Der Zögling (eBook)
400 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-28450-6 (ISBN)
Der mehrfach preisgekrönte Sunday Times-Bestseller-Autor M. W. Craven wurde in Carlisle geboren, wuchs aber in Newcastle auf. Er trat als Jugendlicher in die britische Armee ein. Nach zehn Jahren beim Militär begann er Sozialpädagogik zu studieren. Bevor er sich schließlich höchst erfolgreich und in Vollzeit dem Schreiben von Krimis und Thrillern widmete, arbeitete er beinahe zwei Jahrzehnte lang als Bewährungshelfer. M. W. Craven wurde mit renommierten Krimipreisen ausgezeichnet, u. a. dem CWA Gold Dagger (2019) sowie dem Ian Fleming Steel Dagger Award 2022, Filmrechte sind optioniert. Mit 'Der Botaniker', der 2023 in Harrogate zum besten Kriminalroman des Jahres 2023 gekürt wurde, hat er sein deutsches Publikum begeistert. Für mehr Informationen: www.mwcraven.com Twitter: @MWCravenUK
Der mehrfach preisgekrönte Sunday Times-Bestseller-Autor M. W. Craven wurde in Carlisle geboren, wuchs aber in Newcastle auf. Er trat als Jugendlicher in die britische Armee ein. Nach zehn Jahren beim Militär begann er Sozialpädagogik zu studieren. Bevor er sich schließlich höchst erfolgreich und in Vollzeit dem Schreiben von Krimis und Thrillern widmete, arbeitete er beinahe zwei Jahrzehnte lang als Bewährungshelfer. M. W. Craven wurde mit renommierten Krimipreisen ausgezeichnet, u. a. dem CWA Gold Dagger (2019) sowie dem Ian Fleming Steel Dagger Award 2022, Filmrechte sind optioniert. Mit "Der Botaniker", der 2023 in Harrogate zum besten Kriminalroman des Jahres 2023 gekürt wurde, hat er sein deutsches Publikum begeistert. Für mehr Informationen: www.mwcraven.com Twitter: @MWCravenUK
2. Kapitel
Washington Poe hatte es genossen, den ganzen Tag lang die Trockenmauer zu reparieren. Das war eine von mehreren neuen Fertigkeiten, die er sich angeeignet hatte, seit er zurück nach Cumbria gezogen war. Die Arbeit ging mächtig ins Kreuz, doch das machte den Lohn in Form einer Pastete und eines Pints am Ende des Tages umso süßer. Er lud sein Werkzeug und ein paar übrig gebliebene Steine in den Anhänger seines Quads, pfiff nach seinem English Springer Spaniel Edgar und machte sich auf den Rückweg zu seiner Schäferhütte. Da er heute an der äußeren Grenzmauer gearbeitet hatte, war er fast zwei Kilometer weit weg von seiner aus groben Steinen gemauerten Behausung namens Herdwick Croft. Er würde also etwa eine Viertelstunde brauchen.
Die Frühlingssonne stand tief, und der Abendtau ließ Gras und Heidekraut schimmern. Vögel zwitscherten ihre Revier- und Paarungsgesänge, und in der Luft lag der Duft der ersten Blüten. Beim Fahren atmete Poe tief ein.
Daran könnte er sich gewöhnen.
Er hatte vorgehabt, rasch zu duschen und anschließend zum Hotel hinüberzugehen, doch je näher er seinem Zuhause kam, desto reizvoller erschien ihm der Gedanke an ein langes Bad mit einem guten Buch.
Er kam über den letzten Hügelkamm und hielt abrupt an. Jemand saß an seinem Gartentisch.
Poe öffnete die Segeltuchtasche, die er stets bei sich trug, holte ein Fernglas heraus und richtete es auf die einsame Gestalt. Sicher war er nicht, aber sie sah weiblich aus. Er stellte das Fernglas schärfer und lächelte grimmig, als er die Frau mit dem langen blonden Haar erkannte.
Sie hatten ihn also endlich doch ausfindig gemacht.
Poe steckte das Fernglas wieder in die Tasche und fuhr zu seinem ehemaligen Sergeant hinunter.
»Lange nicht gesehen, Steph«, sagte Poe. »Was führt Sie denn so weit in den Norden?« Edgar, der pelzige Verräter, hüpfte um sie herum wie um eine alte Freundin.
»Poe.« Sie betrachtete ihn. »Hübscher Bart.«
Poe kratzte sich am Kinn; er hatte sich das tägliche Rasieren abgewöhnt. »Sie wissen doch, ich war nie gut in Small Talk, Steph.«
Flynn nickte. »War ganz schön schwer, Sie zu finden.« Sie trug einen Hosenanzug, blau mit Nadelstreifen, und so schlank und durchtrainiert, wie sie aussah, machte sie offenbar immer noch Kampfsport. Steph strahlte das Selbstvertrauen eines Menschen aus, der alles unter Kontrolle hatte. Auf dem Tisch lag eine Lesebrille neben einer Akte. Anscheinend hatte sie gearbeitet, bis er kam.
