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Der letzte Champagner (eBook)

Ein kulinarischer Krimi
eBook Download: EPUB
2016 | 1., Auflage
320 Seiten
Piper ebooks (Verlag)
978-3-492-97495-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der letzte Champagner - Carsten Sebastian Henn
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Die wichtigsten Champagnerwinzer hat es zu einer historischen Weinprobe an die beschauliche Lahn verschlagen, doch der Abend endet blutig. Ghislain de Montgolfier wird der Kopf abgeschlagen. Und zwar genau auf die Art, wie man eine Champagnerflasche köpft. Professor Adalbert Bietigheim, Deutschlands einziger Inhaber eines Lehrstuhls für Kulinaristik und Zeremonienmeister des Abends, sieht es als seine Pflicht an, den Mord an seinem alten Freund aufzuklären. Seine Ermittlungen führen ihn in die wunderschöne Champagne mit ihrer prachtvollen Hauptstadt Reims. Sie führen tief in die kilometerlangen Kreidekeller der Champagnerhäuser und in die wechselvolle Historie der Gegend. ...

Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, ist neben seiner Tätigkeit als Autor auch als Weinjournalist und Restaurantkritiker tätig. Viele erfolgreiche kulinarische Kriminalromane stammen aus seiner Feder, aber auch Liebeskomödien, Theaterstücke und ein Bilderbuch. Sein Roman »Der Buchspazierer« stand über zwei Jahre auf der SPIEGEL-Bestsellerliste, wurde allein in Deutschland über eine halbe Millionen Mal verkauft, in mehr als 30 Sprachen übersetzt und mit Christoph Maria Herbst in der Titelrolle verfilmt. Auch seine nächsten Romane »Der Geschichtenbäcker« und »Die Butterbrotbriefe« waren große Bestseller-Erfolge. Für seine literarischen Werke erhielt er mehrere Auszeichnungen.

Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, arbeitet als Schriftsteller, Weinjournalist und Restaurantkritiker. Er ist Chefredakteur des Gault & Millau WeinGuides sowie Redaktionsleiter Deutschland des Weinmagazins Vinum. In St. Aldegund an der Mosel besitzt er einen Steilstweinberg mit alten Rieslingreben, den er selbst bewirtschaftet. Wenn er einmal nicht seiner Leidenschaft fürs Kochen nachgeht, ist er auf der Suche nach neuen Gaumenfreuden.

KAPITEL 2

Ein Rätsel für den Professor

Das altehrwürdige Reims wirkte auf den Professor, während der Zug auf dem Weg zum schönen Bahnhof der Stadt durch die unattraktiven Außenbereiche pflügte, wie ein auf den Boden gefallener Apfel einer alten Streuobstwiese. Unförmig, mit einigen braunen Stellen und Katschen. Doch wenn man durch die Schale stieß und sich seinem Inneren näherte, stellte sich dieses als makellos, hoch aromatisch und köstlich heraus. Das Zentrum, das Kerngehäuse von Reims, war wunderschön, eine Perle des Art déco, mit kostbaren Materialien und dekorativer Eleganz erbaut. Florale Elemente ließen die Altstadt wirken, als blühten hier selbst die Wände der Häuser. Inmitten von Reims stand die Kathedrale Notre-Dame. Ihr stattete Adalbert zuallererst einen Besuch ab und stellte dort eine Kerze auf, denn er hatte den Eindruck, ein wenig göttlicher Beistand könne nicht schaden. Dann spazierte er zum Place Drouet-d’Erlon, der voll hing mit Plakaten und Fahnen, die für allerlei Veranstaltungen warben. Vom Theater über Kino, einem Fußballpokalspiel zwischen Stade de Reims und Hellas Verona, einem Rennen mit historischen Automobilen und natürlich dem großen Marathon durch die Champagne. Reims war fraglos kein verschlafenes Städtchen der Provinz, sondern eine pulsierende Metropole im Miniaturmaßstab.

Der Professor betrat die Boulangerie »Waïda et Fils«, wo er sich Pâte de fruits kaufte, diese so köstlichen Fruchtgelees mit ihrer konzentrierten Säure und der intensiven Süße. Sie weckten die Geschmacksnerven wie ein stürmischer Kuss. Als er vor der Boulangerie stand und direkt eines aß, musste Adalbert an Hildegard zu Trömmsen denken, der er in diesem Jahr endlich gestehen wollte, dass sie die große Liebe seines Lebens war, und er hoffte sehr, sie würde Gleiches erwidern. Kurz entschlossen trat er nochmals in das Geschäft, um ihr etwas dieser Köstlichkeit nach Hamburg mitbringen zu können.

Für Benno kaufte er in einer nahe gelegenen Boucherie einen Rinderknochen, damit dieser während der Testamentseröffnung beschäftigt war. Ein wenig Kauen würde den Notar sicher nicht stören. Und wenn doch, dann würde er ihm so einiges über die edle Abstammung seines Foxterriers mitteilen – wie auch Spekulationen über die vermutlich unedle Abstammung des Notars.

