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Ein gefährliches Talent (eBook)

Thriller | Atmosphärischer und beklemmender Scandinavian Crime

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
384 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0665-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein gefährliches Talent -  Camilla Sten
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Pass dich ihnen an. Sonst wirst du es bereuen.
Die forensische Psychologin Rebecca Lekmann kehrt nach vielen Jahren wieder in ihre Heimatstadt Djursholm zurück, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern. Dafür lässt sie ihre Ehefrau und auch eine glänzende Karriere in den USA zurück. Eines Nachts erhält sie einen Anruf von ihrem ehemaligen Kollegen Leo: Rebeccas alte Highschool-Freundin Louise wurde in ihrer luxuriösen Villa brutal getötet. Rebecca beginnt, auf eigene Faust den Mord um Louise aufzuklären. Wer hat sie getötet und warum? Und weshalb hat Louise nur wenige Wochen vor dem Mord versucht, Rebecca zu kontaktieren - obwohl sie geschworen hatte, Rebecca nie wiedersehen zu wollen? Je näher Rebecca den Menschen um Louise kommt, desto brenzliger wird es für sie selbst. Am Ende muss sie sich fragen, welches Risiko sie tatsächlich bereit ist einzugehen ...



<p>Camilla Sten wurde 1992 geboren und studiert an der Universität Uppsala Psychologie. Sie interessierte sich schon früh für Politik und schreibt Artikel über Feminismus, Rassismus und das aktuelle politische Klima für diverse schwedische Zeitungen. Gemeinsam mit ihrer Mutter, der Bestsellerautorin Viveca Sten, schrieb sie bereits mehrere Bücher.</p>

Kapitel 2


Ich spreche nie über Louise. Wäre Miriam Hedlund nicht gewesen, hätte ich auch Leo nie von ihr erzählt.

Es war ungefähr ein Jahr, bevor ich in die USA zog. Leo und ich arbeiteten da seit ein paar Jahren regelmäßig zusammen. Ein eingespieltes Duo wie in den Fernsehkrimis waren wir aber nicht: Er war kein dunkler, düsterer Typ, ich nicht groß, schlank und ohne BH, und ein Alkoholproblem hatten wir beide nicht. Ich trank überhaupt nicht, und Leo war so fokussiert auf sein Training, dass er jeden Drink verabscheute, sofern er kein grüner Smoothie war oder Kreatin enthielt.

Doch der Fall mit Miriam Hedlund brachte uns weit genug aus der Fassung, um uns einander zu öffnen.

Da sie erst 15 Jahre alt gewesen war, beschloss er, eine externe Beraterin hinzuzuziehen. Meine Chefin Laetitia hatte früher in der Jugendhilfe gearbeitet und kümmerte sich normalerweise um Fälle mit Kindern und Jugendlichen, aber Leo und ich hatten zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach zusammengearbeitet und wussten, dass wir als Team gut funktionierten, weshalb er mich anrief und fragte, ob ich Zeit hätte.

Damals war ich knapp über 30 und hatte gerade ausreichend Erfahrung als beratende Vernehmungsexpertin, um irrtümlicherweise zu glauben, ich wüsste, was ich tue. Leo hatte ein gutes Jahr hinter sich und fühlte sich allmählich richtig wohl in seiner Rolle als Ermittler. Der Fall schien simpel: ein Einbruchdiebstahl, der schiefgegangen und aus dem Ruder gelaufen war. In der Gegend, in der Miriam und ihre Eltern wohnten, hatte es eine Reihe von Einbrüchen gegeben, und Miriam war eine aufmerksame Zeugin.

Zu aufmerksam, aber daran dachten wir damals nicht.

Leo holte mich dazu, um sie als Zeugin zu befragen, nicht um sie als Verdächtige zu vernehmen. Sie tat ihm leid. Er bat mich, auf Anzeichen für ein Trauma zu achten, denn welche 15-Jährige wäre schließlich nicht traumatisiert, wenn sie mit ansehen müsste, wie ihr Vater von einem Einbrecher schwer misshandelt wird?

Wir beide trugen Schuld. Doch das begriffen wir erst danach. Hätte Leo sich den Tatort genauer angesehen, wäre ihm aufgefallen, dass das Schloss an der Haustür in Wahrheit nie aufgebrochen worden war, sondern dass die groben Spuren rund um das Schloss eher aussahen, als hätte jemand mit einem Messer auf die Tür eingehackt, und nicht auf einen ernst zu nehmenden Einbruchsversuch schließen ließen.

