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Flavia de Luce 11 - Des Henkers letzte Mahlzeit (eBook)

Roman - Flavia löst die absurdesten Fälle! Perfekt für alle Fans der Netflix-Serie »Wednesday«

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
288 Seiten
Penhaligon Verlag
978-3-641-31498-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flavia de Luce 11 - Des Henkers letzte Mahlzeit - Alan Bradley
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Endlich: Die bezaubernde Flavia ermittelt wieder! Der 11. Fall für die minderjährige Kult-Ermittlerin.
Major Greyleigh, ein ehemaliger Henker, wird tot aufgefunden. Todesursache: der Verzehr giftiger Pilze. Schnell gerät die Köchin Mrs Mullet ins Visier der Polizei. Doch ganz so einfach ist die Lösung nicht - Flavia ermittelt auf eigene Faust. Auf der Suche nach dem Mörder wird sie auf einige Familien aufmerksam, die durch den Henker Angehörige verloren und damit alle ein Motiv haben. Oder hat etwa ihre unerträgliche Cousine Undine etwas mit dem Tod des Henkers zu tun? Am Ende ihrer Nachforschungen kommt Unvorstellbares ans Licht: Flavia erfährt, was wirklich mit ihrem toten Vater geschah - das wohl größte Rätsel ihres Lebens.

Sie können gar nicht genug bekommen von der herrlich versponnenen Flavia de Luce? Dann lesen Sie doch Band 1 bis 10 ihrer Abenteuer!

Alan Bradley wurde 1938 geboren und wuchs in Cobourg in der kanadischen Provinz Ontario auf. Er war Direktor für Fernsehtechnik am Zentrum für Neue Medien der Universität von Saskatchewan in Saskatoon, bevor er sich 1994 aus dem aktiven Berufsleben zurückzog, um sich nur noch dem Schreiben zu widmen. »Mord im Gurkenbeet«, sein erster Roman und viel umjubelter Auftakt zur Serie um die außergewöhnliche Detektivin Flavia de Luce, wurde mit mehreren Awards ausgezeichnet. Alan Bradley lebt zusammen mit seiner Frau auf der Isle of Man.

1


Viele bedeutende Geistesgrößen sind nach dem Aufwachen schlecht gelaunt, und ich bin diesbezüglich keine Ausnahme. Wenn mein Hirn zu Hochform auflaufen soll, brauche ich Ruhe, wie ein Luftballon Helium.

Darum hocke ich, kaum eine Viertelstunde nach einem hastigen, einsamen Frühstück auf Buckshaw, unter einem schwarzen Schirm auf dem alten Friedhof von St. Tankred – dem einzigen Ort, wo mich mit Sicherheit niemand stört.

Es gibt eine bestimmte Sorte Friedhofserde, die Blasen schlägt, wenn es regnet. Ich habe bereits eine Theorie über die Ursache dieses Phänomens entwickelt, möchte aber weitere Beobachtungen vornehmen, ehe ich meine Überlegungen zu Papier bringe.

Nach meiner Erfahrung ist nichts belebender, als auf einem verregneten, nebligen Landfriedhof unter einem Schirm zu kauern. Dicht über deinem Kopf veranstalten die Tropfen einen militärischen Trommelwirbel auf dem straffen schwarzen Seidenstoff, während deine Nase gierig den erquickenden Mief von Grabsteinen, nassem Gras und uraltem Moos einsaugt: einen Geruch, der in deinem Geist Türen öffnet, von denen du bis dahin nichts gewusst hast.

Auf Friedhofsmoos sitzt es sich weich, aber feucht. Mrs Mullet sagt immer, ich würde davon das Reißen kriegen und müsste irgendwann meine Knochen austauschen lassen.

Das alles mag sich kalt und klamm anhören, doch es liegt eine ganz eigene Wärme in der Gewissheit, dass man völlig allein ist – von den Toten mal abgesehen.

Tote bekommen keine Wutanfälle, sie sind nicht gemein und hinterlistig, schmeißen nicht mit Tellern und Besteck und schmollen nicht. Sie dienen einfach nur unter ­unseren Füßen dicken schwarzen Käfern als Festschmaus, während Pilze genüsslich die Sargreste verdauen. Es ist eine Welt voller Harmonie und dunkler Behaglichkeit, voller stiller Gnade und Schönheit. Ein glückseliger Totentanz.

Ich dachte an das Jahr, in dem ich spätabends an Allerseelen in einer entlegenen Ecke ebenjenes Friedhofs eine Handvoll Feuerwerksraketen gezündet hatte, eine jede handschriftlich mit dem Namen eines dort ruhenden, aber so gut wie vergessenen Verstorbenen versehen:

Bamm!

Das war für Nettie Savage (1792 – 1810)

Kawumm!

