Witchcraft (eBook)
240 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-24140-7 (ISBN)
Welche Kerzen brauche ich für meine magischen Rituale? Wie richte ich mir meinen eigenen kleinen Altar ein? Wie funktioniert ein wirksamer Liebeszauber? Auf all das und noch viel mehr weiß Mya Spalter Antworten, denn sie beschäftigt sich seit Jahren mit Astrologie, Kräuterkunde und Tarot und weiß, welche Grundausstattung moderne Hexen benötigen. Von Pendel bis zur Symbolkunde, vom Schutzzauber bis hin zum richtigen Kristall für jede Lebenslage: Mya Spalter beherrscht das Hexeneinmaleins und teilt so manch lustige Anekdote aus ihrem bislang gut gehüteten Erfahrungsschatz.
Mya Spalter ist Autorin und Lektorin. Als langjährige Mitarbeiterin bei »Enchantments«, New Yorks ältestem Fachgeschäft für magisches Zubehör, schreibt sie über Hexenwissen und Poesie. Mit ihrem Mann und ihrem Sohn lebt sie in Brooklyn.
Einführung
In der ich mich vorstelle und erzähle, wie ich zu dem Job bei Enchantments kam, dem ältesten Hexenladen von New York City.
Ich war neunzehn Jahre alt und hatte eine Glatze. Ich konnte meine BHs nicht finden. Ich war im zweiten Studienjahr und brauchte Arbeit. Die zwanzig Dollar, die ich von meiner Mutter in der Woche bekam, reichten gerade mal für französische Zigaretten, Croissants und Ambitionen. Im Jahr 2000 konnte man sich Zigaretten und Ambitionen noch leisten. Ich wohnte 31 Union Square West. Das hört sich vornehm an, aber meine Mitbewohnerinnen und ich ließen die Wohnung verkommen. Wir rauchten Kette und warfen mit Messern auf die Wände. Bei schönem Wetter lagen wir auf den alten Fenstersimsen aus Kalkstein und vertrauten darauf, dass uns das Vordach des Restaurants im Erdgeschoß schon auffangen würde, falls wir runterfallen sollten.
Ich hatte eine Glatze, weil ich damals (a) viel Ani DiFranco hörte. Also richtig viel. So viel, dass sich die Menschen, die mich gern hatten, Sorgen machten. Außerdem hatte (b) meine Ex gesagt, ich solle endlich aufhören zu sagen, ich würde mir den Kopf rasieren, weil ich es ohnehin nie tun würde und sie es hasse, wenn Leute von Dingen reden, die sie niemals tun. Ich hatte echt keine Wahl. Die Jazzjungs im Stockwerk über uns hatten einen Haarschneider, damit war die Sache klar. Soll heißen, meine Haare lagen kurz darauf in unserer Kochnische auf dem Teppich, um später in eine Plastiktüte gekehrt und zur Aufbewahrung in die Hülle eines CD-Sets der Smashing Pumpkins gesteckt zu werden. Jetzt weißt du alles Wichtige über meine Jugend und wie ich damals so drauf war.
Heute erkenne ich in der Kahlköpfigkeit einen besonderen Sinn. Die meisten geistlichen Orden verlangen von ihren Novizinnen und Novizen, sich eine Art Tonsur schneiden zu lassen. Ein rasierter Kopf ist eine klare Zäsur. Was vorher war, ist vorbei, und in diesem Moment der Abgrenzung von der Vergangenheit kann die Zukunft beginnen.
Als ich auf der Highschool war, lungerte ich an den meisten Wochenenden trübsinnig im East Village herum. Deshalb war ich überrascht, dass ich den Laden nicht kannte, als ich an jenem Tag hineinschaute. Ich war auf Jobsuche und hatte schon den ganzen Nachmittag meinen kahlen Kopf in alle Geschäfte gesteckt, die geöffnet hatten.
Schließlich stand ich vor einem schäbigen kleinen Schaufenster, vor dem als Ladenschild eine ramponierte Blechmondsichel hing. Ich trat durch die Tür in Schwaden von Rauch. Sie stiegen aus einem kleinen Hexenkessel auf, den eine Dame mittleren Alters in der Hand hielt. Sie hatte eine Frisur wie Peppermint Patty. Über einem Rollkragenpulli trug sie ein Sweatshirt, das mit einem Wolf bedruckt war, der den Mond anheulte. Ein klassischer Look. Ich fragte, ob sie Hilfe im Laden brauchen könne, und sie erwiderte: »Keine Ahnung, was du machst, Schwester, aber es funktioniert! Du bist engagiert!« So sollte es wohl sein.
