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Der Priester und das schwarze Schaf (eBook)

Ein Fall für Pfarrer Daniel Clement
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31642-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Priester und das schwarze Schaf -  Richard Coles
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Der Nr.1-Bestseller aus Großbritannien für alle Fans von Miss Marple und Pater Brown.
Es ist einige Monate her, seit ein Mord die Gemeinde von Pfarrer Daniel Clement in Aufruhr versetzte. Er selbst konnte den Fall aufklären, nun hofft er auf ruhigere Zeiten im beschaulichen Champton. Doch da naht bereits die nächste Krise in Gestalt eines Geistlichen, der im Nachbarort seinen Dienst antritt. Er teilt sich die Betreuung seiner Schäfchen mit Daniel, doch die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein. Der milde, verständnisvolle Daniel trifft in Chris Biddle auf einen strengen Verfechter von Ordnung und Regeln - nicht immer zur Freude seiner Frau und beiden Kinder. Dann geraten ausgerechnet die Biddles in den Mittelpunkt eines schrecklichen Verbrechens: Ihr Sohn wird tot aufgefunden, offenbar wurde er das Opfer eines Ritualmords. Und Daniel muss den Täter finden, bevor das Böse Kreise zieht ...

»Wären doch alle Pfarrer wie Daniel Clement, dessen Mitgefühl für seine Schäfchen auf gesundem Menschenverstand beruht und durch Witz ergänzt wird. Für mich ist Coles derzeit der beste Cosy-Crime-Autor.« The Telegraph

Reverend Richard Coles studierte Theologie am King's College London und hat bereits mehrere Sachbücher verfasst, bevor er sich mit »Der Tote in der Dorfkirche« dem Krimigenre zuwandte. Er ist der einzige Pfarrer in Großbritannien, der einen Nr.-1-Hit vorweisen kann - als Mitglied des Popduos The Communards - und in Strictly Come Dancing auftrat. Der Autor war lange Jahre Gemeindepfarrer von St Mary the Virgin in Finedon in der Grafschaft Northamptonshire.

1


Audrey Clement verzog keine Miene, als ein halbes Brötchen mit Karacho über den Esstisch gefeuert wurde und sie nur knapp verfehlte.

In der folgenden Stille studierte Audrey eingehend das schnörkelige Monogramm der Adelsfamilie de Floures auf ihrem Teller – »de F«, von Blumen umrankt – und zog dann betont langsam eine Augenbraue hoch. Ob sich diese Reaktion auf die kunstvollen Buchstaben oder die Störung der Unterhaltung bezog, blieb ungewiss.

Das sonntägliche Mittagsmahl in Champton House verlief ganz und gar nicht so, wie es sich wohl alle Anwesenden erhofft hatten. Lord de Floures am Kopfende des Esstischs blickte jetzt stirnrunzelnd auf, die mit Wildbret beladene Gabel verharrte auf halbem Wege zum Mund des Gastgebers.

Währenddessen schlitterte das Brötchengeschoss übers Parkett wie eine Ente, die ungeschickt auf einem zugefrorenen See landet, und auf beiden Seiten des Tischs war mühsam unterdrücktes Kichern zu vernehmen.

»Joshua, bitte. Lydia, stachle ihn nicht auch noch auf«, sagte Sally Biddle zu ihren Kindern, was den Lachreiz der beiden Jugendlichen nur noch verstärkte. Sally sah hilfesuchend ihren Mann Chris an.

»Man kann die beiden wirklich nirgendwohin mitnehmen«, sagte der daraufhin lächelnd und erhob sich, um das Brötchen aufzuheben. Jetzt konnte Audrey ihre Entrüstung nicht mehr verbergen. Chris Biddle war groß und schlaksig wie ein Marathonläufer, die blonden Locken reichten ihm fast bis zu den knochigen Schultern. Sein Alter ließ sich kaum schätzen, angesichts von Kleidung und Auftreten hätte man ihn für einen Grundschullehrer in einem Londoner Trendviertel halten können.

»Lassen Sie das liegen«, sagte Lord de Floures barsch. »Wenn die Haushälterin es nicht entfernt, erledigen das die Mäuse.«

»Na, Sie haben es gut!«, bemerkte Chris und blickte in die Runde, als erwarte er beifällige Blicke oder zumindest ein nachsichtiges Lächeln. »Eine Haushälterin!«

Der Lord blinzelte lediglich und widmete sich wieder dem Wildbret, dessen Säfte nun auf die Regimentskrawatte des Hausherrn tropften, ein reichlich betagtes und etwas ausgefranstes Exemplar.

Daniel Clement, Gemeindepfarrer von Champton, Audreys Sohn und Bewohner des malerischen Pfarrhauses im Queen-Anne-Stil am Rande des Parks, hüstelte dezent und bemühte sich um einen Themenwechsel.

