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Haltlos (eBook)

Psychothriller - Der neue Psychothriller der SPIEGEL-Bestseller-Autorin

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
352 Seiten
btb (Verlag)
978-3-641-29899-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Haltlos -  Sarah Nisi
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»Ich brauche die Psyche der Figuren, nicht ihr Blut.« Sarah Nisi
Sie wurde getötet. Du hast es gesehen. Doch du kannst dich nicht erinnern ... Emily führt in London seit Monaten das Leben einer Außenseiterin. Sie kann ihren Alltag nicht mehr bewältigen, musste ihr Studium aufgeben. Vor drei Monaten starb ihre Freundin Liv beim Sturz auf die U-Bahn-Gleise. Emily stand neben ihr, doch erinnern kann sie sich nicht. Das Trauma hat eine Amnesie ausgelöst. Während die Polizei von einem Unfall ausgeht, spürt Emily, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist. Sie muss einen Weg finden, um ihr Gedächtnis zurückzuholen. Doch warum reagieren alle, mit denen sie darüber spricht, so ausweichend? Und was, wenn etwas ans Licht käme, das sie selbst belasten würde? Emily beginnt nachzuforschen - ohne zu ahnen, in welcher Gefahr sie bereits schwebt. Ein brillant konstruierter Psychothriller über die Unzuverlässigkeit der Erinnerung und die gefährliche Suche nach der Wahrheit.

Sarah Nisi lebt seit 2012 in London. In Hildesheim geboren, arbeitete die Wirtschaftsjuristin einige Jahre in Düsseldorf, bevor sie für ein Creative-Writing-Studium in die britische Hauptstadt zog. Seitdem widmet sich die Deutsch-Britin den Großteil ihrer Zeit dem Schreiben. Ihr Debüt »Ich will dir nah sein« wurde zum SPIEGEL-Bestseller und für renommierte Preise wie den GLAUSER, den Viktor Crime Award sowie den Crime Cologne Award nominiert. »Ich bringe dich zum Schweigen« ist ihr neuer Thriller bei btb.

Sie rannte beinahe aus dem Gilbert House, lief am Shakespeare Tower vorbei, Richtung Barbican U-Bahn-Station und sah Alex erst im letzten Moment. Ihr Exfreund wollte, genau wie sie, den High Walk zur Aldersgate Street nehmen.

Über viertausend Bewohner im Barbican, und sie stieß immer wieder auf denselben. Wie war das möglich? Beobachtete er sie?

Emily stockte in der Bewegung und drehte sich in die andere Richtung, sie konnte genauso gut durch den Tunnel in der Beech Street laufen, doch wie beim letzten Mal hatte sie kein Glück.

»Emily«, rief er. Alex trug seinen Rucksack auf dem Rücken, meist ein sicheres Zeichen, dass er auf dem Weg zur Arbeit in der Polizeidienststelle in Islington war.

Sie blieb stehen. »Hi«, sagte sie knapp und zeigte Richtung U-Bahn-Station. »Ich bin in Eile.«

Alex’ Blick klebte auf Livs Wachsjacke. Sein Gesicht nahm einen irritierten Ausdruck an, doch er sagte nichts.

Emily wandte sich zum Gehen. Doch dann hatte sie plötzlich eine Idee. »Kann ich dich etwas fragen?«

»Klar.« Trotz der Trennung und der Differenzen wusste Emily, dass sie sich auf Alex verlassen konnte. Außerdem waren Neugier und eine gesunde Portion Misstrauen Voraussetzung für seinen Beruf, und das konnte er auch im Privatleben nicht ablegen.

»Kennst du zufällig Livs Nachbarn?«, fragte sie.

»Livs Nachbarn?« Er kniff die Augen zusammen. Dann zeigte er unbestimmt über die gesamte Wohnanlage des Barbican. »Welchen meinst du?«

»Der Mann heißt Shakes. Nein, Lee.« Emily gab ihrem Gesicht einen betont unbekümmerten Ausdruck. »Der Typ wohnt in der Wohnung direkt neben Liv im Gilbert House. Braune Locken, Wolf Cut, ausgemergelter Körper.«

»Warum?«

»Kennst du ihn oder nicht?«, fragte sie und hörte, wie sich Ungeduld in ihre Stimme mischte. Warum konnte Alex nicht einfach mal eine Frage beantworten?

Aber so war das schon immer gewesen und einer der Gründe, warum ihre Beziehung nicht funktioniert hatte. Alex ließ sich nie in die Karten gucken. Er hielt Leute auf Distanz, ließ keinen anderen Menschen richtig an sich ran, als hätte er Angst, zu viel von sich preiszugeben. Eine Angewohnheit, die ihn zu Beginn der Beziehung interessant, ja geheimnisvoll gemacht hatte, die aber irgendwann nur noch frustrierend war.

