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Desolation Hill (eBook)

Kriminalroman. Ein Constable-Hirschhausen-Roman (4)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
390 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31176-3 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
(CHF 19,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
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Stundenlang patrouilliert Constable Hirschhausen über Highways und ausgewaschene Schotterstraßen durchs australische Hinterland. Nervosität liegt in der Luft, die Pandemie zehrt an den Nerven und an Hirschs Toleranzlevel. Verkehrsdelikte, ein erschossener Merinobock, Hassparolen am Kulturzentrum - bei jedem Vergehen droht die Lage zu eskalieren. Auf der Suche nach einem vermissten Backpacker sieht sich Hirsch starrsinnigen Farmern gegenüber, als er zu einem vermeintlichen Brand gerufen wird: ein dilettantisch angezündeter Koffer im Straßengraben. Keine große Sache - bis Hirsch die Leiche darin entdeckt. Ein neuer Fall für Constable Hirschhausen im Land von Wolle, Weizen und Staub.

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Werk wurde für den Booker Prize nominiert und mehrfach ausgezeichnet, u. a. viermal mit dem Deutschen Krimipreis sowie dreimal mit dem wichtigsten australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Werk wurde für den Booker Prize nominiert und mehrfach ausgezeichnet, u. a. viermal mit dem Deutschen Krimipreis sowie dreimal mit dem wichtigsten australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

1


In jener entlegenen Gegend stand man, wenn man eine Schaffarm von der Größe eines europäischen Fürstentums besaß, hocherhobenen Hauptes da. War man nur ein Miete zahlender Beamter wie Hirsch, dann stand man hingegen auf dem Gipfel von Desolation Hill.

Kein besonderer Hügel – aber definitiv desolat. Von dort aus sah man bis zum Horizont hinaus auf Flecken von Salzbusch und Mallee-Gestrüpp und eine weite, ockerrote Steinwüste; hier und da standen verwelkte Wildblumen, die sich von einem der seltenen Frühlingsschauer hatten täuschen lassen.

Man sah auch ein Abbild von Wildu, dem Geisteradler, das in das Flachland gefurcht worden war: drei Kilometer von einer Flügelspitze zur anderen und bereit, sich auf seine Beute zu stürzen. Außerdem war Desolation Hill einer der letzten Orte, die Willi Van Sant aufgesucht hatte, bevor er verschwand.

»Der Drang zu springen«, sagte Willis Mutter, die ihren Rucksack an den schmächtigen Körper presste, »ist unwiderstehlich.«

Hirsch pflichtete ihr bei, dann standen sie an diesem Donnerstagmorgen im Frühling schweigend am Schutzgeländer. Der Drang zu springen und auf den Luftströmungen über dem Flachland zu gleiten – wie ein Keilschwanzadler es gerade tat, zusammen mit einem weit entfernten, summenden Ultraleichtflieger, der wohl die Erdzeichnung für einen Kalender- oder Postkartenverlag fotografierte, vermutete Hirsch.

Er las ein von der Sonne ausgebleichtes, an das Geländer geschraubtes Schild – Wildu ist ein Wort der Ngadjuri, das die Sterne des Kreuzes des Südens bezeichnet, hier dargestellt von den Krallen eines Adlers –, als Dr. Van Sant abschätzig schnaubte und auf den in den Boden gefurchten Adler unter ihnen wies. »Kulturelle Aneignung?«

»Ganz gewiss«, pflichtete er ihr fröhlich bei und fragte sich, ob ihr Sohn diesen Gedanken wohl in einer E-Mail nach Hause geschrieben hatte.

Wieder schaute er zu der Erdzeichnung hinüber – Kunstwerk oder Graffiti, Ehrerbietung den Ngadjuri gegenüber oder Beispiel für kulturelle Aneignung, je nach Standpunkt. Irgendein Held mit einem Planierer hatte den Adler in den Achtzigern in den Boden gefräst. Niemand hatte je gesagt, wer; Aufseher, Farmarbeiter und abwesender Besitzer hatten jede Kenntnis bestritten. Als Hirsch die Figur bei einer seiner ausgedehnten Patrouillen über die im Regenschatten liegenden Schaffarmen zum ersten Mal sah, war sie durch Jahrzehnte an Sandverwehungen, Wüstengestrüpp und die alles aufwühlenden Räder der Allradwagen von Jägern kaum noch zu erkennen gewesen. Letztes Jahr dann hatte ein Viehzüchter namens Russ Fanning das Grundstück gekauft, den Adler mithilfe zweier GPS-gesteuerter Erdbagger wiederhergestellt und den Aussichtspunkt auf dem Gipfel von Desolation Hill errichtet.