»Offenbar nicht schwer genug«, antwortete er. Er lächelte nicht. »Was kann ich für Sie tun, Sergeant Flynn?«
»Mittlerweile Detective Inspector, auch wenn das natürlich überhaupt nichts ändert.«
Poe zog die Augenbrauen hoch. »Mein alter Job?«
Sie nickte.
»Überrascht mich ja, dass Talbot das genehmigt hat«, bemerkte Poe. Talbot war Director gewesen, als Poe Detective Inspector bei der SCAS gewesen war. Er war ein kleinlicher Mann und hätte Flynn das, was geschehen war, bestimmt ebenso sehr angekreidet wie Poe. Vielleicht sogar noch mehr – Poe war nicht geblieben. Sie dagegen schon.
»Edward van Zyl ist jetzt Director. Talbot hat den Fallout nicht überlebt.«
»Guter Mann. Ich mag ihn«, brummte Poe. Als van Zyl beim North West Special Branch gewesen war, hatten sie bei einem Antiterror-Fall eng zusammengearbeitet. Die Attentäter vom 21. Juli hatten im Lake District trainiert, und die Cops in Cumbria hatten einen entscheidenden Beitrag dabei geleistet, die Täterprofile zu erstellen. Es war van Zyl gewesen, der Poe gebeten hatte, sich für die SCAS-Stelle zu bewerben. »Und Hanson?«
»Ist immer noch Deputy Director.«
»Schade.« Hanson war politisch versiert, und es wunderte Poe nicht, dass er es irgendwie geschafft hatte, sich da herauszuwinden. Normalerweise rückte der Nächste in der Rangordnung nach, wenn eine Führungskraft wegen katastrophaler Fehlentscheidungen geschasst wurde. Dass Hanson nicht befördert worden war, bedeutete, dass er nicht ganz ungeschoren davongekommen war.
Poe erinnerte sich noch immer an Hansons spöttisches Grinsen, als er ihn suspendiert hatte. Seitdem hatte er keinerlei Kontakt mehr mit irgendjemandem bei der NCA – der National Crime Agency – gehabt. Er hatte keine neue Adresse angegeben, hatte seinen Handy-Vertrag gekündigt und wurde, soweit er wusste, in Cumbria in keiner Datenbank geführt.
Wenn Flynn sich die Mühe gemacht hatte, ihn hier aufzuspüren, bedeutete das, dass endlich eine Entscheidung bezüglich seines Beschäftigungsverhältnisses getroffen worden war. Und da Hanson noch auf seinem Posten saß, bezweifelte Poe, dass sie gute Neuigkeiten brachte. Es war ihm egal, mental hatte er sich schon vor Monaten verabschiedet. Wenn Flynn hier war, um ihm mitzuteilen, dass er nicht mehr für die NCA arbeitete, sollte ihm das recht sein. Und wenn sie gekommen war, um ihm zu erzählen, dass Hanson endlich eine Möglichkeit gefunden hatte, ihn einer Straftat anzuklagen, dann würde er damit eben irgendwie klarkommen müssen.
Es brachte nichts, den Boten zu erschießen. Er war relativ sicher, dass Flynn nicht freiwillig hergekommen war. »Möchten Sie einen Kaffee? Ich mache mir einen.« Er wartete ihre Antwort nicht ab, ging ins Haus und schloss die Tür hinter sich.
Fünf Minuten später kam er mit einem Espressokocher und einem Krug abgekochten Wassers zurück. Er füllte zwei Becher. »Nehmen Sie ihn immer noch schwarz?«
Sie nickte und trank einen Schluck. Dann lächelte sie und hob lobend den Becher.
Poe ignorierte das Kompliment. »Wie haben Sie mich gefunden?« Seine Miene war ernst; seine Privatsphäre wurde ihm zunehmend wichtiger.
»Van Zyl wusste, dass Sie nach Cumbria zurückkommen würden, und er wusste auch ungefähr, wo Sie wohnen. Ein paar Arbeiter aus dem Steinbruch haben mir erzählt, dass da jemand in einer alten Schäferhütte mitten in der Einöde wohnt. Sie hatten gesehen, wie Sie hier renoviert haben.« Sie blickte sich um, als fiele es ihr schwer, dies bestätigt zu finden.
Herdwick Croft sah aus, als sei es aus der Erde herausgewachsen. Die Mauern bestanden aus unverputzten Steinen – zu groß, als dass ein Mann allein sie hätte anheben und an ihren Platz setzen können – und gingen nahtlos in den uralten Moorlandboden über, auf dem sie standen. Die Hütte war gedrungen und hässlich und sah aus, als sei sie seit zweihundert Jahren in der Zeit erstarrt. Poe liebte sie heiß und innig.