Und wäre ich nicht so beschäftigt damit gewesen, nach Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu suchen, hätte ich erkannt, wie ungewöhnlich Miriams Aussage ausfiel, wenn man sie mit typischen Zeugenaussagen von Verbrechensopfern verglich. Sie erinnerte sich an jedes Detail, zögerte nicht, verhaspelte sich nie oder suchte nach Worten. Ich interpretierte ihren Affektmangel als Schock, ihre Sicherheit als Verteidigungsmechanismus.

Noch heute frage ich mich manchmal, ob meine Chefin Laetitia gesehen hätte, was mir damals entging. Ebenso wenig kann Leo wissen, ob ein anderer Ermittler hätte ahnen können, dass etwas nicht stimmte. Womöglich wäre ein anderes Team zu den gleichen Schlussfolgerungen gekommen wie wir. Aber nichts konnte die Schuld im Nachhinein mindern, nachdem Miriams Mutter ihre Geschäftsreise abgebrochen und ihre Tochter auf dem Polizeirevier abgeholt hatte und Miriam, eine knappe Stunde später, denselben Spaten nahm, mit dem sie ihren Vater ins Koma geprügelt hatte, und ihn ihrer Mutter in den Schädel rammte.

Dieses Mal im Badezimmer. Nicht in der Küche.

Später erhielt sie eine Diagnose, die meist nur bei Erwachsenen angewendet wird. Ich wurde gebeten, in dem Team mitzuarbeiten, das die Untersuchung vornahm, aber ich lehnte ab. Noch immer kann ich nicht an sie denken, ohne dass mir schlecht wird. Ob aus Schuldgefühlen oder aus Abscheu vor dem, was sie getan hat, weiß ich nicht.

An dem Tag aber, an dem das Urteil verkündet wurde – Jugendarrest –, gingen Leo und ich etwas trinken.

Mir wäre es lieber gewesen, er wäre zu mir in die Wohnung gekommen, damit ich uns einen Joint hätte bauen können, aber das hätte Leos Freundin nicht gefallen, weder das Gras noch wir beide allein. Damals konnte sie ziemlich eifersüchtig sein. Für sie spielte es keine Rolle, dass ich Männer höchstens als Bekannte oder Kollegen mochte und anderweitig kein Interesse an ihnen hatte. Vielleicht hat sich die Eifersucht mit der Zeit ja gelegt. Heute haben die beiden zwei Kinder und ein kleines Haus in Solna.

Wir gingen in einen heruntergekommenen Pub, der sehr praktisch in der Nähe der U-Bahn gelegen war. Ich bestellte ein Tonicwater mit Zitrone und Eis, Leo ein großes Bier.

Eine ganze Weile lang sagte keiner von uns ein Wort. Wir saßen nur schweigend an dem schweren, dunklen Holztisch und tranken.

»Der Vater hat es überlebt, immerhin«, sagte Leo schließlich, und ich lachte bitter auf.

»Mhm«, sagte ich. »Wenigstens etwas.«

Leo schüttelte den Kopf.

»Scheiße«, fluchte er leise und fasste die Situation damit auf seine eigene Weise zusammen.

Es war das erste Mal, dass wir uns außerhalb der Arbeit verabredet hatten, und wir sollten es noch ein paarmal tun, bis ich Stockholm verließ und nach Houston ging. Leo hatte es vorgeschlagen, und ich hatte zugesagt, aber weder er noch ich sprachen aus, was wir beide wussten: Wir brauchten jemanden, der das furchtbare und bittere Scheitern verstand und uns nicht wie alle anderen weiszumachen versuchte, wir bräuchten es nicht zu spüren.

»Ich hätte es sehen müssen«, meinte ich leise, während ich den einsamen kleinen Eiswürfel in meinem Tonicglas mit dem kurzen schwarzen Strohhalm schwenkte. »Hätte ich mich an die Regeln für eine Erstvernehmung gehalten, hätte ich es bemerkt.«

»Wir wussten nicht, dass es eine Vernehmung war«, erwiderte Leo, aber seine Stimme klang schwer.

Ich sagte nicht, was ich dachte. Das war nicht nötig. Ich wusste, dass er das Gleiche dachte.

Stattdessen stellte ich ihm eine unbeholfene Frage über seine Freundin. Wie sie sich kennengelernt hätten. Über solche Dinge redeten wir für gewöhnlich nicht, und das Gespräch lief ein wenig schleppend, aber es half gegen die Stille. Nachdem Leo sich ein zweites Bier bestellt hatte, veränderte sich die Atmosphäre im Raum. Die Schuldgefühle, die Erschöpfung und der stickige Geruch nach altem Alkohol legten sich wie eine Decke um mich.

