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Die Staufer und ihre Zeit

Leben im Hochmittelalter - Ein SPIEGEL-Buch
Buch | Hardcover
304 Seiten
2010 | 2. Auflage
DVA (Verlag)
978-3-421-04503-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Staufer und ihre Zeit -
CHF 27,95 inkl. MwSt
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Das bekannteste Herrschergeschlecht des Hochmittelalters
• Ein umfassender Einblick in die Epoche des Hochmittelalters
• Kompakte Informationen: Herrscherporträts, Übersichtsdarstellungen, Essays – dazu zahlreiche Grafiken und Abbildungen

Annette Großbongardt, geboren 1961, studierte Romanistik und Germanistik und arbeitet seit 1993 für den SPIEGEL, zunächst als Redakteurin im Deutschlandressort, dann von 1998 bis 2005 als Korrespondentin in Jerusalem und bis Ende 2007 in Istanbul. Heute ist sie stellvertrende Ressorleiterin für Sonderthemen beim SPIEGEL in Hamburg. Bei DVA hat sie mehrere SPIEGEL-Bücher herausgegeben, darunter die Bände „Die Deutschen im Osten” (2011) und „Jesus von Nazareth” (2012). Dietmar Pieper, geboren 1963, studierte Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1989 beim SPIEGEL, von 2001 bis 2008 als einer der Leiter des Ressorts Deutsche Politik in Hamburg. Seitdem ist er Ressortleiter für die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Bei DVA hat er unter anderem die SPIEGEL-Bücher „Die Staufer“ (2010) und „Jesus von Nazareth“ (2012) herausgegeben.

VORWORT Wer sich mit den Knigen und Kaisern aus dem Geschlecht der Staufer befasst, gerin eine hchst widersprchliche Epoche: Es ist die Zeit der Kreuzzge, der brutalen Ritterschlachten, der Leibeigenschaft und des Aberglaubens. Gleichzeitig werden in diesen beiden Jahrhunderten des hohen Mittelalters wichtige Fundamente der Moderne gelegt: Die Anfe unseres Rechtssystems entstehen, die Ausbung hoheitlicher Macht wird konstitutionell begrndet, Logik und Vernunft ziehen in die Denkschulen ein, schwerische Liebe und Traurigkeit in die Dichtkunst. Nicht nur imposante Burgen werden gebaut, sondern viele Ste gegrndet, die durch Geldwirtschaft und Handel prosperieren und neue Berufe, neue Schichten entstehen lassen. Es ist eine mobile Zeit, in der immer mehr Kuriere, Gesandte und Kaufleute die Alpenpe nach Italien berqueren, auch hier regieren die Staufer als rmisch-deutsche Kaiser. In der Zeit ihrer gren Machtentfaltung spannt sich ihr Reich von Lbeck bis Palermo. Damals beginnt sich Europa mit seinen zentralen Staaten zu formen. Wie fortschrittlich, wie innovativ waren die Staufer? Wie weit kam Friedrich I. Barbarossa in seinem Kampf, die unerhrte Macht der Pte zurckzudren? War Friedrich II. wirklich der erste moderne Mensch auf dem Thron, wie der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt schwte? Warum wurde ausgerechnet dieses Geschlecht schwscher Herzge so mtig, so bekannt bis heute wie keine andere Dynastie des Mittelalters? Kein Ottone, kein Salier, kein Luxemburger konnte es je an Popularitmit ihnen aufnehmen. Wie sah das Reich aus, das sie beherrschten - und woran scheiterten sie letztlich? Diesen Fragen gehen die Autoren des vorliegenden Buches nach - in umfassenden Portr der gron Staufer Friedrich I. Barbarossa und Friedrich II., Dichterfrst und Falkenliebhaber, in historischen Analysen, die den Konflikt zwischen Staufern und Pten, zwischen Knig und Frsten, zwischen deutschem Kaiser und rebellischen italienischen Sten beleuchten. Sie beschreiben, wie im Mittelalter Politik gemacht wurde, als Demutsgesten und Buituale feste Bestandteile der diplomatischen Kunst waren. Die Historiker Stefan Weinfurter und Wolfgang Strner zeichnen die gron Entwicklungslinien nach - bis zu den Grenzen der Staufermacht. SPIEGEL-Redakteure haben