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Meine große Freiheit (eBook)

Wie ich das Glück im Hamburger Hafen fand

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
240 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-324-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meine große Freiheit -  Maike Brunk
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Maike Brunk ist die »Hafenschnackerin«. Seit 14 Jahren zeigt sie ihren Fahrgästen die verborgenen Ecken des einzigartigen Hamburger Hafengebiets, jenseits der Standard-Touren. Sie hat ihre große Leidenschaft Hamburg zum Beruf gemacht. Im ersten Leben war sie IT-Beraterin, gut bezahlt, aber wenig erfüllt. Kurzentschlossen wirft sie hin und orientiert sich um - und hat es nie bereut. Heute präsentiert sie auch den alteingesessenen Hamburger*innen auf ihren Elbinsel-Touren noch Neues und hat sich gut etabliert. Beim G20-Gipfel ist sie diejenige, welche die Partner*innen der angereisten Politiker*innen durch den Hamburger Hafen führen darf. Maike Brunk nimmt uns in ihrem Buch mit zu ihrem Sehnsuchtsort. Sie schippert mit uns durch den Hamburger Hafen und eröffnet uns einen neuen Blick auf die Stadt.

Maike Brunk, geboren 1971 und aufgewachsen in Nordfriesland, ist ein waschechtes Nordlicht. Nach dem Studium in Kiel zog sie nach Hamburg und lebt dort seit nunmehr über zwanzig Jahren. Seit 2007 führt sie jährlich bis zu 150 abwechslungsreiche Hafentouren mit bisher ca. 55.000 Gästen durch. Maike Brunk begeistert selbst ausgesprochene Hamburg- und Hafenkenner*innen mit ihrer unterhaltsam-informativen Tourmoderation. Auf Twitter findet man sie unter @HHElbinselTour.

Maike Brunk, geboren 1971 und aufgewachsen in Nordfriesland, ist ein waschechtes Nordlicht. Nach dem Studium in Kiel zog sie nach Hamburg und lebt dort seit nunmehr über zwanzig Jahren. Seit 2007 führt sie jährlich bis zu 150 abwechslungsreiche Hafentouren mit bisher ca. 55.000 Gästen durch. Maike Brunk begeistert selbst ausgesprochene Hamburg- und Hafenkenner*innen mit ihrer unterhaltsam-informativen Tourmoderation. Auf Twitter findet man sie unter @HHElbinselTour.

Der Abend davor


Diese Marketingidee war großartig, geradezu genial. Das musste einfach wie von selbst funktionieren. Ich würde im Handumdrehen Gäste für den kommenden Tag akquirieren. So dachte ich zumindest.

Es war der Abend vor meiner ersten selbst organisierten Hafentour im Frühsommer 2007. Alles war gut vorbereitet: Ich hatte eine traditionelle urige Hafenbarkasse, also eins von diesen alten kleinen Schiffen, gechartert und mit dem Schiffsführer eine interessante Fahrtroute abgestimmt. Die Barkasse würde für einen kulinarischen Zwischenstopp an einem idyllischen Biergarten anlegen, und für die Rückfahrt hatte ich einen dieser typischen Stadtrundfahrt-Cabrio-Doppeldeckerbusse gebucht. Die Tour würde zunächst unter der Köhlbrandbrücke hindurchführen und später obendrüber hinweg – mit einem atemberaubenden Ausblick über den Hamburger Hafen. Ich war davon überzeugt, dass die verschiedenen Hafenansichten meine Gäste begeistern würden. Sie sollten einen neuen Blick auf Hamburg bekommen und mit der Elbinsel Wilhelmsburg eine weitgehend unbekannte Ecke der Stadt kennenlernen. Wilhelmsburg war ein sozial schwacher Stadtteil, dem für die nächsten Jahre dank dort stattfindender Internationaler Bauausstellung und Planung einer Gartenschau ein großer Aufschwung prophezeit wurde. Ein interessanter Stadtteil im Wandel.

Nur eines fehlte mir noch für meine Tour: zahlende Fahrgäste. Ich hatte hohe Kosten, aber bis zum Vorabend der Tour tatsächlich nur einen einzigen Gast, der Geld für sein Ticket bezahlt hatte. Ich hatte die Dame über eine Zeitungsanzeige in einem lokalen Wochenblatt für meine Tour interessieren können. Leider hatte die Schaltung der kleinen Annonce mehr gekostet, als dieses eine verkaufte Ticket für die Jungfernfahrt einbrachte. Natürlich hatte ich der Dame als meiner ersten zahlenden Kundin auch noch großzügig Rabatt eingeräumt. Schließlich war das hier der Beginn von etwas ganz Großem. Das mit dem Premierenkundenrabatt hielt ich für ein unschlagbares Argument, nur leider hatte diese Idee mit nur dieser einen Kundin als Resultat offenbar nicht gezündet.