Samuel Pole (1715 – 1722)

Zosch! Arden Glassfield (1892 – 1914)

Bumm! Pumm! Pumm! Eine dreifache Salve für Annie Starling, alte Jungfer (1744 – 1775)

Bedauerlicherweise war eine von Annies Lunten in der Dachrinne der Kirche niedergegangen, wo sie eine Ansammlung von Moos und anderem Zeug entzündet und damit das Haus Gottes in Brand gesteckt hatte. Die Feuer­wehr von Bishop’s Lacey musste anrücken, um den kleinen, aber hell lodernden Brandherd zu löschen. Vater hatte seinem Unmut dadurch Ausdruck verliehen, dass er mich dazu verdonnerte, monatlich für die Feuerwehr zu ­spenden, was jedoch, da es sich um sein Geld handelte, keine sonderlich harte Strafe war. Unangenehm war nur, dass ich die Spende jedes Mal persönlich abliefern musste, was ich anfangs als Qual empfand, weil ich mich dabei wie ein elender Wurm fühlte, aber letztlich lernte ich jede Menge Feuerwehrleute kennen und etwas über die Chemie des Löschens.

Ach, was waren das für herrliche Tage! Und ach, wie inbrünstig wünsche ich sie mir zurück!

Heutzutage sind Pilze meine einzigen Freunde.

***

Wenn ich nicht einschlafen kann, tue ich manchmal so, als wäre ich selbst ein Pilz, der heimlich, still und leise über eine glitschige, mondbeschienene Oberfläche kriecht und sich an arglosen Borkenstückchen labt, und schmatze mit meinen Pilzlippen, wie nur Pilze schmatzen.

Schmatz! Eine leckere Kiefernnadel. Schmatz! Der ­bittere Geschmack von Weidenrinde. Schmatz! Ein unverhoffter Sargdeckelsplitter mit seinem diskreten Formaldehyd-Aroma. Ermutigt krieche ich weiter, hoffe auf etwas Gehalt­volleres, Fleischiges.

Und so weiter und so fort … bis ich in lähmenden grauen Schlaf sinke.

Womit wir wieder auf dem verregneten Friedhof von St. Tankred wären.

Ich musste dringend für mich sein.

»Flavia!«

Verflixt und zugenäht! Das war Undine, meine nervtötende Cousine, der Fluch von Buckshaw. Wie hatte sie mich aufgespürt? Ich hatte mein treues Fahrrad Gladys unter dem Kirchenportal abgestellt, zum einen, damit Gladys trocken blieb (sie fährt sehr gern bei leichten Niederschlägen, steht aber nicht gern im Regen herum), zum anderen, um sie vor ungebetenen Blicken zu schützen.

Ich duckte mich noch tiefer, krümmte mich zusammen, als könnte ich mich auf diese Weise kleiner oder sogar unsichtbar machen. Vielleicht würde der kleine Quälgeist meinen nassen Schirm für ein schwarzes Marmorgrab halten.

»Flavia!«

Mit angehaltenem Atem biss ich die Zähne zusammen. In ihrem Regenmantel und dem wasserdichten Hut glich Undine einer Nachwuchs-Untoten.

Doch sie hatte mich schon entdeckt.

»Was führt dich zu mir, herzallerliebste Base?«, knurrte ich und wischte mir einen Regentropfen vom Augenlid.

Sie glotzte mich mit offenem Mund an, als wäre ich soeben auf einer goldenen Strickleiter vom Himmel herabgestiegen.

»Warum musst du mir eigentlich überallhin ­nachlaufen?«, schob ich nach.

»Weil ich dein Krokodil bin«, fauchte sie, schnappte mit den Zähnen und stieß kehlige Laute aus. »Ticktack, ticktack.«

»Du kannst mich mal«, sagte ich.

»Und du spinnst«, gab sie zurück. »Weißt du das eigentlich? Du bist plemplem.«

Mir kam, wie man so schön sagt, die Galle hoch, aber ich riss mich zusammen.

»Ich möchte, dass wir – du und ich – hier und jetzt schwören, sozusagen auf dem Grab des heiligen Tankred, von nun an netter zueinander zu sein. Bekanntlich sind wir beide Waisen, und Waisen müssen zusammenhalten. Verstehst du, was ich meine?«

»Jawollo!«, erwiderte sie begeistert.

»Sag nicht immer ›Jawollo‹. Dann hörst du dich an wie eine Bauchrednerpuppe. Du verbringst zu viel Zeit mit Carl Pendracka.«

Carl gehörte zu den ehemaligen Verehrern meiner Schwes­ter Ophelia, ein amerikanischer Soldat, der als Kind zwischen seinen Eltern hin- und hergependelt war, von St. Louis, Missouri, nach Cincinnati, Ohio, und wieder zurück. Eine »saisonbedingte Wanderkindheit«, wie er selbst es nannte. Obwohl seine Liebesleidenschaft durch Feelys Hochzeit mit einem Rivalen einen Dämpfer bekommen hatte, trieb er sich auch danach auf Buckshaw herum. Womöglich, wie meine andere Schwester Daffy argwöhnte, »auf der Jagd nach leichterer Beute«.