Flynn sagte: »Ich habe ein paar Stunden hier gewartet …«
»Was wollen Sie?«, fiel Poe ihr ins Wort.
Flynn griff in ihre Tasche und zog eine dicke Akte heraus, schlug sie jedoch nicht auf. »Ich nehme an, Sie haben von dem Brandopferer gehört?«
Nun merkte Poe auf. Damit hatte er nicht gerechnet.
Und natürlich hatte er von dem Brandopferer gehört. Von so etwas hörte man selbst mitten in den Shap Fells. Der Brandopferer hatte in ein paar von Cumbrias zahlreichen Steinkreisen Männer bei lebendigem Leibe verbrannt. Bisher gab es drei Opfer, zumindest nach Poes aktuellem Stand. Trotz wilder Spekulationen in der Presse lagen die Fakten vor, wenn man sie von der Effekthascherei zu trennen wusste.
Die Grafschaft hatte ihren allerersten Serienmörder.
Selbst wenn die SCAS angefordert worden war, um der Polizei in Cumbria zu helfen, Poe war immer noch suspendiert. Und gegen ihn liefen eine interne Ermittlung sowie eine Untersuchung des unabhängigen Beschwerde-Ausschusses. Er wusste, dass er eine Bereicherung für jede Ermittlung war, aber unersetzlich war er nicht. Die SCAS war auch ohne ihn zurechtgekommen.
Was wollte Flynn also wirklich hier?
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, sagte sie: »Van Zyl hat Ihre Suspendierung aufgehoben. Er will, dass Sie an dem Fall mitarbeiten. Als mein DS.«
Poes Gesicht war eine ausdruckslose Maske, doch sein Verstand arbeitete schneller als ein Computer. Das ergab doch keinen Sinn. Flynn war neu als DI, und das Letzte, was sie wollen würde, wäre, dass ihr alter DI ihr unterstellt war und ihre Autorität durch seine bloße Anwesenheit untergrub. Außerdem kannte sie ihn schon lange und wusste, wie er auf Autorität reagierte. Warum sollte sie das mitmachen wollen?
Es war ihr befohlen worden.
Poe fiel auf, dass sie den Beschwerde-Ausschuss nicht erwähnt hatte; die Untersuchung lief demnach vermutlich noch. Poe stand auf und griff nach den Bechern. »Kein Interesse«, sagte er.
Seine Antwort schien sie zu überraschen. Er wusste nicht, warum. Die NCA wollte nichts mit ihm zu tun haben.
»Wollen Sie nicht sehen, was in meiner Akte steht?«, fragte sie.
»Ist mir egal«, antwortete er. Und das stimmte. Ihm fehlte die SCAS nicht mehr. Auch wenn er lange gebraucht hatte, um sich an den langsameren Takt in der Hügellandschaft Cumbrias zu gewöhnen, er wollte dieses Leben nicht aufgeben. Wenn Flynn also nicht hier war, um ihn entweder zu feuern oder festzunehmen, interessierte ihn nicht, was sie sonst zu sagen hätte. Serienmörder zu schnappen gehörte nicht mehr zu seinem Leben.
»Okay«, sagte sie und stand auf. Sie war groß, und ihre Augen waren auf einer Höhe. »Dann müssten Sie mir zwei Zettel unterschreiben.« Sie zog eine dünnere Aktenmappe aus ihrer Tasche und hielt sie ihm hin.
»Was ist das?«
»Sie haben gehört, wie ich gesagt habe, dass van Zyl Ihre Suspendierung aufgehoben hat, oder?«
Er nickte und las sich das Dokument durch.
Ah.
»Und Ihnen ist klar, dass Sie...
Erscheint lt. Verlag | 1.10.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | Washington Poe und Tilly Bradshaw ermitteln |
Übersetzer | Sabine Schilasky, Marie-Luise Bezzenberger |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Band eins Washington Poe • Bestseller-Autor • Brandopfer • britische krimi reihen • britische Krimis • Britischer Humor • CWA Golden Dagger Award • Der Botaniker • englische Krimis • englische krimis mit humor • kommissar polizei • Krimi Bücher • Krimi Cumbria • Krimi England • krimi kommissare • Kriminalroman Großbritannien • Krimi Neuerscheinungen 2024 • Krimiserie England • Krimi Serien • Krimi Serienmörder • krimis und thriller neuerscheinungen 2024 • m.w. craven • MW Craven • m w craven bücher deutsch • m.w. craven deutsch • Poe & Tilly • Rätsel-Krimi • Reihenfolge Washington Poe Band 1 • Serie Cumbria England • Serienkiller • Steinkreis • Steinkreismorde • Sunday Times Bestseller • washington poe 1 • Washington Poe & Tilly Bradshaw • washington poe craven • washington poe deutsch |
ISBN-10 | 3-426-28450-2 / 3426284502 |
ISBN-13 | 978-3-426-28450-6 / 9783426284506 |
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