Ich hatte den ganzen Nachmittag mit einer kühlen Schorle in der Hand auf der Terrasse unterm Sonnenschirm gesessen und gegrübelt. Wo in Hamburg würde ich auf viele begeisterte Menschen treffen, die ich so kurzfristig noch als Kunden für meine morgige Tour gewinnen konnte? Gedanklich ging ich alle mir bekannten Touristen-Hotspots durch, als meine Freundin anrief. Wir kennen uns schon aus der Studienzeit in Kiel, hatten einige Jahre zusammen Basketball gespielt und schon viel gemeinsam durchgestanden. Marion ist bis heute eine meiner engsten Vertrauten. Ihre Eltern waren Ärzte, sie glaubt an das Gute in den Menschen, feiert gern und steckt mit ihrem lauten Lachen alle an. Ihr Job in der Finanzbehörde scheint so gar nicht zu ihrem lebenslustigen Wesen zu passen. Wir hatten uns bei einer Infoveranstaltung für Erstsemester in der Unibibliothek kennengelernt und waren uns gleich sympathisch.

»Hey, Maike, wir wollen nachher noch was trinken gehen, bist du dabei?«

Ich zögerte kurz. Das Angebot auf Ablenkung von meinem Problem schien sehr verlockend.

»Ich weiß nicht, Marion, ich habe immer noch keine zahlenden Gäste für die Tour morgen und bin gerade echt verzweifelt.«

»Ach was, nun komm schon, uns fällt doch immer was ein. Wir quatschen nachher einfach ein paar Leute auf dem Kiez an, da sind doch immer Touristen, die was erleben wollen.«

In meinem Kopf hakten sich Engelchen und Teufelchen unter und schauten mich erwartungsfroh an. Natürlich, das könnte die Lösung sein. Meine Stimmung stieg schlagartig.

»Also gut, ich bin dabei, Treffpunkt wie immer?«

»Jo, Marko legt heute wieder auf.«

In Gedanken war es ganz einfach und glasklar: Natürlich würde ich meine potenziellen Fahrgäste für den kommenden Tag am ehesten auf dem Kiez finden. Rund um die Reeperbahn hatte sich in den vergangenen Jahren eine gute Theater-, Restaurant- und Klubszene entwickelt, die für jeden Geschmack und jedes Alter Angebote bereithielt. Menschen jeglicher Herkunft und sozialer Schichten tummelten sich dort Abend für Abend. Ich musste nur die Richtigen finden und sie von meinem Tourangebot überzeugen.

Mit meinen Freunden war ich zu dieser Zeit häufig zum Feiern unterwegs, wir waren Stammgäste im Herz von St. Pauli, einer bei Hamburgern wie Touristen gleichermaßen beliebten Lokalität am Spielbudenplatz. Sie verfügte über gemütliche Sitzecken und eine große mittige Tanzfläche, die meist gut gefüllt war. Wir hatten uns einige Monate zuvor mit Marko, dem DJ, angefreundet, und unsere gut gelaunte Runde, die meist aus acht bis zehn Personen bestand, sorgte immer ordentlich für Stimmung.

An diesem Abend verabredeten wir uns für halb zehn. Die große Party startete im Herz von St. Pauli immer erst, wenn es schon auf Mitternacht zuging, wir wollten jedoch sichergehen, dass wir unseren Stammtisch in der linken Ecke am Fenster bekamen. Von dort hatte man das Treiben sowohl im Laden selbst als auch draußen im Blick.

Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, hier irgendwo so ganz nebenbei ein paar Fahrgäste für den kommenden Tag aufzuspüren. Meine Freunde sprachen mir Mut zu. Die Halbliterbiergläser klirrten über dem Tisch zusammen, alle stießen auf meine Mission an. Marion trank wie immer Sekt, ich hielt mich heute an Apfelschorle. Ich wollte auf keinen Fall potenzielle Fahrgäste mit einer Alkoholfahne ansprechen und verschrecken.

»Die können doch gar nicht an dir vorbei.«

»Rede einfach so viel wie sonst und lächle sie an, dann wird das schon.«

»Hey, die werden ganz sicher anbeißen.«

Meine Freunde waren sich einig, dass es klappen würde.

Mir war etwas mulmig zumute, als ich mich mit klopfendem Herzen auf den Weg machte, um wildfremde Menschen auf der Straße anzusprechen.

