Arjan - Friesische Freiheit (eBook)
643 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8190-3042-0 (ISBN)
Monique Lhoir alias Monika Pallasch, gebürtig aus dem Ruhrgebiet, wohnt seit vielen Jahren in Norddeutschland. Seit mehr als zwanzig Jahren schreibt sie Romane und Kurzgeschichten. Vieles davon wurde inzwischen veröffentlicht.
Monique Lhoir alias Monika Pallasch, gebürtig aus dem Ruhrgebiet, wohnt seit vielen Jahren in Norddeutschland. Seit mehr als zwanzig Jahren schreibt sie Romane und Kurzgeschichten. Vieles davon wurde inzwischen veröffentlicht.
Juli 1005 Reise nach Byzanz
Arjan von Fryslân kam an Deck der Syljer und gesellte sich zu seinem dänischen Steuermann Einar. „Ich habe eben ausgerechnet, dass wir spätestens in La Rochelle Proviant und Wasser laden sollten.“
Einar grinste Arjan schief an und schob seine Wollmütze in den Nacken. „Was bedeutet spätestens?“, fragte er und kaute dabei auf einem Stück Holz. „Das Wasser wird knapp und es ist heiß.“ Er schaute in den wolkenlosen Himmel.“
„Nach meinen Berechnungen und bei diesem Wind in etwa drei bis vier Tagen“, erwiderte Arjan.
„Das ist eine lange Zeit.“ Einar widmete sich wieder dem Ruder. Wie immer war er knapp mit Worten.
Seit ein paar Tagen segelten sie an der Küste des Westfrankenreichs entlang, ohne das Boot der Thyra von Auerk gesichtet zu haben. Arjan zermürbte diese Tatsache. Viel lieber hätte er dieses Weib mitsamt ihrem Schiff versenkt und Shiran in die Arme geschlossen. „Vielleicht erfahren wir in La Rochelle mehr. Wenn Thyra von Auerk vor uns segelt, dann müsste sie ebenfalls einen Hafen angelaufen haben. La Rochelle ist der Einzige weit und breit. Die Bewohner bauen Wein an und erzeugen Salz. Sie handeln damit. Hier können wir gepökelten Fisch und Fleisch erwerben.“
„Was ist, wenn die abtrünnige Dänin hinter uns liegt?“ Einar spuckte aufs Deck, obwohl er wusste, dass Arjan diese Angewohnheit hasste.
„Dann empfangen wir sie in Byzanz. Irgendwann muss sie auftauchen.“ Arjan starrte aufs Meer. Die Sonne ließ das Wasser flirren, sodass er seine Augen zusammenkneifen musste, weil sie zu tränen begannen.
„Was passiert, wenn sie überhaupt nicht dort eintrifft oder gar ein völlig anderes Ziel gewählt hat? Rolof von Wuxalia kann ihren Lügen zum Opfer gefallen sein oder er will Euch in die Irre führen.“ Einar zog die Stirn in Falten.
„Rolof zu glauben ist die einzige Möglichkeit, die wir haben.“ Arjans Kiefer arbeitete ununterbrochen. „Ich will und muss jede Möglichkeit ergreifen, um Shiran zu befreien.“
„Falls Eure Frau überhaupt noch lebt“, brummte Einar und konzentrierte sich auf das Meer. „Thyra von Auerk ist unberechenbar. Doch könnt Ihr gewiss sein, dass ich alles daransetzen werde, diese Dämonin zu beseitigen. In meinem Land ist sie nicht beliebt. Sie mordet, ohne mit der Wimper zu zucken, wenn es um ihre eigenen Interessen geht.“ Einar war im Gegensatz zu sonst ausgesprochen gesprächig.