In den folgenden Jahren arbeitete ich im ältesten Hexenladen von New York City. Ich füllte Öle ab und präparierte Kerzen. Damals ging es bei der Arbeit eher geruhsam zu. Das ganze Viertel hatte einen anderen Charakter. Die meisten Ladenbesucher wussten, was sie wollten. Sie hatten eine Liste mit Kräutern oder kauften Woche für Woche einen bestimmten Gegenstand. Diese Menschen pflegten Altäre zu Ehren ihrer Gottheiten. Oder ihr Auskommen wurde von der Gunst launischer Mächte bestimmt wie bei den Prostituierten und Tänzerinnen. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt mit den Zaubern, die Kunden anlockten und sie ermunterten, es Geld regnen zu lassen.
Mehr als fünfzehn Jahre später arbeite ich wieder bei Enchantments, und die Geschäfte gehen besser denn je. Heute brauchen die Leute seltener materielle Dinge oder Zauber, die mit Sexarbeit zu tun haben. Wie du vielleicht weißt, ist das East Village inzwischen supertrendy. Heute kostet ein Kaffee über einen Dollar mehr als eine U-Bahn-Fahrkarte. Das hätte nicht passieren dürfen. Immer öfter kommen junge Leute in den Laden, die höchst interessiert sind und unbedingt eine Wunschkerze kaufen möchten, aber nicht den blassesten Schimmer haben, was sie damit erreichen wollen. Das macht mir Sorgen. Ich meine, woher weiß man, dass man eine Kerze braucht, wenn man noch nicht mal weiß, was man damit anfangen will? Bei Enchantments gibt es Kerzen, Öle, Kräuter und Räucherwerk für nahezu jeden Zweck. Ganz gleich, ob man abnehmen oder, keine Ahnung, einem verstorbenen Haustier eine Botschaft der Liebe senden möchte. Grenzen setzen nur die eigene Vernunft und Fantasie – zwei Eigenschaften, die offenbar häufig Mangelware sind.
Doch statt mich zu beklagen, habe ich beschlossen, ein Handbuch für die Leute zu schreiben, die im Laden auf den glitzernden und duftenden Krimskrams deuten und fragen: »Und was macht man damit?« Dieses Buch ist meine Antwort. Es fasst alles über die verschiedenen Spielarten der modernen Hexenkunst zusammen. Am meisten würdest du natürlich lernen, indem du den ganzen Tag bei uns im Laden abhängst und uns Hexen dabei zusiehst, wie wir herumkichern, uns mit Holzlöffeln schlagen und einander kluge Kommentare über moderne Magie und Hexerei zuwerfen. Aber wer hat dazu schon die Möglichkeit? Außerdem ist viel los, und der Laden ist klein. Deshalb ist dies ein dickes Buch. Darin ist genügend Platz für alle!
Warum solltest du dich überhaupt für die Hexenkunst interessieren? Vielleicht, weil es dabei vor allem darum geht, innere Stärke zu entwickeln, Kraft aus verschiedenen Quellen – aus der Fülle uralter und lebendiger Traditionen, von den eigenen Ahnen, aus der Erde selbst – zu schöpfen und zu nutzen, um unser zerbrochenes Selbst und unsere zersplitterte Kultur zu heilen, Wachstum zu fördern und Leben zu hegen. Diese Dinge sprechen uns heute noch genauso an wie eh und je. Noch nie waren so wenige junge Menschen in Religionen engagiert – doch das angeborene menschliche Bedürfnis nach Ritualen und Verbundenheit bleibt. Der blanke Horror der aktuellen Situation in den Vereinigten Staaten zeigt es sogar noch deutlicher. In einer Zeit, in der die Rechte von Frauen und Menschen, die nicht den gängigen Geschlechterstereotypen entsprechen, vermehrt den ständigen Angriffen mächtiger Institutionen ausgesetzt sind, ist eine nicht hierarchische Spiritualität, in deren Mittelpunkt die Göttin steht, sehr anziehend. Wir leben in einer Zeit, in der es immer mehr Menschen immer stärker nach einer Praxis verlangt, die einen Weg zu Sinn, Frieden und Selbstbeherrschung eröffnen kann.