»Macht der Ärger?«, fragte Alex nun.

»Nein.« Sie sah ihn überrascht an. »Wieso?«

»Von Hill hältst du dich fern.«

»Du kennst ihn also.« Emily verschränkte die Arme vor der Brust.

»Mach einfach mal, was ich dir sage.« Er gab keine weitere Erklärung. Doch sein Gesicht hatte sich rot verfärbt. »Mann«, er konnte seinen Ärger nicht verstecken, »am besten wäre, du würdest die Wohnungsauflösung jemand anderem überlassen.«

»Das erwähntest du bereits.«

Alex schüttelte den Kopf. »Meine Schicht fängt gleich an.« Er wandte sich zum Gehen. Dann, als fiele ihm plötzlich auf, wie unhöflich sein Verhalten war, hob er eine Hand, als wollte er sich entschuldigen. »Wir sehen uns.« Er nickte ihr zu und ließ sie stehen.

Kurze Zeit später betrat sie die Barbican Station. Der vertraute Geruch der Londoner U-Bahn schlug ihr entgegen, die typische Mischung aus Eisen, Staub, Schmiermittel und heißem Metall. Sie würde diesen Geruch unter Tausenden erkennen.

Eine Frau mit einem Gehstock und zwei Einkaufstaschen mühte sich vor ihr auf der Rolltreppe ab. Emily blieb stehen, ließ der Frau den Vortritt.

Die Plakate an den Wänden rechts und links der U-Bahn bewarben West-End-Shows, Schlankheitsmittel und eine Veranstaltungsreihe im Southbank Centre, die sich an junge Leute unter fünfundzwanzig Jahren richtete. Stickige Luft hüllte Emily ein, sie fühlte sich augenblicklich aufgehoben, umarmt – sie war jetzt wieder Teil des Ganzen.

Doch etwas war heute anders. Der Unterschied war, dass sie eine Aufgabe hatte, sie war nicht nur Teil des Ganzen, sie hatte ein Ziel. Die Vorstellung, mit dem Angestellten von TfL zu sprechen, der an jenem Tag am Bahnsteig Dienst gehabt hatte, machte ihr Angst, doch es fühlte sich auf eine Weise gut an. Sie unternahm endlich etwas!

Es gab nur ein Problem, und dieses Problem hatte sie bis zum jetzigen Zeitpunkt verdrängt: In wenigen Minuten würde sie die Holborn Station betreten müssen.

Kein Albtraum, keine falsche Erinnerung – echte Realität. Sie würde dieselbe Luft atmen, denselben Fußboden betreten wie an jenem Morgen. Das schwarz-weiße Schachbrettmuster in der Holborn Station tauchte in ihrem Kopf auf. Psychogeografie, dachte sie. Der Einfluss der Umgebung auf die eigene Wahrnehmung, das Verhalten, die Gefühle. Jeder Ort, an dem ein Mensch zu Tode gekommen ist, verändert die Stimmung. Sie schob den Gedanken zur Seite. Noch hatte sie ein paar Minuten.

Sie stieg in die nächste U-Bahn ein, setzte sich nicht, starrte einfach aus dem Fenster, sah die schwarzen Wände des Tunnels, durch den die Circle Line rauschte, und umklammerte mit so viel Kraft die Haltestange neben der Tür, dass ihre Knöchel an den Fingern weiß hervorstachen.

Zehn Minuten später stieg sie nach einem Umstieg an der Liverpool Street schließlich in der Holborn Station aus. Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen. Sie atmete tief ein.

Drei Monate. Es war tatsächlich drei Monate her, seit sie einen Fuß in diese Station gesetzt hatte. Ihre Beine fühlten sich schwer an, als sie dem Hinweisschild zur Piccadilly Line folgte, um den Bahnsteig zu wechseln, beinahe als würden ihre Muskeln sie daran hindern wollen, die letzten Meter zu gehen.

Sie musste eine weitere Rolltreppe nach unten nehmen, noch tiefer in den Untergrund, bog dann ab, Richtung Bahnsteig 3, von dem die Piccadilly Line in Richtung Heathrow fuhr. Es waren nur noch wenige Schritte. Alles in ihr sträubte sich. Sie lief gegen einen Widerstand an.

Plötzlich verließ sie der Mut. Was sollte diese ganze Aktion bringen? Die Polizei hatte ermittelt und mit allen Leuten gesprochen, die an jenem Morgen auf dem Bahnsteig gewesen waren. Glaubte sie wirklich, etwas Neues zu erfahren?

