Meisterschlüssel zur kabbalistischen Tradition, der zahlreiche bisher unbekannte mystische Juwelen erstmals ins Licht der Öffentlichkeit rückt.
Kapitel Zwei
WEGWEISER ZUM LEBEN UND STERBEN MIT DEM SPIRITUELLEN JUDENTUM
Heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, hat das Judentum für viele Juden seinen lebendigen Gehalt verloren.
Bei dem Begriff Judentum stehen uns normalerweise Vorschriften und Regeln vor Augen, die einzuhalten sind. Wir glauben, Judentum stünde synonym für beinahe gedankenlos abgespulte Zeremonien und Rituale. Doch die Zeremonien, Rituale und alle mit ihnen einhergehenden Regeln sind die Seitenwege des Judentums, nicht seine Hauptstraße und erst recht nicht sein Kern. Mir geht es so, dass die Rituale und Regeln, obwohl sie eigentlich dazu gedacht sind, die spirituelle Dimension des Lebens zu erschließen und anzurühren, meine spirituelle Lebendigkeit eher blockieren. Rituale und Regeln um ihrer selbst willen sind für mich kaum von Wert. Sie würgen die Spiritualität ab.
In diesem Kapitel möchte ich das Konzept des Spirituellen Judentums näher ausführen. Seine Schwerpunkte sind folgende: Die Eine Göttliche Gegenwart, das Einhalten ethischer Standards im Umgang mit anderen und das Umsetzen persönlicher Tugenden. Oder wie es der Prophet Micha vor über zweitausendfünfhundert Jahren ausgedrückt hat: „Nur Recht zu tun und treue Liebe und demütig mit deinem Gott zu wandeln!“(Micha 6,8) Wenn Sie versuchen wollen, einen Ansatz für ein „gelingendes“ jüdisch orientiertes Leben und Sterben zu formulieren, wohin können Sie sich dann wenden, um Rat zu finden?
Die Thora neu betrachtet
Ich lehne die Haltung ab, wonach eine „Thora-treue“ Lebensgestaltung ein Wegweiser für unseren Alltag, für Tod und Sterben sowie für die Begleitung der Seele auf ihrem Weg im Jenseits sein soll. Jüdische Fundamentalisten wollen sich einfach nicht mit der praktisch einhelligen Erkenntnis der Wissenschaftler auseinandersetzen, geschweige denn damit abfinden, dass die Thora (die Fünf Bücher Mose) dem Mose nicht auf dem Berg Sinai von Gott eingegeben wurde. Stattdessen erhielt die Thora ihre bekannte Form und ihren Umfang von unterschiedlichster menschlicher Hand. Sie ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses. Die Bücher des Alten Testaments wurden zu unterschiedlichen Zeiten und von verschiedenen Schriftstellern verfasst.
Seit vierhundert Jahren stellt die kritische Bibelforschung im Pentateuch zahlreiche Duplizierungen und Wiederholungen, Abweichungen beim Gottesnamen, eine breite Vielfalt an Sprachen und Stilen sowie in den einzelnen Schriften widersprüchliche Ansichten fest.
Die Entdeckung, dass sich die Duplizierungen, angefangen mit den beiden Schöpfungsgeschichten im Buch Genesis, über weite Teile der Schrift erstrecken, führte zu der bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden Behauptung, die Thora habe eine eigene Kompositionsgeschichte. Insbesondere sei sie aus einer Reihe unterschiedlicher Dokumente zusammengestellt worden.
Abweichungen in den hebräischen Gottesnamen Elohim und Jahwe, die in den Fünf Büchern Mose verwendet werden, sind ein weiteres Indiz für unterschiedliche Quellen.
Drei parallele Quellen, bekannt unter der Bezeichnung E, J und P, sowie eine weitere, vierte Quelle D gaben Anlass zur sogenannten „Vierquellen-Theorie“.9 Zwar streiten sich die Gelehrten leidenschaftlich über die Daten und die genaue Art der vier Quellen; die Ansicht jedoch, dass sich die Thora, wie wir sie heute kennen, aus vier Quellen speist, ist unbestritten.
So hat also die moderne kritische Bibelforschung das traditionelle Verständnis der Thora als göttliche Offenbarung an Moses untergraben. Bis heute stellt die Bibelforschung zwei fundamentale Doktrinen in Frage: Erstens die wörtliche Offenbarung und zweitens den Bund zwischen Gott und den Juden, auf dem viele traditionelle jüdische Rituale und Gesetze aufbauen.
Die Verfasser der Bibel haben Material aus unterschiedlichen Quellen miteinander verwoben – eine Sammlung von Überlieferungen, historisierenden Erzählungen und reinen Fantasiegeschichten – die im alten Israel zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind. Die Bibel als Menschenwerk ist von vielen Autoren verfasst und über lange Zeiträume hinweg mehrfach überarbeitet worden.
Zwar hat die Thora besondere Bedeutung für die Juden, doch sind diese Schriften nicht einzigartig wahr oder eine höhere Form göttlicher Offenbarung. Daher sollten wir, so möchte ich empfehlen, die Thora als einen Bericht über das spirituelle Leben des jüdischen Volkes und als Beweis ihrer spirituellen Suche betrachten.
Wenn wir die Bibel als Menschenwerk ansehen, als eine nicht zu verifizierende Mischung aus Mythen und historischen Fantasien und nicht als die gebietende Stimme Gottes, dann müssen wir weder die Autorität der Thora noch die zweitausend Jahre alte Tradition ihrer rabbinischen Deutung akzeptieren. Das jüdische Gesetz, wie es in der patriarchalen Kultur von Männern formuliert wurde, sollte nicht länger den grundlegenden Konsens für den Kern des Judentums bilden.
