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Tanz im Dunkel (eBook)

Thriller | Rock 'n' Roll und Rache | Eine Mordserie erschüttert Köln

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
240 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-78070-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
(CHF 14,65)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
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Adi, Hagen und Gisela hören Rock 'n' Roll wie viele andere auch im Köln des Jahres 1959. Und sie verfolgen Salz, den Mann, mit dessen BMW ihr Freund Karl überfahren worden ist. Dass Salz' Sohn Hakenkreuze an die Wände der Stadt pinselt, irritiert sie sehr, aber mehr noch verstört sie das Desinteresse der Polizei.

Zur gleichen Zeit lauert Reinhard Clausen Herren mittleren Alters auf. Er wundert sich über die Jugendlichen, die diesem Salz auf der Spur sind. Denn der Mann steht auf seiner Liste. Er hatte damals den ersten Stein ins Schaufenster des elterlichen Bekleidungshauses geworfen, in jener Nacht im November. Reinhard Clausen heißt gar nicht Reinhard Clausen. Und in Köln ist er nur, um seine Familie zu rächen.

Kriminalhauptkommissar Siegfried Hartmann steht kurz vor der Pensionierung. Er kriegt die Fälle, die niemanden mehr interessieren. So den des jungen Mannes namens Karl, der nach der Demonstration gegen die Wiederbewaffnung getötet worden ist. Er fragt sich, woher er diesen Salz kennt, der den dicken BMW fährt. Und langsam beginnt er sich zu wundern über die vielen Morde in der Stadt ...



Max Annas, geboren 1963 in Köln, war Journalist und Redakteur, u.a. bei der Kölner <em>StadtRevue</em>, hat Sachbücher über Politik und Kultur veröffentlicht sowie Filmfestivals und -reihen organisiert. Annas lebt seit 2016 in Berlin, nachdem er lange in Südafrika an der Universität von Fort Hare in East London in der Provinz Ostkap zu südafrikanischem Jazz geforscht hat. Seit seinem Roman-Debüt<em> Die Farm</em> (2014) schreibt er erfolgreiche Kriminalromane, die fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurden. Einige seiner Romane wurden ins Englische und Französische übersetzt.

7


In der Werkstatt war es immer noch taghell, so viel war zu sehen durch das Oberlicht. Doch nur der Meister war noch bei der Arbeit. Herr Kucharski schlich herum, Adi konnte ihn manchmal sehen, mitunter nur seinen Schatten. Über Paul, Kucharskis Sohn, wusste er eigentlich nichts. Was man so mitkriegt, wenn man Leute häufiger sieht, aber nie mit ihnen redet. Paul war eines von zwei Kindern, aber Adi konnte nicht sagen, wer ihm das erzählt hatte. Da war noch eine Tochter, der er nie begegnet war. Paul hingegen tauchte manchmal in der Werkstatt auf. Er war in Adis Alter, arbeitete nicht dort, stand aber zum Feierabend schon mal bei den Gesellen mit der Bierflasche in der Hand herum. Geredet hatte er noch nicht mit Paul, aber ihn eindeutig erkannt, als er mit dem Einäugigen aus der Villa von diesem Salz gekommen war.

Als Gisela ihn geküsst hatte.

»Das hier kennt ihr sicher«, hörte er sie gerade sagen. Sie schaltete den Plattenspieler ein, dessen Lautsprecher ein lautes Bubb von sich gab. »›Hard Headed Woman‹ heißt das Lied.«

Das war die Vereinbarung. Sie brachte die Schallplatten mit, die sie sich von ihrem abwesenden Bruder lieh, und nur sie spielte sie ab. Fass die nicht an, musste er irgendwann gesagt haben. Wehe, da ist was verkratzt. So etwas. Und dann standen sie einfach da herum in dessen leerem Zimmer, so ungenutzt, so herausfordernd.

Ach ja. Elvis Presley. Die ersten Worte, mehr gesprochen als gesungen, schneller Rhythmus, die Blasinstrumente jagten hinterher. Wenn Adi nur mehr verstehen würde. Aber sein Englisch war nicht so gut, in der Schule hatte er es nicht gelernt. Verstehen sollte er auch, was Paul mit dem BMW-Fahrer zu tun hatte.