Meiner Ansicht nach geht es in der Hexenkunst im Kern darum, Zugang zur eigenen Intuition zu finden. Wer von der Intuition geleitet wird, kommt um die Magie nicht herum. In allen Sprachen gibt es Wörter für die verblüffende Fähigkeit mancher Menschen, ihre Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Ich finde es hilfreich, hier den Begriff »Selbstbeherrschung« zu verwenden – sowohl wegen seiner allgemein anerkannten Bedeutung (dass man seine ganze Kraft einsetzt, sich nicht von den Meinungen anderer beeinflussen lässt) als auch wegen des Bedeutungselements der Beherrschung im Sinne von »Besessenheit« (dass ein Geist ganz von einem Besitz ergriffen hat). In diesem Fall ist es dein eigener Geist. Er nimmt Besitz von dir. Du spukst in deiner eigenen Hütte.
Wir werden uns gleich ausführlicher darüber unterhalten. Lass mich dir erst noch erklären, wie weit mein Hexenwissen reicht. Ich verfüge über weniger praktische Kenntnisse der Hexenkunst als viele meiner Kolleginnen und Kollegen bei Enchantments. Aber das Zauberhafte daran ist, dass ich gar keine Expertin sein muss, um anderen zu zeigen, wie man mit dem, was man gerade zur Hand hat, eine eigene Praxis aufbaut. Ich improvisiere schon mein Leben lang. Ich habe mit magischer Hilfe meine wahre Liebe gefunden, von meiner zauberhaften und trotzdem erschwinglichen Wohnung in Brooklyn ganz zu schweigen. Und wenn du dieses Buch liest, entwickelt sich auch der Zauber, der mir helfen soll, meine Karriere als Autorin in Schwung zu bringen, ganz prächtig.
Dieses Buch zeigt dir eine magische Sicht auf das Leben und nimmt dich mit auf einen Rundgang durch eine wunderliche Welt, mit der ich bestens vertraut bin. Ich betrachte Enchantments als einen Mikrokosmos innerhalb des größeren magischen Ökosystems. Als einen Ort, an dem Hexen, Heiden und Polytheisten jeder Couleur ihre Sieben-Tage-Kerzen und andere Devotionalien kaufen. Im ersten Teil des Buches präsentiere ich das Handwerkszeug der Hexen und erkläre dir, was du damit anfangen kannst. Im zweiten Teil sehen wir uns an, wie du diese Elemente kombinieren kannst, damit sie deine magischen Pläne unterstützen.
Mit dem Wörtchen »magisch« meine ich eine bestimmte Einstellung: Ein magischer Mensch geht davon aus, dass man die materiellen Lebensumstände beeinflussen kann, indem man sich ein Ziel setzt oder eine Absicht erklärt, diese Absicht in ein Ritual verpackt, die Erfüllung des Wunsches visualisiert – und geschehen lässt. Wir durchlaufen ständig solche Prozesse im Leben. Die unsichtbaren Impulse, die das Gehirn an unsere Körperteile sendet, sind eine Manifestation dieses Prinzips. Wenn unser Körper gesund ist und wir eine Bewegung machen möchten, wird sie auf magische/elektrische/mechanische Weise vom entsprechenden Körperteil ausgeführt. Ein leises, geheimnisvolles Simsalabim … irgendwo springt unbemerkt ein Funke über … und mit einem Mal … sieh nur … wackeln meine Zehen! Genau, wie ich es will! Dass ich weiß, wie es funktioniert, schmälert das Wunder in keiner Weise. Wir Hexen machen es nicht anders: Wir halten Ausschau nach der Magie, nach dem Göttlichen...
Erscheint lt. Verlag | 16.12.2019 |
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Übersetzer | Andrea Panster |
Zusatzinfo | mit s/w-Illustrationen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Enchantments. A Modern Witch's Guide to Self Possession |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Östliche Weisheit / Alte Kulturen | |
Schlagworte | Booktok • eBooks • Heidentum • Hexe • Hexen • Hexerei • Magie • Neopaganismus • Orakel • Rauhnächte • Raunächte • Sabrina • Samhain • Skye Alexander • spirituelle Bücher • Tarot • Wicca • Witch • Witches of Instagram • Zauberkunde |
ISBN-10 | 3-641-24140-5 / 3641241405 |
ISBN-13 | 978-3-641-24140-7 / 9783641241407 |
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