AAFRIKAA
Die Texte des Buches «Aafrikaa» von Claudine Egli entstanden in den Jahren 2009 bis 2022, partiell auf der Basis der Zusammenarbeit mit dem Kulturmagazin «Ohrenkuss»: Claudine Egli war Schweizer Korrespondentin dieses Magazins, das in Deutschland erscheint und von Menschen mit Down-Syndrom gemacht wird. Claudines Texte in «Aafrikaa» sind kurze Betrachtungen, lyrische Wortspiele, Kalauer und Kürzestgeschichten zu Themen wie Mut, Alter, Tiere, Insel, Zeit oder Unsichtbar. Der Buchtitel «Aafrikaa» nennt den Sehnsuchtsort, den die Autorin in ihren letzten Lebensjahren verbalisierte; der Text «Aafrikaa» wurde jüngst von der Roma-Musikgruppe «Ssassa unter Leitung von Christian Fotsch vertont.
Claudine Egli wurde am 8. Januar 1971 in St. Gallen als Jüngste von fünf Schwestern geboren. Dank dem Einsatz der Mutter konnte das Mädchen mit Down-Syndrom im Alter von acht Jahren fliessend lesen. Fortan bestimmten Bücher, Hörbücher, Geschichten und vor allem ihr grosses Interesse an der Sprache ihr Leben und ihre eigene Gedankenwelt massgeblich. Nach dem Besuch der Heilpädagogischen Schule in St. Gallen folgten Schuljahre und Zusatzausbildungen in Rehetobel, Neu St. Johann und in Sommeri, wo ihr Mal-Talent thematisiert wurde. Anschliessend arbeitete sie in der Werkstätte der Sonnenhalde in St. Gallen. Mit zwanzig Jahren erkrankte Claudine Egli an Diabetes. Im Jahr 1993 wurden ihre Bilder an einer Art-Brut-Gruppenausstellung des Open Art Museums in St. Gallen ausgestellt. Ab 2004 lebte Claudine Egli infolge eines körperlichen Leidens der Mutter in Rehetobel in einem Wohnheim der Stiftung Waldheim, ab 2010 im Wohnheim Schönenbüel in Teufen. Nach dem Tod der Mutter 2012 verbrachte Claudine viele Wochenenden mit ihren Schwestern in ihrer Ferienwohnung am Bodensee. Das Wasser und das Fernweh, namentlich Afrika, bestimmten immer mehr ihre Gedankenwelt und ihre Texte, die sie seit 2009 als Fernkorrespondentin für das Down-Syndrom-Magazin Ohrenkuss schrieb und – infolge ihrer zunehmenden körperlichen Erkrankungen wurde das Schreiben von Hand unmöglich – präzis diktierte. Auch das Zeichnen und Malen sowie das Flötenspiel wurden zunehmend erschwert und dann unmöglich. Das Reiten blieb ihr, dank dem hohen Einsatz ihrer Reitbetreuerinnen, bis zum Schluss ihres Lebens ermöglicht. Die Texte in diesem Band entstanden grossenteils im Rahmen der Ausgaben-Themen von Ohrenkuss; vielen Themen wandte sich die Autorin aber auch selbst zu. Claudine Egli reiste mit Familienmitgliedern als Kind und als Erwachsene interessiert und aufmerksam, in der ganzen Schweiz, nach Frankreich, Spanien, Italien, Dänemark, Berlin, ans Wattenmeer, nach Wien, Kroatien, Tunesien, Israel, Lanzarote, Griechenland. Der in späteren Jahren aufkommende grosse Wunsch, Kulturen und die Tierwelt Afrikas zu besuchen, war körperlich nicht mehr möglich – ihre Betreuerinnen in Teufen reisten mit ihr im Sommer 2019 in die Nähe von Bremen in einen Safari-Park. Nach der Heimkehr von einer Reise nach Sardinien, verstarb Claudine Egli still und schnell am 3. Oktober 2022 in Teufen.
Liebe Claudine Du habest als Kind gerne die Fernsehsendungen «Franz und René» geschaut, sagte mir deine Schwester. Dein Lieblingssatz daraus: «I säge nüt!» Aber geschrieben, diktiert hast du immer wieder. So schöne Sätze wie: AAFRIKAA ist, wenn man geradeaus fährt. Die Walfische sind fein und heikel. Der Mensch hat die Welt gerne. Er schaut den Mond an. Und so wahre Sätze wie: Wenn man stirbt, hat man alte Zähne. Die Mütter, sie bücken sich. Und so lustige Sätze wie: Wenn du immer hustest, kannst du an die Fasnacht als Hueschti. Eine schöne Frau geht in die Stadt, sie lismet oder geht Kaffee trinken. Eine Menschin. Teufling, das ist nicht gut, das ist gefährlich. Ah, Täufling, so schreibt man das. Dann ist es gut. Mir scheint, du hast die Sprache erkundet wie ein fremdes Land. Oder du hast das fremde Land, in das wir alle geboren werden, mit der Sprache zu deinem eigenen gemacht. Dann ist es gut. Franz Hohler P.S.: Mein Lieblingssatz von dir: Entschuldigung – Beerdigung – Beerdigünglein.
Wenn man stirbt, hat man alte Zähne. Die Mütter, sie bücken sich. Wenn du immer hustest, kannst du an die Fasnacht als Hueschti. Eine schöne Frau geht in die Stadt, sie lismet oder geht Kaffee trinken. Eine Menschin. Teufling, das ist nicht gut, das ist gefährlich. Ah, Täufling, so schreibt man das. Dann ist es gut.
Erscheinungsdatum | 01.03.2024 |
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Reihe/Serie | edition pro lyrica |
Zusatzinfo | gemalte und gezeichnete Bilder |
Verlagsort | Winterthur |
Sprache | deutsch |
Maße | 210 x 148 mm |
Gewicht | 232 g |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
Schlagworte | Afrika • Alltagsgedanken • Leben • Reisen • Sein |
ISBN-10 | 3-907551-87-7 / 3907551877 |
ISBN-13 | 978-3-907551-87-5 / 9783907551875 |
Zustand | Neuware |
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