»Aus dem Film«, sagte Hagen schon. Er erkannte so was immer ganz schnell.

»Aus welchem Film?«, fragte Gisela. Herr Kucharski schaltete gerade das Licht aus. Adi drehte sich zu den anderen beiden. Gisela stand an der Kommode, die Hülle der Platte zwischen den Fingern der einen Hand, die andere suchte nach ihrem Platz. Hagen saß direkt neben ihr auf dem Stuhl, Hände auf den Knien, bei ihm war immer alles in Ordnung.

»›Mein Leben ist der Rhythmus‹.« Hagen natürlich.

»Ah«, sagte Gisela, »den hab ich nicht gesehen.«

»Besser als Peter Kraus.« Adi hatte den Film gesehen. Aus dem Lautsprecher konnten sie die Gitarre hören, die ihm ganz gut gefiel. Der Film hatte ihm nicht gefallen. »Das ist eine der Situationen, wo sie alle zusammen tanzen.« Das war ihm schon komisch vorgekommen. Dass alle, die bislang in einem Café zusammengesessen haben, aufhören, miteinander zu reden, und dann mit Elvis tanzen und in die Hände klatschen. Oder um ihn herum. Oder um Peter Kraus, wie in den deutschen Filmen. Wie unrealistisch das war. Jedenfalls widersprach ihm niemand wegen Peter Kraus. Wie auch?

Hagen sagte nichts mehr. Das war nicht ungewöhnlich. Das tat er oft. Nichts sagen.

Auch Gisela guckte zu Boden. Adi wusste, dass sie schon einen Film mit Peter Kraus gesehen hatte. Also hätte sie darüber auch was sagen können. Tat sie aber nicht.

Wahrscheinlich lag es aber nicht an Elvis Presley. »Sollen wir noch mal zu diesem Herrn Salz fahren?«, fragte sie.

Salz war der Name auf der Türklingel gewesen. Adi war schnell dorthin gelaufen an dem Abend, nachdem die beiden Männer um die nächste Ecke verschwunden waren. Hatte sie Hagen eigentlich von dem Kuss erzählt?

»Und dann?« Hagen richtete sich auf. »Was haben wir davon, dass wir ihn verfolgen?« Er sagte auch nichts zu Elvis.

»Was sollen wir sonst tun?«

»Die Polizei …«

»Nein«, sagte Adi. »Keine Polizei.«

»Ich weiß«, sagte Hagen. »Ich weiß. Keine Polizei. Nur weil sie dich ein paar Mal mitgenommen haben.«

»Ich traue ihnen eben nicht. Sie sind nicht auf unserer Seite.«

»Sie sollen auf keiner Seite sein«, sagte Hagen. »Das ist die Idee.«

Die Musik lief aus. Die Nadel kratzte auf der letzten Rille. Sie schwiegen sich eine Weile an.

Gisela nahm die Platte vorsichtig in die Hand und steckte sie wieder in die Hülle. Dann legte sie die nächste auf. »Das hier kennt ihr bestimmt nicht.«

Eine Männerstimme, irgendwas mit Nacht, der litt ganz schön, der Sänger, Geigen dann, mehr Stimmen im Hintergrund, dann ging der Rhythmus los mit Gitarre und Blasinstrumenten. Gisela bewegte die Finger an beiden Händen im Takt. Hagen tippte schon mit dem Fuß leise auf den Boden. Das hatte auch was. Er kannte das Stück aus dem Radio.

»Der Sänger heißt Lloyd Price und das Lied ›Stagger Lee‹.« Gisela drehte sich zum Plattenspieler, während sie redete, so als müsste sie das alles ablesen, dabei wusste sie es bestimmt auswendig. Am Ende gab es ein sehr lautes Saxofon, und wenn er tanzen könnte, dachte Adi, dann dazu.

Wieder schwiegen sie. »Aber irgendwas muss doch passieren«, sagte Gisela. »Wegen Karl. Und dem Wagen.« Sie hatte Karl zwei Mal getroffen. Einmal hatte Adi ihn in ein Café mitgebracht, in dem sie sich zu mehreren getroffen hatten. Karl hatte dabeigesessen und nicht viel gesagt. Das zweite Mal war ganz anders gewesen. Da war sie zu Adi gekommen, und Karl hatte bei ihm gesessen. Die beiden hatten über Politik geredet, über Adenauer und die neue Bundeswehr, und Karl hatte sie manches Mal angelächelt. Adi war nicht klar gewesen, ob er sie aufmuntern wollte, an dem Gespräch teilzunehmen, oder ob mehr dahinter war.