sich auf historische Spurensuche begeben und faszinierende Geschichten mitgebracht, etwa aus Palermo in Sizilien, wo Friedrich II. aufwuchs und spr herrschte, oder aus der oberitalienischen Metropole Bologna, deren traditionsreiche Universitdamals Kaderschmiede der gerade entstehenden Jurisprudenz war. Das Buch widmet sich aber auch dem Alltag der staufischen Untertanen auf dem Land, in aufstrebenden Sten wie Lbeck und in den Burgen, wo es sich gar nicht so angenehm lebte. Dies erwies sich als schwierige Recherche, bei der viele Details im Dunkeln blieben, denn Geschichtsschreibung im Mittelalter ist meist Herrscher-Berichterstattung - fr Bauern und Schmiede interessierte sich kaum ein Chronist. Die Historiografen dienten auch den staufischen Kaisern, die schon sehr genau wussten, wie PR funktioniert. Sie hielten sich Hofschreiber, die ihre Taten glorifizierten. Damit trugen sie selbst dazu bei, dass sie frh zum Mythos wurden. Die Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts machte Barbarossa schlieich zur deutschen Heldengestalt, Kinder erfuhren aus Grimms Mhenbchern vom sagenhaften Kaiser Rotbart im Kyffher, der schl, bis er einst bessere Zeiten und ein geeintes Reich bringen wird. Warum interessieren uns die Staufer noch heute? Wer anft zu lesen, wird es schnell erfahren: Die Geschichten aus der Welt der legendn Friedriche sind nicht nur hoch spannend, sie helfen uns, die Entwicklung unserer Welt zu verstehen, unserer heutigen politischen und gesellschaftlichen Ordnung. Hamburg, im Herbst 2010 Annette Groongardt, Dietmar Pieper TEIL I HERRSCHER KAISER UND MESSIAS Schon im Mittelalter werden die Staufer-Kaiser zum Mythos - meist verherrlicht, aber auch verteufelt. Barbarossa entwickelt sich zum Helden der Deutschen, vor der Reichsgrndung 1871 verkrpert er die politische Sehnsucht der Nationalbewegung. Von Annette Groongardt Fnf Jahre lang gruben sich die Frstlich-Schwarzburgi- schen Kumpel nun schon in den Berg am Sdwestrand des Kyffher-Gebirges, ganze 178 Meter tief hatten sie sich hineingearbeitet, doch den begehrten Kupferschiefer immer noch nicht gefunden. Da pltzlich, es war im Dezember 1865, vier Tage vor Weihnachten, brachen sie mit ihren Pickeln durch eine Wand, hinter der sich ein geheimnisvoller Hohlraum ffnete. Im Schein ihrer Grubenlaternen erblickten die Bergleute bizarre Gipsgebilde an Decken und Wen. Sie hatten eine riesige Hhle aus Anhydrit-Gestein entdeckt, die sich in vielen Verzweigungen, so zeigte sich, ber 13 000 Quadratmeter erstreckte. Der Fund war so sensationell, dass bereits drei Wochen spr die erste Gruppe durch die Hhle gefhrt wurde. er 2600 Besucher kamen allein im ersten Jahr. Das Mineral Anhydrit quillt unter Feuchtigkeit auf und verwandelt sich, in phantastische Formen berstend, zu Gips. Aber da war noch etwas anderes, das zur Faszination beitrug: Erzte nicht die Sage, dass der legend Kaiser Barbarossa in einer unterirdischen Zuflucht schlafend darauf warte, im rechten Moment das deutsche Kaisertum zur Vollendung zu fhren? Dass dieses Versteck im Harz, im Kyffher, liegen knne, hatte bereits um 1421 der Geschichtsschreiber Johannes Rothe in seiner Thringischen Chronik beschrieben. Er berichtet darin von einem ketzerischen Glauben, nach dem Keir Frederich noch lebe unde der her wander zu Kuffhun yn Doringen uf dem wsten Slo. War die Felsengrotte mit ihren sonderbaren Gipsausformungen vielleicht dieses wste Schloss? 