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Lost in Australien (eBook)

Ein Work & Travel-Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
240 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-92535-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lost in Australien -  Henriette Wich
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Schon lange hat Alina davon geträumt nach Australien zu reisen. Jetzt endlich macht sie sich zusammen mit Sunny auf den Weg. Ein Jahr Work und Travel liegt vor den beiden Freundinnen, aber die kommenden zwölf Monate halten viel mehr bereit, als Alina sich hätte vorstellen können. Hals über Kopf verliebt sie sich Mason aus London und zu dritt fahren sie nach Brisbane. Doch während er mit seiner Band dort seine ersten Auftritte hat, entschließt sich Alina weiterzureisen. Aber vergessen kann sie ihn nicht. Ein Work-and-Travel-Roman, der Lust aufs Reisen macht!

Henriette Wich wurde 1970 in Landshut geboren und war schon als Kind eine Leseratte. Nach ihrem Studium der Germanistik und Philosophie in Regensburg arbeitete sie sechs Jahre als Lektorin in einem Kinderbuchverlag. Seit Sommer 2000 ist Henriette Wich freie Autorin für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihrer Familie in Regensburg.

Henriette Wich wurde 1970 in Landshut geboren und war schon als Kind eine Leseratte. Nach ihrem Studium der Germanistik und Philosophie in Regensburg arbeitete sie sechs Jahre als Lektorin in einem Kinderbuchverlag. Seit Sommer 2000 ist Henriette Wich freie Autorin für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihrer Familie in Regensburg.

Ich war schon wieder am Flughafen. Das dritte Mal in einer Woche. Langsam wurde es teuer, weil mein Jahresticket nur den Münchener Innenraum abdeckte und ich jedes Mal für vier extra Stationen draufzahlen musste. Der Flughafen war der einzige Ort in diesem verrückt heißen Sommer in dieser verrückt heißen Stadt, den ich halbwegs ertragen konnte. Ja, auch wegen der Klimaanlagen überall, aber das war sozusagen nur ein netter Nebeneffekt. In Wirklichkeit war ich süchtig nach den großen Anzeigetafeln und Lautsprecherdurchsagen. Passenger Marie Schneider please come immediately to gate number 19. – Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt. – Die Maschine nach Amsterdam steht nun zum Abflug bereit.

Ungeduldig wartete ich auf die Heimkehrer in der Ankunftshalle. Ob sie nun aus Mallorca, Helsinki oder Kenia kamen, immer wenn sie ihre Koffer durch die automatischen Glastüren rollten, strahlten sie wie frisch Verliebte. Rein statistisch konnte es natürlich nicht sein, dass sich so viele Menschen im Urlaub gleichzeitig verknallten. Oder doch? Klar, sie hatten sich in das Land verliebt, in dem sie gerade gewesen waren. In den Geruch der Pinien und Pina Coladas, in die Mitternachtssonne oder die Meerkatze, mit der sie auf einer Safari zusammen gefrühstückt hatten. Okay, vielleicht hatte zufällig neben der Meerkatze auch noch ein Mann gesessen. Mit dem konnte man ausprobieren, ob es beim Küssen kulturelle Unterschiede gab oder nicht.

Eine Welle lief über die Anzeigetafel, die Maschine aus Dubai rückte an die oberste Stelle. Ankunftszeit 15:12, gelandet. Mein Gehirn machte einen Zeitsprung. Sechs Stunden zuvor, Zwischenstopp Dubai, draußen Wüste und in der Transithalle jede Menge Urlauber aus Sydney, Adelaide und Melbourne.

Australien!

Die meisten Leute in diesem Flieger waren gerade dort gewesen und hatten sich meinen großen Traum erfüllt. Einfach so, ohne mich vorher zu fragen. Ich weiß nicht wieso, aber seit ich denken kann, will ich nach Australien. Als ich klein war, hatte ich ein Kinderbuch. Darin ging es um einen Jungen, der in der nächsten Woche zum Zahnarzt sollte und ganz laut sagte: »Nächste Woche kann ich nicht, nächste Woche bin ich in Australien!« Der Satz hat mir sofort eingeleuchtet, auch ohne Zahnarzt.

