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Nebelstille (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
383 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-32164-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nebelstille - Jan-Erik Fjell
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Mit der Ankunft eines Fremden trifft am Oslofjord das Böse ein ...
Ein spektakulärer Mord in einer beschaulichen Seefahrtstadt gibt der norwegischen Polizei Rätsel auf: Der Milliardär Wilhelm Martiniussen wurde grausam in seinem luxuriösen Zuhause erdrosselt, seine Freundin blieb wie durch ein Wunder vom Täter verschont. Und wie hängt Martiniussens Tod mit einem geheimnisvollen Fremden zusammen, der kurz nach seiner Ankunft in Norwegen niedergeschlagen wurde und im Koma liegt? Mit der Aufklärung des Falls wird Anton Brekke betraut, herausragender, aber eigenwilliger Kriminalkommissar aus Oslo. Brekke muss tief in die Vergangenheit eintauchen und stößt auf eine Wahrheit, undurchdringlich und bedrohlich wie ein Nebel über dem Fjord ...

Erstmals 2011 unter dem Titel »Der stumme Besucher« auf Deutsch erschienen.

Jan-Erik Fjell wurde 1982 geboren und wuchs bei Fredrikstad im Osten des Oslofjords auf. Er studierte Informatik, heute ist er als Radiomoderator tätig und widmet sich dem Schreiben von Kriminalromanen. Er zählt zu den erfolgreichsten Krimiautoren Norwegens und wurde mit dem renommierten Preis des norwegischen Buchhandels und dem Frederik-Preis ausgezeichnet. Seine Thriller um den Kommissar Anton Brekke stürmen in Norwegen regelmäßig die Buchcharts und sind auch hierzulande Bestseller.

Kapitel 1


Montag, 8. Juni
Fredrikstad

Wilhelm Martiniussen, der Hauptaktionär von Mardan, saß im Besprechungsraum an der Kopfseite des Tischs. Zwölf neugierige Augen waren auf ihn gerichtet. Gleich würde er ihre Träume zunichtemachen, sie vor ihren Augen in Stücke reißen.

Sein Herz hämmerte, als hätte er gerade einen Marathon hinter sich. Seine Handflächen waren schweißnass. Er wusste, er würde sie enttäuschen, dennoch hatte er das Gefühl, das einzig Richtige zu tun. In weniger als einer Minute wäre er nicht mehr der von allen respektierte Chef, sondern ein egoistischer Idiot. Seine Entscheidung würde für ziemlich viel Wirbel sorgen. Er blickte zu Frode Moen hinüber. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende lief schon seit Wochen feixend durch die Gegend. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Werbeprospekt für Jachten. Er hatte den anderen stolz das Schiff seiner Wahl präsentiert und erzählt, dass er sich für eine marineblaue Lackierung entschieden habe, oder »navy blue«, wie es im Prospekt hieß.

Links von Wilhelm Martiniussen saß sein guter Freund und Geschäftspartner Bjørn Danielsen. Nicht einmal er wusste, weshalb Martiniussen sie zu einer Eilsitzung einbestellt hatte, die laut seiner Mail nur wenige Minuten dauern würde. »Eine kurze Mitteilung«, mehr hatte er nicht geschrieben.

»Okay«, begann Wilhelm Martiniussen und räusperte sich. »Das hier fällt mir nicht ganz leicht …« Kurze Pause. »Aber nachdem ich intensiv darüber nachgedacht habe, habe ich beschlossen, dass sich Mardan aus dem Projekt zurückzieht.«

»Aus welchem Projekt?«, fragte Frode Moen nicht sonderlich interessiert.

»Aus dem Kanada-Projekt«, antwortete Wilhelm Martiniussen kurz.

Eine endlose Sekunde lang konnte man die Vögel vor den Fenstern zwitschern hören. Die Stille war beängstigend. Keiner im Vorstand wollte glauben, was er hörte. Schließlich lächelte einer und sagte: »Hör auf mit dem Scheiß, Wilhelm. Wir sind neugierig, worum es geht.«

Wilhelm Martiniussen war vollkommen ernst. Am liebsten hätte er sich in sein Büro verkrochen und es später noch einmal versucht. Doch er riss sich zusammen. »Das ist kein Scheiß.«

»Nein. Nein, nein, nein!«, protestierte Frode Moen. »Das ist nicht dein Ernst, Wilhelm!?«

»Tut mir leid, Frode, aber das ist es durchaus.«

Das Vorstandsmitglied, das eben noch gelächelt hatte, wirkte jetzt schockiert und sprach so leise, dass Wilhelm Martiniussen sich konzentrieren musste, um zu verstehen, was der Mann sagte. Der andere hatte offenbar Probleme zu begreifen, worum es ging.