1891 wurde die Der Kyffher - auf Ruinen der alten Reichsburg aus Stauferzeiten steht das 1896 eingeweihte Monument, das Kaiser Wilhelm I. als Vollender der Reichsidee Barbarossas feiert. inzwischen sorgfig vermessene Hhle mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet - gerade rechtzeitig vor dem eigentlichen Ansturm. Denn zehn Kilometer weiter im Kyffher- Gebirge wurde gerade ein Denkmal von nationaler Bedeutung errichtet: eine Heldengedenkste fr den verstorbenen Kaiser Wilhelm I., der hoch erhoben und zu Ross ber einer mtigen Steinskulptur des Stauferkaisers Barbarossa thront. Hier, in den Ruinen der mittelalterlichen Reichsburg Kyff- hausen, sollte die kaiserliche Linie von den Hohenzollern zurck zu den Staufern fr alle sichtbar gezogen werden. Auf dem Kyffher, in welchem nach der Sage Kaiser Friedrich der Rotbart der Erneuerung des Reiches harrte, soll Kaiser Wilhelm der Weiart erstehen, der die Sage erfllt hat, hei es in der Urkunde zur Grundsteinlegung im Mai 1892 - Barbablanca, der Heldenkaiser, der 1871 endlich die langersehnte Einheit der Deutschen zustande brachte. Und in der Anhydrit-Hhle, die lst offiziell zur Barbarossa-Hhle erkl war, stand nun ein steinerner Thron fr den Kaiser mit Tisch davor, durch den, wie die Sage erzt, sein Bart schon hindurchgewachsen ist. Die Rottlebener Hhle in der idyllischen Landschaft knapp 70 Kilometer nrdlich von Erfurt kann man heute besichtigen, das Wilhelm-Denkmal Fr Kaiser und Reich ist zum Museum geworden, inmitten der wunderschnen Kulisse der Burgruine. Der Kyffher mit seinem gigantomanischen Denkmal markiert den Hhepunkt einer nationalen erhhung der Staufer, die das schwsche Herrschergeschlecht zum Urbild des deutschen Kaisertums erhob. Die Staufer waren - und sind - so beliebt wie keine andere Dynastie des Mittelalters, kein Ottone, kein Salier konnte es je mit ihnen aufnehmen an Popularit Sie alle, ob Friedrich I., Barbarossa, Heinrich VI., Friedrich II., seine Shne Manfred, Enzio und Heinrich, der arme Konradin, wurden zu Helden unziger Dramen, Balladen und Gedichte, die meisten sind heute vergessen. Warum gerade diese Familie schwscher Herzge, die sich selbst erst in der Zeit Friedrichs II. als Staufer bezeichnen? Ihr Aufstieg beginnt im Jahr 1079, als der Salier Heinrich IV. aus machtpolitischem Kalkl den jungen Grafen Friedrich, einen treuen Gefolgsmann, zum Herzog von Schwaben macht und ihm seine Tochter Agnes zur Frau gibt. Stammsitz des Schwiegersohns wird die Burg Staufen auf dem Hohenstaufen, der Name geht spr auf die Familie ber. Der erste Staufer, dem es nach etlichen Wirren gelingt, von den deutschen Frsten einhellig zum Knig des rmischdeutschen Reiches gewt zu werden, ist Konrad III. 1138 ist das, und nun regiert die Dynastie fast 130 Jahre lang, bis der gerade 16-jige Konradin im Kampf gegen Karl von Anjou und den Papst unterliegt und hingerichtet wird. Was hebt die Staufer ab von anderen Herrscherhern? Warum spielen nicht Karl der Gro oder Kaiser Otto I. diese prominente Rolle in der Saga der Deutschen? Die Staufer, sagt der Heidelberger Historiker Bernd Schneidmller, eignen sich jedenfalls besonders gut dazu, nationale, ja bernationale Gr zu zelebrieren. Karl der Gro und die Karolinger, so Schneidmllers Argumentation, sind noch nicht deutsch, sie sind Franken. Die Ottonen stehen noch im ergang von der frischen Welt zum Europa des Mittelalters, im 10. Jahrhundert fehlt auch noch der wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung, der die Staufer-Welt auszeichnet. Und die Salier, das nste gro Geschlecht, verschlein sich im Riesenkonflikt mit dem Papsttum, dem Investiturstreit, der Heinrich IV. zum Gang nach Canossa zwingt. Die staufischen Frsten Barbarossa und Friedrich II. sind aber auch ungemein markante Kaisergestalten, Schneidml- ler spricht von charismatischer Herrschaft. Sie leuchtet umso heller, je ler sie zurckliegt. Vor allem Barbarossa wird zum glorifizierten Inbegriff des mtigen, schwertumgrteten Knigs. Von Friedrich II., dem schillernden DeutschItaliener, schwt Nietzsche als einem der