Was dies für unser tägliches Leben und letzten Endes für unseren Tod und unser Sterben bedeutet, ist recht einfach: Heute brauchen wir dem Studium der Thora keine große Bedeutung mehr beizumessen. Wir haben nicht mehr in Übereinstimmung mit allen angeblich sechshundertdreizehn göttlichen Geboten zu leben, die die Juden durch alle Aspekte ihres Lebens und Sterbens geleiten sollen und die im Schulchan Aruch (den jüdischen Geboten und Verboten) aufgeführt sind – einem Kompendium barscher, strenger und häufig archaischer Regelungen, die sich insbesondere um die Einhaltung von Speisevorschriften (Koscher) und den Sabbat drehen.
Betrachtet man das Alte Testament jedoch als Quelle, aus der die Menschheit tiefere Erkenntnisse gewinnen und zu edlerem Verhalten angeregt werden kann, dann bietet uns der Geist der Thora bis heute Anleitung und Inspiration. Während also die hebräische Bibel, insbesondere in den Lehren der Propheten sowie in der Orientierungshilfe, die uns die Psalmen und die Sprüche Salomos schenken, ihre spirituelle Lebendigkeit behält, bleibt doch jedem Menschen selbst überlassen, welche Gesetze und Rituale er wie streng einhalten (oder eben nicht einhalten) möchte. Die Gesetze und Rituale sollten daher an das moderne Leben angepasst werden.
Abweichend von einem Judentum, dessen Augenmerk in erster Linie auf traditionellen Regeln und Ritualen liegt, möchte ich als Grundlage unseres spirituellen Erlebens das Spirituelle Judentum, einen ethischen, werte-orientierten Monotheismus, anbieten. Wir müssen: Erstens im Hinblick auf Gott denken, auf unsere Beziehung zu Ihm und Seine Beziehung zu uns; zweitens uns in unserem Umgang mit anderen ethisch verantwortlich verhalten; und drittens bestimmte persönliche Tugenden leben. Greifen wir zu Beginn den monotheistischen Aspekt des Spirituellen Judentums auf.
Gott in unseren Alltag mitnehmen
Wenn wir das Judentum neu beleben wollen, dann können wir der Frage nach Gott nicht ausweichen. Ich sehe keine andere Alternative, als Gott in unserem Bewusstsein wieder zu verankern. Wir müssen an die lebendige Realität Gottes glauben, jedoch ohne die traditionelle Strenge und die überkommenen Vorschriften.10
Gott sollte als der eine Gott für die gesamte Menschheit betrachtet und als ein universeller Gott begriffen werden, der allen zugänglich und die Quelle ethischer Normen für die gesamte Menschheit ist. Trotz unserer ethnischen, kulturellen und rassischen Vielfalt sind wir alle Kinder des einen Ewigen Wesens, des unendlichen Einen, der ohne Anfang oder Ende ist, jenseits von Zeit und Raum. In Anerkennung unserer Einheit und Verbundenheit sollten wir uns bemühen, unsere Trennung und Entfremdung voneinander zu überwinden.
Wir sollten außerdem anerkennen, dass Gott das menschliche Wissen übersteigt. Der Ewige ist bei weitem größer als unsere materielle Welt und unser physisches Selbst.
Gott ist nicht bloß eine historische Gestalt, sondern eine allgegenwärtige, fortwährende Realität. Der Heilige ist sowohl transzendent, unendlich und ewig als auch immanent, die Göttliche Essenz, die im Herzen jedes Menschen wohnt und an seinem Leben teilhat. Gott ist weder getrennt noch fern von uns.
Gott ist der Ursprung, der Schöpfer und Bewahrer aller Wirklichkeit. Weil er der Bewahrer von allem ist, macht Gottes Liebe und Fürsorge alle Existenz erst möglich.
Wir suchen die Einstimmung auf den Geist, auf die Gegenwart Gottes als Quelle von Gesundheit, Freude, Liebe und Fülle. Wir kennen den Höchsten Herrscher durch unsere Erfahrungen. Wenn wir uns im Leid, in der Not oder in Sorge auf Gott konzentrieren, sei es durch Gebet, Meditation oder Visualisierungen, dann wird uns oft leichter ums Herz, und wir werden wieder zuversichtlicher. Meiner persönlichen Erfahrung und meinen Beobachtungen bei anderen nach, fördern formlose Gebete, Meditation und Visualisierung den eigentlichen Zweck der Anbetung, nämlich Nähe zu Gott zu entwickeln, uns unsere eigene spirituelle Tiefe zu erschließen, einem belasteten Herzen Erleichterung zu verschaffen, einen niedergeschlagenen Geist wieder aufzurichten sowie Mut und Optimismus zu schenken.
Wir sollten erkennen, dass wir in der Gegenwart eines wohlwollenden, gütigen Gottes leben. Wir müssen Gottes Gegenwart wahrnehmen und auf die göttliche Güte vertrauen. Gott, der Bewahrer, ist uns nahe. Der Ewige hat wohlwollendes Interesse an jedem einzelnen Menschen. Inmitten all der Belastungen des modernen Lebens sowie der verwirrenden und oft erdrückenden Konflikte und Probleme, die wir zu bewältigen haben, bleibt Gott der Bewahrer, an den wir uns wenden und den wir um Rat und Hilfe bitten können. Wir können unsere Probleme und Nöte Gott übergeben. Wenn wir offen und empfänglich werden, geben wir Gott und den Geschenken des Ewigen an uns...
Erscheint lt. Verlag | 23.5.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie | |
ISBN-10 | 3-86191-206-6 / 3861912066 |
ISBN-13 | 978-3-86191-206-4 / 9783861912064 |
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