Das mörderische Christmas Puzzle (eBook)
352 Seiten
Tropen (Verlag)
978-3-608-12345-6 (ISBN)
Alexandra Benedict studierte Englisch und Kreatives Schreiben in Cambridge und Sussex. Sie schreibt Drehbücher, Kurzgeschichten und Kriminalromane. Mit ihrem Buch The Christmas Murder Game stand sie auf der Longlist des Dagger Award.
Alexandra Benedict studierte Englisch und Kreatives Schreiben in Cambridge und Sussex. Sie schreibt Drehbücher, Kurzgeschichten und Kriminalromane. Mit ihrem Buch The Christmas Murder Game stand sie auf der Longlist des Dagger Award. Elisabeth Schmalen studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und übersetzt Romane, Sach- und Kinderbücher aus dem Englischen und Norwegischen. Sie lebt und arbeitet in Bremen.
Drei
»Wenn die Person, die dahintersteckt, glaubt, ich würde ihr blödes Spielchen mitspielen, dann hat sie sich geschnitten«, sagte Edie. Sie hatte mittlerweile so viel von Rigas »Lebensgeister-Trank« intus, dass sie aufgehört hatte zu zittern.
Riga Novack war ihre neunzigjährige Nachbarin und zählte, neben Edies Großneffen und Adoptivsohn Sean, zu den wenigen Menschen, deren Gegenwart sie ertrug. Riga war vor fünfzehn Jahren nebenan eingezogen und hatte kurz darauf im Chanel-Kostüm und mit einer Dose selbstgebackener kolaczki-Plätzchen mit Lavendelgeschmack vor Edies Haustür gestanden. »Damit du mich magst«, hatte sie gesagt. »Aber ich hätte sonst auch Schnaps dabei.« Seitdem waren die beiden unzertrennlich.
Jetzt saßen sie in Rigas Wintergarten. Die Glaswände und die Decke waren von Ranken und Blättern bedeckt, was Edie das seltsame Gefühl gab, langsam von einer fleischfressenden Pflanze verschlungen zu werden. Dieser Wintergarten war wirklich ein Garten, und die Luft roch nach den vielen Gewächsen, die Riga für ihre verschiedenen Tränke heranzog. Manche Leute hielten sie für eine Kräuterexpertin, andere für eine Hobbyhexe. Für Edie war sie einfach ihre beste Freundin.
»Aber du bist doch bestimmt neugierig, oder?«, fragte Riga, stellte die Schachtel mit den Puzzleteilen zurück auf den Tisch und zog die Handschuhe aus, die Edie ihr gegeben hatte, um keine Spuren auf dem Beweismaterial zu hinterlassen. »Du hast schließlich Katzen-Gene in dir.«
»Das ist das größte Kompliment, das du mir je gemacht hast. Nichts für ungut, Nicholas.« Edie schaute zu Rigas Lieblingssessel hinüber, wo sich der Mops auf einer Decke zusammengerollt hatte. Nicholas hob die Schnauze und schnüffelte. Er war sehr schnell beleidigt. »Und ja, natürlich bin ich neugierig. Schließlich ist es ein Rätsel in Puzzleform.« Edie lehnte sich in Rigas zweitbestem Korbstuhl zurück. »Ein großer Teil von mir schreit danach, mich in die Sache hineinzustürzen und herauszufinden, wer mir das Päckchen geschickt hat … Ich habe mehr Fragen, als ich dieses Jahr Weihnachtskarten bekommen habe. Aber das Ganze ist eben nicht ohne.« Sie biss in eines von Rigas Shortbreads. Das Gebäck duftete, hatte einen butterweichen Kern und war einfach unwiderstehlich. Genau wie Riga selbst. »Hier droht jemand mit Mord.«
»Du sagst doch immer, dass du alles lösen kannst.« Riga ließ sich in ihren drittbesten Sessel sinken. Obwohl Edie wusste, dass sie Schmerzen hatte, war Riga nichts davon anzumerken. Sie bewegte sich nur etwas langsamer.
»Rätsel ja, aber doch keine Mordfälle.«
»Gibt es da nicht gewisse Parallelen?«
Edie dachte nach. »Bei beidem erhält man Hinweise, die zur Lösung führen. Und auch bei einem Verbrechen würde ich bei den Fragen ansetzen, die mir am einfachsten erscheinen. Dann würde ich mir mögliche Antworten notieren und sie miteinander abgleichen, um zu schauen, ob sie zusammenpassen.«
»Klingt so, als würdest du eine gute Detektivin abgeben.«
»Aber warum habe gerade ich das Päckchen bekommen?«
Riga hielt sich die Karte noch einmal dicht vor die Augen und las den Text. »Hier werden Kreuzworträtsel erwähnt. Es könnte also einer der unzähligen Nerds sein, die deine Rätsel in den lokalen und überregionalen Zeitungen lösen. Vor allem, seit die Times diesen Artikel veröffentlicht hat, in dem sie dich als ›Rätselrentnerin‹ bezeichnet hat.«
Edie verzog das Gesicht. Diese Formulierung hatte sie nach dem Erscheinen des Artikels monatelang verfolgt. Sie hatte immer schon als Besserwisserin, Klugschwätzerin, Streberin gegolten. Jetzt war noch ein weiterer Spitzname hinzugekommen.