„Ich mache mir Vorwürfe, dass ich damals Shiran in Winaam zurückließ, während ich dieses Weib nach Ostfriesland begleiten wollte.“ Arjan schüttelte den Kopf. „Ich weiß heute nicht mehr, was in mich gefahren war. Jeder andere hätte genauso gut die Furie begleiten können. Diesen Fehler verzeihe ich mir nie.“
„Gottes Wege sind unergründlich“, zitierte Einar. „Alles hat seinen Sinn, nur wir verstehen ihn nicht sofort.“
„Das hat vor einigen Wochen Eilert auch gesagt, als ich mich damit abzufinden hatte, dass meine Frau womöglich tot sei und ich sie niemals mehr wieder sehen würde. Ich sage dir, wenn diese Reise ein glückliches Ende nimmt, werde ich nicht mehr zur See fahren und Shiran keinen Moment aus den Augen lassen.“
„Dafür ein paar Kinder zeugen“, grinste Einar anzüglich. „Brav am Rockzipfel des Weibes hängen und Fryslâns Nachwuchs auf den Knien wiegen.“ Er wischte sich mit der flachen Hand über die schwitzende Stirn.
„Du hast ein loses Maul.“ Arjan schlug ihm auf die Schulter, aber um seine Mundwinkel war ein Lächeln zu erkennen. „Du hast Recht, wenn ich Shiran erst einmal wieder in meinen Armen halte, wäre dieser Gedanke durchaus überlegenswert.“
* * *
Rolof von Wuxalia fluchte. Inzwischen segelte er auf dem Atlantischen Ozean, ohne dass er Arjans Syljer oder Thyras Boot gesichtet hatte. So würde seine Reise länger dauern als angenommen. Er war sicher gewesen, mit der Toner das ostfriesische Schiff einzuholen, zumal er sich und seinen Männern keine Ruhe gönnte.
„Wohin soll die Reise überhaupt gehen?“, wollte sein erster Steuermann mürrisch wissen. „Die Männer fragen sich, was Ihr bezweckt. Proviant und Wasser gehen zur Neige.“
„Unser Ziel ist Byzanz“, gab Rolof knapp zur Antwort und biss die Zähne aufeinander.
„Byzanz.“ Der Steuermann nickte. „Dann habt Ihr Euch viel vorgenommen. Ihr sagtet bei der Abreise, dass Ihr uns nur für ein paar Tage anheuern wollt.“ Der bärtige Hüne wies mit dem Kopf auf die Mannschaft. „Das solltet Ihr den Männern erklären. Sie beginnen zu meutern.“
„Solange ich ihre Heuer zahle, unterstehen sie meinem Kommando.“ Rolof wandte sich ab und starrte aufs gleißende Meer hinaus.
„Mit knurrendem Magen sind sie unberechenbar.“ Der Steuermann schniefte durch die Nase und spuckte anschließend aufs Deck. „Ich übernehme für sie keine Garantie.“
„Wir laden in La Rochelle Proviant und Wasser“, gab Rolof kurz Auskunft. Er ging zum Bug der Toner. Die Wut in seinem Bauch auf Thyra von Auerk wuchs mit jeder Seemeile, die ihn weiter nach Süden führte. Sollte er diese Frau zu fassen bekommen, würde er sie auf der Stelle vierteilen, auch wenn sie ein Weib war. Sein gesamtes Leben hatte sie ruiniert und nicht nur seines, sondern auch das seiner treuesten Männer und seiner Leute in Wuxalia. Für jeden Einzelnen sollte sie büßen.
Inzwischen war ihm alles egal. Sein einziges Ziel war es, Thyra zu finden und endgültig zu vernichten. Er hatte nichts mehr zu verlieren, aber wenn er diese Teufelin aus der Welt schaffte, sich rächte, für sich und für Arjan von Fryslân, so würde er den gesamten friesischen Provinzen einen wichtigen Dienst erweisen. Damit bekam er wenigstens zu einem kleinen Teil die Möglichkeit, seine Schuld vor Gott und vor Arjan zu sühnen. Er glaubte nicht an Gott, aber der Gedanke, in einer brennenden Hölle zu enden, wie die Priester und Mönche prophezeiten, die den christlichen Glauben lehrten, war ihm unheimlich.
Mit festen Schritten ging er in den niedrigen Aufbau der Toner, um die Route nach La Rochelle zu berechnen.
* * *
„Frau von Auerk“, der kleine ostfriesische Steuermann kam verschreckt auf Thyra zu. „Wir segeln bereits seit zwei Tagen im Atlantischen Ozean. Die Männer fragen nach, wohin die Reise geht.“
„Die Männer haben hier nichts zu fragen, sondern meinen Befehlen zu gehorchen.“ Thyra warf den Kopf in den Nacken und schaute den Steuermann von oben herab mit zusammengekniffenen Augen an.
