Alle Schotten dicht (eBook)
240 Seiten
between pages by Piper (Verlag)
978-3-377-90155-2 (ISBN)
Manuela Sanne wuchs in Höxter an der Weser auf. Sie lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Dort arbeitete sie 30 Jahre als Buchhändlerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Nach Kinderbüchern und Liebesromanen (Viola Sanden) verbindet sie nun als Autorin humorvoller Nordsee-Krimis drei große Leidenschaften: Schreiben, Katzen - und die Nordseeküste als liebstes Urlaubsziel.
Manuela Sanne wuchs in Höxter an der Weser auf. Sie lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Dort arbeitete sie 30 Jahre als Buchhändlerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Nach Kinderbuch-Veröffentlichungen und Liebesromanen (unter dem Pseudonym Viola Sanden) verbindet sie nun als Autorin der humorvollen Nordsee-Krimis um Hobbyermittlerin Rosa Fink drei große Leidenschaften: Schreiben, Katzen – und die Nordseeküste als liebstes Urlaubsziel.
1
Empfangskomitee
Rosa sah ihren Mann mit Riesenschritten auf den Rezeptionstresen zumarschieren – zum dritten Mal im Abstand von wenigen Minuten. Er schaute erst sie an, dann Wiebke, die ebenfalls hinter dem Tresen saß, und fragte: »Immer noch nichts?«
»Nö«, gab Rosa knapp Auskunft. Wiebke unterstrich dies durch ein synchrones Kopfschütteln, das ihre frisch ondulierte Lockenpracht zum Wippen brachte. Beim letzten Besuch waren Wiebkes Haare noch kurz, glatt und blond gesträhnt gewesen. Weil ihre späte Liebe Bernd jedoch fand, dass silbergraue Pudellöckchen seinem Schnuffelchen besser standen als ein moderner Stufenschnitt, kamen die Lockenwickler wieder zum Einsatz. Dazu eine Silbertönung, welche die zuvor aufgehellten Strähnchen violett schillern ließ.
»Immer mit der Ruhe, er wird jeden Moment eintreffen«, rief Sebi aufmunternd.
Zwar richtete er seine Worte scheinbar an Wiebke und sie, aber Rosa war klar, dass er eigentlich sich selbst gut zuredete. Ehe sie erwidern konnte, dass sie die Ruhe in Person sei, wenn er nicht andauernd hin und her tigern würde, rief Sebi: »Ich habe was gehört!«, und wetzte zum Eingang. Die mechanische Glocke bimmelte, als er schwungvoll die Tür aufriss.
Außer dem Gebimmel hörte Rosa nichts. Sie reckte sich, um einen Blick nach draußen zu erhaschen. Nichts zu sehen. Colin Stewart saß wohl kaum auf dem Elektroroller, der fast geräuschlos vorbeiglitt. Ansonsten kein Verkehr, abgesehen von vereinzelten Radfahrern, die dem ergiebigen Regen trotzten. Bei gutem Wetter war freitags in der Saison sonst mächtig was los in Dangast. Zusätzlich zu den Gästen, die ihren Urlaub hier verbrachten, kamen noch Ausflügler und Wochenend-Touris an. Aber gerade jetzt machte der Sommer Pause. Es war ein wenig einladender Mix aus böigem Wind, kühlen Temperaturen und reichlich Wasser von oben vorhergesagt. In der Nacht hatte es sich bereits kräftig eingeregnet.
Sebi blieb noch eine Minute stehen und spähte auf die nasse Straße. Kein Auto mit Hannoveraner Nummernschild kam in Sicht – erst recht keins, das in die Hofeinfahrt bog. Schließlich trottete er wieder durch den Flur Richtung Restaurant, das morgens als Frühstücksraum diente und wo der Rest des Empfangskomitees auf die Ankunft des verspäteten Gastes lauerte. Das Komitee setzte sich aus drei Pensionären zusammen: Erster Hauptkommissar a. D. Jasper Teschen, Polizeirat a. D. Bernd Ammermann sowie Sebi, welcher seinen Dienst bei der Wuppertaler Polizei nicht aus Altersgründen, sondern nach einer Erbschaft quittiert hatte und sich deshalb gern scherzhaft als Pensionär bezeichnete.
