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Ségurant. Die Legende des Drachenritters (eBook)

Das vergessene Mitglied der Artusrunde

Emanuele Arioli (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962313-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ségurant. Die Legende des Drachenritters -
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Die Weltsensation Ségurant ist von allen Artusrittern vielleicht der heutigste. Auch wenn er im Lanzenstechen und Schwertfechten unbesiegt bleibt, ist er nicht zufrieden. Verzaubert von der Fee Morgane, jagt er einem imaginären Drachen nach, den er nicht finden kann. Auf der Suche nach ewigem Ruhm verschwindet er am Ende und wird daraufhin - vergessen. So war auch der vorliegende Text über lange Zeit verschollen und wurde erst kürzlich von dem Mediävisten Emanuele Arioli aus 28 fragmentarischen Fundstücken rekonstruiert, die er bei einer zehnjährigen Recherche in ganz Europa zusammengetragen hat - auf der Suche nach seinem eigenen Gral, so Arioli. Eine faszinierende Neubelebung der Rittermythen für unsere Zeit. »Ein Artusroman, der - seiner Zeit weit voraus - die vergebliche Suche in der entzauberten Welt eines Don Quijote ankündigt.« Le Figaro

Der Herausgeber Emanuele Arioli, geb. 1988, ist französisch-italienischer Mediävist und Schauspieler. Er studierte in Paris und Pisa und lehrt an der Université Polytechnique Hauts-de-France in Valenciennes. Der Übersetzer Andreas Jandl, geb. 1975, überträgt seit 2000 Belletristik, Dramatik und Sachtexte aus dem Französischen und Englischen ins Deutsche. 2021 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzungspreis ausgezeichnet. Die Verfasserin des Nachworts Susanne A. Friede, geb. 1969, ist Lehrstuhlinhaberin (Romanische Philologie, insb. französische Literatur) an der Ruhr-Universität Bochum. Sie forscht zur französischen Artus- und Gralsliteratur, zur italienischen und französischen Literatur des 16. Jahrhunderts und zur altokzitanischen Lyrik der Trobadors.

Der Herausgeber Emanuele Arioli, geb. 1988, ist französisch-italienischer Mediävist und Schauspieler. Er studierte in Paris und Pisa und lehrt an der Université Polytechnique Hauts-de-France in Valenciennes. Der Übersetzer Andreas Jandl, geb. 1975, überträgt seit 2000 Belletristik, Dramatik und Sachtexte aus dem Französischen und Englischen ins Deutsche. 2021 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzungspreis ausgezeichnet. Die Verfasserin des Nachworts Susanne A. Friede, geb. 1969, ist Lehrstuhlinhaberin (Romanische Philologie, insb. französische Literatur) an der Ruhr-Universität Bochum. Sie forscht zur französischen Artus- und Gralsliteratur, zur italienischen und französischen Literatur des 16. Jahrhunderts und zur altokzitanischen Lyrik der Trobadors.

II

Ségurants Ritterschlag


Die Sage berichtet, dass Ségurant der Braune Jagd auf Löwen machte, die sich auf der Insel Ungewiss angesiedelt hatten, und seine Tüchtigkeit kam ihm dabei so sehr zustatten, dass er gemeinsam mit den Rittern aus seinem Hause eine große Zahl von ihnen einfing und tötete. Die überlebenden Löwen getrauten sich nicht mehr, dort zu verweilen, und flohen von der Insel, da Ségurant sie andernfalls alle gefangen und es kein Entkommen gegeben hätte.

Ich werde euch erzählen, wie er sie einfing. Im ganzen Walde ließ er, markiert mit Zeichen, die für Menschen zu erkennen waren, tiefe Gruben ausheben und abdecken. Hiernach begann er seine Jagd auf die Löwen, die, sobald sie flohen, einer nach dem anderen in die Gruben fielen. Derart bekam er sie zu fassen und tötete sie alle. So kühn, behände und tapfer war er, dass, wenn eines der Tiere ihm einmal die Stirn bot, es ihm völlig unterlegen war und er es auf der Stelle tötete. Ihr sollt wissen, dass er mehrere im direkten Kampf tötete und deshalb bei den Seinen so beliebt war, dass zu jener Zeit niemand auf der Welt ebenso oder auch nur halb so beliebt gewesen wäre.

Wisset sodann, dass Ségurant schon in einem Alter war, um in die Ritterschaft aufgenommen zu werden. Sein Großvater, Galehaut der Ältere, liebte seinen Enkel, wie niemand sonst einen anderen liebt, und sprach eines Tages zu seinem Sohn Hektor: »Mein lieber Sohn, Euer Sohn Ségurant wird unendlich tapfer und kühn sein, seid Euch dessen gewiss, er zeigt sich fähig, verhält sich gebührend und hat schon unleugbare Beweise dafür geliefert. Darum will ich, bevor ich aus dem Leben scheide, ihn zum Ritter schlagen.« – »Herr«, antwortete Hektor, »wenn Ihr dieses begehrt, so schlaget ihn am Pfingstfest zum Ritter.«