Einmal ans andere Ende der Welt fliegen. Den fünften Kontinent sehen. Die endlosen Strände und die Korallen am Great Barrier Reef. Auf den Wellen reiten und danach zu den Koalas, die tiefenentspannt in ihren Eukalyptusbäumen abhingen. In Australien war alles größer, weiter und aufregender als in Europa. Immer wenn ich mir vorstellte, selbst dort zu sein, wurde mir schwindelig. War das Land vielleicht doch eine Nummer zu groß für mich? Natürlich nicht! Oder sollte ich dem Klima zuliebe auf den Langstreckenflug verzichten? Aber ich wollte ja keine Abifahrt machen, sondern mindestens ein Jahr in Down Under sein.

Wieder kam Bewegung in die Anzeigetafel, und gleichzeitig vibrierte es in meiner Tasche. Ich las oben Gepäck und unten auf meinem Handy Badesee?

Ohne die Anzeigetafel aus den Augen zu lassen, tippte ich:

Bin in einer Dreiviertelstunde da.

Super!,

schrieb Sofie zurück.

Wenn ich nicht zu spät kommen wollte, musste ich sofort los, doch dann verpasste ich das Beste. Sofie war in den letzten zwölf Jahren x-mal zu spät gekommen. Da konnte sie ruhig auch mal auf mich warten.

Die Glastüren gingen auf, und die ersten Urlauber kamen heraus. Eine Familie mit einem Kofferberg auf dem Gepäckwagen und zwei kleinen Kindern. Der Junge hatte einen Plüsch-Koala unter den Arm geklemmt. Hinter ihnen ein Pärchen mit Down-Under-T-Shirts. Dann zwei braun gebrannte junge Männer mit Strohhüten und ausgebeulten Rucksäcken. Waren bestimmt auf einer australischen Farm gewesen, Bananen pflücken oder so. Hinter den Männern eine Frau Anfang zwanzig. Kam sie etwa gerade von ihrem Work-&-Travel-Jahr zurück? Wie cool sie aussah, viel cooler als ich!

So konnte es nicht weitergehen. Ich hatte mein Abi in der Tasche und den definitiv letzten Familienurlaub mit meinen Eltern gerade so ohne Nervenzusammenbruch überstanden. Was im Übrigen nur daran lag, dass ich an der Ostsee einen Surfkurs gemacht und entdeckt hatte, wie schön es ist, auf den Wellen zu reiten. Jedenfalls war ich jetzt frei und nächstes Jahr würde es in Deutschland auch noch Studienplätze geben. Also worauf wartete ich? Warum verschob ich meinen Traum immer wieder auf morgen? Weil ich mich alleine nicht traute? Oder weil ich Angst hatte, dass es in Australien doch nicht so toll sein würde, wie ich es mir vorstellte?

Immer mehr Menschen strömten in die Ankunftshalle. Es wurde laut, und überall gab’s großes Hallo. Um mich herum fielen sich Menschen um den Hals, die sich lange nicht gesehen hatten. Sie lachten, redeten gleichzeitig drauflos, küssten sich.

Ich machte die Augen zu und spürte Meersalz auf der Zunge, Sonne auf der Haut und Sand zwischen meinen Zehen. Ewig hätte ich so dastehen und mir einbilden können, dass ich gerade mit einer Ladung Mangos frisch aus Australien eingeflogen war. Es fühlte sich so echt an. Übrigens schien keiner zu merken, dass ich nicht dazugehörte, weder die Urlauber noch die Freunde und Familien, die zum Flughafen gekommen waren. Alle waren viel zu aufgedreht, um mich überhaupt wahrzunehmen.

Jetzt setzte sich die Menge in Bewegung. Ein Teil der Urlauber verschwand über die Rollbänder in Richtung S-Bahn. Der andere Teil lief zum Parkhaus und zum Ausgang, wo die Taxis warteten. Der Vater der Backpacker-Frau griff nach dem Koffer seiner Tochter. Sie hakte sich bei ihm unter. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie sich die Ankunftshalle leerte.

Und was war mit mir? Seit 19 Jahren hing ich hier in München fest, statt endlich auf dem Weg nach Australien zu sein. Ans Meer. Aufs Surfbrett. Im Neoprenanzug.

Sofie, Badesee!

Ich nahm die Überholspur auf dem Rollband, hetzte zur S-Bahn und schwitzte die nächsten drei Stationen vor mich hin. Im Grunde war der heiße Sommer hier gar nicht so schlecht. An der australischen Ostküste gab es 340 bis 360 Tage Sonnenschein pro Jahr. So was nennt man die perfekte Vorbereitung.