»Wilhelm, kannst du uns vielleicht mal sagen, was hier vor sich geht?«, flüsterte er von der anderen Seite des Tischs.

»Wir ziehen uns aus dem Kanada-Projekt zurück«, wiederholte Wilhelm Martiniussen.

Was sollte er sonst sagen? Er wusste sehr wohl, dass alle Anwesenden den Grund für seine Entscheidung kannten.

»Aber, äh, haben wir für so was nicht einen Vorstand?«, fuhr das Vorstandsmitglied fort. »Solltest du so etwas nicht mit uns besprechen, beraten und so?«

»Das könnte ich natürlich tun, aber warum sollte ich? Meine Entscheidung steht fest.«

Frode Moen stand auf. »Ist dir bewusst, wie viel Geld Mardan schon in das Projekt investiert hat? Unsere Aktie wird komplett abstürzen.«

»Klar ist mir bewusst, was wir bisher an Zeit und Geld hineingesteckt haben. Wir werden uns künftig auf was anderes konzentrieren. Die Firma hat genügend Aufträge und interessante Projekte. Als Trostpflaster könnt ihr euch jedenfalls auf einen netten Weihnachtsbonus freuen: vier Millionen für jeden, aus meiner eigenen Tasche.« Er versuchte zu lächeln.

Frode Moen lachte höhnisch auf. »Vier Millionen? Das ist ein schlechter Witz! Da mache ich nicht mit, auf keinen Fall. Du kannst uns diesen Traum nicht einfach so kaputt machen, bloß weil dir plötzlich irgendwer den Kopf verdreht hat!« Er schäumte vor Wut, sein Gesicht war feuerrot.

»Vergiss nicht, dass die Firma mir gehört, Frode. Ich habe für Mardan die Entscheidung getroffen. Das ist mein volles Recht.«

»Vier alberne Millionen«, schnaubte Frode Moen. »Damit soll ich mich zufriedengeben, willst du das sagen? Wo ich vielleicht das Zehnfache haben könnte. Und ich halte von allen hier noch die wenigsten Anteile.«

»Wenn du nicht zufrieden bist, kannst du deine Aktien ja verkaufen und dir woanders ein neues Eckbüro suchen.«

»Warum sagt hier eigentlich sonst keiner was, verdammt noch mal?« Frode Moen funkelte die anderen wütend an. »Was seid ihr bloß für Jammergestalten …«

Es entstand eine kleine Pause. Die anderen Vorstandsmitglieder sahen zu Bjørn Danielsen, in der Hoffnung, er würde protestieren. Er war der Einzige, auf den der Firmengründer hören würde. Aber Bjørn Danielsen starrte vor sich auf die Tischplatte.

»Die vier Millionen kannst du dir sonst wohin stecken! Das ist ja der reinste Wahnsinn!«, schrie Frode Moen und stürmte aus dem Besprechungsraum.

Wilhelm Martiniussen wandte sich an die anderen: »Es tut mir furchtbar leid, aber glaubt mir, ich tue das nicht für mich. Ich tue das für uns alle. Für unsere Zukunft. Lasst uns jetzt lieber nach vorne schauen, was meint ihr?«

Er sah sie hoffnungsvoll an. Keiner antwortete ihm. Alle saßen da mit Gesichtern, die man sonst eher bei Begräbnissen sieht. Schließlich verließ er das Besprechungszimmer, ging in sein Büro und ließ sich auf den Stuhl sacken.

Kurz danach klopfte es an der Tür. Bjørn Danielsen steckte den Kopf herein. »Störe ich?«, fragte er.

»Nein, nein, auf keinen Fall.« Wilhelm Martiniussen lächelte. »Setz dich.«

»Ziemliches Chaos da draußen, was?«

»Mm. Ich wusste, dass es eine unpopuläre Entscheidung ist, aber Frode ist ja völlig ausgerastet.«

»Ja …«

Wilhelm Martiniussen stand auf und stellte sich ans Fenster. »Du hast nicht viel gesagt eben.«

»Das stimmt …«

»Möchtest du jetzt etwas sagen? Sieht so aus, als hättest du was auf dem Herzen.«

»Du weißt ja, dass ich mich vor den anderen niemals gegen dich stellen würde, Wilhelm. Es ist nur so, dass …«

Bjørn Danielsen machte eine kleine Pause.