»Wer auch immer dir das geschickt hat, hat es auf dein Köpfchen abgesehen.«
»Wenn in dem Paket ein Kreuzworträtsel gewesen wäre, ja. Aber ein Puzzle? Kaum jemand weiß, dass ich zur Entspannung puzzle.«
Riga legte die Stirn in Falten. »Also geht’s um was Persönliches. Ein alter Groll?« Sie zeigte auf die Worte »seitliche Sprünge« in der Karte. »Was soll das heißen? Herumgehüpfe? Eine Affäre?«
Edie wandte den Blick ab. Nicht einmal Sky wusste, dass Edie ihr einmal fremdgegangen war. Zumindest hoffte Edie das. »Wie alle Leute in meinem Alter besteht meine einzige sportliche Betätigung darin, dem Tod von der Schippe zu springen. Ansonsten kann ich mit sinnlosem Herumgehopse nichts anfangen. Ich marschiere lieber strikt geradeaus.«
»Könnte dir jemand einen Streich spielen wollen? Immerhin bringst du ständig irgendwelche Leute gegen dich auf.«
»Das stimmt wohl. Das Gleiche habe ich auch Sean in meiner Nachricht gesagt.« Sean war vor Kurzem zum Detective Inspector der Polizei in Weymouth befördert worden. Er würde wissen, was zu tun war. Edie schaute immer wieder auf ihr Handy, um zu sehen, ob er sich schon zurückgemeldet hatte.
»Hast du Lucy Pringle gefragt, ob sie gesehen hat, wer das Päckchen bei dir abgestellt hat?«
»Ich bin direkt zu dir gekommen.«
Rigas Augen funkelten. »Weil ich so gerne am Fenster stehe und die Nachbarschaft ausspioniere?«
»Weil du die aufmerksamere Beobachterin bist.«
»Das war einmal. Der graue Star hat meine Augen in die Judaspfennige der Lunaria annua verwandelt.« Riga beugte sich vor und strich über die silbernen Schötchen der Pflanze vor ihr. Im Sommer trug sie violette Blüten, doch jetzt sah es aus, als hingen gespenstische Münzen an den toten Zweigen. Edie prägte sich den lateinischen Namen für das nächste Kreuzworträtsel ein. Was das anging, war Riga eine reichhaltige Fundgrube.
»Ich war natürlich hier hinten, wo sonst«, fuhr Riga fort. »Und selbst wenn ich jemanden bemerkt hätte, hätte ich nur eine verschwommene Gestalt gesehen. Aber das weißt du ganz genau. Du hattest nur keine Lust, mit Lucy zu sprechen.«
»Sie hätte mir ein Ohr abgekaut über ihren letzten Halbmarathon. Oder mir von den hässlichen Bastelarbeiten ihrer unzähligen Kinder vorgeschwärmt.«
»Pass auf, sonst endest du noch wie ich – einsam und allein bis auf die Besuche klatschsüchtiger Nachbarn und mürrischer alter Frauen wie dir.«
»Und was ist der neueste Klatsch?«
Rigas Augen leuchteten auf. »Weißt du, wo Graeme Lucy den Heiratsantrag gemacht hat? Auf der Toilette eines Costa-Cafés!«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich wissen wollte.«
»Dann hättest du nicht fragen sollen. Und wie dir meine abtrünnige Familie jederzeit bestätigen kann: Ich sage oft Dinge, die niemand hören will.« Rigas Lachen klang höhnisch. Sie nahm einen weiteren großen Schluck von ihrem Campari-Soda, der hauptsächlich Campari war. Manchmal kam sie Edie vor wie eine alte Vampirwitwe, die ausschließlich von blutroten Drinks und geistreichen Bemerkungen lebte.
Es stimmte, dass Riga nur selten Besuch von ihrer Familie erhielt. Der letzte große Streit mit ihrer Tochter hatte das verbliebene bisschen Wohlwollen zwischen ihnen weggespült, sodass die Beziehung jetzt brachlag, trotz Rigas schwächelnder Gesundheit.
Riga klatschte in die Hände und riss Edie damit aus ihren Gedanken. »Genug von mir«, beschloss sie mit glänzenden Augen. »Ich bin kaum mehr als ein Gespenst. Lass dir das von einer in ihrem Topf festgewachsenen Kräuterhexe mit fast durchsichtiger Haut gesagt sein: Leb dein Leben. Lern jemand Neues kennen, lass dich auf Abenteuer ein, sei glücklich.«
»Ich bin achtzig, Riga.«
»Eben. Du hast noch genug Zeit.«
»Es geht mir gut«, log Edie.