Unser Stammlokal lag in einem der alten Flachbauten auf dem Gelände der sogenannten Esso-Häuser am östlichen Ende des Spielbudenplatzes, gleich am Beginn der Reeperbahn. Die Esso-Häuser hatten ihren Namen von einer kultigen Tankstelle auf dem Gelände, die vermutlich mehr Umsatz mit Sprit für Menschen als für Autos machte, da sie strategisch gut lag und preiswerte alkoholische Getränke verkaufte. Das dort angebotene Bier- und Spirituosensortiment war beachtlich, und ich hatte nie zuvor eine Tankstelle mit Security-Mitarbeitern gesehen. Inzwischen wurden sowohl die Tankstelle als auch die Häuser abgerissen, hier soll neu gebaut werden. Der Kern der Partyszene traf sich auch damals schon ein paar Hundert Meter weiter am Hans-Albers-Platz und auf der Großen Freiheit.

Ich wollte mein Glück erst mal nebenan versuchen, vor dem Eingang zum Operettenhaus. In diesem renommierten Haus auf der Reeperbahn wurde gerade das Musical MAMMA MIA! gespielt. Abend für Abend strömten gut gelaunte Menschen in das Theater und kamen mit einem regelrechten Strahlen im Gesicht und begeistertem »Here we go again« auf den Lippen wieder heraus. Mit Vorstellungsende wandelte sich der verlassene Bürgersteig vor dem Theater in einen bunten, lauten Boulevard. Vernahm man vorher nur die gedämpfte Musik entfernter Kneipen, so tanzten die Musicalgäste plötzlich die breiten Treppen am hell erleuchteten Theatereingang herunter. Ein fröhliches Stimmengewirr, Gelächter und spontane Gesangseinlagen füllten die Abendluft.

»Take a chance on me«, trällerte eine fünfköpfige Damengruppe offenbar rheinländischer Frohnaturen zu meiner Rechten. Sie hatten sich für diesen Abend ordentlich in Schale geworfen, und ihr Glitzer-Make-up funkelte im Lichterschein. »The winner takes it all«, schmetterte ein kleiner untersetzter Herr im luftigen Trenchcoat zu meiner Linken.

Das waren sie. Meine perfekten Gäste. Genau diese gut gelaunten, positiven Menschen mit Interesse an Kultur und einem Verständnis dafür, dass gutes Entertainment auch sein Geld wert war. Die wollte ich auf meiner Tour. Und zwar morgen.

Nicht so recht bedacht hatte ich, dass die Musicalbesucher etwas abgelenkt waren. Sie hatten den Kopf voll mit ABBA-Songs, schnatterten unentwegt mit ihren Begleitungen und träumten von der wunderschönen Liebesgeschichte mit Happy End, deren Zeuge sie gerade geworden waren.

»Money, money, money, must be funny, in the rich man’s world«, schoss es mir passend durch den Kopf.

Um mich herum warf man sich im Gehen Jacken über, sortierte die gerade im Foyer ergatterten CDs, bedruckten Kaffeetassen und Programmhefte in winzige Rucksäcke oder kramte in riesigen Handtaschen nach dem Autoschlüssel oder dem Telefon.

Kaum jemand nahm Notiz von mir. Dabei bin ich mit meinen fast 1,90 Meter eigentlich nicht zu übersehen. Die Menschen strömten zuhauf aus dem Theatereingang und mischten sich schnell mit Passanten. Ganz in der Nähe liegt die U-Bahn-Station St. Pauli, aus der zu dieser Uhrzeit im Minutentakt feierlustige Gäste für die Nacht auf die sündige Meile sprudelten.

Ich sammelte mich kurz und überlegte. Ich hatte ein schönes großes Werbeplakat vorbereitet, da mussten die Leute doch zumindest neugierig stehen bleiben. In der Oberstufe an meinem Gymnasium in der nordfriesischen Heimat hatte ich erfolgreich Plakate für unser Schulfest gemalt, da würde das hier bestimmt auch funktionieren. Ich hatte sogar einen meiner gerade erst ergatterten Hafenpläne geopfert, ihn zurechtgeschnitten und auf Pappe geklebt. Mit dunkelblauem Marker hatte ich die wichtigsten Informationen dazugeschrieben und das Ganze mit durchsichtiger Schulbuchklebefolie professionell konserviert. Schließlich bin ich Lehrerkind und somit...

Erscheint lt. Verlag 7.5.2021
Reihe/Serie Sehnsuchtsorte
Sehnsuchtsorte
Sehnsuchtsorte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Deutschland
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Ahoi • Auf hoher See • Barkasse • Biografie • Eden Books • Elbe • Elbphilharmonie • Elbufer • Elbwiesen • Hafenrundfahrt • Hamburg • Hamburger Hafen • Leinen los • Matrose • Memoir • Moin • Neuanfang • Neubeginn • neuer Lebensabschnitt • Neustart • Schifffahrt • Schiffrundfahrt • Sehnsuchtsort
ISBN-10 3-95910-324-7 / 3959103247
ISBN-13 978-3-95910-324-4 / 9783959103244
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