»Das Wild ist ganz vorzüglich, lieber Bernard.«

»Aber ein wenig zäh, finden Sie nicht?«, erwiderte der Lord. »Weiß nicht, ob das an der Köchin oder am Wildhüter liegt.«

»Ich erinnere mich lebhaft«, meldete Audrey sich jetzt zu Wort, »wie ich einmal mit deinem Vater, Daniel, sonntags in einem Restaurant speiste … in Norfolk, glaube ich, ja genau, in Brancaster … Es war spärlich besucht und recht still dort, bis plötzlich eine Dame zu würgen anfing. Die wenigen Gäste erstarrten entsetzt, aber ich sprang auf, umfasste von hinten die rundliche Taille der Dame und drückte und presste, bis das Stück Rindfleisch aus ihrem Mund flog und an die Wand gegenüber prallte wie ein Squashball. Dieses Fleisch war zäh. Dagegen ist das Wild hier butterzart.« Sie wandte sich zu Joshua Biddle, dem Brötchenwerfer. »Unter ballistischen Gesichtspunkten hättest du an diesem Rindfleisch gewiss deine helle Freude gehabt, junger Mann.«

Joshua wusste offenbar nicht, was er mit dieser Bemerkung anfangen sollte, und starrte Audrey verständnislos an.

Dann sagte seine Schwester: »Tut mir leid, aber ich muss ständig an Bambi denken«, und schob ihren Teller von sich.

»Wir sind eigentlich Vegetarier«, ergänzte ihr Bruder.

Bernard runzelte erneut missbilligend die Stirn, zuckte dann mit den Schultern und aß schweigend weiter.

Daniel wechselte einen Blick mit seiner Mutter. Das lief alles überhaupt nicht wünschenswert. Der neue Pfarrer, mit dem Daniel gezwungenermaßen auskommen musste, seit der Bischof die Pfarrgemeinden von Lower und Upper Badsaddle mit Champton St Mary’s zusammengelegt hatte, hatte den Sonntagsmahltest nicht bestanden. Seine Kinder benahmen sich schlecht, das Fleisch des Hausherrn wurde verschmäht, seine Willkommenseinladung nicht gewürdigt.

An den Wänden des Rudnam Room, in dem kleinere Mahlzeiten in Champton House serviert wurden, hingen etliche Gemälde von prächtigen Shorthorn-Rindern, die mit echten Tieren so wenig Ähnlichkeit hatten wie die geschönten Apostel von Künstlern des Manierismus mit lebendigen Menschen. Die Rinder waren derartig übertrieben muskulös und wuchtig dargestellt, dass sie im Park, mit dem Herrenhaus im Hintergrund, wie der legendäre Minotaurus wirkten.

»Gibt es das Rotwild hier auf dem Anwesen … schon lange?«, fragte Sally Biddle jetzt unvermittelt.

»Lange?« Bernard überlegte. »Der Wildpark existiert seit Jahrhunderten, wahrscheinlich schon, seit sich meine normannischen Vorfahren hier niedergelassen hatten. Aber der Bestand, den Sie jetzt hier sehen«, er wies mit der gerade nicht beladenen Gabel Richtung Fenster, »stammt von Tieren ab, die der Duke of Bedford meinem Urgroßvater geschenkt hat. Ich glaube, wir bekamen je ein Paar Sikahirsche, Muntjaks und Davidhirsche, nachdem wir der Familie einige unserer Mädchen überlassen hatten.«

»Hirschkühe, meinen Sie?«

»Nein, Töchter. Für deren Söhne zum Heiraten.«

»Dann geht es hier hauptsächlich um Erhaltung des Stammbaums?«, bemerkte Chris Biddle in einem Tonfall, in dem Audrey unterschwellige Kritik witterte.

»Ja, in gewisser Weise schon«, antwortete Bernard. »Darauf wird großen Wert gelegt. Damit man weiß, was man kriegt.«

Ein unbehagliches Schweigen trat ein.

»Klingt in meinen Ohren etwas feudalistisch«, bemerkte Chris dann.

»Das ist zutreffend«, erwiderte der Lord.

Audrey hielt einen weiteren Themawechsel für angebracht. »Mrs Biddle … oder soll ich Sie …«

»Sally, bitte.«

»… oder soll ich Sie Frau Pfarrerin nennen?«

»Ich bin Diakon.«

»Diakonin?«

»Es heißt ›Diakon‹, Audrey«, antwortete Sally Biddle. »Und ich bin nicht offiziell bestellt wie Chris, sondern ehrenamtlich tätig.«

»Also dann fast zwei zum Preis von einem?«, warf Bernard ein, dessen Interesse durch etwaige wirtschaftliche Vorteile geweckt worden war.