Dessen Büro, oder besser Stadtvilla, befand sich in der Rue Libergier. Die prachtvolle Behausung machte sofort deutlich, wie viel Geld nötig war, um sich dem Büro nähern zu dürfen.

»Benno, bei Fuß!«, sagte der Professor, woraufhin dieser an der Leine zog, als hätte ihn plötzlich jemand in Ketten gelegt. Genau das hatte der Professor erwartet, sogar darauf gehofft, dass Benno dem Kommando nicht Folge leisten würde. Er wollte nämlich, dass Benno vorging, denn sein vierbeiniger Begleiter gewann die Herzen für sich. Und es wäre schön, wenn wenigstens einer von ihnen ein paar abbekam. Adalbert wusste, dass er im Zentrum der Missgunst stehen würde. Aus gegebenem Anlass war Bennos Leine heute schwarz. Genau wie die Fliege des Professors.

Selbstverständlich war er pünktlich. Überpünktlich sogar. Eine halbe Stunde zu früh.

Doch wie sich herausstellte, waren alle anderen schon da.

Und hatten keinen Platz für ihn frei gehalten.

Mit seinem Eintreffen war offensichtlich erst gerechnet worden, nachdem alles geregelt worden wäre.

Manch einer hätte bei den Blicken der Anwesenden an eine Schlangengrube gedacht, doch Schlangen wären nicht fähig, jemanden dermaßen verächtlich anzuschauen.

Aber die Erben fanden ihren Meister.

Abneigung schlug dem Professor seit jeher entgegen, wenn er seine Zensuren mitteilte. Der Professor lächelte daher unbeeindruckt. Freundlichkeit war seine Waffe der Wahl.

»Sie sind spät dran«, sagte der hagere Notar Gérard Le Coq statt einer Begrüßung. Mit seinen zurückgelegten grauen Haaren und den ernsten Gesichtszügen wirkte er wie ein Graureiher.

»Ich bin niemals spät dran«, erwiderte der Professor. »Es ist mir biologisch unmöglich.« Er überreichte einen Ausdruck der Einladung, die er per Mail erhalten hatte. Bietigheim druckte stets jeden Briefwechsel aus, denn er misstraute allem Digitalen zutiefst.

»Da muss meiner Mitarbeiterin ein Fehler unterlaufen sein«, sagte Le Coq kopfschüttelnd. »Wie auch immer, der Hund …«, begann der Notar.

»… wird vermutlich im Testament bedacht werden«, sagte Adalbert. »Ghislain liebte ihn sehr. Zudem habe ich nirgendwo einen dieser verachtenswerten Aufkleber gesehen, die Hunden den Eintritt verbieten. Mein treuer Benno bleibt. Und nun fangen Sie noch mal von vorn an, wir haben sicherlich alle keine Zeit zu verlieren.«

Nachdem eine Mitarbeiterin des Notars einen Stuhl geholt hatte, setzte Bietigheim sich sanft lächelnd. Er sagte nicht »Platz!« zu Benno, denn er wollte nicht, dass sein Begleiter jemandem an die Gurgel sprang. Zumindest noch nicht.

»Mesdames et Messieurs, wie ich eben schon sagte, sind wir hier zusammengekommen, um den Letzten Willen von Ghislain de Montgolfier zu eröffnen.«

Der Professor zündete sich seine Pfeife an. Ein wenig zwiebeln wollte er den Notar noch, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass die falsche Uhrzeit auf der Einladung ein einfacher Fehler war, der nur einer einzigen Person widerfuhr.

»Rauchen ist hier nicht erlaubt«, ermahnte ihn Le Coq.

»Sehen Sie es nicht als Rauchen. Ich tue nur etwas gegen die dicke Luft hier.«

»Aber …«

»Wollen Sie jetzt eine lange Diskussion über den köstlichen Duft meines Santa-Fe-Natural-American-Spirit-Stopftabak mit rotem Burley führen oder die Verlesung des Testaments abschließen? Ihre Wahl. Als Zeichen meines guten Willens werde ich den Hut ablegen.« Bietigheim legte den heute schwarzen Borsalino auf seinen Schoß.

Ghislains Witwe versuchte, Adalbert mittels eines Blicks aus dem Raum zu verscheuchen wie einen räudigen Hund. Die hochgewachsene, elegante Antoinette de Montgolfier trug ein schlichtes schwarzes Versace-Kostüm mit einer weißen Perlenkette. Ein schwarzer Schleier legte ihre harten Züge in einen sanften Schatten. Die grauen Haare hatte sie zu einem strengen Dutt gebunden, die Hände lagen fest verschränkt im Schoß. Von ihr ging ein ungemein starker Duft von wachsigen Rosenblättern und Orangenblättern aus. Sie musste in Chanel N°5 gebadet haben.