Ein komischer Kauz, dieser Fanning. Voller Widersprüche. Er war nicht auf Touristendollar aus, sondern wollte das Volk der Ngadjuri würdigen und hatte sich mit einigen der ortsansässigen Ältesten getroffen, so erpicht war er darauf, der Mythologie gerecht zu werden. Sie hatten Vorbehalte gehabt, doch Fanning hatte sich nicht beirren lassen. Hirsch war nicht sicher, ob das Fanning zu einem schlechten Menschen machte oder nicht, aber an anderer Stelle auf seinem Land, wo der Boden nicht so schlecht war und es häufiger regnete, hatte er Rekultivierungs- und Naturschutzprogramme begonnen, Solarpaneele und Batterien installiert; er ging nachhaltig mit dem Wasser um und bereitete es wieder auf. Fanning war ein Typ, der gern mit Hirsch schwatzte und ihn auf seinem Land herumführte. Einmal gab er zu, dass er für die Labor Party stimmen würde.

Und im letzten Monat hatte er zwei Mal bei Hirsch angerufen und gefragt, ob er schon herausgefunden habe, wer seinen Merino-Zuchtbock erschossen hätte, Wert 45 000 Dollar. Eine Kugel aus einem leistungsstarken Langstreckengewehr aus großer Distanz in den Schädel. An Hirsch nagten Schuldgefühle. Kurze Antwort: Nein. Er hatte Häuser abgeklappert – in dieser Gegend eine Rundreise von dreihundert Kilometern –, aber nichts herausbekommen. Kängurujäger vielleicht, meinte einer. Vielleicht Jäger auf Wildziegen, ein anderer. Vielleicht mutwillig, vielleicht niederträchtig. Vielleicht auch ein Unfall, und der Bock war in der Dämmerung in den verwirrenden Schatten der Salzbüsche mit einer Ziege verwechselt worden.

Hirsch schüttelte das Schuldgefühl ab und drehte sich zu Janne Van Sant um; er war bestürzt, Tränen zu sehen, eine Aufwallung von Trauer oder Furcht. Er mühte sich ein Lächeln ab. »Wollen wir weiter?«

»Einen Augenblick noch, bitte, Constable Hirschhausen.«

Sie griff in die Außentasche ihres lohfarbenen Segeltuchrucksacks und zog eines der Fotos heraus, die sie Hirsch vor anderthalb Stunden im Vorderzimmer des kleinen Ziegelhauses gezeigt hatte, in dem das Polizeirevier Tiverton untergebracht war. Sie hatte es aus der Textnachricht ausgedruckt, die ihr Sohn ihr geschickt hatte, und es zeigte einen großen, schlanken jungen Mann mit blonden Dreadlocks, der in die Kamera lächelte. Hinter und unter ihm spreizte der Adler Wildu seine Flügel. Einundzwanzig. Mit dem Rucksack unterwegs durch Australien, hier und da ein Job.

In diesem Augenblick ging Hirsch auf: Das Foto sah nicht wie ein Selfie aus. Jemand war mit dem jungen Mann hier oben auf Desolation Hill gewesen.

Aber wer, dachte er – das war eine Frage für die Farmbesitzer, bei denen Willi gejobbt hatte.

Hirsch schaute zu, wie Dr. Van Sant das Foto mit beiden Händen auf Kopfhöhe hielt und justierte, bis sie ganz genau wusste, wo Willi vor all diesen Monaten gestanden hatte. Sie war eine etwas kleinere und weniger gebräunte Version ihres Sohns. Kurz geschnittene blonde Haare. Ein ähnliches Lächeln – zumindest nach dem zu urteilen, was Hirsch in den letzten anderthalb Stunden davon gesehen hatte.

Und es lagen noch ein paar Stunden vor ihnen: weitere dreißig Minuten über zerfahrene und staubige Nebenwege bis Dryden Downs; eine Unterhaltung mit den Drydens; die Fahrt zurück zum Revier und ihrem gemieteten Toyota Camry.