»Du brauchst keine Angst zu haben, Bjørn, sag ruhig deine Meinung«, ermunterte ihn Wilhelm Martiniussen. »Hier geht’s ums Geschäft. Was auch immer in diesem Raum gesagt wird, es hat keine Auswirkungen auf unsere Freundschaft. Das weißt du doch, oder? Natürlich weiß ich deine Loyalität sehr zu schätzen. Aber sag schon, was dir auf der Seele brennt. Ich will gern wissen, was du denkst.«

Bjørn Danielsen rang mit sich. Er widersprach nicht gern, aber er musste etwas sagen. Das war er sich und dem Rest des Vorstands schuldig. Schließlich überwand er sich und sagte: »Natürlich protestieren die anderen gegen deine Entscheidung. Aber ich kenne dich. Ich weiß, dass du keinen Millimeter davon abrücken wirst. Ich frage mich nur, warum. Nach den vielen Stunden und Ressourcen, die wir in das Projekt gesteckt haben, machst du plötzlich auf dem Absatz kehrt und änderst deine Meinung. Erst lässt du deine Autos stehen. Und dann das hier. Gehe ich recht in der Annahme, dass das Ganze mit Nora zu tun hat? Aber bei allem Respekt, Wilhelm, du kennst sie jetzt wie lange? Sieben Wochen? Acht?«

»Vier Monate.«

Bjørn Danielsen schüttelte den Kopf. »Vier Monate … Und wie lange haben wir auf diese Chance hingearbeitet, die jetzt vor uns liegt?« Er warf Wilhelm Martiniussen einen fragenden Blick zu. »Dreißig Jahre, Wilhelm, dreißig Jahre.«

»Ich verstehe deinen Frust. Aber bei dem Kanada-Projekt geht es wirklich nur um eins, um Geld. Und es ist eine verdammt schmutzige Art, es sich zu beschaffen. Hast du nicht genug, um damit über die Runden zu kommen?«

»Mm, über die Runden komme ich schon, aber Geld kann man doch nie genug haben, oder? Außerdem geht es auch um die Zukunft der Firma.«

In Wilhelms Blick mischte sich etwas Schwärmerisches. »Die Firma Mardan wird noch florieren, wenn wir zwei, du und ich, schon lange unter der Erde liegen. Ölsandgewinnung ist nicht die Zukunft. Wenn wir uns hingegen auf erneuerbare Energien konzentrieren …«

»Erneuerbare Energien sind ja nun nicht gerade unser Spezialgebiet«, gab Bjørn zu bedenken.

»Eben.«

Es war sinnlos, mit Wilhelm zu diskutieren, wenn er eine Entscheidung getroffen hatte. Insgeheim hatte Bjørn mit einer solchen Reaktion gerechnet. Es war kein Geheimnis, wie umweltschädlich und klimafeindlich die Ölsandgewinnung war, wie die Natur im Umkreis der Förderzone in Mitleidenschaft gezogen wurde. Am Anfang, als Wilhelm noch die treibende Kraft hinter dem Projekt gewesen war, hatte er stets voller Begeisterung darüber gesprochen: Mardan würde mit seiner bahnbrechenden Technologie von einer kleinen norwegischen Ölfirma zu einem internationalen Konzern avancieren. Das Geld würde nur so hereinströmen und die Eigentümer reich machen. Sie würden wie Könige leben – nur dass sie nicht adlig waren. Doch dann tauchte sie auf. Die Frau, in die Wilhelm sich verliebte. Sie hieß Nora Røed Karlsen und war neunundzwanzig Jahre jünger als er. Die rothaarige Umweltaktivistin machte ihm klar, dass das Leben noch aus anderen Dingen bestand als aus Sitzungen und Vertragsverhandlungen. Manche meinten, sie wäre nur hinter dem Geld des sechzigjährigen Geschäftsmanns her. Doch Wilhelm wusste es besser.

Außerhalb von Fredrikstad wussten nur wenige, wer Wilhelm Martiniussen war. Nach...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2024
Reihe/Serie Anton-Brekke-Reihe
Übersetzer Ina Kronenberger
Sprache deutsch
Original-Titel Tysteren
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • Anton Brekke • eBooks • Erster Fall • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Mord • Neuausgabe • Neuerscheinung • New York • Norwegen • Norwegen Thriller • Reihe • reihenauftakt • Skandi-Crime • Skandinavien • skandinavien thriller • Thriller • tysteren
ISBN-10 3-641-32164-6 / 3641321646
ISBN-13 978-3-641-32164-2 / 9783641321642
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