»Wusste ich’s doch, dass der Schotte nicht pünktlich kommt. Typisch Fipp«, tat Wiebke kund. »Aber wenn der sein Zimmer bezieht, wird er Augen machen, so fein ist das für ihn hergerichtet.«
Beinahe hätte Rosa laut losgeprustet. Der Grund war nicht, dass Wiebke englische Wörter unbelehrbar so aussprach, wie sie geschrieben wurden – also die Abkürzung VIP wie Fipp. Was sie erheiterte, war vielmehr Wiebkes Vorhersage. Mit der hatte sie absolut recht. Ganz gewiss würde der Fipp Augen machen!
Ich bringe das Wattzimmer für euren Ehrengast auf Vordermann, hatte Wiebke gestern beschlossen und Rosas Einwand, dies sei Aufgabe der Hausangestellten Beeke-Luise, geflissentlich ignoriert. Wenn Wiebke sich in der Pension aufhielt, vergaß sie bisweilen, dass sie diese nicht mehr führte. Der Inhaber hieß nun Sebi Fink, Wiebke war eigentlich nur noch Stammgast. Ein Urlaub, ohne als Gegenleistung für freie Kost und Logis auszuhelfen, kam für sie allerdings keinesfalls infrage, schon gar nicht in diesem Jahr. Denn die stellvertretende Pensionsmanagerin Agnes erwartete im August ein Baby und Wiebkes Wunsch, in der Hauptsaison einzuspringen, war Sebi Befehl gewesen.
Doch Wiebke, die ein Faible für Karomuster hatte und bei jeglicher Art von Hausarbeit karierte Kittelschürzen trug, war beim Herrichten des Zimmers übers Ziel hinausgeschossen. Ungeachtet der Tatsache, dass Colin Stewart mit seiner Ehefrau Fiona seit über zwanzig Jahren in Hannover wohnte, hatte sie sich bei Jasper nach den schottischen Nationalfarben erkundigt. Danach war sie zu einer Shoppingtour nach Varel aufgebrochen und mit einer Tüte zurückgekehrt, in der sich Bettwäsche, eine Wimpelkette und ein Set Tischdeckchen befanden. Sie hatte die Sachen gewaschen und getrocknet, dann das Bett neu bezogen, die Wimpel darüber aufgehängt und den Couchtisch, die Nachtkonsolen sowie sämtliche Regalböden des Kleiderschranks mit Deckchen verziert. Als Wiebke voller Stolz zur Besichtigung des von ihr aufgehübschten Wattzimmers lud, fühlte Rosa sich weniger in die Highlands als vielmehr in ein Oktoberfestzelt auf der Wiesn versetzt, denn alle Stoffe waren in Anlehnung an die Farben der schottischen Flagge blau-weiß-kariert.
Der Schotte war seit Wochen Hauptgesprächsthema – genauer gesagt, seit Jasper Teschen, ehemaliger Chef des Vareler Polizeikommissariats, es geschafft hatte, ihn als Dozenten für einen Whisky-Workshop im Nordseebad Dangast zu akquirieren. Den Wunschtraum einer hochklassigen Scotch-Schulung am Jadebusen hegte Jasper schon jahrelang. Seinen Freund Sebi davon zu überzeugen, dass dieses Event unbedingt in der Pension stattfinden musste, war im Vergleich zum Ködern des legendären Whisky Masters ein Leichtes gewesen. Unter Jaspers kundiger Anleitung hatte Sebi, zuvor nur italienischem Espresso und Rotwein besonders zugetan, im ersten Winter an der Nordseeküste seine Leidenschaft für Whisky entdeckt. Die Aussicht auf drei Veranstaltungstage mit ergiebigen Tastings bei kaltem, nassem und stürmischem Schietwetter hatte ausgereicht, um sofort begeistert zuzustimmen. Raue See und rauchiger Whisky, das passte doch hervorragend!