Dr. Van Sant hatte den Rucksack auf die Motorhaube des Dienst-Toyota der South Australia Polizei gelegt. Daraus hatte sich eine Handvoll Fotos ergossen.

»Darf ich?«, hatte Hirsch gefragt und sie zusammengeschoben.

Ihre Reaktion war ein Schulterzucken, das Hirsch für sehr europäisch hielt. »Wenn es sein muss«, hieß das. Also schob er zögerlich die Fotos ordentlich zusammen und blätterte sie durch. Sie waren von der Lackierung des Toyota warm geworden, fast so, als kämen sie direkt aus dem Drucker.

Willi auf einem Pferd; Willi, der in einem Rückhaltebecken schwimmt; Willi mit einem Schäferhund auf einem lehmigen Boden, wie er auf die Spur eines einzelnen Schafs zeigt; Willi neben einer Cessna mit der Aufschrift Dryden Downs Pastoral; Willi, der neben einem Grabstein kauert und verschmitzt auf die Inschrift deutet: Hier liegt Tom Sewell, der sich aus Versehen absichtlich selbst erschoss, 25. September 1923.

Hirsch hatte das auch witzig gefunden. Dann hatte er die Fotos wieder in den Rucksack geschoben und auf die Uhr geschaut.

»Ja, ja«, hatte Dr. Van Sant gesagt, aber der Ton in ihrer Stimme hatte so gar nicht zu ihrer Selbstbeherrschung gepasst.

Hirsch lenkte den klappernden Hilux die Serpentinen hinunter, bog dann an der Zufahrt am Fuß des Desolation Hill nach links ab und nahm eine ausgewaschene Schotterstrecke namens Manna Soak Highway.

»Wie ironisch«, sagte Dr. Van Sant.

»Ja«, pflichtete Hirsch ihr bei und gab Gas. Fuhr man auf diesen Straßen zu langsam, rüttelte es einem die Zähne aus dem Mund; fuhr man zu schnell, verlor man vielleicht in einer Kurve die Haftung und überschlug sich, dann lag man stunden-, vielleicht gar tagelang in dem Wrack eingezwängt, bis ein anderes Fahrzeug vorbeikam. Man brauchte Können, gepaart mit einem Schuss Wagemut. Hirsch unternahm diese Ausflüge ins Hinterland nun schon seit drei Jahren und wurde immer besser.

Im Augenblick konzentrierte er sich auf die Straße, nicht auf Willis Mutter, die gerade das Klappern zu übertönen versuchte: »Ein nationaler Wesenszug vielleicht? Eine Weigerung, irgendetwas ernst zu nehmen?«, wobei sie den Anschein machte, als würde sie ihre Worte sorgsam wählen. Sie war nun seit exakt vier Tagen im Land: zwei in Sydney, dann die Fahrt nach Tiverton, in das Weizen-und-Woll-Land auf halbem Weg zwischen Adelaide und den Flinders Ranges.

Hirsch bremste wegen einer ausgewaschenen Steigung ohne jede Erdschicht; eher ein Steinrücken als eine Straße. Er überquerte den höchsten Punkt mit Schrittgeschwindigkeit, gab abwärts ein wenig Gas und sagte: »Ja, zum Teil.«

Schlank und mit geradem Rücken saß Janne Van Sant neben ihm; vielleicht war sie ein wenig gereizt, dass er so lange mit der Antwort gebraucht hatte. »Und der andere Teil, die anderen Teile?«

Sie stellt sich ihren Sohn hier draußen vor, dachte Hirsch; wie es ihm in einem Land ergangen war – wie es ihm erging –, in dem niemand etwas ernst nahm. »Ist denn Ironie nicht ein Zeichen dafür, dass man etwas ernst nimmt? Man versucht, sich dagegen zu wehren, davon völlig eingenommen zu werden?«

Dr. Van Sant wies nach draußen jenseits der Scheibe auf die Salzbüsche und Mulgabüsche,...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2025
Übersetzer Peter Torberg
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Original-Titel Day’s End
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aborigines • Australien • Drogenhandel • Kleinstadt • Kriminalroman • Outback • Pandemie • Paul Hirschhausen • Polizeiroman • Rassismus • Spannung • Tiverton
ISBN-10 3-293-31176-8 / 3293311768
ISBN-13 978-3-293-31176-3 / 9783293311763
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