»Carl ist super«, sagte Undine. »Er bringt mir bei, wie man ›Hail to the Chief‹ furzt. Das ist der Marsch, der immer für den Präsidenten der Vereinigten Staaten gespielt wird.«

»Sei nicht so vulgär!«

»Eigentlich wollte ich ›Rule Britannia‹ lernen, aber Carl meint, das ist ein Orchesterstück und zu riskant für eine Anfängerin. Da muss man sich langsam rantasten. Momentan schaffe ich bloß das Entchen-Lied. Carl sagt, ich muss lernen, die Altstimme zu pupsen und Zischer zu vermeiden, darum komme ich manchmal zum Üben hierher. Falls mal was danebengeht, du verstehst. Hey, Flavia, ich hab ein Rätsel für dich: Was ist weiß, hat einen Henkel und kann fliegen?«

»Weiß ich nicht und will’s auch nicht wissen.«

»Ein Nachttopf!« Sie bog sich vor Lachen und schlug sich aufs Knie.

»Du bist eklig«, sagte ich streng und verkniff mir das Grinsen, um sie nicht zu ermutigen.

»Ich bin nicht eklig, sondern geschäftstüchtig. Hast du gewusst, dass der Franzose Joseph Pujol sagenhaft reich wurde, indem er vor großem Publikum auf der Bühne Winde streichen ließ? Und er brachte nicht nur Musik­stücke zu ­Gehör – er konnte auch Tierlaute nachmachen!«

»Ich will nichts davon hören.«

»Carl meint, ich soll mehr Kohl essen und dazu pfundweise Bohnen. ›Dann flehen sogar die Engel um Gnade‹, sagt er.«

»Interessiert mich nicht.«

»Du bist verklemmt.«

»Ich bin nicht verklemmt, ich besitze lediglich Anstand.«

Undine kniff ein Auge zu und musterte mich von oben bis unten, als stünde ich auf einem orientalischen Basar zum Verkauf.

»Du bist eine de Luce aus Buckshaw. Ihr seid alle gleich. Etepetete. Habt einen Stock im Hintern. Tragt die Nase hoch. Ibu hat sich immer über euch lustig gemacht.«

So hatte Undine ihre verstorbene Mutter Lena genannt – Ibu. Lena war eines schrecklichen und spektakulären Todes gestorben, in einem Hagel aus bunten Kirchenfensterscherben, teils noch aus dem 13. Jahrhundert.

Undine beäugte mich durch einen imaginären Zwicker und trällerte: »Wir sind nämlich was Besseres – die Treppe unseres Anwesens hat der berühmte Architekt Christopher Wren persönlich entworfen!«

»Aha« war das Schlagfertigste, was mir einfiel.

»Ibu meinte, der Hochmut quillt euch Buckshaw-de-­Luces aus allen Poren.«

»Dann ist das wohl so.« Ich bemühte mich um die Sanftmut einer Heiligen, und sei es nur kurz, doch genauso gut hätte ich versuchen können, Wackelpudding festzuhalten, und ich fühlte mich plötzlich mies.

War das alles, was mir einfiel, um unsere kaputte Familie zu kitten? Was hätte Vater von mir gedacht?

Sein unvermittelter Tod hatte mich schwer getroffen, alles kam mir sinnlos vor. Erst hatte ich versucht, mich abzuschotten und so zu tun, als wäre er noch am Leben und nur nicht erreichbar –...

Erscheint lt. Verlag 27.11.2024
Reihe/Serie Die "Flavia de Luce"-Reihe
Flavia de Luce
Übersetzer Gerald Jung, Katharina Orgaß
Sprache deutsch
Original-Titel What Time the Sexton’s Spade Doth Rust
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1950er Jahre • 2024 • All Age • Amateurdetektivin • Chemie • Chemikerin • Cosy Crime • Dagger Award • eBooks • England • Ermittlerin • Giftmischerin • Giftpilze • Historische Kriminalromane • Hobbydetektivin • Kinderdetektive • Kinderermittler • Krimi • Krimi England • Krimi Humor Bestseller • Krimi humorvoll • Krimi mit Charme • Kriminalromane • Krimis • kulturpass • "Mord im Gurkenbeet" • Neuerscheinung • Nevermore • SPIEGEL-Bestseller • Tim Burton • wednesday • wednesday addams
ISBN-10 3-641-31498-4 / 3641314984
ISBN-13 978-3-641-31498-9 / 9783641314989
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