Nach dieser Antwort war Hektors Vater, Galehaut der Ältere, so voller Freude und Hochstimmung, dass es zum Staunen war. Alsgleich rief er Ségurant zu sich, der sofort herbeikam, weil seine Folgsamkeit und seine Hingebung außergewöhnlich waren und er seinen Großvater von ganzem Herzen ehrte und liebte. Da nun der Enkel vor ihn trat, sprach dieser: »Lieber Großvater, befehlet, was ich tun soll, denn ich möchte Eurem Willen mit allen meinen Kräften nachkommen.« – »Ich danke Euch, lieber Enkel«, sprach Galehaut daraufhin. »Ich ließ Euch rufen, denn Euer Vater gewährte mir soeben, Euch an Pfingsten zum Ritter zu schlagen. Alsogleich sollt Ihr davon wissen, um Euch so ehrsam, wie es sich ziemt, darauf vorzubereiten.«

Diese Kunde machte Ségurant so glücklich und so fröhlich wie nie zuvor. Er verneigte sich bis hinab zu den Füßen und sprach zu seinem Großvater: »Herr, habt allergrößten Dank. Wahrlich, Ihr habt mir eine solche Freude bereitet und ins Herz gelegt, dass sie für mein Lebtag nicht daraus weichen wird. Und so ich lange lebe, wünsche ich sehnlichst, das Land zu sehen, in dem Jesus starb und auferstand, und auch mein Vater soll wissen, dass ich dorthin reisen möchte, um zu erfüllen, so Gott und das Schicksal es mir erlauben, was ihm, wie er vorgestern erzählte, geträumet hatte.«

Und da ich den Traum Hektors des Braunen noch nicht erzählt habe, will ich dies nun nachholen. Hektor der Braune schlief eines Nachts in seinem Bett, und im Schlaf erschien ihm sein Sohn Ségurant, in voller Rüstung und reich bewaffnet, wie er auf einem schönen, starken Schlachtross saß und sämtliche Heiden vor sich herjagte.

Was soll ich euch sagen? Ségurant verabschiedete sich alsobald von seinem Großvater, trat glücklich und freudig vor seinen Vater und sprach: »Herr, an Pfingsten werde ich zum Ritter geschlagen, so versprach es mir Großvater. Ich bitte Euch nun inständig, als mein Vater und Herr, dass Ihr alle jungen Männer unserer Stadt im rechten Alter für die Ritterschaft herbeikommen lasst und sie auf Eure Kosten zu Rittern schlagt. Erfüllt meinen Wunsch in dem Vertrauen, dass ich ihn, so ich lange lebe, würdig Euch vergelten werde.«

Bei diesen Worten lachte Hektor der Braune und sprach: »Lieber Sohn, ich gewähre Euch alles, was Ihr verlangt.« Dann ließ er verkünden, dass ein jeder sich zum Pfingstfest einzufinden habe, dass Ségurant dort zum Ritter geschlagen werde, zugleich mit allen jungen Männern im Alter für die Ritterschaft, zu Ségurants Ehren und auf Hektors Kosten. Wer das nötige Alter habe, sich aber der Anordnung widersetze, dürfe gewiss sein, niemals Ségurants Freund zu werden.

Nun sollt ihr wissen, ihr Herren, die Bewohner der Insel Ungewiss handelten wie befohlen. Ihr hättet sehen können, dass am Abend vor Pfingsten in der Kapelle zum Heiligen Geist vierhundert junge Männer, alle in rotgüldenen Samit* gekleidet, mit Ségurant wachten. Ségurant verbrachte die ganze Nacht in tiefer Andacht vor dem Altar, und die anderen wachten in der Kapelle, der eine hier, der andere dort.

Als der nächste Tag mit einem schönen, klaren Morgen angebrochen war, feierte der Bischof in seinen priesterlichen Insignien die Messe und segnete und weihte die Waffen der neuen Ritter. Galehaut der Ältere, der vor dem Altar stand, verlieh zuerst seinem Enkel Ségurant die Ritterwürde, umgürtete ihn mit dem Schwert und legte ihm die Sporen an. Dann gab er ihm den Ritterschlag und sprach: »Lieber Enkel, trachtet danach, dass Ihr ein tapferer Mann seid und diesen Schlag den Ungläubigen versetzt, zur Vergeltung für den, den ich Euch gab.« Ségurant antwortete: »Seid gewiss, lieber Großvater, so ich lange lebe, werden die Heiden jenseits des Meeres einen schlechten Nachbarn in mir finden!«

Nachdem Ségurant von seinem Großvater die Ritterwürde empfangen hatte, wurden auch alle anderen zu Rittern geschlagen. Sobald die Messe zu Ende war, verließen alle die heilige Stätte. Die neuen Ritter stiegen sogleich auf ihre Pferde und begannen, Lanzen zu brechen. Während sie gegeneinander beim Tjosten* waren, trat Ségurant auf den Turnierplatz und bot sich als Quintana* an, auf dass alle gegen ihn ihre Lanzen brechen. Als die anderen Ritter das vernahmen, waren sie begeistert und stürzten sich der Reihe nach auf ihn.