»Wir könnten der Polizei einen Brief schreiben«, sagte Hagen. »Ohne Absender.«

Weder Gisela noch Adi antworteten.

»Habt ihr eigentlich gemerkt, dass das ganz anders gespielt worden ist als beim letzten Stück?« Hagen wieder. »Ich meine … Bei dem Lied von Elvis Presley hat doch jeder Ton gestimmt. Das war so genau, so präzise, ja, irgendwie präzise. Die haben das vom Blatt abgespielt. Jedenfalls hat es sich so angehört.«

Er machte eine Pause. »Habt ihr das denn nicht gemerkt?«

Adi hütete sich, auf die Frage zu antworten. Erstens brauchte es schon etwas, um Hagen dazu zu bringen, in mehr als einem oder zwei Sätzen zusammenhängend zu reden. Und dann war er auch ganz froh, dass es nicht mehr darum ging, die Polizei einzuschalten. »Für mich«, sagte Hagen, »hat es sich so angehört, als wenn bei Elvis Presley jemand wie ein Dirigent dasteht und mit seinem Stab die Töne abwinkt, ihr wisst schon, der Taktstock, mit so einer Volte, da gibt es sicher einen bestimmten Namen für, aber ich kenne den nicht. Und bei dem Stück gerade ist das einfach anders. Ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll. Da fransen die Töne an den Rändern aus. Das ist schon was ganz anderes.«

Hagen ließ eine kleine Pause. »Oder?«, fragte er.

Gisela guckte ihn an, schon bewundernd. Hagen konnte aber auch kluge Sachen sagen, da wurde Adi manchmal ein kleines bisschen neidisch. Und dann guckte ihn Gisela eben so an. Was konnte man da schon machen? Hagen holte tief Luft, um noch mehr zu sagen. »Aber das mit der Polizei …«

»Ich spiel einfach noch ein Stück«, sagte Gisela und wechselte erneut die Schallplatte. Als die neue auf dem Teller lag, guckte sie noch einmal darauf. »Der Sänger heißt Wilbert Harrison und das Lied ›Kansas City‹.«

Da war ein Klavier zu hören, und dann gab es einen rollenden Rhythmus, und dann sang einer über Kansas City. Die Musik wirkte so, als würde man gerade zu Fuß gehen. Und das Stück zu hören, war wie mit dem Sänger unterwegs zu sein. »Rock ’n’ Roll ist das nicht«, sagte Adi. Er überlegte, wo er so etwas Ähnliches schon einmal gehört hatte. War das Blues? Er traute sich nicht zu fragen.

»Na und«, sagte Gisela. »Gefällt es dir nicht?«

»So hab ich das nicht gemeint. Und Jazz ist es auch nicht. Oder?«

»Was ist in Kansas City?«, fragte Hagen.

»Vielleicht ist es da schön«, sagte Gisela.

»Hm«, brummte Hagen, als ein Gitarrensolo anfing.

»Jetzt hört...

Erscheint lt. Verlag 13.1.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1959 • 50er Jahre • aktuelles Buch • Antisemitismus • Bücher Neuerscheinung • Cold Case • Demonstration • Deutsche Krimi-Autoren • Deutsche Krimis • deutsche Thriller • Deutsche Thriller-Autoren • Deutschland • Ermittler-Krimi • Ermittlungen • Fahrerflucht • Hakenkreuze • historischer Krimi • Jugend • Köln • Krimi • Krimi Neuerscheinung 2025 • Mitteleuropa • Mordkommission • Nachkriegszeit • neuer Krimi • Neuerscheinung 2025 • neues Buch • Nordrhein-Westfalen • Nordwestdeutschland • Page Turner • Polizeiarbeit • Polizei-Krimi • Rock'n Roll • Spannung • ST 5461 • ST5461 • suhrkamp taschenbuch 5461 • Wiederbewaffnung
ISBN-10 3-518-78070-0 / 3518780700
ISBN-13 978-3-518-78070-1 / 9783518780701
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