»Und du?«, fragte Leo dann. »Datest du jemanden?«

Ich schüttelte den Kopf und lachte kurz.

»Nein«, antwortete ich. »In so was bin ich nicht so gut. Und die Arbeit ist immer ein Problem. Entweder finden sie es unheimlich, oder sie interessieren sich ein bisschen zu sehr dafür.«

»Aha«, sagte Leo mit einem Nicken. »Krimifans, oder was?«

»Nein, das wäre wahrscheinlich einfacher. Ich spreche von Menschen, die eine Privattherapeutin wollen. Vielleicht ziehe ich diese Art von Frauen einfach an.«

Leo zog die Augenbrauen nach oben, und ich sah, wie er die Information verarbeitete, ehe er nickte. Schön. Zwar hatte ich Leo nicht für einen dieser Typen gehalten, mit denen solche Situationen anstrengend wurden, aber ich hatte mich auch in der Vergangenheit schon geirrt. Hatte zu oft erlebt, dass scheinbar vernünftige männliche Bekannte dieses charakteristische Funkeln in den Augen bekamen, sobald ich mich sicher genug fühlte, ihnen zu erzählen, dass ich lesbisch bin. Genau diesen Blick, stellte ich mir vor, trugen auch Missionare in sich.

Ich kann sie bekehren.

»Ich verstehe«, sagte Leo. »Ich glaube nicht, dass es an dir liegt. Es ist einfach schwer, jemanden kennenzulernen, wenn man in diesem Bereich arbeitet. Bevor ich Linda traf, hatte ich schon so gut wie aufgegeben.«

Ich lächelte schief.

»Sollte ich etwa auch anfangen, an der Ruderbank im Fitnessstudio abzuhängen? Warten, bis meine Prinzessin auftaucht und meine Technik korrigiert?«, fragte ich.

»Vielleicht«, entgegnete Leo und grinste. »Mir hat es gefallen, als Linda das getan hat.«

Ich spürte, wie mein Lächeln erstarb. Plötzlich war sie wieder in meinem Kopf.

Damals tat sie das gelegentlich. Tauchte wie aus dem Nichts auf. Manchmal habe ich mich gefragt, ob es dabei wirklich um Louise ging oder ob sie zu einer Art Symbol für etwas anderes geworden war. Vielleicht für mein Scheitern oder meine Einsamkeit.

Während meiner obligatorischen 25 Therapiesitzungen im Psychologiestudium war ich sämtlichen Fragen nach Beziehungen und Bindungen, so gut es ging, ausgewichen, weil ich wusste, dass ich dann über sie hätte sprechen müssen. Ich hatte mir eingeredet, mich zu weigern, weil es irrelevant für mich war, aber auf irgendeiner Ebene fragte ich mich trotzdem, ob es nicht die Angst davor war, was mein Psychologe darüber gesagt hätte.

»Ich weiß nicht«, hörte ich mich sagen, leicht erstaunt, als mir bewusst wurde, was ich gleich erzählen würde. Vielleicht lag es an der unerwarteten Intimität zwischen uns, die durch unser geteiltes Scheitern entstanden war.

»Ich hatte schon immer eine Schwäche für ein wenig komplizierte Mädchen«, erzählte ich. »Meine erste Freundin war auch so jemand. Ich habe versucht, sie zu therapieren, aber sie wollte nicht therapiert werden. Du weißt, wie so was ist.«

Leo, der mit Blick auf seine bodenständige Frohnatur von Freundin wahrscheinlich keinen blassen Schimmer hatte, nickte.

»Ja«, stimmte er mir zu. »Es ist nicht leicht, jemandem zu helfen, der keine...

Erscheint lt. Verlag 23.4.2024
Übersetzer Nina Hoyer, Justus Carl
Sprache deutsch
Original-Titel En farlig talang
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bücher Thriller • Forensik Kriminalistik • gleichgeschlechtliche Liebe • High Society • Krimi Schweden • krimi und thriller • LGBTQ+ • Mord • Psychologin • Psychothriller • Schweden • Schweden Krimi • Thriller • Thriller Krimi • thriller schweden • Vergangenheit
ISBN-10 3-7499-0665-3 / 3749906653
ISBN-13 978-3-7499-0665-9 / 9783749906659
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