Pflege von LGBTQ+-Personen (eBook)
240 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76329-3 (ISBN)
|21|1 LGBTQ – das ABC
LGBTQ-Communitys werden mit vielen verschiedenen Begriffen und Buchstabenfolgen beschrieben. Beschäftigen sich Außenstehende damit, fühlen sie sich von den Bezeichnungen oft überfordert; sie werden als akademisch oder für die Allgemeinheit unverständlich empfunden. Die Buchstaben sollen einer Gruppe Identität verleihen, die bislang einfach „Homosexuelle“ genannt wurde. Das Akronym ist zwar ausdrücklich inklusiv gemeint, kann aber auch einengend sein. Wenn in diesem Werk das Akronym LGBTQ verwendet wird, bedeutet das keineswegs, dass dies die endgültige Kennzeichnung dieser Population ist.
In diesem Kapitel erfahren Sie:
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wie die einzelnen LGBTQ-Begriffe definiert und
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wie sie verwendet werden.
1.1 LGBTQ – Erklärung des Akronyms
Die Art, wie über LGBTQ-Menschen gesprochen wird, verändert und erweitert sich fortlaufend. „LGBT“ wurde Ende des 20. Jahrhunderts populär. Das „Q“ kam um die Jahrtausendwende dazu und wurde zunehmend häufiger verwendet. Es gibt zahlreiche Varianten dieses Akronyms; einige davon sind vor allem in bestimmten Kreisen beliebt geworden. Es ist wohl so, dass neue Begriffe auftauchen, während sich zugleich vergessene oder ungebräuchliche Begriffe wieder etablieren und Bezeichnungen, die einst als herabsetzend galten, neu bewertet und alltäglich werden.
Für Pflegefachpersonen ist es grundsätzlich wichtig zu wissen, wie sich LGBTQ-Personen sprachlich selbst definieren. Der Gebrauch des Wortes „queer“ ist ein Beispiel für diese Entwicklung. Einst eine Beleidigung, haben |22|viele das Wort einer Neubewertung unterzogen, um damit ihre sexuelle Identität oder Geschlechtsidentität zu beschreiben. Pflegefachpersonen müssen sich bewusst machen, dass sich die eine Person vielleicht gern als schwul, lesbisch oder queer bezeichnet, während eine andere das Wort aufgrund seiner Geschichte meidet oder ablehnt. LGBTQ-Personen verfügen heute über ein umfangreiches Vokabular, mit dem sie ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung in Worte fassen können. Für manche Pflegefachpersonen und Gesundheitsdienstleister:innen können diese Worte und Begriffe ungewohnt sein.
Fast Facts
Wenn Pflegefachpersonen nachfragen, um die Terminologie, Abkürzungen und Akronyme, die mit LGBTQ-Menschen zu tun haben, zu erlernen und zu verstehen, können sie sich ihrer Vorurteile oder Voreingenommenheit bewusstwerden und dann diversitätssensibler pflegen.
In der professionellen Pflege und Gesundheitsversorgung begegnet man nicht selten Menschen aus der LGBTQ-Community, die als sexuelle Minoritäten und Gender-Minoritäten bezeichnet werden. Liefert die Forschung Daten über LGBTQ-Personen, wird oft von sexueller Orientierung und Gender-Identität oder Geschlechtsidentität (gender) gesprochen. Im öffentlichen Gesundheitswesen ist manchmal von MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) und FSF (Frauen, die Sex mit Frauen haben) die Rede, wenn die sexuellen Gewohnheiten einer Person erfasst werden sollen, ohne auf ihre sexuelle Orientierung zu verweisen. Wenn wir Pflegefachpersonen diese Akronyme und Begriffe kennen, fällt es uns leichter, unsere Patient:innen zu verstehen, uns mit LGBTQ-Menschen zu verbünden und mit ihnen ins Gespräch zu kommen (Kasten 1-1). Die Bereitschaft zuzuhören ist der erste Schritt, um zu erfahren, wer sie als Individuen sind – das ist das Allerwichtigste.
|23|1.2 LGBTQ – Begriffe und Definitionen
Im Folgenden werden die LGBTQ-Begriffe und -Definitionen geklärt (BigEagle, 2023; Echte Vielfalt, 2020; GLAAD, 2024; HRC, 2023; Jeitziner, 2024; PFLAG, 2024; Queer Lexikon, 2024; Sauer, 2018; UC Davis Health, 2024).
a-gender (Adj.): Beschreibt eine Person, die sich mit keiner Geschlechtsidentität identifiziert.