Es gab nur einen Haken an der Sache: Colin Stewart hatte ihnen keine Wahl gelassen, was den Termin anbelangte. In seinem übervollen Terminkalender gebe es nur noch im Juli eine Lücke, so seine klare Ansage. Mitten in der sommerlichen Hochsaison also! Ein suboptimales Timing, wie nicht nur Sebi fand – auch aus Kapazitätsgründen. Das Deichzimmer war bereits weit im Voraus vom Touristenpaar Kroll für zwei Wochen reserviert worden, das Hafenzimmer von Wiebke und Bernd für den gesamten Monat. Der Wunsch des Referenten, die ganze Pension für Whisky-Fans freizuhalten, ließ sich also beim besten Willen nicht umsetzen.
Zum Glück wohnten die meisten, die sich zum Workshop angemeldet hatten, in der Nähe. Da sie abends mit dem Taxi heimfahren konnten und keine Unterkunft brauchten, reichten die verfügbaren Zimmer aus. Für den Dozenten hatte Wiebke das Wattzimmer herausgeputzt, im Strandzimmer würden zwei Teilnehmer nächtigen, die mit der Doppelbelegung einverstanden waren. Einer kam aus Celle, der andere aus Nienburg. In der kleinen Nordseekammer unter dem Dach logierte die einzige an Whisky interessierte Frau, Julie Beyer. Rosa hatte ihr frei nach Udo Lindenberg den Spitznamen Lady Whisky verpasst.
Lady Whisky sprengte durch ihr Gardemaß und die durchtrainierte, aber dennoch sehr weibliche Figur mit phänomenaler Oberweite jeden Rahmen. Wenn sie einen Raum betrat, füllte sie ihn aus. Bernd und Jasper machten keinen Hehl daraus, wie beeindruckt sie von der kurvigen Brünetten aus der Lüneburger Heide waren. Sebi hingegen tat so, als wären ihm ihre Brüste und die endlos langen Beine nicht aufgefallen. Rosa wusste warum: Er wollte keinerlei Anlass zur Eifersucht bieten. Nach sieben Ehejahren hatte er sich zu einem One-Night-Stand hinreißen lassen, mit schwerwiegenden Konsequenzen: eine Scheidung von ihr – und ein Kind mit der anderen. Zehn Jahre später hatte Rosa ihrem Ex-Mann verziehen und ihn zum zweiten Mal geheiratet. Inzwischen war seine Tochter Frieda ein Teenager. Sie lebte in Wuppertal bei der Mutter, zusammen mit ihrem Ziehvater und zwei jüngeren Halbschwestern. Die Sommerferien verbrachte sie oft in der Pension, doch in diesem Jahr würde sie wegen einer Sprachreise nach England erst in den Herbstferien herkommen. Jedes Mal, wenn sie bei ihnen war, wurde Rosa aufs Neue das Happy End dieser Geschichte bewusst. Sebi und sie hatten keinen gemeinsamen Nachwuchs, aber sie hätte auch ein eigenes Kind nicht mehr lieben können als Frieda.
Während Rosa ihren Gedanken nachhing, hatte sie das unablässige Geplapper neben sich zeitweilig ausblenden können, aber nun drang es zu ihr durch.
»…...
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2024 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Rosa Fink | Ein Fall für Rosa Fink |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Closed-Room • Cosy Crime • Cozy Crime • Dangast • Frauenkrimi • heiterer Krimi • Hobbyermittler • humorvolle Krimis • Katze • Katzenkrimi • Krimi mit Katze • Kriminalroman • Krimödie • Küstenkrimi • Lustige Bücher • Mamma Carlotta • Nordseekrimi • Pension • Privatdetektivin • Regionale Krimis • Wattenmeer • Whisky |
ISBN-10 | 3-377-90155-8 / 3377901558 |
ISBN-13 | 978-3-377-90155-2 / 9783377901552 |
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Größe: 6,3 MB
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