»Ich helfe natürlich immer gerne aus«, antwortete Sally, »aber da ich keine Pfarrerin bin, kann ich nur bestimmte Aufgaben übernehmen.«

»Bis jetzt«, sagte Audrey. »Glauben Sie nicht, dass sich das ändern kann?«

»Schon möglich …« Sally schien unwohl zumute bei diesem Gespräch, und Daniel fragte sich, ob es vielleicht an ein heikles Thema zwischen den Eheleuten rührte.

Audrey sinnierte laut: »Ich finde es eben nur absonderlich, dass Frauen noch immer nicht Pfarrerin werden können, obwohl wir inzwischen sogar einen weiblichen Premierminister haben.«

»Priesterinnen, Mum«, korrigierte Daniel. »Frauen können – noch nicht – zur Priesterin ordiniert werden.«

»Auf mich wirken Sie aber wie ein Pfarrer, Mrs Biddles«, sagte Bernard entschieden. »Mehr als einige Männer heutzutage.«

Sally – offenbar besonders bemüht, für das Essen in Champton House passend gekleidet zu sein – trug ein Laura-Ashley-Kleid.

»Thatcher ist doch ein Mann«, meldete sich jetzt Lydia Biddle zu Wort. »Ein Mann in Frauenkleidung.«

Audrey verzog das Gesicht. »Das würde ich so nicht sehen, meine Liebe. Ich gebe zu, dass sie manchmal wie ein Damendarsteller wirkt, aber sie hat es ganz nach oben geschafft – als Frau in einer Männerwelt.«

»Sie ist bestimmt keine Feministin«, entgegnete Lydia.

»Pfarrerinnen«, murmelte Bernard. »Wird gewiss nicht mehr lange dauern. Bald stehen Sie bestimmt auch am Altar, Mrs Biddle, wedeln mit den Händen und veranstalten diesen ganzen Hokuspokus …«

»Ich bin gerne Diakon«, betonte Sally. »Es ist ein wichtiges und wertvolles Amt, finde ich.«

Audrey zog erneut eine Augenbraue hoch. »Aber Sie können keine leitenden Aufgaben in der Gemeinde übernehmen, nicht wahr?«

»Wie war das denn bei Ihnen, Audrey?«, warf Chris ein. »Waren Sie berufstätig?«

»Ach, ich hatte eine kleine Tätigkeit, bevor ich Daniels Vater kennengelernt habe.«

»Und in welchem Bereich?«, erkundigte sich Chris.

»Ich war Krankenschwester. Im berühmten St Thomas Hospital in London. Während der Luftangriffe.« Audrey lächelte erhaben.

Jetzt betrat Mrs Shorely, die Haushälterin von Champton, den Raum. Sie war Mitte sechzig, schmal und zierlich, und regierte den Haushalt mit eiserner Hand. »Sind Sie fertig, Mylord?«, fragte sie in ihrem üblichen Tonfall (ausdruckslos, aber mit leicht gereiztem Unterton) und begann, den Tisch abzuräumen, ohne die Antwort abzuwarten. Als sie das Brötchen auf dem Parkettboden liegen sah, schnalzte sie verärgert mit der Zunge und marschierte darauf zu, woraufhin Joshua und Lydia erneut in Gekicher ausbrachen.

Der Rudnam Room, benannt nach dem Anwesen der de Floures in Norfolk, war zwar bei weitem nicht der größte und prächtigste Raum im Haus, aber immer noch groß genug für ein Echo. Jedes Geräusch verdoppelte sich mit kurzer Verzögerung – ein Lachen holte sich selbst ein, eine Gabel, die zu Boden fiel, klirrte zweimal, und eine Bemerkung wirkte doppelt bedeutsam. Daniel fragte sich manchmal, ob die politischen Salons des 18. Jahrhunderts wohl nicht nur aufgrund ihrer gelehrten Teilnehmer so viele kluge Gedanken und Aphorismen...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2024
Reihe/Serie Richard Coles, Ein Fall für Pfarrer Daniel Clement
Richard Coles, Ein Fall für Pfarrer Daniel Clement
Übersetzer Sibylle Schmidt
Sprache deutsch
Original-Titel A Death in the Parish
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • champton • Cozy Crime • Dorfgemeinschaft • eBooks • Inspector Barnaby • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Landpfarrer • Miss Marple • Neuerscheinung • Nr. 1 Bestseller England • Pater Brown • Pfarrer als Ermittler • pfarrer daniel clement • very british
ISBN-10 3-641-31642-1 / 3641316421
ISBN-13 978-3-641-31642-6 / 9783641316426
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