Plötzlich konnte ich es kaum erwarten, Sofie zu sehen. Gestern hatte sie noch mal mit ihren Eltern geredet, zum ungefähr hundertsten Mal. Die waren gegen das Work-&-Travel-Jahr. Sofies Eltern gehörten zu der Sorte von Leuten, die immer mit dem Schlimmsten rechneten. Dass zwei junge deutsche Frauen im Ausland bloß einen Schritt auf die Straße vor ihrem Hostel machen mussten – und schon wurden sie überfallen und ausgeraubt. Oder sie gerieten in einen Drogenring. Oder es passierten noch schrecklichere Dinge, die Sofies Eltern lieber nicht aussprechen wollten.

Also war eigentlich Sofie schuld daran, dass ich nicht längst in Sydney Papageien fotografierte oder mich am Bondi Beach rekelte. Und Leon, der sich im Januar von mir getrennt hatte, gerade rechtzeitig bevor das Australien-Thema akut wurde. Und die vier anderen Freundinnen, die ich neben Sofie gefragt hatte, ob sie mit nach Australien kommen wollten. Wollten sie nicht oder konnten sie nicht, was im Grunde keine Rolle spielte.

Auf dem letzten Platz meiner Liste mit Australien-Verhinderern stand ich selbst. Natürlich hätte ich das Ganze auch alleine durchziehen können, wie die Backpacker-Frau vom Flughafen. Meine Eltern waren in der Hinsicht ziemlich entspannt. Doch leider war ich nicht der Typ, der pfeifend seinen Rucksack packte, den Eltern ein lässiges »Tschüss!« zurief und mit 50 Euro in der Tasche ganz cool alleine auf Weltreise ging. Ja, ich hatte Schiss davor. Das schöne bequeme Leben daheim aufgeben und mich ein Jahr lang alleine durchschlagen. Mich um alles selber kümmern: Wäsche, Essen, einen Job, um mir die Reise zu finanzieren, den ganzen Kram. Fremde Leute anquatschen, Charme versprühen, das konnte ich noch nie gut. Und ob mich die Australier mit meinem durchschnittlichen Schul-Englisch verstehen würden, war auch die große Preisfrage. Total blöd, wenn man sich gleichzeitig vor Sehnsucht nach Australien verzehrte, aber ich konnte es nun mal nicht ändern.

Die S-Bahn hielt an meiner Station. Ich stieg aus, rannte nach Hause und warf meine Badesachen in die Tasche. Dann schwang ich mich aufs Fahrrad und trat in die Pedale.

»Da bist du ja endlich, Alina!« Sofie stöhnte. »Es ist so voll heute, da kriegen wir nie mehr einen Platz.«

»Hab dich auch lieb«, sagte ich und ging zur Umkleide.

Fünf Minuten später hatten wir einen super Platz unter einer schattigen Kastanie gefunden. Wir liefen zum See, bewusst langsamer als die vielen Kinder, und das Kreischen ließen wir auch weg, obwohl ich es gerne getan hätte. Stattdessen tauchte ich unter, machte ein paar kräftige Schwimmzüge und legte mich danach auf den Rücken.

»Jetzt erzähl schon!«, fragte ich ungeduldig. »Wie war’s gestern? Was haben deine Eltern gesagt?«

Sofie stellte sich ins hüfthohe Wasser und blinzelte, dabei blendete die Sonne gar nicht. »Also … äh … be…begeistert sind sie immer noch nicht. Aber wenn ich es wirklich will, stehen sie mir nicht im Weg, haben sie gemeint. Unter einer Bedingung: Nur mit Agentur. Es gibt da so Starter-Pakete, die … die …«

Sofie schien heute Wortfindungsprobleme zu haben. »Die helfen einem in den ersten Wochen, schon klar«, sagte ich. »Mensch, endlich haben deine Eltern begriffen, was gut für dich ist. Australien, wir kommen!«, rief ich so laut, dass ein kleiner Junge neben uns beinahe von seinem aufblasbaren...

Erscheint lt. Verlag 31.1.2020
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Allein unterwegs • Auslandsaufenthalt • Auslandsjahr • Australien • Auszeit • Erste Liebe • Fernweh • Freundschaft • Liebe • Reiseabenteuer • Reiselust • Reisen • Songs • Work & Travel
ISBN-10 3-646-92535-3 / 3646925353
ISBN-13 978-3-646-92535-7 / 9783646925357
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