Bietigheim war für sie das fünfte Rad am Wagen, das eine Unwucht hereinbrachte. Und möglicherweise einen Erbschleicher.

Bietigheim lächelte abermals sanft und sog an seiner Pfeife. »Ghislain liebte diesen Tabak, deshalb habe ich ihn gewählt. In seinem Andenken.«

Ghislain hatte natürlich niemals auch nur ein Wort über diesen Tabak verloren, aber nach Bietigheims Meinung hätte er es tun sollen, wenn nicht müssen. Und wenn nur, um ihm nun das Rauchen zu ermöglichen. Der Santa Fe hatte ein durchdringendes, harsches Aroma, das einen auch nach dem Rauchen lange begleitete.

Der Notar räusperte sich streng, fuhr dann jedoch fort, erklärte die aktuellen Erbregeln, welche Besitztümer und welche Guthaben aufgeteilt wurden, zwischen der Witwe, den beiden Söhnen – und der nicht anwesenden unehelichen Tochter. Niemanden schien ihr Erbteil auch nur im Geringsten zu irritieren.

Geld aus dem Erbe floss auch in ein »Institute Freya« und in eine noch zu gründende Stiftung für deutsche Winzer, die in der Champagne die Kunst der Schaumweinherstellung erlernen wollten. Was für eine großzügige Geste für seine deutschen Freunde!

Der Notar beendete seine Rede und klappte die Ledermappe bedächtig zu, in der sich Ghislains Letzter Wille befand.

Es war kein Wort über das Erbe des Professors gefallen.

Es musste ein weiteres Missverständnis sein.

Oder ein elend schlechter Witz.

»So weit zum eigentlichen Testament«, fuhr Le Coq nun fort und blickte zum Professor. »Vor sechs Wochen hat Ghislain de Montgolfier einen Zusatz aufgesetzt, den ich nun im Wortlaut vortragen werde. Im Falle eines gewaltsamen Todes vermache ich Prof. Dr. Dr. Adalbert Bietigheim …«

»… er hat meinen Dr. honoris causa vergessen«, unterbrach ihn Adalbert. »Dies nur der Vollständigkeit halber. Sie müssen mir für die Richtigstellung nicht danken, lesen Sie einfach weiter.«

Der Notar dankte nicht und las weiter: » … den Inhalt meines Tresors in der Schatzkammer von Kreidekeller 217. Der Zutritt zu diesem ist ihm egal zu welcher Uhrzeit zu gewähren. Die Zahlenkombination trägt er im Namen wie einen Brief.« Le Coq blickte auf. »Genau so steht es hier. Es muss sich um eines der kleinen Rätsel handeln, die Ghislain so liebte.« Er las weiter: »Darüber hinaus wird dem Professor für seine Anwesenheit in Reims, wie lange sie auch dauern möge, eine Suite im Les Crayères bezahlt, bei freier Kost inklusive jeglicher Getränke.« Der Notar räusperte sich. »Dasselbe gilt für seinen treuen Begleiter, Benoît von Saber.«

Benno blickte auf.

»Na, Benoît? Was meinst du dazu?«, fragte Adalbert seinen Vierbeiner. Benno bellte. Der Professor nahm es als Zustimmung, dass sein Begleiter ab jetzt in Frankreich Benoît genannt werden wollte. Ob der Foxterrier auf den einen oder den anderen Namen nicht hörte, war auch egal. Und Benoît klang sehr stilvoll.

»Können Sie mit dem Hinweis zur Zahlenkombination etwas anfangen, Herr Professor?«

»Aber selbstverständlich«, antwortete der Professor.

Dabei hatte er nicht den blassesten Schimmer.

Das Vorhängeschloss an der heruntergekommenen...

Erscheint lt. Verlag 2.11.2016
Reihe/Serie Professor-Bietigheim-Krimis
Professor-Bietigheim-Krimis
Professor-Bietigheim-Krimis
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Sachbuch/Ratgeber Essen / Trinken
Schlagworte Bietigheim • Buch • Buchspazierer • Butterbrotbriefe • Champagne • Champagner • cosy crime deutsch • eBook • Frankreich • frankreich-krimi • Geschichtenbäcker • humorvoll • humorvoller Krimi • humorvolle Spannung • Hunde-Roman Erwachsene • Krime-Reihe Deutschland • Krimi Humor • Krimikomödie • Kriminalroman • Krimireihe • Krimi-Reihe • Kulinarischer Krimi • Mord • Mystery Krimi • Roman Frauen • Urlaub • Urlaubslektüre • Weinprobe • Winzer
ISBN-10 3-492-97495-3 / 3492974953
ISBN-13 978-3-492-97495-0 / 9783492974950
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