zauberhaften Unfassbaren und Unausdenklichen, in ihm sieht er den ersten Europ nach meinem Geschmack. Die Staufer-Begeisterung hat Dichter wie Historiker ber Jahrhunderte befeuert, ihre Epoche gilt manchen gar als Hhepunkt der deutschen Geschichte. Tatslich verbindet sich mit den Staufern die Glanzzeit der hochmittelalterlichen Architektur und Literatur, der hfisch-ritterlichen Kultur, des Burgenbaus. Der Aufbruch der Wissenschaften ereignet sich ebenso in diesen Jahrzehnten wie der Aufschwung der Ste und des Handels. Vor der dekorativen Kulisse von Burgen und Ritterturnieren liefern die Staufer erstklassigen Stoff fr Heldensagen vom Aufstieg und Fall eines Knigsgeschlechts, mit allem, was dazugehrt. Krieg, Triumph und Demtigung, Mord und Intrige, Liebe und Heiratspolitik. Gro historische Mythen berdauern nur, sagt Staufer-Kenner Schneidmller, wenn sie fr jedes Jahrhundert sozusagen frisch anknpfungsfg sind. Auf die Friedrichs und Konrads trifft das zu. Das schwsche Herrschergeschlecht erweist sich durch fast alle Epochen hindurch als immer wieder neu interpretierbar. Jede Epoche nahm sich, was sie brauchte - die Reformation den Widerstand gegen die Pte, die Romantik den Minnesang und die hfische Kultur, die Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts die Reichsidee. Sogar die Nazis fanden einen Weg, die Staufer propagandistisch einzuspannen. Der Staufer-Mythos entstand nicht erst in der Neuzeit, sondern bereits im Mittelalter. Schon zu Lebzeiten wird Friedrich II. berhht zum gren unter den Frsten, zum stupor mundi, dem Staunen der Welt. Krig nt er selbst den Personenkult um sich. Kaiser Friedrich II., immer erhabener Caesar der Rmer, Knig Italiens, Siziliens, Jerusalems, des Arelats; der Glckliche, der Sieger, der Trium- phator, nennt er sich etwa im Vorsatz seines Gesetzbuches fr Sizilien, das er 1231 verffentlichen lt. Sein Groater Barbarossa engagiert als Hofchronisten einen der bekanntesten Geschichtsschreiber der Zeit: Bischof Otto von Freising, ein Onkel des Kaisers. In dessen Auftrag verfasst er 1157/58 eine propagandistisch gefte Chronik der Gesta Frederici (Taten Friederichs), in der die Staufer zu Erfllern des gttlichen Willens stilisiert werden. Lobpreis ber alle Man spendet der zeitgenssische Klner Vagantendichter Archipoeta: Kaiser Friedrich, in der Welt bist du Herr der Herren, dass Posaunen dir des Feindes Burgen niederzerren. Wir verneigen uns vor dir, Ameise wie Tiger, Busch und Zeder Libanons beugen sich dem Sieger. Bloim Ausland ist Barbarossa herzlich unbeliebt. Denn angesichts ihres Expansionsdrangs wst auch Abwehr gegen die Deutschen. Damals entsteht das Bild vom barbarischen, ungezgelten und plumpen Deutschen, die Angst vor dem furor teutonicus nimmt Gestalt an. Wer hat die Deutschen zu Richtern ber die Nationen bestellt?, erzrnt sich der englische Philosoph Johann von Salisbury, papsttreuer Bischof von Chartres, als Barbarossa 1160 einem Gegenpapst an die Macht verhilft. Rohe und gewalttge Menschen nennt er die Deutschen. Fr die Mailer und den norditalienischen Lombardenbund, die sich mit Untersttzung des Papstes von dem schwschen Herrscher freikfen wollen, ist Barbarossa ohnehin der hliche Deutsche. Der Kaiser lt ihre Auflehnung brutal niedermetzeln.

Erscheint lt. Verlag 4.11.2010
Zusatzinfo mit Abbildungen
Sprache deutsch
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 534 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Mittelalter
Schlagworte 12. Jahrhundert, Friedrich I. Barbarossa, Friedrich II., Hochmittelalter, Mittelalter, Politik • Hochmittelalter • Staufer • Stauferzeit
ISBN-10 3-421-04503-8 / 3421045038
ISBN-13 978-3-421-04503-4 / 9783421045034
Zustand Neuware
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