Ally (Subst.): Eine Person, die sich nicht als LGBTQ bezeichnet, sich jedoch mit der queeren Community verbündet und für deren Rechte einsetzt.
androgyn (Adj.): Wird zur Beschreibung einer Person verwendet, die sich weder eindeutig als Mann noch eindeutig als Frau identifiziert oder präsentiert.
a-romantisch (Adj.): Eine romantische Orientierung, meist gekennzeichnet durch das Fehlen einer romantischen Anziehung oder des Wunschs nach einer Liebesbeziehung.
asexuell (Adj.): Wird zur Beschreibung von Personen verwendet, die keine sexuelle Anziehung verspüren oder keinen Wunsch nach Sex haben. Viele fühlen sich platonisch oder emotional zu Menschen aus dem gesamten Spektrum sexueller Orientierungen hingezogen. Asexualität unterscheidet sich vom Zölibat, das sexuelle Enthaltsamkeit impliziert. Auch Ace oder Ace Community (Menschen des asexuellen Spektrums, Anm. d. Übers).
bevorzugte Pronomen (Adj.): Das Personalpronomen oder Set an Pronomen, das eine Person selbst verwendet und von dem sie wünscht, dass andere es verwenden, wenn sie mit ihr oder über sie sprechen. (Kann unter anderem Variationen von „er/ihn”, „sie/ihr“ in Form von „sier” und „en“ beinhalten oder anstelle des Englischen “they/their/theirs“ ein „dey“ in der deutschen Sprache.) Inzwischen wird der Begriff in LGBTQ-Kreisen eher gemieden, weil er den Gedanken nahelegt, die eigene Geschlechtsidentität sei wählbar, nicht angeboren. Im direkten Personenkontakt ist es empfehlenswert sich an der Präferenz der jeweiligen Person zu orientieren (Jeitziner, 2024).
binäres System (Subst.): Etwas, das zwei gegensätzliche Teile enthält; binäre Systeme werden oft ganz selbstverständlich übernommen, obwohl es zahlreiche andere Möglichkeiten gibt. Gender (Mann/Frau) und biologisches Geschlecht |24|(männlich/weiblich) sind Beispiele für binäre Systeme, die in unserer Kultur oft perpetuiert werden.
biologisches Geschlecht (Subst.): Medizinische Klassifizierung, die sich auf anatomische, physiologische, genetische oder körperliche Attribute bezieht, die bestimmen, ob einem Kind bei der Geburt eine männliche, weibliche oder intergeschlechtliche Identität zugewiesen wird. Das biologische Geschlecht (engl. „Sex“) wird oft mit dem Begriff „Gender“ verwechselt oder vertauscht. Mit Gender werden die persönliche Identität und soziale Faktoren erfasst, die nicht notwendigerweise vom biologischen Geschlecht bestimmt sind. S. Gender.
cis-gender (Adj.): Bezeichnet eine Person, deren Geschlechtsidentität (die an späterer Stelle dieses Abschnitts definiert wird) mit dem ihr bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.
Cis-Sexismus (Subst.): Ein System von Diskriminierung und Exklusion, das Menschen unterdrückt, deren Geschlechtsidentität und/oder Geschlechtsexpression nicht den normativen sozialen Konstrukten entspricht. Das System beruht auf der Überzeugung, dass es nur zwei Geschlechter gibt und geben sollte – nämlich das eine oder andere bei der Geburt zugewiesene Geschlecht.
Coming-out (Subst.): Ein lebenslanger Prozess der Selbstakzeptanz und der Mitteilung der eigenen queeren Identität gegenüber anderen Personen. Das kann bedeuten, dass sich Betroffene nur einer einzigen Person des Vertrauens gegenüber öffnen oder sich allgemein zugänglich, etwa durch Postings in den Sozialen Medien, dazu äußern.
demisexuell (Adj.): Wird zur Beschreibung von Personen verwendet, die sich nur von Menschen sexuell angezogen fühlen, zu denen bereits eine emotionale Beziehung besteht. Sie...
Erscheint lt. Verlag | 9.12.2024 |
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Zusatzinfo | 4 Abbildungen |
Verlagsort | Bern |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege |
Schlagworte | Bisexuell • Geschlechteridentität • gesundheitliche Ungleichheit • Homosexualität • Transgender |
ISBN-10 | 3-456-76329-8 / 3456763298 |
ISBN-13 | 978-3-456-76329-3 / 9783456763293 |
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