»Weißt du, wie ich dich meiner Brieffreundin gegenüber nenne? Die trauernde Witwe.«
Edie wurde rot. »Ich bin keine Witwe. Ich war nie verheiratet.«
»Du hast vielleicht nie einen anderen Namen angenommen oder dich den Wasserfall der Ehe hinabgestürzt, aber das ändert nichts daran, dass du das Ende deiner Beziehung nie verwunden hast. Du bist eine moderne Miss Havisham, nur dass du selbstverschuldet sitzengelassen worden bist.«
Edie zuckte zusammen. »Literarische Beleidigungen – das ist dein Fachgebiet.«
Riga zuckte mit den Schultern. »Wer dem Tod nahe ist, hat wenig zu verlieren.«
Edies Handy vibrierte. Sean. Sie ging ran. Er war außer Atem und durch den Geräuschpegel in der Polizeistation nur schwer zu verstehen. »Tut mir leid, Tante Edie, es ging nicht früher. Was ist das für eine Sache mit dem Puzzle? Ich habe deine Nachricht nicht richtig verstanden. Bist du auf der Suche nach einem Geschenk?«
Edie erzählte ihm von dem Päckchen und der Karte mit der Aufforderung.
»Ich komme nach meiner Schicht bei dir vorbei«, sagte Sean. »So um halb acht.«
»Dann treffen wir uns am besten im Merry Chipmunk.« Edie wollte nicht nach Hause gehen, aber das würde sie Sean nicht auf die Nase binden.
Am anderen Ende der Leitung waren plötzlich laute Rufe und hektische Schritte zu hören. »Ich muss aufhören. Hier geht es gerade rund.«
Beim Auflegen spürte Edie eine Welle der Erleichterung darüber, dass Sean ihr beim Puzzlerätsel helfen würde. Aber gleichzeitig beunruhigte sie der Gedanke. Sie hatte sich schon vor langer Zeit geschworen, ihn vor allen Gefahren zu beschützen. Das hier konnte das Gegenteil bewirken.
»Wie läuft es mit der Adoption?« Rigas glasiger Blick deutete darauf hin, dass der Alkohol langsam Wirkung zeigte.
Sean und sein Mann Liam durchliefen gerade ein langes, aufreibendes Adoptionsverfahren. Sie hatten sämtliche Kurse und Gutachten hinter sich gebracht und waren jetzt offiziell potenzielle Adoptiveltern. »Eventuell können sie ein kleines Mädchen namens Juniper adoptieren. Morgen treffen sie sich mit der zuständigen...
Erscheint lt. Verlag | 28.9.2024 |
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Übersetzer | Elisabeth Schmalen |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Adventskalender Krimi • Alte Dame ermittelt • Antiheldin • Belograd • Bestseller 2024 • Britisch • britische Krimis • Britischer Krimi • Bücher Neuerscheinungen 2024 • detektieren • Detektiv • Detektivgeschichte • Dunkle Magie • Englischer Krimi • Ermittlung mit Magie • Familiengeheimnis • Fantasy Abenteuer • fiktive Stadt • Gefahr durch Magie • gefährliche Magie • Gefährliche Städte • Geheimnisse der Vergangenheit • Geschenk für Krimifans • geschenkideen für krimifans • herausfinden • Hexe • Illegale Passage • Kleinstadt • Kreuzworträtsel • Krimi Bücher • krimi fans geschenke • Kriminalroman • Krimi Neuerscheinungen 2024 • Krimis und Thriller • krimi und thriller • Krimi Weihnachten • Lesefutter • Longlist Dagger Award • Magische Kräfte • magische Stadt • Magisches Versteckspiel • Mauer zur Nachbarstadt • Miss Marple Stil • Monster • Mordserie • mystische Welt • Mythologie • Neuer Krimi 2024 • neuerscheinung 2024 • Neuerscheinungen 2024 • Neujahrsnacht • Puzzle • Puzzlemörder • Rätsel • Rätselkrimi • Rätsel und Hinweise • Richard Osman • Rivalität • Robert Thorogood • Schattendiebstahl • Schattenspiele • slawische Mythologie • slawischer Drachenmythos • starke Heldin • Tatortpuzzle • tödliche Krankheit • Übernatürliche Bedrohung • Übernatürliche Verfolgung • Urban Fantasy • Verdächtige Alllianzen • Verfolgungsjagd • Verlorene Macht • Weihnachten • Weihnachten Buch • Weihnachten Roman • Weihnachten Thriller • weihnachtliche Geschichte • weihnachtlicher krimi • Weihnachtsgeschenk • Weihnachtskrimi • Weihnachtszeit • Wettlauf mit der Zeit • Zmey • Zusammenarbeit mit der Polizei |
ISBN-10 | 3-608-12345-8 / 3608123458 |
ISBN-13 | 978-3-608-12345-6 / 9783608123456 |
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Größe: 3,8 MB
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