Ein Mann rempelte sie an. »Sorry.« Er eilte an ihr vorbei. Zwei Teenager versperrten ihr den Weg, beide zeigten auf die Anzeigetafel, Westbound, Eastbound, gestikulierten, wussten nicht, in welche Richtung sie gehen mussten. Wollten sie nach Osten oder Westen? Emily war dankbar über diesen kurzen Aufschub.

Aus dem Gang zu ihrer Linken hörte sie die Klänge einer Gitarre. Ein Musiker machte sich bereit, im Untergrund für Stimmung zu sorgen. Einen Moment lang war sie versucht abzuwarten, welcher Song es werden würde, doch dann zählte sie von fünf runter auf null und trat auf den Bahnsteig, bevor sie es sich anders überlegte.

Emily hielt die Luft an. Sie vermied den Blick auf die Gleise, konzentrierte sich, wie schon die ganze Zeit, auf die Werbung an den Wänden. In dreams are monsters. Ein Kinoplakat des British Film Institute warb für Horrorfilme. Beinahe musste sie lachen, doch es blieb ihr in der Kehle stecken. Sie befand sich in der Kulisse ihrer Albträume. Nur, dass dies kein Traum war. Ihr ganzes Leben hatte sich in einen Horrorfilm verwandelt.

Es wimmelte von Menschen. Emily blickte in ihre Gesichter, ohne die Personen wahrzunehmen, saugte dennoch das Kommen und Gehen auf. Ich bin nur eine von vielen Passagieren, flüsterte sie sich Mut zu. Doch das war eine Lüge. Hier unten gehörte sie nicht dazu. Nicht in dieser Station, nicht auf diesem Bahnsteig, hier stach sie heraus wie ein bunter Hund, zumindest fühlte es sich so an, denn hier unterschied sie ein Erlebnis von allen anderen Menschen.

Auf den ersten Blick entdeckte sie keinen Mitarbeiter von Transport for London, der aussah wie der Mitarbeiter auf dem Foto in der Daily Mail. Langsam ging sie – entgegen ihrem Instinkt – den Bahnsteig weiter entlang, schaute in immer mehr Gesichter und nahm doch keines richtig wahr; wechselte durch eine Unterführung schließlich die Seite. Schon stand sie auf Bahnsteig 4, Fahrtrichtung Osten. Sie wollte sichergehen, dass der Mann nicht auf dem anderen Bahnsteig Dienst hatte. Doch auch hier hatte sie kein Glück. Und jetzt?

Arbeitete der Mann gar nicht mehr in dieser Station? In dem Zeitungsartikel hatte gestanden, dass er weiterhin in Holborn beschäftigt war, doch der Artikel war vor mehr als zwei Monaten veröffentlicht worden. Sie hätte vorher bei der Zentrale anrufen sollen, doch vermutlich hätte man ihr keine Informationen geben dürfen.

Sie beschloss, mit der Rolltreppe hoch zum Ticket Office zu fahren. Vielleicht würde sie auf dem Weg einen Angestellten treffen, der ihr weiterhelfen konnte. Sicherlich würde man ihr sagen können, ob der Mann noch hier tätig war oder wo sie ihn finden konnte.

Vor der Kasse war eine Schlange – bestehend aus einer Gruppe von Austauschschülern und ihren Lehrern. Es würde eine Weile dauern, bis sie an die Reihe kam. Dank ihrer rudimentären Spanischkenntnisse schnappte sie auf, dass es sich um eine Schulklasse aus Valencia handelte.

Als sie endlich an der Reihe war, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Sie musste ihre Frage zweimal durch das Mikrofon sagen, das in der Glasscheibe installiert war, bevor der Angestellte ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Hektik, das Kommen und Gehen hinter ihr, die Stimmen, das Gewusel – sie musste sich zwingen, ihre Frage laut und deutlich und vor allem mit Selbstbewusstsein in der Stimme zu stellen, als sei das Ganze hier keine große Sache.

»Paul?«, fragte der Mann überrascht. Er war in seinen Sechzigern und sah aus, als würde er lieber mit seinen Enkelkindern Zeit verbringen, als...

Erscheint lt. Verlag 27.12.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • Amnesie • Barbican • eBooks • Gedächtnisverlust • Glauser-Preis-Nominierung • ich bringe dich zum schweigen • Ich will dir nah sein • Krimi • Kriminalromane • Krimis • London • Neuerscheinung • Psychothriller • spiegel-bestseller Autorin • Thriller
ISBN-10 3-641-29899-7 / 3641298997
ISBN-13 978-3-641-29899-9 / 9783641298999
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