Trotz der Dominanz Portugals haben fast 180 Jahre deutschsprachige Einwanderung nach Brasilien in den großen kulturellen Zentren wie São Paulo überall ihre Spuren hinterlassen. Im Bewusstsein der heutigen multikulturellen Gesellschaft Brasiliens ist noch immer verankert, dass bereits bei der Entdeckung Brasiliens im Jahre 1500 Deutsche mit an Bord der ersten Schiffe waren. Heute dokumentieren über 100 deutschsprachige Vereinigungen, deutsche Schulen und Zeitungen, das Deutsche Krankenhaus Oswaldo Cruz und der Deutsche Hilfsverein mit seinem großen Altersheim, sowie zahlreiche deutsche Bierstuben und Restaurants Präsenz und kulturelles Erbe der deutschen Einwanderer.Originaltexte aus der Zeit der Eroberung Südamerikas jedoch rar und oftmals geprägt von den Erfordernissen der Erhaltung des eigenen Ruhms der europäischen Eroberer. Sie sind daher nicht selten getragen von teils vordergründigem christlichen Missionseifer bzw. von der Verherrlichung der europäischen Kulturen und Herrscherhäuser im Gegensatz zu den unzivilisierten Wilden des neuen Kontinents. Hier stellt das Buch von Hans Staden eine Besonderheit dar: Hans Stadens Bekanntheit ist auf die intensive Beschreibung seines Aufenthalts in Brasilien zurückzuführen, die bereits 1557 in gedruckter Form vorliegt. Sein Buch „Wahrhaftige Historia der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute“ hat mehr als 80 Auflagen erlebt, davon 15 in portugiesischer und 25 in deutscher Sprache. Es ist das älteste Werk, das eine detaillierte und nachvollziehbare Beschreibung der Urbevölkerung Brasiliens bietet. Die „Wahrhaftige Historia.“ beschreibt das Land, seine Tier- und Pflanzenwelt, die Hans Staden mit fast wissenschaftlicher, neuzeitlich wirkender Schärfe zwischen São Vicente und Ubatuba beobachtete.Um 1547 war Staden beherrscht von dem Gedanken, wie er nach Indien kommen könnte. Nachdem die Weltmeere seiner Zeit nicht von deutschen Flotten beherrscht wurden, reiste Staden über Bremen und Holland nach Portugal, wo er schließlich ein Handelsschiff fand, das ihn nach Nordostbrasilien mitnahm. Seine ersten Erfahrungen ermutigten ihn zu weiteren Fahrten und nach seiner Rückkehr trat er in spanische Dienste und fuhr mit der Flotte des Diego de Sanábria, des neu ernannten Statthalters für das La Plata-Gebiet, zum zweiten Mal nach Südamerika. Auf der Höhe von Paranaguá, eine Hafenstadt im heutigen Bundesstaat Paraná, geriet die Flotte in einen Sturm. Hans Staden gelang es, dort landen und ein Ersatzschiff in São Vicente zu beschaffen. Bei Itanhaém, südlich von São Vicente, erlitt er jedoch 1549 wieder Schiffbruch, woraufhin er zunächst wieder an seinen ursprünglichen Ausangspunkt zurückgeworfen wurde. Die Lebensumstände der ersten ständigen Siedlungen der europäischen Eroberer war geprägt von Ängsten und ständiger Lebensgefahr. Die Siedler um São Vicente waren mit ständigen Überfällen der Tupinambá-Indianer konfrontiert, die unter Leitung des mächtigen Häuptlings Cunhambebe standen. Auf der etwas weiter nördlich gelegenen Insel Santo Amaro wurde deshalb beim heutigen Guarujá eine Befestigung aus Palisaden vor Bertioga angelegt. Die Festung war lebenswichtig für São Vicente, weil die Indianer den schmalen Kanal zwischen Festland und Insel nutzten, um die Siedlung anzugreifen. Um diese wichtige Landbrücke zu schützen, übernahm Hans Staden im Jahr 1552 die Festung 1552 im Range eines Kommandanten. Sie lag, wie er später schrieb, „dort, wo sonst kein Portugiese herein wollte“. Das Festungswerk war das erste portugiesische Fort in Südbrasilien, genannt „Forte de São Felipe“. Doch bereits ein Jahr später wurde Hans Stande auf der Jagd von den Tupinambá-Indianern gefangen genommen und gen Norden in die Gegend der heutigen Stadt Ubatuba verschleppt. Es gelang ihm, die fast ein Jahr währende Gefangenschaft unter den einheimischen Stämmen, die den Kannibalismus pflegten, zu überstehen. Sein Bericht über die „grauenhaften Menschenfresser“ zeugt von dem Entsetzen einerseits des Christen angesichts ihm unbegreiflicher Rituale, andererseits vom Interesse eines intelligenten Menschen, dessen Motivation nicht reine Ruhm- oder Profitsucht gewesen sein konnte. Staden gelang es vor allem deshalb, zu überleben, weil er sich mit dem Medizinmann anfreundete und dadurch allgemein respektiert wurde. Die Erlebnisse dieser Zeit prägen ihn jedoch nachhaltig, denn nach seiner Befreiung kehrte er 1555 endgültig nach Deutschland zurück, wo sich seine Spur verliert.
„Ich, Hans Staden von Homberg in Hessen nahm mir vor - wenn’s Gott gefällig wäre - Indien zu besehen und zog in dieser Absicht von Bremen nach Holland…“ Um 1525 geboren, in allen ‚guten Künsten’ erzogen, hatte Staden sich schon früh beim Heer verdingt, wahrscheinlich an der türkischen Front und im Schmalkaldischen Krieg. Er war ein echter Landsknecht, den es nie lange hielt. So fuhr er von Holland nach Lissabon und heuerte auf einem Kaperschiff an, das vor der brasilianischen Küste französischen Handelsschiffen auflauerte. Später in spanischen Diensten war er an wüsten Plündereien in den La Plata-Gebieten beteiligt und hat die Zerstörung der Inka-Kultur miterlebt. Erfahrungen als Gestrandeter an der brasilianischen Küste und die gefahrvolle Zeit unter Eingeborenenstämmen hinterlassen bei Staden tiefe Eindrücke, die er in seinem Bericht detailgenau und teils abschreckend verarbeitet.
Reihe/Serie |
Alte Abenteuerliche Reiseberichte
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Sprache |
deutsch |
Maße |
130 x 210 mm |
Gewicht |
490 g |
Themenwelt
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Reisen ► Reiseberichte ► Südamerika |
Schlagworte |
Atlantik • Brasilien • Brasilien, Geschichte; Reisebericht/Erlebnisbericht • Brasilien, Geschichte; Reise-/Erlebnisberichte • Cabral • Diego de Sanábria • Edition Erdmann • Entdecker • Entdeckung • Indianer • Indien • Kannibalismus • Reise • Santo Amaro • São Vicente • Vera Cruz |
ISBN-10 |
3-86503-039-4 / 3865030394 |
ISBN-13 |
978-3-86503-039-9 / 9783865030399 |
Zustand |
Neuware |