„Der Proviant geht zur Neige. Es ist ungewöhnlich heiß und das Wasser wird knapp“, versuchte der Steuermann es noch einmal.
„Ist es meine Schuld, dass es heiß ist? Ist es meine Schuld, dass ihr, du und deine Männer, Arjan von Fryslâns Flotte nicht einholt?“ Thyra verschränkte die Arme und wandte sich gelangweilt ab.
„Die Schiffe Fryslâns sind schneller als unser Boot. Die Männer tun, was sie können“, verteidigte der Bootsführer die Mannschaft.
„Dann vermögen sie nicht genug zu tun. Sie sind unfähig. Es liegt an euch, wie lange wir auf dem Meer verbringen. Wenn ihr die Flotte des Herrn von Fryslân morgen einholt, ist diese Reise beendet. Boykottiert ihr aber weiterhin meine Befehle, so werden wir Monate unterwegs sein. Sputet euch!“, schrie Thyra den Steuermann an und stampfte mit dem Fuß auf. „Geh an deine Arbeit.“
„Frau von Auerk“, versuchte der magere Mann erneut auf sie einzureden. „Wenn die Männer Hunger und Durst verspüren, verlieren sie an Kraft. Wir werden Ausfälle haben und langsamer werden.“
Thyra drehte sich mit einem Ruck zu ihm um. „Jeden, der hier beginnt zu meutern“, sagte sie mit festem Ton, „werde ich eigenhändig auspeitschen und über Bord werfen. Sag das deinen Männern.“ Thyra biss die Zähne zusammen, sodass ihr Mund zu einem Spalt wurde.
Der Steuermann zuckte zusammen und ging mit gesenktem Kopf zurück ans Ruder.
Thyra lief hektisch auf und ab. Es behagte ihr nicht, dass sie Arjans Syljer nicht einholte, obwohl sie ohne Pause scharf am Wind segelte. Oft hörte sie es unheimlich im Rumpf des Bootes knarren und knacken, als ob das Schiff jeden Moment auseinanderbrechen würde. Sie verfluchte ihren toten Ehemann Walther von Auerk, dass er seine Flotte derart vernachlässigt hatte. Dieser sabbernde Greis war kein Seefahrer gewesen. Sie hingegen entstammte dem norwegischen Königshaus, dem Wikingergeschlecht. Eine Seemacht, wie sie größer gar nicht sein konnte, die den umliegenden Ländern Angst und Schrecken eingejagt hatte. Und nun sollte sie, Thyra von Tryggvason, auf dem Meer scheitern? Nie und nimmer. Wieder stampfte sie erbost mit dem Fuß auf. Sie würde den Leuten schon zeigen, wo es langging. Niemand meuterte unter ihrem Kommando.
Thyra überlegte. Wenn der hässliche Steuermann Recht hatte und die Leute zu rebellieren begannen, so musste sie an einem einzelnen Mann demonstrieren, was Meuterern unter ihrer Führung erwartete. Es würde die anderen abschrecken.
Andererseits leuchtete ihr ein, dass sie mit dem wenigen Proviant und Wasser nicht bis nach Byzanz kommen würde. Das hieße, sie mussten in nächster Zeit einen Hafen anlaufen, um nachzuladen. Das würde sie wieder einen wertvollen Tag kosten, den sie auf Arjans Flotte verlor.
Thyra begab sich unter Deck. Sie wurde in eine Seefahrerfamilie hineingeboren und jetzt war sie froh, dass ihr Onkel Olaf Tryggvason ihr nicht nur das Führen einer Flotte, sondern auch Seekenntnisse beigebracht hatte. Thyra beugte sich über den niedrigen Holztisch, auf dem Pergamente mit Zeichnungen aller Meere lagen. Sie studierte die...
Erscheint lt. Verlag | 11.2.2025 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction |
Literatur ► Historische Romane | |
Schlagworte | Freiheit • Friesland • Harlingen • Historischer • Liebesroman • Niederlande • Terschelling |
ISBN-10 | 3-8190-3042-5 / 3819030425 |
ISBN-13 | 978-3-8190-3042-0 / 9783819030420 |
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