Ihr solltet wissen, dass keiner der vierhundert jungen Ritter seine Lanze nicht an Ségurants Schild zerbrach und dass ihm trotz all dieser Treffer kein einziges Mal auch nur der Fuß aus dem Steigbügel rutschte oder er sich sonst rührte. Nachdem er als Quintana sämtliche Lanzen abgewehrt hatte, ließ er einen Diener für sich selbst ein Bündel Lanzen bringen. Eine nach der anderen zerbrach er an den neuen Rittern. Dabei müsst ihr wissen, dass es keinen gab, der nicht sofort zu Boden stürzte, wenn Ségurants Lanze ihn traf, und so stieß er sie alle vom Pferd: Keiner hielt ihm im Sattel stand. Als die neuen Ritter das sahen, begannen sie allesamt zu fliehen und überließen ihm das Feld.

Was soll ich euch sagen? Den außerordentlichen Taten, die er an diesem Tage vollführte, wurde allenthalben große Beachtung geschenkt. Galehaut der Ältere erzählte seinem Sohn Hektor davon und sprach: »Lieber Sohn, wisset, dass Euer Sohn Ségurant im Kampfe Wunder vollbringen und ein kühner Ritter sein wird. Und so er lange lebt, wird er weder Länder noch Kämpfer finden, die es mit ihm aufnehmen können.« – »Lieber Vater«, antwortete Hektor, »möge Gott ihn so tapfer machen, wie wir es wünschen!« Dann fragten sie die anderen Anwesenden: »Werte Herren, was haltet ihr von unserem neuen Ritter?« Alle antworteten, so er lange lebe, werde er auf der Welt seinesgleichen nicht finden, und alle würden vor ihm fliehen.

Dann fand das Lanzenstechen ein Ende. Die Tische waren bereits gedeckt und das Essen bereitet. Vor dem Hauptpalast der Stadt, der einst Galehaut dem Älteren, Hektors Vater, gehört hatte, stiegen die neuen Ritter alle vom Pferd. Danach legten sie Rüstungen und Waffen ab, wuschen sich die Hände und setzten sich zu Tische. Da hättet ihr sehen können, wie Diener große Schüsseln mit Fleisch brachten, in Mengen, dass man sich am Hofe König Artus’ hätte wähnen können.

Was soll ich euch sagen? All die Speisen, die gebracht wurden, sollt ihr wissen, wurden sehr höflich und mit großer Ehrerbietung serviert: Die Ritter bekamen in Fülle von allem, was sie brauchten, wie es sich für einen reichen Hof gehört. Das Fest und die Freude waren so groß und so einzigartig, dass man staunte, da die gesamte Verwandtschaft versammelt war: Ritter, Damen und Fräuleins. Und ihr sollt wissen, dass sich mehrere reiche Kaufleute aus dem Königreich Logres dort befanden, die daraufhin in verschiedenen Ländern das Ansehen Ségurants in solch hohem Maße verbreiteten, dass sämtliche Ritter jener Zeit, wenn sie von ihm hörten, ihn gar so sehr oder noch lieber zu sehen wünschten, als wäre er Gott selbst.

Was soll ich euch sagen? Da aßen sie mit großer Freude und großer Munterkeit. Nach dem Essen erhoben sie sich von den Tischen, und die Damen und Fräuleins begannen den Reigen zu tanzen. Die Freude und der Jubel waren so groß, dass eine jede und ein jeder tanzten, die Alten genauso wie die Jungen. Nachdem sie eine ganze Weile in freudiger Stimmung verbracht hatten, rüsteten sich die neuen Ritter, stiegen auf ihre Pferde, griffen nach den Lanzen und begannen zu tjosten, indem sie einander wieder und wieder heftige Stöße versetzten. Hier hättet ihr viele schöne Kämpfe sehen können und viele Ritter, die zu Boden gingen und nicht mehr aufstehen konnten.

Dann kam Ségurant, in voller Rüstung, und trat ebenfalls zum Turnier an. Als er sich zeigte, war keiner der anderen so kühn, dass er sein Pferd gegen ihn gelenkt hätte. Alle wichen ihm aus, als sähen sie ein Ungewitter auf sich zukommen. Und sie alle, wo immer sie sich auch befanden, waren...

Erscheint lt. Verlag 6.9.2024
Nachwort Susanne A. Friede
Übersetzer Andreas Jandl
Zusatzinfo 74 farbige Abbildungen
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Artus • Artusritter • Artusrunde • Avalon • Aventure • Camelot • Drachen • Epik • Eragon • Excalibur • Fantasy • Fee • Gral • Heiliger • Lancelot • Lanzenstechen • Mediavistik • Mittelalter • Mittelalterroman • Morgana • Nibelungen • Nibelungenlied • Ordo • Quest • Ritter • Ritterroman • Schwertfechten • Siegfriedsage • sigfried • Sigurd • sigurdsage • Tafelrunde • versnovelle • Zauberei
ISBN-10 3-15-962313-0 / 3159623130
ISBN-13 978-3-15-962313-9 / 9783159623139
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